1 Einführung in die Thematik
1.1 Globalisierung als Anlass für internationales Messewesen
Getrieben durch die weltweite Globalisierung stellen sich Unternehmen immer neuen Herausforderungen und Risiken um ihre Möglichkeiten auf neuen und fremden Märkten zu entdecken und ihre Chancen auszuschöpfen. Doch eine Wahl haben die Unternehmen meistens nicht, die Globalisierung stellt sie in Zugzwang. Denn, handeln sie nicht grenzüberschreitend, so agiert der Wettbewerb. Somit sind alle Akteure der globalen Wirtschaft nicht nur unter Zugzwang sondern ebenso unter Zeitdruck.
Auch das Messewesen kann sich der Globalisierung und dessen Konsequenzen nicht entziehen. Veranstaltungen, die am Standort der Messegesellschaften durchgeführt werden, sind auf internationale Besucher und Aussteller angewiesen. Denn die ausstellenden Unternehmen sind aufgrund der Globalisierung gezwungen ihre Produkte und Dienstleistungen über die Grenzen des Landes hinweg anzubieten und müssen sie somit auf Messen sowohl ihren nationalen wie auch internationalen Kunden und Partnern anbieten. Auch die Besucher von Leitmessen erwarten einen Überblick über den gesamten Markt der jeweiligen Branche und nicht nur den Nationalen. Ein hoher Grad an Internationalität verlangt somit von den Messegesellschaften weltweites und gezieltes Marketing für ihre Veranstaltungen, welches abhängig von der Organisation der Gesellschaft unterschiedlich realisiert wird. Demnach sind Vertriebseinheiten überall auf der Welt unerlässlich für eine erfolgreiche Messegesellschaft. Gleichzeitig wirken zwei Kräfte auf die Messegesellschaften, um ihre Veranstaltungen in anderen und neuen Wirtschafträumen durchzuführen. Diese Kräfte können als push und pull Effekte benannt werden.
Im Business-to-Business-Bereich entsteht der Zwang den Kunden ins Ausland zu folgen und ihnen die Möglichkeit zu bieten ihre Produkte auf dem neuen Markt mit dem Marketing und PR-Instrument Messe präsentieren zu lassen. Die „follow the client“ Strategie ist ein bedeutendes Instrument der Kundenbindung und kann als maßgeblicher Grund für Messegesellschaften, ihre Veranstaltungen in anderen Regionen durchzuführen, angesehen werden. Zwar gilt Deutschland als der wichtigste Messestandort der Welt, doch durch den Wettbewerb unter den einzelnen Veranstaltern zueinander wurde der Markt zunehmend gesättigt. Auch hieraus ergibt sich der Zwang für den Export von Messen ins Ausland.
Andererseits ergibt sich durch die Verschiebung von Branchen und ihre Entwicklung in andere Regionen die Möglichkeit eine Messethematik am entsprechenden Standort neu einzuführen und bei manchen Veranstaltungen den Produktlebenszyklus bedeutend zu verlängern. Wird eine auch weiterhin bestehende Messethematik am Standort der Gesellschaft parallel als eine Satellitenveranstaltung in einen anderen Markt exportiert so können Synergieeffekte zum Beispiel beim Markenmanagement genutzt werden, die indirekt auch die Internationalität der heimischen Veranstaltung fördern können. Die rasante wirtschaftliche Entwicklung von ganzen Nationen vor allem im asiatischen Raum bekräftigt diesen Internationalisierungs-Pull.
Die Internationalisierung von Messegesellschaften stellt jedoch, aufgrund der Eigenart der Dienstleistung Messe, besondere Anforderungen an die Messegesellschaften. Diese Voraussetzungen der erfolgreichen Umsetzung einer Messe im Ausland sind Gegenstand dieser Arbeit und sollen unternehmensspezifisch am Beispiel der Koelnmesse GmbH angewandt werden.
1.2 Die Koelnmesse GmbH
Da in folgenden Kapiteln überprüft wird ob die Koelnmesse GmbH für eine Internationalisierung in bestimmte Märkte adäquat organisiert ist und über die nötigen Kompetenzen verfügt, sollen an dieser Stelle vorab das Unternehmen Koelnmesse GmbH und die einzelnen Organe des Koelnmessekonzerns kurz vorgestellt werden.
Die Koelnmesse GmbH wurde ursprünglich im Jahr 1922 unter dem Namen Kölner Messegesellschaft gegründet. Das über die Jahre entwickelte Portfolio der Messegesellschaft umfasste im Jahr 2007 insgesamt 68 Veranstaltungen, von denen 17 im Ausland durchgeführt wurden. Die 51 im Inland veranstalteten Messen konnten auf dem weltweit viertgrößten Messegelände, mit 284.000 Quadratmetern Brutto-ausstellungsfläche[1], verteilt auf 11 Hallen in Köln durchgeführt werden. Die Veranstaltungen werden in acht Geschäftsbereiche unterteilt: IT und Digital Entertainment; Haus und Wohnen; Kunst und Kultur; Wohnen, Einrichten und Textil; Kommunikation, Medien und Mode; Technologie und Umwelt; Gesundheit, Lifestyle und Objekt; Ernährung. [2] Im Jahr 2007 waren im Durchschnitt 626 Mitarbeiter bei dem Konzern beschäftigt. Die folgende Übersicht veranschaulicht die Konzernorganisation.
Abb. 1: Organisation der Koelnmesse Gruppe
Quelle: Eigener Entwurf in enger Anlehnung an: Der Geschäftsbericht der Koelnmesse 2007, S. 9
Innerhalb des Konzern ist die Koelnmesse GmbH für das Kerngeschäft zuständig: Messen und Veranstaltungen im In- und Ausland planen, organisieren und durchführen. Von dem im Jahr 2007 erzielten Konzernumsatz in Höhe von 200,6 Mio. Euro waren 143,3 Mio. Euro auf die Koelnmesse GmbH zurückzuführen.[3] Um sowohl Kompetenzstellen für die einzelnen Messen, wie auch Kompetenzstellen für Querabteilungen, zum Beispiel die Unternehmensentwicklung und das Marketing im Unternehmen als Ganzes zu schaffen ist der funktionale Aufbau der Messegesellschaft eine Matrixorganisation.[4] Einzelne Kompetenzen sind auch in Tochtergesellschaften ausgelagert worden. So entwirft die Koelnmesse GmbH Unternehmensentwicklungs-abteilung zwar die Internationalisierungsstrategie, die einzelnen Vertretungen und ausländischen Tochtergesellschaften werden jedoch von der hundert prozentigen Tochter, der Koelnmesse International GmbH, gesteuert. Die operativen Schwerpunkte dieser Tochtergesellschaft beschränken sich auf den Ausbau des weltweiten Vertriebsnetzwerkes. Dadurch erreichen die Veranstaltungen in Köln einen höheren Internationalisierungsgrad. Die Koelnmesse International GmbH unterhält 11 Tochter-gesellschaften in den strategisch wichtigsten Märkten, u. a. in den USA, in China und in Singapur[5]. Die im Jahr 2007 im Durchschnitt 96 Angestellten der ausländischen Tochtergesellschaften kommen überwiegend aus dem entsprechenden Land und verfügen somit über die kulturellen Voraussetzungen, sowie Marktkenntnisse und Kontakte. In Zusammenarbeit mit der Marketingabteilung bzw. dem Brandmanagement der Koelmesse GmbH organisieren sie auch Veranstaltungen im Ausland.[6]
Auch die Koelnmesse Ausstellungen GmbH ist eine hundert prozentige Tochter der Koelnmesse GmbH. Ihre Aufgabe ist die Vermarktung von freien Hallenkapazitäten für nationale und internationale Messeveranstalter, Verbände und Einkaufsgenossen-schaften zur Durchführung von Gastveranstaltungen.[7] Die Funktionen der Koelnmesse Service GmbH sowie der KölnKongress Betriebs- und Service GmbH sind nicht Gegenstand der Arbeit und werden nicht näher erläutert.
Im Zuge der voranschreitenden Internationalisierung der Koelnmesse sollen weitere Märkte erschlossen werden. Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht der indische Markt. Zielsetzung dieser Arbeit besteht darin Voraussetzungen zu erfahren, die für die Durchführung einer Auslandsmesse notwendig sind. Daraus soll ein für Messegesellschaften allgemeingültiges Konzept, das als Leitfaden für die Umsetzung zukünftiger Auslandsmessen herangezogen werden kann, entwickelt werden. Darüber hinaus ist ein Unterziel der Untersuchung, ein Bewertungsverfahren zu erstellen, mit dessen Hilfe Auslandsmessekonzepte, abhängig von dem Zielland und der Projektidee, bewertet werden können. Diese Erkenntnisse werden innerhalb dieser Arbeit partiell auf das laufende India International Hardware Show (IIHS) Projekt übertragen und sollen eine Hilfestellung bei der Planung der folgenden Schritte bereitstellen. Die Arbeit soll mit Hilfe einer Umfeldanalyse, die kombiniert mit einer Situationsanalyse der Koelnmesse, eine Antwort auf die Frage bereiten welche Maßnahmen die Koelnmesse für die Durchführung einer Auslandsmesse, der IIHS ergreifen muss um Erfolg zu haben. Indien ist eines der BRIC[8]-Staaten, somit soll unterstellt werden, dass dessen Markt aufgrund vom schnellen Wirtschaftswachstum und den damit verbundenen Veränderungen besondere Eigenschaften vom Konzept und der Messegesellschaft abverlangt, wenn diese den Markt erschließen und langfristig wettbewerbsfähig auf dem Markt agieren möchte.
Aufbauend auf einer umfassenden Literaturrecherche werden als Einstieg in die Thematik Grundlagen zu Internationalisierungsstrategien vorgestellt. Dabei werden zunächst die Methoden für die Erfassung der Umwelt und des unternehmerischen Ist-Zustand vorgestellt. Allgemeingültige strategische Überlegungen bei der Internationalisierung runden dieses Kapitel ab. Das nächste Kapitel setzt sich mit dem Internationalen Messewesen, dessen Marketing, sowie der...