Nachdem im vorangegangenem Kapitel die Grundlagen des Cloud Computing zusammengetragen wurden, widmet sich dieses Kapitel den unterschiedlichen Anbietern von Cloud Computing Diensten. Um den roten Faden des letzten Kapitels aufzunehmen, werden die einzelnen Anbieter und deren Dienste in den entwickelten Cloud Computing Stack integriert.
Die Anbieter von Cloud Computing Diensten lassen sich grob in drei Segmente unterteilen. Das erste Segment beschreibt Unternehmen, die durch die technologische Entwicklung des Cloud Computing ihre Arbeit aufgenommen haben, also neu auf dem Markt sind. Hierzu zählt zum Beispiel SalesForce oder Soonr. Die zweite Gruppe setzt sich aus Unternehmen zusammen, welche bereits IT-Dienstleistungen erbracht haben. Zum Schluss gibt es noch Unternehmen wie Microsoft, Google oder auch Amazon. Diese Unternehmen hatten ihren Fokus bis jetzt auf andere Märkte gerichtet. Microsoft zum Beispiel auf Softwareentwicklung und dessen Vertrieb oder Amazon auf den Handel von Büchern und anderen Waren. Aus diesen Bereichen werden folgend Anbieter und ihre Produkte beleuchtet. Darüber hinaus wird dargestellt, welche unterschiedlichen Strategien diese Firmen verfolgen und wie das Cloud Computing eine Ergänzung ihres Portfolios durch vertikale oder horizontale Marktausweitung sein kann.
Zu Beginn wird die Gruppe der heutigen IT-Dienstleister beleuchtet. Als Beispielunternehmen für diese Gruppe dienen die weltweit größten IT-Konzerne[66], welche sich auf IT-Dienstleistungen spezialisiert haben. Die Unternehmen IBM, HP und Fujitsu liegen gemeinsam bei einem Marktanteil von 14,6 Prozent und sind damit die größten IT-Dienstleister der Welt.[67] Erörtert werden als Beispiel für die IT-Dienstleister im Folgenden die Strategien und Produkte von IBM.
56 Milliarden US-$ Ertrag durch Servicedienstleistungen und 22 Milliarden US-$ durch Software Erträge[68] machen IBM zum größten IT-Dienstleister der Welt, aber auch gleichzeitig zu einem Sonderfall unter den IT-Dienstleistern. Denn kein anderer IT- Dienstleister macht soviel Umsatz mit Software wie IBM. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Strategie von IBM. Um diese verstehen zu können, wird zuerst auf die Geschichte von IBM eingegangen, bevor die Strategie erläutert wird. Die Produkte werden nachfolgend in diese Strategie eingeordnet und anhand der ergänzten Abbildung sechs werden die Produkte in den Cloud Computing Stack eingeordnet.
Das Unternehmen „International Business Machines“, kurz IBM, schaut auf eine lange Historie zurück. Bereits im Jahre 1911 unter dem Namen C-T-R von Charles R. Flint gegründet, wurde aus C-T-R 1924 durch eine Umbenennung IBM.[69] Zu dieser Zeit stellte IBM noch Schreibmaschinen her und hielt darauf schon damals einige Patente. Sowohl das Unternehmen als auch die Produkte des Unternehmens wurden weiterentwickelt. So erzielte das Unternehmen bereits im Jahr 1949 einen Nettogewinn von 33 Millionen US- $ und brachte im gleichen Jahr den ersten „Taschen“-Rechner auf den den Markt.[70] Das Unternehmen entwickelte sich weiter und wurde der größte IT-Dienstleister weltweit. Neben dem Geschäftsbereich der IT-Dienstleistung, stellt IBM aber auch Software, z.B. IBM Lotus Notes oder Tivoli, und Hardware für den Client- und Serverbereich her. So schaffte es das Unternehmen im Jahr 2011 in den Top 200 der Global 2000-Rangliste auf Platz 31.[71] Deshalb ist es wenig erstaunlich, dass auch IBM im Jahr 2008 auf den Zug des Cloud Computing aufgesprungen ist und seitdem versucht, eine entscheidende Rolle in dieser Thematik zu spielen.[72]
Doch welche Strategie verfolgt ein Unternehmen wie IBM im Marktumfeld des Cloud Computing? Sieht man sich die Entwicklung der Verteilung des Bruttoumsatzes von IBM an, so wird deutlich, dass eine Verlagerung der Verteilung in Richtung Software und Services auf Kosten der Hardwareeinkünfte vorgenommen wurde.[73]
Abbildung 7: Grafische Darstellung der Verlagerung der Einkünfte bei IBM
Quelle: Entnommen aus o.V. (o.D.f, S. 10)
Das Ziel IBMs ist es, Kunden eine weite Bandbreite an Cloud-Diensten anbieten zu können.[74] Es sollen also alle Ebenen und Varianten des Cloud Computing bedient werden. Das IBM Portfolio umfasst in der Tat viele Services, die eine ganzheitliche Betrachtung des Themas Cloud ermöglichen. Angefangen mit der Bereitstellung entsprechender Hardware für die Private Cloud, über die Verwaltung der Private Cloud mit IBM Software, bis hin zur Komplettlösung aus der Public Cloud durch den Service IBM-SmartCloud Enterprise.[75] Aber auch die einzelnen Ebenen des Cloud Computing werden vollständig abgedeckt. So steht mit Lotus Live ein Dienst für die Ebene des SaaS. für die Ebene PaaS IBM Workload Deployer und für IaaS IBMSmartCloud Enterprise zur Verfügung. Dies wird in der folgenden Abbildung deutlich.
Abbildung 8: Grafische Darstellung der Cloud-Dienste von IBM
Quelle: Entnommen aus Ostler (2011, o.S)
Auf die aus Kapitel zwei stammende Abbildung sechs angewendet, ergibt die im Folgenden abgebildete Zeichnung. Dabei stellen die orangen Bereiche die Ebenen und Varianten der Cloud dar, die durch Dienste von IBM abgedeckt werden. Für die grauen Bereiche bietet IBM derzeit keine Lösung an.
Abbildung 9: Grafische Einordnung der IBM Cloud-Dienste in den Cloud-Stack
Quelle: Eigene Darstellung
Je nach gewähltem Dienst unterscheidet sich bei IBM das Service Level Agreement. So entscheidet man bei dem Dienst IBMSmartCloud Enterprise selbst während der Bestellung, welches SLA mit welchen Bedingungen man haben möchte. Dadurch variierendann die Kosten und die Bedingungen des SLAs. Beim Dienst Lotus Live kann zwischen zwei SLAs gewählt werden. Der eine greift bereits bei Ausfallzeiten größer 0,1 % und der andere erst bei 0,5 %. Bei beiden wird bei höheren Ausfallzeiten die monatliche Gebühr zurückerstattet.[76]
Durch die langjährige Erfahrung im Betrieb von Rechenzentren, ist IBM auf dem Gebiet Datensicherheit zu einem Spezialisten herangereift. So sind die Rechenzentren von IBM gegen physikalische Angriffe von Dritten sehr gut abgesichert. Alle Rechenzentren werden rund um die Uhr durch Sicherheitspersonal überwacht und der Zutritt ist durch die Abfrage von biometrischen Daten gesichert.[77] Aber auch die Prozesse und die logische Datensicherheit entsprechen in den Rechenzentren von IBM den gesetzlichen Vorgaben. So sind alle Rechenzentren von IBM nach ISO27001 und SAS70 zertifiziert und werden durch unabhängige Gutachter in regelmäßigen Abständen überprüft.[78]
Da der Cloud-Kunde bestimmen kann, in welchen Rechenzentren seine Daten gespeichert werden, kann das Thema Datenschutz von IBM vollständig erfüllt werden, da deutsche Kunden die Daten in den Rechenzentren in Ehingen verarbeiten lassen können. Dies stellt einen großen Vorteil gegenüber den Wettbewerbern dar.[79]
Neben den großen weltweiten IT-Dienstleistern erweitern auch andere Unternehmen ihr Portfolio durch den Verkauf von Cloud-Diensten. Microsoft ist einer von ihnen. Das als Softwarehersteller bekannte Unternehmen bietet seit dem Jahr 2008 Cloud- Dienstleistungen für Unternehmenskunden an. Auf den nächsten Seiten werden die Hintergründe zum Einstieg von Microsoft in diesen Markt, die Strategie und die Erfolge erläutert. Darüber hinaus werden die Produkte des Unternehmens kurz vorgestellt und in die bereits bekannte Abbildung integriert.
Vom Softwarehersteller zum Cloud-Anbieter. Was bewegt ein Unternehmen mit 44 Mrd. US-$ Umsatz und 16,5 Mrd. US-$ Betriebsergebnis im Jahr 2006 die bekannten Märkte zu verlassen und in Konkurrenz mit den großen IT-Dienstleistern zu treten?[80] So ungewöhnlich wie die Entwicklung auf den ersten Blick scheint, ist diese aber nicht. Betrachtet man den Wachstum der bisherigen Kerngeschäfte von Microsoft, so ist festzustellen, dass die Umsatzentwicklung der Unternehmenssparte Clientsoftware der Entwicklung der Unternehmenssparte Serversoftware seit Jahren nichts entgegen zu setzen hatte.[81] Durch die Tendenz, Server zu virtualisieren und den Druck der Virtualisierungslösungen von VMWare und Citrix, brachte Microsoft im Juni 2008 seine eigene Virtualisierungslösung mit dem Namen Hyper-V auf den Markt.[82] Ein weiterer entscheidender Punkt war die Erfahrung mit dem Dienst Windows Live Hotmail. Dieser wurde erstmalig als E-Mail-Dienst im Jahre 2005 in den USA eingeführt. Microsoft bezeichnet Hotmail selbst als ersten Cloud-Dienst. Denn schon im Jahr 2007, als Windows Live Hotmail weltweit eingeführt wurde, setzte Microsoft auf ähnliche Cloud-Strukturen, wie sie derzeit noch immer verwendet werden. Microsoft hatte also bereits Erfahrung auf dem Markt der Cloud-Dienste gesammelt, auch wenn Hotmail...