Die große Popularität und die schnelle Verbreitung des Benchmarking in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass sowohl von Theoretikern als auch von den Unternehmen selbst zahlreiche unterschiedliche Varianten des Management-Instrumentes entwickelt worden sind. Diese Entwicklung, die teilweise auch unabhängig voneinander stattgefunden hat, spiegelt sich deutlich in der heutigen Literatur wider und hält kaum einer detaillierten Analyse stand. Zum Einen sind die gleichen Benchmarking-Arten von verschiedenen Autoren schlichtweg unterschiedlich benannt worden, zum Anderen unterscheiden sich einige Benchmarking-Arten lediglich in Nuancen oder wurden einer anderen Untergruppe zugeordnet. Die in dieser Arbeit vorgenommene Unterteilung basiert auf einer Unterscheidung des Benchmarking in Bezug auf das Vergleichsunternehmen und auf das Betrachtungsobjekt. Sie ist weitgehend überschneidungsfrei und entspricht der in der Praxis gebräuchlichsten Form.
Quelle: eigene Darstellung
Abb. 4.: Arten des Benchmarking
Beim internen Benchmarking werden als Vergleichsentitäten ähnliche Unternehmenseinheiten oder Geschäftsabläufe der eigenen Organisation gewählt.[67] Es ist besonders für größere internationale und dezentral organisierte Unternehmen geeignet, in denen gleiche oder ähnliche Strukturen und Arbeitsabläufe vorzufinden sind.[68] Besonders prädestiniert sind sowohl geographisch getrennte Niederlassungen oder Filialen als auch Tochtergesellschaften, Vertragshändler- oder Franchising-Systeme. In diesen Fällen umfasst das Unternehmen eine Anzahl sehr ähnlicher Tätigkeiten, die leicht miteinander verglichen werden können.
"Das Durchführen interner Benchmarking-Studien ist ein geeigneter Weg, um einen Wandel im Denken anzuregen und der Organisation beizubringen, wie Benchmarking funktioniert. Die Organisation kann Studien mit der ihrem Erkenntnisstand angemessenen Geschwindigkeit fahren und lernt wie die Methode anzuwenden ist."[69]
In der Tat können bis auf wenige Ausnahmen fast immer Verbesserungsmöglichkeiten durch das Vergleichen analoger Tätigkeiten im eigenen Unternehmen aufgedeckt werden. Internes Benchmarking stellt ein wirkungsvolles Instrument dar, mit dem auf schnelle und einfache Art Ergebnisverbesserungen erreicht werden können. Es fördert innovative Arbeitsabläufe und deren Weiterentwicklung. Erfolgreiche Prozesse können von anderen Teilen der Organisation übernommen werden, die ihrerseits einen positiven Einfluss auf das Gesamtsystem haben.[70]
Ziel des unternehmensinternen Benchmarking ist die intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Leistungsniveau. Wirtschaftliche und besonders effiziente Funktionen und Prozesse sollen erkannt werden. Sie dienen dabei als Benchmark, um das höchstmögliche innerbetriebliche Leistungsniveau zu erreichen.
Ein wesentlicher Vorteil des internen Benchmarking liegt in der schnellen und einfachen Beschaffung des relevanten Datenmaterials. Eine aufwendige Suche nach einem externen Benchmarking-Partner mit den entsprechenden Vergleichsinhalten entfällt gänzlich. Der Vergleich kann mit einer sehr hohen Präzision vorgenommen werden, da alle wesentlichen Daten aus dem eigenen Hause kommen und uneingeschränkter Zugang besteht. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass Unterschiede in den Leistungen der Geschäftsbereiche angeglichen werden. Extreme Schwankungen zwischen einzelnen, parallel operierenden Geschäftsbereichen werden verringert; positive Standardisierungs- und Synergieeffekte sind vielfach die Folge. Häufig werden Mitarbeiter, Abteilungen, Betriebe etc. durch den internen Wettbewerb zusätzlich motiviert, was eine weitere Verbesserung der Gesamtleitung der Organisation zur Folge hat.[71] Durch internes Benchmarking kann die Akzeptanz für dieses Instrument im Unternehmen gefördert und ein Grundmodell für weitere (externe) Benchmarking-Projekte geschaffen werden.[72]
Auf der anderen Seite weist das interne Benchmarking aber auch eine Reihe gravierender Nachteile auf. Ein wichtiger Punkt ist darin zu sehen, dass die Wahrscheinlichkeit im eigenen Unternehmen globale Spitzenleistungen zu finden eher gering sein dürfte.[73] Der Vorteil der schnellen Informationsbeschaffung wiegt somit den Nachteil der doch sehr beschränkten hausinternen Sichtweise auf. Dies birgt die Gefahr, dass unternehmensspezifische Schwächen nicht erkannt werden. Egoistisches Bereichsdenken einzelner Mitarbeiter kann den Wissensaustausch zusätzlich behindern. Auch kann bei den betroffenen Mitarbeitern der Eindruck entstehen, dass das Instrument zur persönlichen Leistungskontrolle eingesetzt wird, was zusätzliches Konfliktpotential schaffen kann.
Internes Benchmarking ist nicht als Ersatz für externes Benchmarking zu sehen. Es sollte vielmehr als erster Schritt zum Erreichen von Spitzenleistungen genutzt werden. Es ist gut geeignet, um Erfahrungen zu sammeln und eine Akzeptanz für dieses Instrument im Unternehmen zu schaffen.
Auf der Suche nach den "best-practices", also nach vorbildlichen Vorgehensweisen, Ideen oder Lösungen, werden beim externen Benchmarking die Grenzen der eigenen Organisation überschritten.[74] Hierbei können z.B. direkte Konkurrenten, vergleichbare Organisationen aus anderen Marktsegmenten oder sogar Organisationseinheiten aus vollkommen fremden Branchen als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Besonders bei branchenfremder Betrachtungsweise ist darauf zu achten, dass ein hoher Grad an Vergleichbarkeit gegeben ist.
In der einschlägigen Literatur existieren mehrere Subvarianten, die unter dem Begriff des externen Benchmarking zusammengefasst werden können. Bevor die wichtigsten Varianten im Folgenden näher charakterisiert werden sei darauf hingewiesen, dass diese Einteilung keinesfalls überschneidungsfrei ist. Die in der Literatur begrifflich und inhaltlich nicht eindeutig definierten Grenzen sind hier sicherlich als Ursache zu sehen.
3.2.1.1 Eigenschaft und Ziel des konkurrenzbezogenen Benchmarking
Dieses in der Literatur auch als wettbewerbsorientiertes Benchmarking bekannte Verfahren nutzt als Vergleichsentität den direkten Konkurrenten im Absatzmarkt eines Unternehmens. Die Benchmarking-Untersuchung findet also im gleichen Marktsegment statt.[75] Ausgangspunkt hierfür sind häufig bereits mit entsprechen Ergebnissen durchgeführte Marktanalysen.
Die Art der Datenbeschaffung kann sowohl in offener (partnerschaftlicher) Form als auch auf verdeckte Weise erfolgen. Die zentrale und zugleich schwierigste Aufgabe der offenen Untersuchung ist der Aufbau einer für beide Seiten vorteilhaften Partnerschaft. Es ist in der Praxis schwer vorstellbar, dass sich konkurrierende Unternehmen auf eine solche Partnerschaft einlassen, da beide Seiten mit einem Verlust von Wettbewerbsvorteilen rechnen müssen. Abhilfe können hier unabhängig operierende Organisationen wie Berufsverbände, Clearinghäuser oder Unternehmensberatungen schaffen. Diese zwischengeschalteten Institutionen garantieren ein Mindestmaß an Vertraulichkeit und Anonymität der Daten.[76]
Bei einer verdeckt durchgeführten Benchmarking-Untersuchung besteht das Problem einer funktionierenden Partnerschaft dagegen nicht. Jedoch sind relevante, öffentlich zugängliche Informationsquellen in der Regel begrenzt. Ferner sind ethisch und moralische Aspekte wie der Benchmarking-Verhaltenscodex[77] zu beachten. Auch dürfen öffentlich nicht zugängliche Daten über die Konkurrenz in keinem Fall illegal erworben werden, um sich nicht dem Vorwurf der Industriespionage auszusetzen. Eine genauere Betrachtung der rechtlichen Aspekte des Benchmarking findet in Kapitel 4.1.2 statt.
Ziel des konkurrenzbezogenen Benchmarking ist es unter anderem, Transparenz über die eigene Wettbewerbsposition am Markt zu erhalten. Aufgrund der begrenzten Märkte ist diese Form des Benchmarking direkt auf die Verbesserung der eigenen Marktposition gerichtet und zielt auf eine Verdrängung des Wettbewerbs.[78]
3.2.1.2 Kritische Betrachtung
Beim konkurrenzbezogenen Benchmarking liegt der große Vorteil in der hohen Vergleichbarkeit der erfassten Daten. Durch die Gegenüberstellung mit direkten Wettbewerbern lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse durch die Ähnlichkeit der Prozesse, Funktionen, Strategien oder Dienstleistungen zwischen den Unternehmen leicht übertragen. Die Vergleichbarkeit der Produktstruktur und die relative Vergleichbarkeit der Markt-, Kunden- und Auftragsstruktur lassen eine direkte Gegenüberstellung zu.[79] Es kann davon ausgegangen werden, dass der betrachtete Konkurrent unter ähnlichen Umweltfaktoren wie das eigene Unternehmen am Markt bestehen muss und eine hohe...