In der Definition der OECD werden als ältere Arbeitnehmer jene Personen bezeichnet, die in der zweiten Hälfte ihres Berufslebens stehen, noch nicht das Pensionsalter erreicht haben und gesund und arbeitsfähig sind. Für die Bundesagentur für Arbeit in Deutschland gelten alle Mitarbeiter ab dem 45. Lebensjahr als ältere ArbeitnehmerInnen. Diese Definitionsversuche vermögen jedoch nicht ganz zu befriedigen. Die Einstufung älterer MitarbeiterInnen auf Grund des kalendarischen Alters erweist sich als problematisch. Ältere Arbeitskräfte sind in allen Bereichen – körperlich, geistig und sozial – heterogener als junge Arbeitskräfte. Den älteren Arbeitnehmer als einheitlichen Typus gibt es nicht. Eine Zuordnung zu dieser Gruppe ist weniger alterspezifisch als berufsspezifisch (Verkäufer oder Akkordarbeiter gehören eher dazu als Ärzte oder Hochschulprofessoren), tätigkeitsspezifisch (bei körperlichen Tätigkeiten und Belastungen wie z.B. auf dem Bau erfolgt die Zuordnung früher), betriebsspezifisch ( in lange bestehenden Unternehmen erfolgt eine Zuordnung früher als in relativ neu gegründeten Betrieben) und geschlechtsspezifisch ( Frauen zählen früher dazu als Männer). Die Zuordnung ist auch von der Arbeitsmarktlage abhängig. In Zeiten eines Arbeitskräftemangels werden die MitarbeiterInnen zu einem späteren Zeitpunkt in die Kategorie der älteren eingestuft als dies in Zeiten des Arbeitsplatzmangels, wie es zur Zeit in der BRD der Fall ist. Die Einstufung hängt auch mit dem Ruhestandsalter bzw. der festgesetzten Altersgrenze zusammen. Mit einer faktischen Altersgrenze von 58 Jahren erfolgt die Zuordnung früher als mit 65 Jahren. Auch die Person des Beurteilenden hat einen Einfluss. Je jünger der Beurteilende ist, desto früher erfolgt die Einschätzung anderer als älterer Arbeitnehmer. Dies gilt auch, wenn der Beurteiler wenig Erfahrung mit dem Arbeitseinsatz von älteren Menschen aufweist. In gewissen Branchen kann ein Mitarbeiter heute bereits ab dem 40. Lebensjahr zur Gruppe der älteren Arbeitnehmer gehören wie z.B. in der ITBranche (vgl. Graf 2002, 139 f.).
Aus vereinfachten Gründen werden in dieser Arbeit ArbeitnehmerInnen nach der Definition der Bundesagentur für Arbeit in Deutschland ab dem 45. Lebensjahr zur Gruppe der älteren MitarbeiterInnen gezählt.
Nach Graf (vgl. Graf 2002) ist die Bereitstellung von geeigneten Arbeitsplätzen ein wichtiger Punkt beim Einsatz älterer ArbeitnehmerInnen. Arbeitsbedingungen, die sich für ältere Werktätige erschwerend auswirken, sollten möglichst ausgeschaltet werden (z.B. kontinuierlich schwere Arbeit). Eine gleich bleibende gemäßigte Dauerbelastung ist günstiger als die zeitweilige Höchstbelastung im Wechsel mit weitgehender Entlastung. Das Arbeiten unter Zeitdruck kann für ältere Menschen eine große Belastung darstellen. Infolge der starken individuellen Unterschiede älterer MitarbeiterInnen sollte eine regelmäßige Beurteilung und Beratung durch betriebsärztliche und betriebspsychologische Dienste gesichert sein. Dadurch wird auch die Planung für erforderliche Umstellungs und Umsetzungsmaßnahmen erleichtert. Wenn eine Veränderung des Arbeitsplatzes nicht zu umgehen ist, kommt der Vorbereitung eine große Bedeutung zu. Eine plötzliche, unerwartete Umsetzung kann einen Schock auslösen und den Mitarbeiter lähmen, insbesondere wenn sich in der Art der Tätigkeit und den Sozialkontakten gravierende Änderungen ergeben. Es ist auch darauf zu achten, dass die neuen Arbeitsanforderungen nicht zu leicht sind, denn dadurch kann ein Gefühl der Degradierung aufkommen, vor allem wenn mit der neuen Funktion Prestigeverlust und finanzielle Einbussen einhergehen. Umschulungsphasen können dem Gefühl der betrieblichen Herabstufung entgegenwirken. Ältere MitarbeiterInnen sträuben sich oft gegen die Übernahme einer „leichteren“ Arbeit und möchten lieber den gewohnten Arbeitsplatz behalten. Eine Kürzung der Wochenstunden oder eine Verlängerung der Urlaubszeit sollten, sofern möglich, vorgezogen und eine Umsetzung nur im Notfall vorgenommen werden.
Die Ziele, Erwartungen, Wünsche und Bedürfnisse verändern sich im Verlauf des menschlichen Lebens. Was einen Mitarbeiter mit 30 Jahren noch mit großer Befriedigung erfüllte, kann unter Umständen zwanzig Jahre später nicht mehr erfüllend sein. Wie Personalumfragen gezeigt haben, gibt es hinsichtlich der Zufriedenheit zwischen jüngeren und älteren ArbeitnehmerInnen zwar kaum Unterschiede, was sich jedoch verändert ist die Wichtigkeit, die einzelnen personalpolitischen Entscheidungen beigemessen wird. Arbeitskräften über 50 Jahren sind beispielsweise die Sozialleistungen, die Beschäftigungssicherheit und das externe Image des Unternehmens wichtiger als jüngeren Arbeitskräften. Auch die Bedürfnisse hinsichtlich der Balance zwischen Berufstätigkeit, Beziehung, Freizeit und Lernen sind bei dieser Personengruppe größer. Bei der Gruppe der älteren ArbeitnehmerInnen spielt die intrinsische Motivation[2] eine wichtige Rolle. Dies hängt mit den häufig für ältere MitarbeiterInnen begrenzten Möglichkeiten zusammen, durch äußere Anreize (z.B. finanzielle Möglichkeiten, Aufstiegsmöglichkeiten) eine extrinsische Motivation[3] zu entwickeln. Faktoren, welche die intrinsische Motivation fördern (z.B. gutes Arbeitsklima, kooperative Zusammenarbeit) gewinnen mit dem Alter zunehmend an Bedeutung. Ältere Menschen verfügen über ein hohes Maß an Reservekapazitäten, welche häufig nicht genutzt werden. Durch ein forderndes und anregendes Umfeld können diese Kapazitäten abgerufen und so die Leistungsfähigkeit gefördert werden. Eine Überforderung ist ebenso zu vermeiden wie eine Unterforderung. Eine Unterforderung kann jedoch nur vermieden werden, wenn auch Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des älteren Mitarbeiters vorhanden ist. Ungenutzte Kapazitäten können von ihm nicht genutzt werden, wenn er Angst vor dem Versagen hat oder der Überzeugung ist, nur über eine geringe Leistungsfähigkeit zu verfügen. Durch einen hohen Leistungsdruck am Arbeitsplatz – insbesondere in einer Konkurrenzsituation mit jüngeren Kollegen – werden Ängstlichkeit und Unsicherheit gefördert. Die Leistungsfähigkeit der Umwelt hat einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des älteren Arbeitnehmers. Eine negative Fremdeinschätzung der Vorgesetzten und Kollegen kann Angst und Unsicherheit und sogar Aggression auslösen. Es werden Wahrnehmungs und Handlungsmuster ausgebildet, die diesen negativen Leistungserwartungen entsprechen, wodurch die Umwelt sich wiederum in ihren Vorurteilen bestätigt sieht. Dies hat zur Folge, dass der ältere Mitarbeiter resigniert, sich innerlich von seiner Tätigkeit und dem Unternehmen entfernt („innere Kündigung“). Dem Vorgesetzten kommt in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle zu. Es gilt, die häufig durch ein negatives Altersbild hervorgerufene Verunsicherung beim älteren Mitarbeiter abzubauen und dessen Selbstvertrauen zu stärken (vgl. Graf 2002, 137 f.).
Auf die erörterten Besonderheiten im Einsatz von älteren Arbeitskräften und dem Erhalt bzw. Förderung der Leistungsfähigkeit wird in späteren Kapiteln noch vertieft eingegangen.
In vielen Unternehmen vollzieht sich schon heute ein ausgeprägter innerbetrieblicher Altersstrukturwandel, weil die Generation der geburtenstarken Jahrgänge heute schon über 30 ist. Wegen des Personalabbaus der vergangenen Jahre, von dem überproportional Ältere betroffen waren, sind in vielen Unternehmen gerade die heute mittleren Altersgruppen, die ohnehin einen überdurchschnittlich hohen Anteil an der Bevölkerung haben, zahlenmäßig besonders stark vertreten. Dies hat zur Folge, dass sie jetzt „en bloc“ altern. Weil es immer weniger Jüngere gibt, steht ihnen trotz fortgesetzter frühzeitiger Verrentungen eine wachsende Gruppe von ArbeitnehmerInnen gegenüber, die in die älteren Jahrgänge hineinwachsen. Die Veränderung der betrieblichen Altersstruktur mit der Folge einer kollektiven Alterung der Belegschaften hat sich in Ostdeutschland im Folge des Zusammenbruchs großer Teile der dortigen Industrie und auf Grund massiven Personalabbaus bei den „überlebenden“ Unternehmen in den 90er Jahren besonders dramatisch vollzogen. Zum einen durch die Verrentung Älterer auf der einen und vor allem der Personalabbau bei den Jüngeren auf der anderen Seite.
Wie äußert sich eine solche Veränderung der betrieblichen Altersstruktur im einzelnen Unternehmen?
Anhand eines ostdeutschen Anlagebauers soll diese Entwicklung verdeutlicht werden. Dieser Betrieb war nach der Wende gezwungen, seine Belegschaft stark zu verringern. Wegen der Kriterien der in den Sozialgesetzen und Tarifverträgen vorgesehenen Sozialauswahl erfolgte der Abbau über Frühverrentungen älterer MitarbeiterInnen und Freisetzung jüngerer Belegschaftsmitglieder. Auf eine anhaltende und schwache Auftragslage war es zurückzuführen, dass es nicht möglich war, in ausreichendem Maß jüngere ArbeitnehmerInnen, insbesondere Auszubildende einzustellen und zu übernehmen. Dennoch gibt es keine Probleme mit dem vergleichsweise...