Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Soziologie - Individuum, Gruppe, Gesellschaft, Note: 1,3, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sprache: Deutsch, Abstract: Der mächtigste Mann der Welt, Barack Obama, wurde 2008 durch das Internet zum Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Genauer: durch Ressourcen, die ihm eine virtuelle Gemeinschaft von Unterstützerinnen und Unterstützern zur Verfügung stellten. Im Rahmen einer nie da gewesenen Online-Kampagne gelang es Obama bis Juli 2008 Online-Spenden in Höhe von rund 200 Millionen Dollar einzutreiben. Die soziale Vernetzungsplattform mybarackobama.com (MyBO) verzeichnete nach Angaben der Betreiber über eine Million registrierte NutzerInnen und hatte bei der Organisation von 75.000 lokalen Aktionen geholfen. Über Tauschbörsen, Communities und Blogs fanden weitere Wahlkampfmittel ihren Weg auf die heimischen Computer der WählerInnenschaft.1 Viele Mitglieder von MyBo hatten sich verpflichtet, eine bestimmte Summe aufzutreiben. Sie aktivierten ihre Freunde und Verbindungen - ein Thermometer auf ihrer persönlichen Seite zeigte den Fortschritt. Auf diesem Weg konnte der Außenseiter Obama, meint der Spiegel, durch ein soziales Netzwerk von Kleinspendern eine Infrastruktur aufbauen, um so Zuneigung und Interesse in Geld und Arbeit zu transformieren. Eine Wettbewerbskonzept, welches der 'altmodischen, elitefixierten Variante' der Gegner Obama's 'eindeutig überlegen' war.2 Welche Mechanismen wirken, wenn rein virtuelle Ressourcen in der realen Welt solch bedeutende Auswirkungen annehmen? Warum haben so viele Menschen im Internet Geld an den demokratischen Kandidaten gespendet?
Nicht zuletzt unter Hinweis auf die Effekte neuer Medien hat der amerikanische Soziologe Robert Putnam vor einigen Jahren dem Begriff Sozialkapital, der schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts durch verschiedene Gesellschaftswissenschaften geistert, zu neuer Aufmerksamkeit verholfen. In seinem Buch Bowling Alone diskutiert er die Abnahme an bürgergesellschaftlichem Engagement und die daraus resultierenden Probleme in den USA.3 Treffen diese Beobachtungen auch auf den neu entstandenen virtuellen Raum zu, oder hat vielmehr eine Verlagerung der Aktivitäten, anstelle einer Abnahme, stattgefunden? Wie ist diese These mit der immens wachsenden Bedeutung virtueller Netzwerke zu vereinbaren?
Neben SoziologInnen, PolitikwissenschaftlerInnen, StädteplanerInnen, Kriminalistinnen und ArchitektInnen haben sich auch ÖkonomInnen mit dem Begriff des sozialen Kapitals auseinandergesetzt. Vergleichsweise wenig Anstrengungen dagegen gibt es von Seiten der Medienwissenschaften. Nichtsdestotrotz liegen einige neuere Arbeiten vor, die sich mit der Bedeutung von Computer-vermittelter Kommunikation und virtuellen Gemeinschaften auf das Sozialkapital auseinander setzen. Wie ausgeführt wird, stellt vor allem die mangelhafte Vermittlung von Vertrauen ein Grundproblem dar. Mit der Notwendigkeit von sozialem Vertrauen für erfolgreiche Kommunikation und der Bildung von Sozialkapital wird sich in der vorliegenden Arbeit abschließend auseinander gesetzt. Dazu werden verschiedene technische und regulative Mittel zur Beseitigung des Defizits vorgestellt.
Die sozialwissenschaftliche Fachliteratur versteht unter dem Begriff 'Sozialkapital' drei unterschiedliche Sachverhalte; zum einen jene Ressourcen, auf die ein Individuum aufgrund seiner Zugehörigkeit zu verschiedenen Netzwerken potenziell zugreifen kann und zum anderen die Generalisierung von Vertrauen in Personen und Institutionen. Darüber hinaus werden allgemeine Normen, wie Fairness- oder Reziprozitätsnorm, darunter verstanden.4 Nach der Auseinandersetzung mit verschiedenen Aspekten des Begriffs und modernen Phänomenen Computer-vermittelter Kommunikation und virtueller Vergemeinschaftung wird in einer Zusammenfassung versucht, die Kompatibilität der Theoreme mit der jüngsten sozialen Entwicklung zu bewerten.
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