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E-Book

Wie ruiniere ich mein Leben - und zwar systematisch

AutorRainer Sachse
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl187 Seiten
ISBN9783608104813
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Unglaublich! Ihr Leben bewegt sich in ruhigen und geordneten Bahnen? Diesen langweiligen Zustand sollten Sie unbedingt abstellen. Lesen Sie dieses Buch, und Ihr Leben wird sich in eine handfeste Katastrophe verwandeln. Sie werden sehen, das ist gar nicht schwer. Wir garantieren Ihnen 100%iges Scheitern mit dem neuen Sachse-Ratgeber. Natürlich lässt sich dieses Buch auch anders lesen: als Anregung dazu, Fehler und Fallen, die sich ständig im Leben ergeben, zu erkennen und wirkungsvoll zu vermeiden. Ein zufriedenes und erfülltes Leben zu führen ist gar nicht so schwer! - Leben Sie an Ihren Bedürfnissen vorbei! - Ignorieren Sie Ihre Wünsche und Träume! - Boykottieren Sie die Realität! - Geben Sie die Verantwortung für Ihr Leben ab! - Drücken Sie sich vor Entscheidungen! ... und vor allem: - Halten Sie sich selbst für einen totalen Versager!

Rainer Sachse, Prof. Dr., Dipl.-Psych., ist Verhaltens- und Gesprächspsychotherapeut, Leiter des Instituts für Psychologische Psychotherapie in Bochum und lehrt Klinische Psychologie an der dortigen Ruhr-Universität.

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Leseprobe
Aus dem ersten Kapitel [...] Merke: Grundlegende (implizite) Motive informieren die Person darüber, was für sie gut ist und was nicht. Orientiert man sich in seinem Handeln an diesen Motiven, erreicht man Zufriedenheit. Manche Menschen zeigen aber einen Zustand der »Alienation«, der Entfremdung vom Motivsystem: Sie wissen nicht (mehr), was sie möchten; sie folgen damit nur noch expliziten Zielen, die sie aber, trotz aller Anstrengung, nicht zufrieden machen. Ruinierungsstrategie 1: Pfeifen Sie auf Ihre innere Stimme! Nach dem bisher Gesagten wird Ihnen einleuchten, dass sich hier eine extrem gute Möglichkeit bietet, um sich selbst das Leben in hoch effektiver Weise zu versauen, und zwar mit relativ geringem Aufwand: Erhöhen Sie ihre alltägliche Unzufriedenheit und leben Sie systematisch an Ihren Wünschen vorbei! Sie müssen sich dazu nur - so weit wie möglich - von Ihrem eigenen Motivsystem entfremden. Schaffen Sie sich selbst eine hohe Alienation! Und wenn Sie die erste Unzufriedenheit spüren, dann denken Sie dar an, Ihre (expliziten) Ziele noch konsequenter zu verfolgen und rödeln Sie noch mehr: Sie werden staunen, wie schnell sich ihre Unzufriedenheit noch steigern lässt. Rödeln Sie noch mehr und werden noch unzufriedener usw. Ganz einfach und ganz effektiv: Mit Volldampf in die Abwärtsspirale! Hier ein Beispiel, wie das gelingen kann: Nehmen Sie einmal an, Sie hätten implizit ein starkes Anschlussmotiv, d. h. sie wollen Kontakte zu anderen Menschen, wollen gemocht werden, wichtig sein, Zeit mit anderen verbringen, enge Beziehungen haben und pflegen: Nun wird dieses Motiv durch entsprechende Handlungen befriedigt: Sie sind dann zufrieden und empfinden Ihr Leben als sinnvoll, wenn sie Beziehungen pflegen, wichtig sind, Zeit mit anderen verbringen usw. Nehmen Sie weiterhin an, Sie hätten von Ihren Eltern das explizite Ziel übernommen, erfolgreich zu sein: Karriere zu machen, Statussymbole anzuhäufen, »Geld zu machen« u. a. Dann verfolgen Sie dieses Ziel mit extremer Energie und werden Sie erfolgreich! Dabei bleibt Ihnen natürlich keine Zeit mehr für Beziehungen. Ja, Beziehungen erscheinen Ihnen eher hinderlich, als Verschwendung der kostbaren Zeit, die sie eigentlich zum Arbeiten und zum Erfolgreichsein verwenden könnten! Da Sie Ihr implizites Motiv nicht wahrnehmen, können Sie sich auch nicht dar an orientieren und sind völlig auf Ihr explizites Ziel konzentriert. Damit erzeugen Sie ein hohes Maß an Unzufriedenheit, das immer stärker an Ihnen nagt: Da Sie aber nicht wissen, wor auf Ihre Unzufriedenheit zurückgeht (Sie haben ja keine Ahnung von Ihrem impliziten Motiv!), gehen Sie nun davon aus, dass Sie nur noch nicht erfolgreich genug sind, um Ihren Erfolg auch emotional genießen zu können: Also strengen Sie sich noch mehr an und damit vernachlässigen Sie dann Beziehungen noch mehr. Damit wird aber Ihr implizites Anschlussmotiv noch mehr frustriert und Sie werden noch unzufriedener - dann leisten Sie noch mehr, weil Sie glauben, es reiche immer noch nicht usw. - ein Teufelskreis kommt in Gang. Und der Strick um Ihren Hals zieht sich immer weiter zu. Sie sehen, es ist im Grunde ganz einfach: Man muss nur den Einstieg schaffen, dann geht es wie von selbst! Und man kommt dann auch ohne psychotherapeutische Hilfe von selbst aus dem Dilemma kaum noch raus! Und das sollte Ihr Ziel sein: Große Effekte mit einfachen Mitteln! (Übrigens zeigt das, dass viele schwerwiegende Pro bleme auf ganz lausig-einfache Ursachen zurückgehen! Wie beim »Schmetterlingseffekt« schaukeln sie sich langsam hoch.) Die beste Möglichkeit, die Sie haben, um sich selbst hoch effektiv von Ihren eigenen Motiven zu entfremden, besteht dar in, Ihre Gefühle zu ignorieren oder sie nicht ernst zu nehmen : Denn wie gesagt, man spürt Motive eher als dass man sie »weiß«; man spürt, was man möchte, man spürt es an Gefühlen, die einem signalisieren, was gut für einen ist oder was nicht. Aber dies wird nur verhaltenswirksam, wenn man auf diese Gefühle auch achtet (»achtsam ist«), wenn man versucht zu verstehen, was sie bedeuten, wenn man sie ernst nimmt und sich danach richtet. Hilfreiche Einstellungen auf dem Weg zu einem unzufriedenen Leben sind: »Gefühle sind unwichtig!« oder »Gefühle kann ich mir nicht leisten!« oder »Pfeif' auf deine Gefühle und sei rational!«. Und dann handeln Sie konsequent nach diesen Überzeugungen! Sie spüren, dass Sie gerne Freizeit hätten? - Das stört Sie nur bei der Arbeit, also blenden Sie den Wunsch aus! Sie sind gerne mit Freunden zusammen? - Das ist im Augenblick völlig bedeutungslos und hält Sie nur von essentiellen Dingen ab, also ignorieren Sie es! Am besten bemühen Sie sich gar nicht erst, einen Freundeskreis aufzubauen! Ihre Arbeit füllt Sie nicht aus, liegt Ihnen nicht? - Das ist nur wieder so ein irrationaler Mist, auf den man nichts geben sollte - also konzentrieren Sie sich auf die Arbeit und lassen Ihr Gefühl Gefühl sein! Sie haben Inter esse an einer anderen Art von Arbeit - Das ist nur wieder eine von diesen »Ausstiegsideen« und damit Ihrer unwürdig! Sie spüren, dass Sie gerne ein ganz anderes Leben führen würden? - Hippie-Mist, mit dem man sich wirklich nicht befassen muss! Schließlich sind Sie kein Weichei; Sie halten durch und halten alles aus - nur Waschlappen brauchen Pausen, Urlaub, Veränderung, Freizeit! Agieren Sie konsequent auf diese Weise, dann sendet Ihnen Ihr Motivationssystem zwar weiterhin relevante Signale (denn es wird Ihnen nicht gelingen, Ihr Motivationssystem »auszuschalten«, zu überlisten oder irgendwie »kaltzustellen« - so weit wird Ihre Kon trolle niemals reichen, denn das Motivationssystem ist ein biologisch mit-determiniertes System) - diese Signale kommen aber nicht mehr bei Ihnen an. Und so »frustrieren« Sie langsam aber sicher Ihre Motive und sorgen dafür, dass die Unzufriedenheit wächst. Im Grunde verhalten Sie sich dann wie ein Autofahrer, der auf der Autobahn die rote Ölleuchte aufleuchten sieht, das Kaugummi aus dem Mund nimmt und die Lampe zuklebt mit den Worten: Öllampen sind was für Mechaniker! Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Ihnen dann aber - über kurz oder lang - der Motor um die Ohren fliegen. Leider ist es mit dem Motivationssystem ähnlich: Denn es wird Ihnen irgendwann »die Unzufriedenheit um die Ohren fliegen«! Sie sollten sich klarmachen (wenn Sie unzufrieden sein wollen, vergessen Sie das schnell wieder!), dass ganz allgemein Folgendes gilt: Wichtige Informationen, die Ihnen die Signale Ihres Körper und Ihrer Psyche vermitteln sollen, kann man nicht ungestraft ignorieren! (Natürlich kann man es trotzdem versuchen und wenn Sie das tun, sind Sie im Grunde in bester Gesellschaft!) Denn die Informationen weisen auf Missstände hin, die man beseitigen sollte, bevor sie sich exponentiell verschlimmern: Tut man es aber nicht, dann »schlägt das Sy stem zurück« und das kann im Einzelfall katastrophale Auswirkungen haben! Halten Sie eine solche Entfremdung von Ihren Motiven lange aufrecht, dann können Sie außer Unzufriedenheit noch viele andere nette Dinge erzeugen: Sie können, vor allem wenn Sie zudem noch hoch leistungsorientiert sind, recht konsequent eine (z. T. massive) körperliche Überforderung erzeugen - da Sie dann aber Ihre Gefühle generell nicht mehr ernst nehmen, werden Sie auch das versuchen zu ignorieren. Das ist sehr gut, denn damit haben Sie die »Psychosomatik-Karte« gezogen: Sie haben nun sehr gute Chancen, nach einiger Zeit (die davon abhängt, wie robust Ihr Körper ist) eine psychosomatische Erkrankung zu ent wickeln. Und Sie werden, sozusagen als Sahnehäubchen, von Zeit zu Zeit von Sinnkrisen geschüttelt: Sie werden dar an zweifeln, ob das alles richtig ist, was Sie tun, ob Sie das alles wirklich wollen, ob es das alles wert ist. Aber: Seien Sie stark! Meistern Sie die Sinnkrise, indem Sie gnadenlos »mehr desselben« tun: Machen Sie sich klar, dass Sie nur deshalb so unzufrieden sind, weil Sie noch nicht genug geleistet haben. Und damit muss jetzt Schluss sein! Auf das letzte, überflüssige Hobby können Sie von jetzt an auch noch verzichten! Und wozu brauchen Sie Urlaub? Zeitverschwendung! Wenn Sie jetzt wirklich reinklotzen, dann werden Sie schon erfolgreich sein! Und wenn der Mercedes vor der Tür steht und Sie die Rolex am Arm tragen, dann wird sich Zufriedenheit schon einstellen - das wäre doch gelacht! Ja, leider: Es wäre gelacht. Nur wird das Lachen wenig heiter ausfallen. Falls Sie es jetzt noch nicht glauben, dann werden Sie es schon noch merken: Dauernde Unzufriedenheit ist wie ein schleichendes Gift, das jegliche Lebensqualität langsam, aber stetig abwürgt und Ihr Leben sehr wirksam ruiniert. Und Sie sehen, dass Sie es relativ leicht erzeugen können, ja geradezu mühelos. Sind Sie aber einmal in dem Teufelskreis drin, dann brauchen Sie einen Coach oder Therapeuten, um wieder raus zu kommen, denn in der Regel bemerkt man zwar die Unzufriedenheit (irgendwann lässt sie sich einfach nicht mehr leugnen), aber man erkennt selbst nur sehr schwer die Gründe dafür. Und damit wird es schwierig das Problem selbst zu lösen.
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