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E-Book

Chunqiu - Frühling und Herbst des Lü Bu We

Philosophie des Ostens

AutorKonfuzius
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl650 Seiten
ISBN9783849600198
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Die Frühlings- und Herbstannalen (chin. Chunqiu, weniger gebräuchlich ist chin.Linjing, kor. Chunchu) sind einer der Fünf Klassiker, die dem Konfuzius zugeschrieben werden. Es ist allerdings unsicher, ob es tatsächlich von Konfuzius selbst kompiliert worden ist. Es handelt sich um die offizielle Chronik des Staates Lu in dem Zeitraum von 722 v. Chr. bis 481 v. Chr. und ist der älteste erhaltene chinesische Text, der nach dem Prinzip der Annalen aufgebaut ist. Die behandelte Periode der chinesischen Geschichte wird nach diesem Werk benannt. (aus wikipedia.de)

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Leseprobe

2. Kapitel Das Werthalten des Lebens / Gui Schong


 

Der Weise beherzigt tief die Wahrheit, daß es nichts Wertvolleres unter dem Himmel gibt als das Leben. Ohren und Augen, Nase und Mund sind nur die Diener des Lebens. Wenn auch das Ohr nach Tönen begierig ist, wenn auch das Auge nach Schönheit begierig ist, wenn auch die Nase nach Düften begierig ist, wenn auch der Mund nach Wohlgeschmack begierig ist, wenn diese Begierden aber dem Leben schaden, so hemmt er sie. Was umgekehrt den vier Sinnen unangenehm ist, aber dem Leben nützt, das tut er14. Daraus ergibt sich dann, daß Ohr und Auge, Nase und Mund nicht nach Willkür handeln können, sondern gewissen Beschränkungen unterliegen, wie ein Beamter nicht nach Willkür handeln kann, sondern gewissen Beschränkungen unterliegt. Dies ist die Art, das Leben wertzuhalten.

 

Yau bot einst das Weltreich dem Dsï Dschou Dschï Fu an. Dsï Dschou Dschï Fu erwiderte: »Ich würde mich ja wohl ganz gut zum Weltherrscher eignen, aber ich leide etwas an Melancholie, die will ich erst kurieren; ich habe zunächst noch keine Zeit für das Weltreich.« Das Weltreich ist etwas sehr Wichtiges, und doch wollte er um seinetwillen sein Leben nicht schädigen; wieviel weniger um anderer Dinge willen. Nur wer nicht um der Welt willen sein Leben schädigt, dem mag man die Welt anvertrauen15.

 

Die Leute von Yüo hatten dreimal hintereinander ihren Fürsten getötet. Prinz Sou nahm das zu Herzen und entfloh nach dem roten Loch. Da sie nun keinen Fürsten in Yüo hatten, suchten sie nach dem Prinzen Sou, fanden ihn aber nicht Sie folgten ihm nach dem roten Loch, aber Prinz Sou weigerte sich herauszukommen. Da trieben ihn die Leute von Yüo heraus, indem sie die Höhle mit Beifuß ausräucherten. Darauf setzten sie ihn auf den königlichen Wagen. Prinz Sou ergriff die Halteleine, bestieg den Wagen indem er zum Himmel aufblickte und seufzte: »Ach, das Fürstsein! Warum konnte es mir nicht erspart bleiben!« Prinz Sou haßte es nicht, Fürst zu sein, aber er haßte die Leiden, die mit dem Fürstsein verbunden sind.

 

Von Prinz Sou kann man sagen, daß er nicht um eines Reiches willen sein Leben zu Schaden kommen lassen wollte. Das war es, warum die Leute von Yüo ihn durchaus zum Fürsten haben wollten16.

 

Der Fürst von Lu17 hörte einst, daß Yän Ho ein Mann sei, der die Wahrheit gefunden habe. Er sandte daher einen Boten, der ihm Einführungsgeschenke überreichen sollte. Yän Ho stand unter der Tür in rauhem Gewand und fütterte selbst die Rinder. Als der Bote des Fürsten von Lu ankam, trat ihm Yän Ho selbst unter der Tür entgegen.

 

Der Bote sprach: »Ist dies Yän Ho's Haus?«

 

Yän Ho erwiderte: »Ja, dies ist Yän Ho's Haus.«

 

Da wollte ihm der Bote die Geschenke überreichen.

 

Yän Ho erwiderte: »Ich fürchte, du hast nicht recht gehört; wenn du die Sachen daläßt, so kommst du als Bote in Ungelegenheiten. Es wird daher besser sein, du erkundigst dich noch einmal.«

 

Der Bote kehrte wieder um und erkundigte sich noch einmal. Dann kehrte er wieder zurück und suchte nach ihm, aber schon war er nicht mehr zu finden.

 

Dieser Yän Ho haßte nicht Ehre und Reichtum an sich, sondern nur weil er das Leben wichtig nahm, haßte er sie. Die Fürsten dieser Welt behandeln oft mit Reichtümern und Ehren die Weisen hochmütig. Darum lernen sie sie nicht kennen. Ist das nicht traurig? Darum heißt es: Das eigentliche Wesen der Wahrheit dient zur Pflege des Ich. Was dann noch übrig bleibt, diene dazu, um Land und Haus in Ordnung zu halten, und ihre Abfälle nur sind es, die man brauchen kann, um die Welt zu beherrschen. Von hier aus betrachtet sind die Werke der Herrscher und Könige nur Dinge, die die Weisen liegen lassen; sie sind nicht der Weg dazu, das Ich vollkommen zu machen und das Leben zu pflegen. Die gewöhnlichen Herren von heutzutage bringen geradezu ihr Ich in Gefahr und werfen ihr Leben weg, um den Dingen der Außenwelt nachzulaufen. Aber wie kann jenes durch dieses erreicht werden?18

 

Wie kann jenes durch dieses bewirkt werden? Alles Wirken der Weisen beruht darauf, daß sie erforschen, wodurch etwas eintritt und wodurch es bewirkt wird.

 

Wenn z.B. ein Mann mit einer kostbaren Perle des Fürsten von Sui nach einem tausend Klafter hoch sitzenden Vogel werfen wollte, so würde ihn jedermann verlachen. Warum? Weil das, was er anwendet, so wertvoll ist, und das, was er erreichen will, so wertlos. Aber ist denn das Leben nicht noch wertvoller, als eine Perle des Fürsten von Sui?

 

Der Philosoph Hua Dsï hat gesagt: Vollkommenes Leben ist das Höchste, unvollkommenes Leben das Nächste, Sterben das Dritte und vergewaltigtes Leben das Unterste. Das Leben ehren, heißt es vollkommen machen. In einem vollkommenen Leben werden die sechs Neigungen auf gebührende Weise befriedigt19. Unvollkommenes Leben ist es, wenn die sechs Neigungen teilweise ihre gebührende Befriedigung finden. Das Leben wird unvollkommen dadurch, daß man das, was das Leben ehrenwert macht, gering nimmt. Je mehr das Leben unvollkommen wird, desto geringer wird das, was das Leben ehrenwert macht. Sterben heißt, daß man gar keine Empfindungen mehr hat und in den Zustand vor der Geburt zurückkehrt. Vergewaltigtes Leben ist es, wenn die sechs Neigungen nicht damit befriedigt werden, was ihnen entspricht, sondern damit abgespeist werden, was ihnen zuwider ist. Alles, was ein solcher Mensch tut, ist schändlich. Die größte Schändlichkeit ist die Ungerechtigkeit. Durch Ungerechtigkeit wird das Leben vergewaltigt. Ja, Vergewaltigung des Lebens ist noch schlimmer als Ungerechtigkeit.

 

Darum heißt es: lieber sterben, als ein vergewaltigtes Leben führen. Woher weiß man das? Wenn das Ohr hört, was ihm zuwider ist, so ist das schlimmer, als gar nichts zu hören. Wenn das Auge sieht, was ihm zuwider ist, so ist das schlimmer, als gar nichts zu sehen. Darum hält man sich beim Donner die Ohren zu, und wenn es blitzt, die Augen. Das ist ein Beispiel davon. So ist es mit all den sechs Neigungen. Wenn sie Empfindungen haben, die ihnen zuwider sind und denen sie doch nicht entgehen können, so ist das schlimmer, als wenn sie gar keine Möglichkeit zu Empfindungen haben. Gar keine Empfindungen zu haben, ist aber der Zustand des Todes. Darum ist vergewaltigtes Leben schlimmer als Sterben. Wenn einer gerne Fleisch ißt, so ist damit nicht gemeint, daß er verweste Ratten liebt. Wenn einer gerne Wein trinkt, so ist damit nicht gesagt, daß er verdorbenen Wein liebt. So ist darunter, daß man das Leben hochhält, auch nicht zu verstehen, daß man ein vergewaltigtes Leben hochhält.

 

3. Kapitel Triebe und Begierden / Tsing Yü


 

Der Himmel erzeugt den Menschen mit Begierden und Wünschen. Die Begierden haben einen naturgemäßen Trieb. Die Triebe haben ihr Maß. Der Weise pflegt das Maß, um die Begierden zu hemmen. Deshalb überschreitet er niemals die natürlichen Triebe.

 

Die Begierde des Ohrs ist auf die fünf Töne gerichtet. Die Begierde des Auges ist auf die fünf Farben gerichtet. Die Begierde des Mundes ist auf die fünf Geschmacksarten gerichtet. Das sind die natürlichen Triebe. In diesen drei Stücken sind Vornehme und Geringe, Toren und Weise, Gute und Schlechte in ihren Begierden vollkommen gleich. Selbst ein Schen Nung und Huang Di stimmen darin mit einem Giä und Dschou Sin überein. Wodurch die Weisen sich unterscheiden ist, daß sie die natürlichen Triebe treffen. Wenn man bei seinen Handlungen das Leben wichtig nimmt, so trifft man die natürlichen Triebe; wenn man seine Handlungen nicht durch das Wichtignehmen des Lebens bestimmen läßt, so verfehlt man die natürlichen Triebe. Diese beiden Dinge sind die Wurzel von Leben und Tod, Sein und Nichtsein. Die Herrscher, wie sie zu sein pflegen, beeinträchtigen die natürlichen Triebe, darum hat all ihr Tun Untergang und Verlust zur Folge.

 

Das Ohr darf man nicht übertäuben, das Auge darf man nicht übermüden, den Mund darf man nicht überfüllen, sonst schwillt der ganze Körper an, die Sehnen und Knochen erstarren, das Blut in den Adern stockt, die neun Körperöffnungen erschlaffen, und jeder Winkel des Leibes verliert seinen naturgemäßen Zustand. So etwas kann selbst ein Pong Dsu20 nicht aushalten. Wer Dinge, die man nicht erlangen kann, begehrt, wer Dinge, an denen man sich nicht ersättigen kann, erstrebt, der kommt weit ab von der Wurzel des Lebens. Die Menschen hassen und lästern ihn, und er sät große Feindschaft. Wenn die Gedanken leicht erregbar sind, so wird man unstet und kraftlos. Wer sich seiner Macht und seiner Klugheit brüstet, der ist in seiner Brust...

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