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Menschenenrechte in Burma/Myanmar seit der Ne Win-Ära unter besonderer Berücksichtigung ethnischer Minderheiten

AutorBettina Blenk
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl73 Seiten
ISBN9783640145270
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Südasienkunde, Südostasienkunde, Note: 1,7, Universität Passau, 85 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Myanmar und Menschenrechte - ist das eigentlich nicht ein Paradoxon? Das südostasiatische Land ist seit über 40 Jahren im Griff einer Militärjunta, die nicht nur ein zentrales Machtmonopol über alle wichtigen politischen Institutionen besitzt, sondern jahrzehntelang versuchte, die Bevölkerung komplett von der Außenwelt abzuschotten. International bekannt wurde das Regime mit der blutigen Niederschlagung der Studentenaufstände von 1988 und dem repressiven Vorgehen gegenüber der Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Daw Aung San Suu Kyi. Zwar ist seit den Unruhen eine allmähliche Demokratisierung zu beobachten, doch bei der Anerkennung von Menschenrechten steht Myanmar - auch angesichts seiner ethnischen Heterogenität - einer besonders großen Herausforderung gegenüber. Nicht nur nahmen ethnische Minoritäten lange Zeit die Spitzenpositionen in der Wirtschaft und der Verwaltung ein. Zeitweise befand sich zudem fast jede autochthone Minderheitsethnie mit einer bewaffneten Armee im Aufstand. Obwohl seit Mitte der 1990er Jahre ein Großteil der Rebellengruppen befriedet ist, stellt sich die Frage, ob damit tatsächlich die Menschenrechtsverletzungen ein Ende gefunden haben. Aus diesem Grund möchte ich mich in meiner Arbeit - unter Berücksichtigung des geschichtlichen und politischen Kontextes - besonders auf die Menschenrechtssituation der ethnischen Minderheiten konzentrieren.

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Leseprobe

IV. Burma unter Ne Win (1962-1988)


 

1. Die Hintergründe des Putsches

 

Bereits kurz nach der Unabhängigkeit nehmen die Karen zusammen mit der Communist Party of Burma (CPB)[32] den bewaffneten Widerstand gegen die Regierung des ersten Premierministers, U Nu, auf, und besetzen in den Jahren 1948/1949 kurzzeitig große Teile des Landes - verschont bleibt lediglich die Hauptstadt Rangun.[33] Der Regierung gelingt es zwar - auch dank der Chin und der Kachin in der Armee - die Rebellen bis Mitte der 1950er Jahre weitgehend aus der Ebene zu vertreiben. Doch bereits im Jahre 1959 brechen erneute Rebellionen, zunächst im Shan-, und zwei Jahre später im Kachin-Staat aus. Die Shan sind nicht nur frustriert über die Abschaffung ihrer traditionellen Herrschaftsrechte, sondern - ebenso wie die Kachin - über die Vernachlässigung durch die zunehmend zentralisierte Regierung in Rangun.[34] Unter den christlichen Minderheiten - wie den Kachin, den Chin und den Karen - schürt zudem die Erhebung des Buddhismus zur Staatsreligion im Jahre 1960 die Angst vor einer burmanischen Hegemonialstellung und der eigenen Marginalisierung.[35] Zeitgleich wachsen auch die Spannungen unter den Arakanesen und den Mon an, die auf von U Nu versprochene Teilstaaten warten.[36]

 

Im Gegensatz zu den bewaffneten Aufständischen versuchen allerdings einige Vertreter ethnischer Minderheiten auch, den Konflikt politisch zu lösen. So wird Anfang 1960 unter dem angesehenen Shan-Führer und ersten Präsidenten Burmas, Sao Shwe Thaike, das Federal Movement gegründet, das nicht - wie vom Militär behauptet - auf eine Abspaltung von der Union abzielt, sondern eine Ausweitung der bewaffneten Auseinandersetzungen verhindern will. Es fordert eine Föderation mit einem burmanischen Teilstaat, der die selben Rechte erhalten soll wie die Staaten der Minderheiten.[37] U Nu lädt die Vertreter der Minderheiten daraufhin Mitte Februar 1962 zu einem Federal Seminar nach Rangun. Doch bevor die Gespräche enden, besetzt das burmesische Militär, das Tatmadaw, am zweiten März die Haupstadt und lässt die Teilnehmer des Seminars, U Nu und dessen Regierung verhaften.[38] Obwohl das Militär behauptet, die Föderalismusdebatte sei der Auslöser für den Putsch gewesen, liefert das Zusammentreten des Federal Seminar dem Militär lediglich eine günstige Gelegenheit, um die bereits beschlossene Machtübernahme zu begründen:[39]

 

“Army Observers [...] , while looking for some opportunity to reassert control, found an excuse in [...] the Shan State Conference in Rangoon [...] .“[40]

 

Dass tatsächlich noch ein weiterer Grund vorhanden ist, zeigt die Erklärung des Regimes einen Monat später, dass es nun die Aufgabe des Militärs sei, das Land in eine sozialistische Gesellschaft zu transformieren.[41]

 

2. Zentrale Kontrolle in einem sozialistischen Einparteienstaat  

 

Nach dem Vorbild sozialistischer Staaten versucht Ne Win in den folgenden Jahren, einen streng zentralisierten Einparteienstaat aufzubauen.[42] Die Regierung, das Parlament, sowie der High und der Supreme Court werden aufgelöst, und die Verfassung außer Kraft gesetzt. Die Regierungsgeschäfte werden von einem Revolutionsrat, bestehend aus 17 ehemaligen Militäroffizieren, übernommen, der Ne Win volle legislative, exekutive und judikative Gewalt verleiht.[43] In diesem Zuge wird kurz nach dem Putsch die sozialistische Ideologie, bestehend aus dem Burmese Way to Socialism (BWS) und dem etwas theoretischeren The System of Correlation between Men and his Environment (SCME) veröffentlicht.[44] In diesen beiden, auf humanistischen, marxistischen und buddhistischen Prinzipien beruhenden Dokumenten wird die nationale Sicherheit als oberstes Staatsziel definiert:

 

“ [...] there is a clear perception of the need for order to be created and to be maintained by the state.“[45] 

 

Zu diesem Zweck wird 1963 die Burmese Socialist Program Party (BSPP) gegründet, die, nachdem mit dem Law to Protect National Solidarity jegliche Opposition verboten wird, die einzige legale Partei darstellt.[46] Als Kaderpartei gegründet, bleibt ihre Mitgliedschaft zunächst ausschließlich dem Revolutionsrat - und damit dem Militär - vorbehalten.[47] Als sie sich im Jahre 1971 zu einer Massenpartei wandelt, können sich zwar theoretisch auch Bürgerliche engagieren. Tatsächlich bleiben alle leitenden Positionen dem Militär vorbehalten, und noch 1981 besteht die BSPP zu 78 Prozent aus Offizieren.[48] Zudem sichert sich das Militär seinen Einfluss in der BSPP zusätzlich ab, indem die Parteistrukturen parallel zu den Kommandostrukturen des Tatmadaw aufbaut werden, so dass bei jeder parteiinternen Entscheidung ein Offizier das letzte Wort hat.[49] Ebenso wird die Verwaltung mit den Security and Administrative Councils (SACs) von Rangun aus streng zentralisiert und hierarchisch organisiert. Sie werden ausschließlich mit leitenden oder pensionierten Offizieren besetzt, so dass Ne Win das Geschehen bis auf Dorfebene kontrollieren kann.[50] Zusätzlich wird unter dem Military Intelligence Service (MIS), insbesondere in Form der gefürchteten Geheimpolizei Lon Htein, ein dichtes Sicherheitsnetz geschaffen, das jeden Aspekt des täglichen Lebens überwacht.[51]

 

3. Die Verfassung von 1974

 

Mit einer neuen, volksdemokratischen Verfassung, die im Jahre 1974 verabschiedet wird, versucht das Regime zwar, sich einen demokratischen Anstrich zu verleihen. So wird der Revolutionsrat abgeschaffen, und die Staatsgewalt auf eine gewählte Exekutive (bestehend aus einem Staats- und einem Ministerrat), eine Legislative (die Volksversammlung) und eine Judikative (bestehende aus einem Volksanwalts- und Volksrichterrat) aufgeteilt. Tatsächlich betont das Militär mit der neuen Verfassung gleichzeitig seinen Wunsch nach zentraler Kontrolle und Uniformität. Die Vorrangstellung der BSPP wird bereits in der Präambel verankert, und der Staat so verfassungsmäßig als Ein-Parteien-Staat festgelegt.[52] An dessen unumstrittener Spitze steht, als Vorsitzender des Staats- und des Ministerrates, nach wie vor Ne Win. Auch die Posten in der Legislative und der Judikative werden überwiegend mit loyalen Offizieren besetzt.[53] Darüber hinaus sind die gewährten staatsbürgerlichen Rechte zwar unabhängig von Ethnie, Geschlecht oder Religion, aber sie sind nicht absolut. Sie ergeben sich vielmehr aus den sozialistischen Staatszielen und können folglich - falls sie der nationalen Solidarität oder der Sozialordnung zuwiderlaufen - jederzeit von der Regierung eingeschränkt werden.[54]

 

Diese unitaristische Linie wird verstärkt durch die in der Verfassung vorgesehene Neugliederung des Staatsgebietes. Das ehemalige Kerngebiet der Burmanen (Burma Proper) wird in sieben Divisionen aufgeteilt. Des weiteren erhalten die sieben großen Minderheiten (Chin, Kachin, Rakhine/Arakan, Karen, Kayah, Mon und Shan) zwar einen eigenen Staat, der jedoch kein Recht auf Sezession oder Autonomie vorsieht.[55] So werden die Minderheiten zwar als eigene Ethnien anerkannt, können diese aber nicht auf politischer Ebene vertreten:[56]

 

“ [...] though the seven largest minorities were now apparently recognised by

 

states of their own [...] the unitary structure of both the BSPP and government put an end to all discussions of [...] independent political representation.“[57]

 

4. Xenophobie und Isolationismus

 

Diese Abschaffung der Sezessionsrechte ist auch ein Ausdruck der Xenophobie Ne Wins, die nicht mehr nur auf tätsachliche Bedrohung durch ethnische Minderheiten zurückzuführen ist. Stattdessen setzt er sie gezielt ein, um seine Macht in der Bevölkerung abzusichern, wie insbesondere im Jahre 1967 deutlich wird. Als aufgrund des Missmanagement des Regimes eine Reisknappheit ausbricht, und zugleich zahlreiche Chinesen mit maoistischen Armbinden in der Öffentlichkeit auftauchen, zerstört und plündert der burmanische Mob zahlreiche chinesische Geschäfte. Anstatt jedoch gegen die Burmanen einzugreifen, fördert das Tatmadaw die Ausschreitungen durch harsche Propaganda.[58] So nutzt das Regime die Ängste der Bevölkerung, um gezielt von seinem wirtschaftlichen Missmanagement abzulenken:

 

“ [...] this was an early example of how General Ne...

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