Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten kann Deutschland, trotz der Krisenjahre 2008 bis 2010, erhobenen Hauptes in die Zukunft blicken. Die deutsche Industrie, die lange als Exportweltmeister galt, jedoch den begehrten Titel im Jahre 2009 an die aufstrebende Wirtschaftsmacht Chinas abgeben musste, hat sich erstaunlich schnell erholt. In den ersten beiden Quartalen des endenden Jahrzehnts stieg der Wert der ausgeführten Waren auf Vorkrisenniveau. Zusätzlich konnte ein Rekord-Importvolumen verzeichnet werden. Diese Werte sind laut Experten deutliche Indikatoren für einen Aufschwung und das Ende der Wirtschaftskrise.[1]
Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden von derartigen Ereignissen dramatisch in Mitleidenschaft gezogen, da das Marktgeschehen heutzutage, auch ohne Kriese, teilweise sehr komplexe und dynamische Formen annehmen kann. Daher stehen KMUs immer wieder neuen Problemen gegenüber, die es zu bewältigen gilt. Diese sind z.B. höherer internationaler Konkurrenzkampf unter den Lieferanten, zunehmend steigender Preisdruck von Seiten der Kunden und eine enorme Verkürzung des Produktlebenszyklus in bestimmten Branchen.[2] Mittelständische Unternehmen sind problematischer Weise häufig dazu gezwungen, bestimmte Gefahren einzugehen, um Gewinn und Wachstum generieren zu können. Einerseits bedeuten engere Geschäftsbeziehungen zu Großunternehmen oft hohe Cashflows über mehrere Jahre, welche dann zur langfristigen Erhaltung der Geschäftstätigkeit investiert werden können. Andererseits kann bei einer zu starken Fokussierung auf wenige Große der Umsatz sehr schnell um die Hälfte zurückgehen, wie das Krisenjahr 2009 bestätigt hat.
Die Historie des väterlichen Mittelstandunternehmens[3] hat bewiesen, dass Global Players oft auf die Spezialprodukte aus dem Mittelstand angewiesen sind und dennoch immer wieder versuchen, günstigere Substitute aus den Billiglohnländern zu akquirieren. Bislang wurde dadurch nur die Qualität des Endproduktes gemindert. Trotz der Tatsache, dass zwischen hoher Qualität und niedrigem Preis ein Zielkonflikt besteht, versuchen einige Großunternehmen aufgrund ihrer Marktmacht Preissenkungen durchzusetzen oder drohen mit Abwanderung bei Nicht-Bewilligung. Im Falle des hier genannten mittelständischen Unternehmens haben diese Praktiken Ende der 90er Jahre dazu geführt, dass eine radikale Umstrukturierung, einhergehend mit einem Wechsel der Gesellschaftsform, unumgänglich wurde. Dass eine zu große Abhängigkeit von wenigen Großkonzernen, gekoppelt mit einem hohen Exportniveau, gerade in Krisensituationen für KMUs bedrohlich werden kann, zeigt die Mining-Sparte der Firma Grossmann[4]. Die drei größten Konzerne zur Herstellung von Groß-Hydraulikbaggern stornierten im ersten Quartal des Jahres 2009 sämtliche Aufträge, so- dass ein massiver Liquiditätsengpass die Folge war. Somit bestätigt dieser Verlauf, dass mittelständische Unternehmen umso gefährdeter sind, je mehr einzelne Großunternehmen einen hohen Anteil vom Umsatz darstellen und je größer der Exportanteil ist[5].
Im laufenden Jahr 2011 hat sich die Lage der KMUs in Deutschland entspannt, und die Mittelständler blicken voller Zuversicht in die Zukunft. Es ist die Rede von höheren Gewinnen, größeren Investitionen und einem Ausbau der Arbeitsplätze. Ausgewiesene Fachleute rechnen mit einem Wirtschaftswachstum von ca. 2.5 %. Laut einer Umfrage des Verbandes Die Familien Unternehmen erwarten 70 % der Befragten ein wachsendes Geschäft in 2011[6]. Somit könnte sich die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland zur Mitte des Jahres bei ungefähr 2,5 Millionen einpendeln. Selbst das immer wieder beschworene Gespenst der Kreditklemme scheint im Jahr 2011 die wenigsten Mittelständler erschrecken zu können.[7] Doch entsprechen die äußerst positiven Vorzeichen auch der Realität?
Andere Experten formulieren ihren Ausblick weitaus vorsichtiger. Sie konzentrieren sich nicht nur auf die Industrie, sondern werfen vor allem einen Blick auf das Bankensystem, das als große Schwachstelle angesehen wird. Hier ist noch kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen, da die meisten Geldhäuser die angeforderten Staatshilfen noch nicht zurückgezahlt haben. Auch wenn die Finanzierungspläne der meisten mittelständischen Unternehmen von den Hausbanken abgesegnet wurden, ist zu befürchten, dass bei einer abermaligen Rezession eine erneute Kreditklemme nicht ausgeschlossen werden kann. Dies ist auf die Situation der Banken in Deutschland zurückzuführen. Anders als im restlichen Teil Europas ist es hier üblich, dass sich die meisten Banken die zu verleihenden Finanzmittel selber am Kapitalmarkt generieren, da sie nicht über ausreichende Spareinlagen verfügen. Diese Problematik ist typisch für Deutschland und leicht nachvollziehbar. Ungefähr 70 % aller langfristig stabilen Einlagen liegen bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken (Sparbuch usw.). Der Großteil der deutschen Industriekredite aber wird von Finanzinstituten vergeben, die nur in einem geringen Umfang auf diese Mittel zugreifen können.[8] Auch andere Wirtschaftsparameter, wie z. B. die Inflationsrate in Europa, sollten in Betracht gezogen werden. Ein Vergleich der Jahre 2009 und 2010 zeigt insgesamt einen leichten Rückgang der Firmeninsolvenzen in Europa von ca. 178 000 auf ca. 175 000. Bei näherer Betrachtung der einzelnen Länder fallen jedoch massive Unterschiede auf. In Italien und Luxemburg sind die Unternehmenskonkurse 2010 im Vergleich zum Vorjahr um ca. 30 % angestiegen. Im Gegensatz können die skandinavischen Länder wie Finnland und Norwegen die Anzahl der Insolvenzen um ca. 10 % senken. Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass auch das Jahr 2010 tief im Schatten der Wirtschaftskrise stand und dass die nationalen Einbußen noch nicht überall in Europa wieder aufgeholt werden konnten. Deutschland gehört mit einem leichten Rückgang von minus 2.5 % zu den Gewinnern, doch das wahre Ende der Krise ist erst erreicht, wenn die nationalen Wirtschaftsleistungen der europäischen Staaten stark und längerfristig ansteigen.[9]
Doch es müssen zukünftig keine nachfrage-technischen Ereignisse wie Wirtschafts- bzw. Finanzkrisen sein, die eine oder mehrere Volkswirtschaften zum Kollabieren bringen, sondern es können auch Problematiken auf der Angebotsseite entstehen, die die Märkte erschüttern. Hierzu zählt vor allem der ab 2025 langfristig prognostizierte Fachkräftemangel in Deutschland. Zurückzuführen auf eine Verschiebung der Alterspyramide und unabsichtlich gefördert durch miserable Integrations- bzw. Bildungspolitik der vergangenen Regierungen wird dieser Mangel auch den Mittelstand gravierend beeinflussen.[10]
Schon heute beklagt eine Vielzahl von Mittelständlern über alle Branchen hinweg dass es sich als schwierig erweist, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Dieses Bild spiegelt sich auch bei der Rekrutierung von Fach- und Führungskräften wider. Trotzdem glaubt knapp die Hälfte dieser Unternehmer, dass sich diese Problematik nicht negativ auf den Umsatz ihrer Firma auswirken kann. Diese Meinung ist jedoch mehr als fragwürdig. Tatsächlich entgehen dem deutschen Mittelstand aufgrund von Fachkräftemangel nicht realisierte Umsätze in Höhe von schätzungsweise zirka dreißig Milliarden Euro (Vgl. Abbildung 1). Hier entstehen Gefahrenpotentiale, die den Cashflow einzelner Unternehmen stark reduzieren können, so- dass weitreichende Folgen wie beispielsweise Liquiditätsengpässe oder Kreditkündigungen die Konsequenzen sein werden.[11]
Abbildung 1: Umsatzeinbußen
Quelle: Ernst&Young - Mittelstandsbarometer, S. 17 (2010)
Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich keine eindeutige Meinung zur wirtschaftlichen Prognose für die folgenden Jahre durchgesetzt hat. Auf der einen Seite kündigen Medien, Banken und führende Institute ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum an wie z. B. das aktuelle DIW-Konjunkturbarometer für April 2011, das von Zuwächsen zwischen 0,5 und 1,0 Prozent ausgeht[12]. Auf der anderen Seite gibt es unabhängige Wissenschaftler wie den Zukunftsforscher und Herausgeber des Trends Journals, Gerald Celente, die behaupten, dass Europa aufgrund hoher Schuldenberge und eines nicht anhaltenden Stroms von Einwanderern unmittelbar ein Krieg bevorsteht (Vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2: Titelblatt The Trends Journal Frühjahrsausgabe 2011
Quelle: http://info.kopp-verlag.de (2011)
Die Ereignisse der letzten Monate, wie z. B. die Revolutionen in Nordafrika / Arabien oder die Atomkrise in Japan, deutet der erfahrene Trendforscher als Vorboten des Krieges. Er prophezeit, dass die Europäer feststellen werden, dass sie von der EU nur betrogen wurden, wenn ihre Ersparnisse und Versicherungen nicht mal mehr das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt wurden. Viele Leser werden diese dunklen Aussichten belächeln, jedoch sollte nicht vergessen werden, dass Gerald Celente auch die Wirtschaftskrise von 2008 einige Monate zuvor detailliert vorhersagte.[13] Ende letzten Jahres veröffentlichte das von ihm geleitete Trends Research Institute die größten Trends für das Jahr 2011....