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E-Book

Geschichte des Altertums, Band 3

Vollständige Ausgabe

AutorEduard Meyer
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl684 Seiten
ISBN9783849625184
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Dies ist Band 3 von 5, 'Der Ausgang der altorientalischen Geschichte und der Aufstieg des Abendlandes bis zu den Perserkriegen.' Meyer war einer der letzten Historiker, der allein versuchte, eine Universalgeschichte des Altertums zu schreiben. Er versucht die historische Entwicklung in Vorderasien, Ägypten und Griechenland bis um 366 v. Chr. in einen Gesamtrahmen zu stellen und befreit damit die griechische Geschichte von der bislang üblichen isolierten Betrachtung. 'Die Geschichte des Altertums' gilt bis heute als eines der bedeutendsten Werke der Altertumswissenschaft, wenngleich das Werk freilich durch den modernen Forschungsstand in Teilen überholt ist. Meyer war ein Vertreter der Zyklentheorie, die er aufgrund von Analogien in den äußeren Formen über den Fortschritt der Menschheit setzte (weshalb er auch 1925 in einem Buch entsprechenden Titels Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes guthieß). Über die Atlantis-Geschichte von Platon urteilte er: Atlantis sei eine reine Fiktion ohne zugrunde liegende geschichtliche oder naturwissenschaftliche Kenntnisse. (aus wikipedia.de)

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Leseprobe

Assyrer und Äthiopen. Assurbanipal.

 

Eroberung Ägyptens

 

Alle diese Jahr für Jahr aufeinanderfolgenden Kriege sind weltgeschichtlich ohne größere Bedeutung; das änderte sich erst, als der Kampf mit dem Äthiopenreich am Nil wieder ausbrach und zur Entscheidung führte. Hier hatte Taharqa im J. 689 den König Šabataka beseitigt163 und sich selbst die Doppelkrone des Pharaonenreichs aufs Haupt gesetzt. An Energie scheint es diesem Negermischling nicht gefehlt zu haben; und in Ägypten mögen sich die lokalen Machthaber der Herrschaft des streng orthodoxen Kuschiten von Napata als Gottesentscheidung gefügt haben. Aber wenn es schon für die kräftigen Könige des Neuen Reichs trotz der straffen Organisation auf die Dauer kaum möglich gewesen war, das langgestreckte schmale Reich von Theben aus zu regieren und sich unter der neunzehnten Dynastie der Schwerpunkt nach dem Delta verlegt hatte, so war die Aufgabe, das innerlich gelockerte und zersetzte Reich zusammenzuhalten, die alte Machtstellung der Pharaonen wiederzugewinnen und dem assyrischen Militärstaate tatkräftig entgegenzutreten, völlig undurchführbar geworden, seit das Regiment, das die Ägypter nicht hatten behaupten können, an die Äthiopen oder Kuschiten im äußersten Süden übergegangen war. Von Napata und dem Amontempel am Heiligen Berge (Gebel Barkal) aus, unterhalb des vierten Katarakts, ließ sich die Weltherrschaft, die Amon in Anspruch nahm, nicht mehr verwirklichen. Den Hauptteil der Heere der äthiopischen Könige bildeten die Neger und Halbneger Nubiens, die mehr als zehn Breitengrade zu durchziehen hatten, ehe sie auf den Kriegsschauplatz kamen. Trotz aller Tempelbauten, die Taharqa, wie vor ihm schon Sabako, in Karnak und sonst aufführte, ist seine Herrschaft für die Ägypter eine Fremdherrschaft; wie er selbst Negerblut in seinen Adern hatte, so auch viele seiner Beamten, so nach dem Ausweis seiner Gesichtszüge der Regent von Theben Mentemhet und der greise Magnat, dessen Züge ein prachtvoller, ganz realistischer Porträtkopf aus Karnak darstellt164.

 

Schon bei der Erhebung des Abdimilkut von Sidon gegen Assyrien wird Taharqa die Hände im Spiel gehabt haben; jetzt trat Ba'al von Tyros, den Assarhaddon damals begünstigt hatte, mit ihm in Verbindung und warf das assyrische Joch ab. Nach einer nur unsicher überlieferten Angabe der babylonischen Chronik war schon im J. 674 ein assyrisches Heer nach Ägypten gezogen165; wirklich zum Kriege aber ist es erst im J. 671 gekommen. Im Frühjahr (Nisan) rückte das Heer von Assur aus, wenn wir der Darstellung Assarhaddons trauen dürfen, unter Führung des Königs selbst166. Ba'al von Tyros bequemte sich, als ihm das Festland entrissen und das Wasser abgeschnitten wurde, aufs neue zur Huldigung und schickte seine Töchter mit reicher Ausstattung in den Harem des Königs. Der Weitermarsch durch die Sinaiwüste, dessen Beschwerden Assarhaddon ausführlich schildert167, war gut vorbereitet; alle Araberscheichs stellten dazu Kamele für die Versorgung mit Wasser. Zu Anfang des Tammuz (4. Monat) erreichte er in Išchupri, wohl am Eingang des Wadi Tûmîlât, das Niltal und rückte unter fünfzehntägigen Kämpfen gegen Memphis vor. Fünfmal, rühmt er, habe er Taharqa selbst besiegt. Memphis wurde erstürmt und ausgeplündert, der Harem Taharqas und einer seiner Söhne gefangen; Taharqa mußte sich nach Nubien zurückziehen, seine Anhänger wurden verjagt: "die Wurzel von Kuš", sagte Assarhaddon, "habe ich aus Ägypten ausgerissen, keinen einzigen in Untertänigkeit darin zurückgelassen". Die lokalen Dynasten unterwarfen sich und wurden als tributpflichtige Vasallen in ihrem Besitze bestätigt; zwanzig solcher Stadtfürsten im Delta und Oberägypten werden mit Namen aufgezählt bis hinauf zu dem Fürsten Mentemhet von Theben. Der bedeutendste unter ihnen ist Necho, der Herr von Memphis und Sais, dessen Vorfahren bereits in Sais geboten hatten168 und wohl direkte Nachfolger des Tefnacht und Bokchoris gewesen sind. Auf Befehl des Assyrerkönigs mußte Necho Sais in Karbêlmatâti "Garten des Herrn der Länder" umbenennen; sein Sohn Psammetich erhielt den assyrischen Namen Nabušezib'anni "Nebo hat mich gerettet"; ebenso nahm der Dynast von. ....den assyrischen Namen Šarludâri ("möge der König ewig bestehen") an169. Assarhaddon selbst kann seinen übrigen Titeln hinzufügen "König der Könige von Musur (hier speziell Unterägypten), Paturis (Oberägypten) und Kuš" oder auch "König von Ägypten (Musur), Gefangennehmer des Königs von Melucha (Äthiopien)"; auch auf Reliefstelen, die er in den jetzigen Provinzstädten Sendjirli und Tell-Ahmar (Til-Barsip) aufstellte, hat er mit der herkömmlichen Übertreibung den Äthiopenkönig, der als Neger gebildet ist und an der Stirn den Uräus trägt, als Gefangenen dargestellt, den er an einem durch die Lippen gelegten Strick fortführt170. Im Anschluß an die Siege über Tyros und Kuš renommiert er, daß alle Könige inmitten der See "von Cypern (Jatnan) und Griechenland (Jawan) bis nach Taršîš" sich ihm unterworfen hätten und Tribut leisteten171.

 

Im nächsten Jahr, 670, hat Assarhaddon, wie oben schon erwähnt, daheim unter seinen Magnaten aufgeräumt. Inzwischen versuchte Taharqa die Herrschaft über Ägypten wiederzugewinnen. So ist Assarhaddon im J. 669 abermals gegen ihn gezogen; aber auf dem Feldzug erkrankte er und ist am 10./8. gestorben. Schon früher hatte er seinen Sohn Assurbanipal zum Thronfolger eingesetzt; dessen Bruder172 Šamaššumukin (im ptolemäischen Kanon Saosdoyxinos, bei Berossos Sammuges) ernannte er zum König von Babel, dessen Reich damit voll wiederhergestellt wurde, natürlich unter Anerkennung der Oberhoheit Assyriens.

 

Der Angriff auf Ägypten kam dadurch ins Stocken. Taharqa hat ein paar Jahre lang aufs neue in Memphis als König geherrscht173. Auf die Kunde davon entsandte Assurbanipal seinen Feldmarschall (turtân) mit einem starken Heer, das, durch Truppen und Schiffe der syrischen Vasallen verstärkt, ins Delta einbrach. In der Nähe von Memphis, bei Karbanit, wurden die Äthiopen geschlagen, Taharqa mußte sich nach Theben zurückziehen. Die ägyptischen Stadtfürsten, die lebhaft empfanden, wieviel besser und gesicherter ihre Stellung unter dem auf gemeinsamem Kulturboden stehenden Kuschiten war als unter der Militärherrschaft eines fremden Despoten, planten eine Erhebung zu seinen Gunsten, bei der die im Lande liegenden Truppen von der Bevölkerung überfallen und massakriert werden sollten. Indessen die assyrischen Offiziere kamen ihnen zuvor, sie fingen die Unterhändler ab, verhängten über die verdächtigen Städte nach assyrischer Art ein furchtbares Strafgericht und schickten Necho und Šarludâri, die Führer der Bewegung, in Ketten nach Ninive174. Assurbanipal scheint empfunden zu haben, daß es unmöglich sei, die Herrschaft über das Niltal lediglich auf brutale Gewalt zu gründen, und daß man für die Verwaltung und die Erhebung der Abgaben die lokalen Machthaber und ihre Organisation nicht entbehren könne, sondern sie, wie es schon sein Vater getan hatte, auf die Seite der Assyrer ziehen und als Befreier von der kuschitischen Herrschaft auftreten müsse. So hat er die gefangenen Fürsten gütig aufgenommen und begnadigt; Necho, in dem er das geeignete Werkzeug für seine Pläne erkannte, wurde durch einen schweren Eid an das Reich gefesselt, aber reich beschenkt und in Sais wieder eingesetzt; seinem Sohn wurde das Fürstentum der Deltastadt Athribis verliehen175, der ein assyrischer Name beigelegt wurde.

 

Inzwischen war Taharqa im J. 664 gestorben. Auf dem Thron von Napata folgte ihm der schon bejahrte Tanuatamon, dessen Ansprüche darauf beruhten, daß eine Schwester Taharqas ihn dem Sebichos geboren hatte176. In einer äußerst naiven Inschrift177 erzählt er, wie er beim Regierungsantritt geträumt hat, daß zwei Schlangen an seine Seiten kommen; die Deutung auf die Erwerbung der beiden Kronen Ägyptens wird durch seine Krönung in Napata bestätigt. So zieht er nilabwärts. In Elephantine, in Theben, auch im Nordland wird er mit Jubel begrüßt; bei Memphis "traten ihm die Söhne der Rebellion zum Kampf entgegen, und er machte ein großes Gemetzel unter ihnen; die Zahl (der Gefallenen) ist nicht bekannt". Die Gegner sind die auf assyrischer Seite stehenden Stadtfürsten unter Führung Nechos, der dem Großkönig jetzt die Treue hielt; Herodot hat in die ganz phantastisch umgestaltete Sagengeschichte, die ihm die Ägypter überliefert haben, die geschichtliche Notiz eingefügt, daß Necho von dem Äthiopenkönig (er nennt ihn Sabako) getötet wurde und sein Sohn Psammetich nach Syrien flüchten mußte178. Dieser Thronwechsel fällt ins Jahr 663 v. Chr.179; dadurch ist zugleich das Datum des Sieges Tanuatamons bestimmt.

 

Nach dem Siege hat Tanuatamon Memphis besetzt und dem Ptah ein großes Opfer gebracht, aber den Versuch, auch die Festungen zu erobern, alsbald aufgegeben. In Memphis hat ihn dann eine Schar von Stadtfürsten aufgesucht und ihm gehuldigt, unter Führung des Paqrur von Pisopd (Phakusa), der auch im assyrischen Bericht als am Aufstandsversuch beteiligt genannt wird. Der Pharao hat ihnen eine...

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