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Veränderung des Leseverhaltens in der Mediengesellschaft

AutorDaniela Schmitt
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl124 Seiten
ISBN9783640229512
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Didaktik - Deutsch - Pädagogik, Sprachwissenschaft, Note: 1,5, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, 72 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Seit das Fernsehen in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in unsere Wohnzimmer eingedrungen ist, und sich seither immer weitere neue Medien in unseren Alltag integriert haben, werden immer wieder Bedenken geäußert, dass der Fernseh- und generell der Medienkonsum das Lesen verdrängt, gar schädliche Wirkung haben kann. Neben Befürchtungen im Hinblick auf die soziale und emotionale Entwicklung wird heute vor allem die Beeinträchtigung der Sprach- und Lesefertigkeiten von Kindern und Jugendlichen diskutiert.

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Leseprobe

3 Veränderungen des Leseverhaltens in der Mediengesellschaft


 


3.1 Mediale Einflussfaktoren


 

Die Massenmedien, die sich seit Ende des 19., Anfang des 20.Jahrhunderts entwickelt haben und heute unter der Vorgabe der Digitalisierung, Vernetzung und Telekommunikation agieren, können auch als hybrides Multimedium bezeichnet werden. Globalisierung wie auch Regionalisierung, wenn nicht Lokalisierung, kennzeichnen die Medienmärkte heute. Es lassen sich zudem noch weitere gegensätzliche Entwicklungen ergänzen: Noch immer beherrschen die etablierten Massenmedien die öffentliche Kommunikation und konzentrieren sich ökonomisch weiterhin, so dass wenige Global Players mediale Monopole weltweit, mindestens transnational oder national erreichen; insofern ist die überkommene Massenkommunikation immer noch präsent und wirkmächtig.[113]

 

Die Entwicklung der Medientechnik erstreckt sich von den einfachsten zu den vollkommensten und am höchsten entwickelten Medien. Die von Harry Pross bereits 1972 vorgeschlagene Dreifachdefinition hat sich bis heute bewährt. Er unterscheidet zwischen primären, sekundären und tertiären Medien. Als primäre Medien bezeichnet er Kommunikationsprozesse, die keiner technischen Innovation bedürfen. Die Abwesenheit von Medientechnik definiert somit die Primärmedien, man denke hier an ein neugeborenes Kind, welches durch Schreien, Weinen, Lachen, etc. auf sich aufmerksam macht. Als sekundäre Medien bezeichnet er diejenigen, die bei dem Verfassen und Senden von Botschaften, Nachrichten und Mitteilungen eingesetzt werden. Das Abfassen eines Buches setzt einen gewissen Einsatz von Technik voraus, angefangen bei Papier, Federkiele und Tinte, später dann Drucktypen, Setzkästen und Druckmaschinen und noch später Hard- und Software. Das Lesen hingegen fordert keinen Einsatz einer solchen Technik. Frühe Formen sekundärer Medien sind Rauchzeichen, stimmverstärkende Schalltrichter oder auch das Hörrohr. Die Fotografie zählt wohl zu den wirkungsmächtigsten der sekundären Medien. Die später entwickelte Phonographie ist ein erstes Beispiel für ein frühes Tertiärmedium. Tertiär nennt er die Medien, die sowohl auf der Sender- als auch auf der Empfängerseite eine Technik erfordert, damit die Kommunikation gelingt. Neben der Phonographie sind Telegrafie und Telefonie historisch gesehen die ersten großen Tertiärmedien. Heute stehen sie im Schatten der massenmedialen Medien wie Radio, Fernsehen, die das Primärmedium Mensch prägen, noch bevor es Sprachwesen geworden ist.[114]

 

„Mediengeschichte bezeichnet die Gesamtheit der historischen Darstellungen von Medienprozessen Sie ist Teil der allgemeinen Geschichtsschreibung, sie spezifiziert sich als Erfindergeschichte von Medien und als Geschichte der Veränderung der sinnlichen Wahrnehmungen durch Medien. Sie ist Teilbereich der Technikgeschichte und der Kulturgeschichte. Ihr Anfangspunkt ist mit den ersten Prozessen der Medialisierung in den Basismedien Bild, Ton, Buchstabe und Zahl verbunden.“[115]

 

3.1.1 Fotografie


 

Nach Gutenbergs Erfindung kann man die Fotografie als weitere große medientechnische Erfindung bezeichnen. 1839 stellte Louis Jacqes Mandé Daguerre (1787-1851) seine Erfindung, die Daguerreotypie, vor. Allerdings waren nachgeahmte Bilder schon lange vor Daguerre möglich – durch die Hand begabter Maler oder Kupferstecher.[116] Die von dem arabischen Optiker Ibn Al Haitham bereits im 10. Jahrhundert erfundene Camera obscura hat die Versuche einer realistischen Abbildung entscheidend vorangebracht.

 

„Ihr Prinzip ist einfach. Wenn durch ein kleines Loch Licht in eine abgedunkelte Kammer fällt, so werden die Konturen der Außenwelt auf der gegenüberliegenden Wand auf den Kopf gestellt und spiegelbildlich verkehrt abgebildet. Eine geübte Hand kann diese Konturen dann souverän nachzeichnen und für die richtigen Verhältnisse von unten und oben, links und rechts sorgen.“[117]

 

Ab dem 13. Jahrhundert wurde die Camera obscura in Künstler- und Technikerkreisen populär. Künstler wie beispielsweise Leonardo da Vinci hatten um 1500 mit ihrer Hilfe eindrucksvolle Bilder gezeichnet. 1558 kam Giovannis Battista auf die Idee, die Lichtöffnung mit einem konvexen Brennglas, welches die einfallenden Lichtstrahlen bündelte und schärfere Konturen ergibt, zu versehen. Auf diese Weise entstand das Kameraobjektiv. William Hyde Wollaston entwickelte die Camera obscura durch den Einsatz eines prismatischen Objektivs zur sogenannten Camera lucida weiter.[118]

 

„Die Camera obscura bedeutete einen bahnbrechenden Fortschritt in der Geschichte kinematographischer Wahrnehmungsformen, der der Entdeckung der Perspektive vergleichbar ist, weil sich in ihr eine Neu- und Umstrukturierung visueller Erfahrungsmöglichkeiten durch optische Techniken repräsentierte.“[119]

 

1873/74 machte der Fotograph Eadweard Muybridge (1830-1904) seine Serien-Aufnahme eines trabenden Pferdes. 1878 folgten dann die spektakulären Aufnahmen eines galoppierenden Pferdes mit 12 und später mit 24 in kurzem Abstand nacheinander fest installierten Kameras. Diese Aufnahmen lösten ein altes und vieldiskutiertes Problem: ob nämlich ein galoppierendes Pferd eine Zeitlang mit allen Beinen in der Luft ist oder nicht. Mit bloßem Auge lässt sich die Frage nicht entscheiden, kann doch das Auge immer nur einen Punkt im Wahrnehmungsfeld und nicht etwa vier Punkte zeitgleich fokussieren. Auf den meisten Pferde-Gemälden vor der Photographie wurden daher die Galoppsprünge zumeist so dargestellt, dass ein Pferd gänzlich vom Boden abhebt, wenn die Vorderbeine nach vorne und die Hinterbeine nach hinten ausgreifen. Dass dem nicht so ist, ließ sich ohne Objektiv nicht objektiv beobachten.[120]

 

„Die Realität in ihr Abbild zu verwandeln, sie auf diese Weise wahrnehmungstechnisch zu beherrschen, den Beobachter an einen Apparat anzuschließen und sein Auge zu erweitern – das ist die historische Leistung der Fotografie, die in der Ästhetik des Panoramas virtuell bereits vorgeprägt ist. Zu vollziehen war lediglich noch ein – allerdings entscheidender – Schritt: die Fixierung des einzigartigen Augenblicks und dessen Reproduktion.“[121]

 

Muybrigde veröffentlichte seine Serienfotos, die schon eine Frühform des Films darstellten, zusammen mit einem Vortrag unter dem Titel „The Romance and Realities of Animal Locomotion“. Die Botschaft: Man darf seinen Augen nicht trauen.[122]

 

 

Abbildung 5: Muybridges Serienaufnahme (http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.digitaljournalist.org/issue0309/... (24.02.2008).)

 

Mit dem Kodachrome-Dreischichtenfilm wurde 1935 die Farbfotografie industriell möglich. Der Fotoapparat war zu diesem Zeitpunkt, dank der Firma Kodak, bereits ein preisgünstiger Massenartikel.[123]

 

3.1.2 Phonografie


 

Schon im 19. Jahrhundert war es ein vieldiskutiertes Thema, ob die Fotografie oder die Phonografie die bedeutendste Erfindung ist. Um 1875 experimentierte Edouard Léon Scott de Martinville (1817-1879) mit einem Gerät, welches er Phonoautograph nannte. Grundgedanke war hier, dass sich ein Ton selbst aufzeichnet. Hierbei zeichnete ein Schweineborstenstift, der mit einer Membran verbunden war, welcher die Schallwellen registrierte, die akustischen Wellenlinien auf einem rußgeschwärzten Papierzylinder auf. Am 26. September 1887 meldete Emil Berliner (1851-1929) das Grammophon in Washington zum Patent an. Durch dieses Patent verschwand das bisher vorherrschende Walzendesign und das klassische Scheibendesign hielt Einzug. Ende des Jahres 1894 kamen Berliners erste Schallplatten auf den Markt. Die 17 Zentimeter großen Hartgummikörper konnten etwa zwei Minuten Musik speichern. Bereits im Jahre 1897 wurde Hartgummi von Schellack abgelöst. Das Geschäft mit den Platten blühte. In Philadelphia gründete Berliner eigene Aufnahmestudios, musste sich allerdings innerhalb kürzester Zeit gegen eine weltweite Konkurrenz behaupten. Zur Jahrhundertwende wurde ein bis zum heutigen Tage bekanntes Markenlogo integriert. James Barraud verkaufte sein Bild „His Master’s Voice“ der britischen Grammophon Company. Das Motiv zeigt einen treuen Foxterrier der aus einem Schalltrichter der Stimme seines verstorbenen Herrn lauscht und sie wiedererkennt.[124] Die Mediencompany nahm an dem Reklamelogo eine Änderung vor, der dargestellt Edison-Phonograf wurde umgehend durch Berliners Grammophon, welches mit Platten funktionierte, ersetzt.

 

 

Abbildung 6: His Master’s Voice (http://www.jeffbots.com/hmvorig.jpg (23.02.2008).)

 

Ab 1948 setzte sich ein neuer Standard für Schallplatten...

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