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Als Christ muss ich mein Leben täglich neu überdenken

Gedanken, die mich dabei bewegen an unterschiedlichen Texten dargestellt

AutorGünter-Manfred Pracher
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl48 Seiten
ISBN9783640105632
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Sammelband aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Theologie - Sonstiges, , Sprache: Deutsch, Abstract: Nach meiner Einschätzung haben viele Menschen verlernt, sich mit anderen Menschen auseinander zu setzen, kritische Frage und Überlegungen anzustellen; dabei will dieses Büchlein ein kleine Hilfe sein, sich über sich selbst, den eigenen Standpunkt in der Gesellschaft klar zu werden und sich auch in Glaubensfragen selbst zu hinterfragen und in Frage zu stellen. Aus der persönlichen Situation,der Erfahrung im Umgang mit Schülern, Jugendlichen, Kranken, Alten und Hilfesuchenden aller Altersgruppen und Schichten heraus ist dieses Buch entstanden. Es beschreibt in sehr unterschiedlichen Texten sowohl in der Länge und in der Thematik unterschidliche Probleme und Lebenssituationen und vermittelt gleichzeitig Informationen über das Geschehen in diesen Problemkreisen. Es ist dabei völlig unwichtig, ob die/r Leser/in die Meinung des Autors teilt oder nicht, denn Ziel des Autors ist es, dass sie/er sich in die Gedankenwelt mit hinein nehmen lässt, die persönliche Situation für neu reflektiert und daraus sein ganz persönliches Fazit zieht, ziehen kann. Alle acht Texte, die von der Problematik des behindert seins, über die unterschiedlichen Formen und Erfahrungen im Bereich Liebe (Partnerschaft, kindliche Liebe und auch biblische Aussagen zur Liebe) reichen, bis hin zur Frage des Religionsunterricht und seiner Berechtigung und zum christlichen Weihnachtsfest, beziehen die Religion in ihrer Gesamtheit, religiöses Wissen und religiöse Aspekte in die Überlegungen und Informationen ein. Das vorliegende Büchlein will gerne eine Gesprächanregung sein. Es ist nicht als Kritik an die/n Leser/in gerichtet, sondern versucht, in einer fragenden und doch so stillen Welt für einige Minuten oder auch Stunden auszusteigen, den Stress des Alltags beiseite zu schieben und neue Wege zu finden, um das Leben lebenswerter, interessanter und schlicht schöner zu gestalten. Wer nach Rezepten sucht, wird das Büchlein enttäuscht zur Seite legen; Menschen, die die sachliche Auseinandersetzung und Gedankenanstöße suchen, werden hier fündig werden.

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Leseprobe

02.  Gibt es einen Weg aus der Schuld?

       In Schuld gefangen

 

Ein ganz normaler Tag. Ich bin auf dem Weg in den Supermarkt um meinen Einkauf zu erledigen, als es plötzlich neben mir einen lauten Knall gibt. Erschrocken blicke ich in die Richtung, in der ich die Ursache des Knalls vermute; ein Unfall, schoss es mir durch den Kopf. Schon nach wenigen Sekunden sah ich, dass meine Vermutung richtig war. Ein aus einer Parklücke ausparkender Autofahrer war gegen ein einparkendes Fahrzeug gefahren. Soweit ich sehen konnte, war keinem etwas körperlich geschehen. Der Fahrer des ausparkenden Fahrzeuges war ausgestiegen und rief dem anderen, noch im Fahrzeug sitzenden Fahrer immer wieder zu: „Ich habe keine Schuld. Ich bin unschuldig. Sie haben nicht aufgepasst!“

 

Schuld, ein Wort, das wir weder gerne hören, noch gerne haben wollen. In unserem Sprachgebrauch hat das Wort „Schuld“ viele Facetten: Grundsätzlich versteht man unter Schuld in unserem Rechtsverständnis eine nicht erfüllte Verpflichtung; gemeint sind an dieser Stelle finanzielle Verpflichtungen z.B. bei einer Hypothek, einem Darlehen und die draus resultierenden Schulden im Falle eines Zahlungsrückstandes. Der Gläubiger kann dann mit Rechtsmitteln dagegen vorgehen; früher war es zum Beispiel die Beugehaft, heute die Zwangsvollstreckung in Form von Pfändung oder aus Zwangsversteigerung. 

 

Es wäre zu schön, wenn das die einzige Form von Schuld wäre. Wir wissen alle, dass Schuld etwas ist, worunter wir alle leiden. Sei es die Schuld an einem Verkehrsunfall oder auch die Schuld durch leichtsinniges Verhalten jemanden anderen geschadet zu haben.

 

Der Begriff Schuld taucht immer dann auf, wenn er in objektiver Hinsicht nach dem Kausalitätsprinzip (wenn ich etwas Bestimmtes tue, dann hat es zur Folge, dass ich eintritt, wodurch ich mir Schuld auflade) als Ursache dafür steht  - also für ein spezielles Übel angewendet werden kann und wird. Die Imputation (Zurechnung) einer rechtswidrigen Tat als Schuld gründet auf der Frage nach dem Können des Schuldigen, fragt also danach, ob ein rechtskonformes Verhalten hätte stattfinden können. Wir sprechen also von der Schuldfähigkeit. Im Strafrecht versteht sich Schuld immer in der subjektiven Beziehung des Täters zu seiner Tat, die es dann ermöglicht, ihm daraus einen Vorwurf zu machen. Dazu muss allerdings eine psychologische Beziehung des Täters zu seiner Tat bestehen, dem Vorsatz oder auch die Fahrlässigkeit. Natürlich gibt es noch eine andere Perspektive von Schuld, die ich aber nur kurz anreißen möchte: Bis jetzt war nur die Rede von bewusstem schuldig werden; es gibt aber auch eine unbewusste eine Schuld.

 

Der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers stellt unterschiedliche Formen von Schuld dar, indem er eine Differenzierung  des Begriffes Schuld in vier unterschiedliche Schwerpunkte vornimmt:

 

1. die kriminelle Schuld

2. die politische Schuld

3. die moralische Schuld

4. die metaphysische Schuld

 

Daraus ergibt sich beim Wortverständnis von Schuld, dass es ebenso, wie auch bei dem damit eng verknüpfte Begriff Vergebung (auf den ich an späterer Stelle eingehen möchte) viele Aspekte und Perspektiven, aus der jeweiligen Sicht der unterschiedlichen Betrachters gibt.

 

Dies möchte ich an einem Beispiel aus dem Unterrichtsgeschehen meines Sohnes verdeutlichen:

 

Inhalt: Wie gehe ich mit Leid um? Dabei Betrachtung eines Textes eines Behinderten, der sein Leben, Leid und den Umgang beschreibt. Am Ende der Doppelstunde die Frage meines Sohnes: Schreibt in einem Satz auf, was ihr aus der heutigen Stunde mitnehmt. Ergebnis eines Schülers, der seine Antwort freiwillig vortrug: Behinderte Menschen sind sehr verletzlich und dürfen nicht in ihrem Leid noch geärgert (in welcher Form auch immer) werden. Ein anderer Schüler: Ich habe keinen Satz, ich habe nur zwei Worte schlechtes Gewissen! Erkennen von Schuld liegt dieser Aussage zu Grunde.

 

Hier hatte ein Schüler die Erkenntnis von ganz persönlicher, vielleicht sogar unbewusster Schuld am Mitmenschen gemacht. Ein Erwachsener erkennt möglicherweise, dass er persönliche Schuld an seiner Familie, Frau und Kind hat. Die Erkenntnis von Schuld kann eine ganze Reihe von Fragen nach sich ziehen; so drängt sich buchstäblich die Frage auf, ob

 

Vertrauen in seinem Leben überhaupt noch eine Rolle, oder gar tragende Rolle spielt. Es kommt schnell an die Problematik des Selbstschutzes, in dem sich  entschuldigende und erklärende Gedanken in die Überlegungen einschleichen.

 

„Ich bin an den anderen doch nur  schuldig geworden, weil er mit etwas Bestimmtes angetan hat. Der sollte auch einmal spüren, wie das ist, wenn man leidet. Ich hätte dieses Mobbing nicht mehr ausgehalten“. Es ist also zu überlegen, ob wir Menschen oft nicht sogar so verzweifelt sind, weil wir im Leben so stark und bewusst in dieser Schuld so verhaftet sind, dass wir keinen Weg mehr sehen?

 

Die Psychologie macht seit Langem deutlich, dass zu dem Begriff und dem persönlichen Schuldbewusstsein auch der  Begriff Vergebung gehört. „Ein ruhiges Gewissen ist sein sanftes Ruhekissen“ sagt ein altes Sprichwort.

 

Welche Rolle spielen Vergebung und Schuld im alltäglichen Leben? Wird unsere Gesellschaft in letzter Konsequenz nicht doch von negativen Gedanken wie Bedrohungen durch andere Mächte und Religionen beherrscht, und so eine  Ausweglosigkeit aufgezeigt, die ein bestimmtes Handeln, unabhängig von der Ebene, auf der sich das alles abspielt? Therapeuten kämpfen immer wieder gegen diese Problematik der inneren Zerrissenheit an, denn die Erkenntnis von persönlicher Schuld ohne Vergebung führt häufig zu einer Niedergeschla-genheit, unter der die Menschen dann leiden. Therapeutisch gesehen führt der Weg zu einem Gespräch mit dem Ziel, die Schuld mit dem Betroffenen zu klären, sie auszuräumen. Ganz menschlich gesehen gehen wir von dem Wissen aus, dass sich alle Menschen in irgendeiner Form persönliche Schuld auf ihr Gewissen geladen haben, keine Therapie machen, aber sich dabei sehr der Tatsache bewusst sind, dass sie die Vergebung brauchen; diese Erkenntnis betrifft nicht nur ganz weltlich gesehen den Alltag und das tägliche Geschehen, sondern gilt ebenso in der Glaubensfrage, damit ein ruhiger Schlafen und ein ruhiges Leben wieder möglich werden.

 

Der Begriff Schuld ist aber nicht nur auf die Religion, bzw. den Glauben beschränkt; er ist vielmehr ein Begriff des alltäglichen Lebens geworden.

 

Sie, die Schuld gehört zum Dasein des Menschen, aus der sich keiner aus eigener Kraft lösen, also sich selbst befreien kann. Da sie aber immer und bei allen Menschen vorhanden ist, stört sie das dialogische Verhältnis der Menschen untereinander und auch das persönliche Verhältnis des Einzelnen zu Gott. Erst und nur durch die Vergebung wird dieses Verhältnis wieder in Ordnung gebracht.

 

Im Sprachgebrauch unserer Zeit haben wir eine Formulierung, die so in ihrem Inhalt nicht stimmt, denn wir können nicht „ich entschuldige mich“ sagen; entschuldigen muss immer der andere. Die richtige Formulierung muss also „bitte entschuldigt mich“ lauten.

 

Auch in der Beziehung zu Gott ist der Mensch auf die Vergebung durch ihn angewiesen. Hier stehen dann die ganz persönliche Fragen im Focus der Besinnung: Ich habe eine persönliche Schuld vor Gott. Kann ich das Vergebungsangebot von Gott für mich annehmen und im Umgang mit anderen Menschen umsetzen?

 

Wir wissen, dass Vergebung befreit und wieder neuen Lebensmut  schenkt.

 

Vergebung von Schuld schafft die Freiheit die wir brauchen und gibt uns Luft zum befreiten „Atmen“. Ergo sind Schuld und Vergebung Wortpaar, das unzertrennlich ist, denn das Eine bedingt das Andere. 

 

Vergebung und Schuld sind nicht nur Begriffe und Bestandteile des profanen Lebens, sondern sie sind auch ein fester Bestandteil im dogmatischen Denken in der Theologie und somit des Glaubens.

 

Die Bibel kennt bei dem Begriff Vergebung auch in Form verschiedener anderer Worte; sie spricht dann von

 

1. aufheben

2. wegnehmen

3. verzeihen

4. abwischen

5. verzeihen

6. tilgen

7. bezahlen

8. abtragen

 

Der Hintergrund von Vergebung ist in zwei Bereichen/Ebenen zu sehen:

 

1. akute Schuld des Menschen am Mitmenschen und

2. in der Schuld, in der sich der Menschen dadurch gegen Gott verstrickt hat.

 

Im christlichen Verständnis findet sich  der Begriff Vergebung an zwei ganz besondern Stelle. Leider machen wir uns nur zu selten Gedanken über diese gesprochenen Worte:

 

1. Im Apostolikum (Glaubensbekenntnis)  im 3. Artikel

 (dort heißt es: „Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche,  Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das  ewige Leben“)

2. im Vater unser in der 5. Bitte 

3. („Und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben haben unsern...

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