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HELDINNEN der Bibel. Ein Beitrag zu einem authentischen christlichen Frauenbild im Religionsunterricht der Grundschule

Ein Beitrag zu einem authentischen christlichen Frauenbild im Religionsunterricht der Grundschule

AutorPetra Stichert geb. Nitsch
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2005
Seitenanzahl130 Seiten
ISBN9783638357029
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 1995 im Fachbereich Didaktik - Theologie, Religionspädagogik, Note: 1,0, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 54 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Was macht die Frauen und Männer der Bibel zu Helden und Heldinnen? Verglichen mit dem geläufigen Gesellschaftsbild recht wenig, denn die Helden und Heldinnen der Medien sind SportlerInnen und Models, MusikerInnen und Fernsehstars. Sie sind schöner, stärker und schneller als alle anderen, sie sind reich, erfolgreich und berühmt. Immer wieder tauchen vereinzelt aber auch 'Alltags-Helden' oder 'Alltags-Heldinnen' auf, deren Heldentum sich auf Mut und Stärke im Alltag bezieht. Ein solches 'Alltags-Heldentum' definiert sich durch den Mut, sich selbst zu finden und zu sich stehen, den eigenen Weg zu suchen und zu gehen, auch wenn dies auf Umwegen geschieht. Die Bibel ist reich an Geschichten über solche 'Alltags-HeldInnen', die ihren Weg gehen. Das Tröstliche an diesen Geschichten ist die Tatsache, dass alle Menschen darin Fehler machen, Umwege brauchen und letztendlich doch - mit Gottes Hilfe - ihren persönlichen Weg finden und gehen. In diesem Sinne wird die Lebensrelevanz der Bibel für die heutige Zeit deutlich, kann die 'Frohe Botschaft' erfahrbar werden. So verstanden, werden die biblischen Frauen und Männer zu HeldInnen, die auch uns als Vorbild und Identifikationsfigur dienen können. Wer vor allem nach den Heldinnen in der Bibel sucht, der muss sehr genau hinsehen und viel Zeit und Geduld mitbringen. Wer diese Mühe jedoch nicht scheut, wer bereit ist, sich die Frauen der Bibel ohne androzentrische Brille anzuschauen, der kann Heldinnen entdecken, die ein verkehrtes Frauenbild zurechtrücken und auch heutige Frauen zum Vorbild werden können. Im Religionsunterricht können diese Heldinnen auch den Schülerinnen Identifikationsmöglichkeiten schaffen, die diese selbst zu 'Heldinnen' werden lässt, zu Frauen, die mutig und selbstbewusst ihren Weg gehen, nicht trotz, sondern aufgrund ihres Christseins.

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Leseprobe

4. Das Frauenbild der Bibel


 

Im folgenden möchte ich mich mit dem Frauenbild der Bibel beschäftigen. Um diesem gerecht zu werden, ist eine Auseinandersetzung mit der biblischen Traditionsgeschichte erforderlich. Ebenso ist es notwendig, das Gottesbild der Bibel zu berücksichtigen, da dieses mit dem Frauenbild korrespondiert. An einem ausschließlich männlich gedachten Gott haben Frauen keinen Anteil. Die verbreitete Vorstellung eines Gott-Vaters läßt Frauen fragen, inwieweit die göttliche Verheißung auch sie betrifft. Im Kapitel Weibliches Gottesbild sollen daher insbesondere solche biblische Textstellen vorgestellt werden, die die weiblichen Anteile Gottes betonen.

 

Im Anschluß daran möchte ich das Frauenbild im Alten bzw. Neuen Testament untersuchen und selbstbewußte und starke Frauengestalten der Bibel vorstellen, die eindrucksvoll verdeutlichen, daß Frauen gleichberechtigt Anteil am göttlichen Heilsplan haben.

 

4.1. Biblische Traditionsgeschichte


 

Die Bezeichnung der Bibel als „Wort Gottes“ hat im Laufe der Kirchengeschichte zu folgenschweren Mißverständnissen geführt. Wird die Bibel wörtlich genommen, kann sie uns schwerlich Antworten geben, da sich nahezu jedes beliebige Argument bestätigen und ebenso widerlegen ließe. Im Umgang mit biblischen Texten besteht die Notwendigkeit, sie aus ihrer Zeit heraus zu verstehen. Wer „Wort Gottes“ so versteht, daß hier Gott den Autoren (und Redaktoren) der Bibel - früheren Vorstellungen entsprechend - „in die Hand“ diktiert hat, dem bleibt aufgrund der dann auftretenden Widersprüche nur die Möglichkeit, diese mit dem Verweis auf das eigene Unverständnis zu ignorieren oder aber ihre Gültigkeit in Frage zu stellen. „Wort Gottes“ bedeutet, daß hier Menschen versuchen, ihre Erfahrungen mit Gott in Worte zu fassen und sie so allen Menschen zugänglich zu machen. Dies geschieht jedoch immer aus der Subjektivität des Autors/der Autorin (falls es biblische Autorinnen gab) heraus, die die Beschränktheit des eigenen Gottesverständnisses, die Problematik, transzendente Erfahrungen zu verbalisieren und den Einfluß der jeweiligen Zeit und Gesellschaft einschließt. „Die Bibel ist kein Werkzeug zur Durchführung menschlicher Pläne. Weder löst sie Probleme, noch gibt sie Rezepte. Sie eröffnet nur Wege, weist auf Ursachen hin, zündet Lichter an.[46] Auf das biblische Frauenbild bezogen ist mit Elisabeth Schüssler Fiorenza zu sagen: „Unterdrückende patriarchale Texte und sexistische Traditionen können nicht die Autorität göttlicher Offenbarung beanspruchen.[47]

 

Die grundlegende Problematik im Umgang mit der Bibel ist die Tatsache, daß diese kein zusammenhängendes Werk ist, sondern viele einzelne Schriften beinhaltet. Kompliziert wird dieser Aspekt durch den langen Entstehenszeitraum. Einigen Schriften muß eine mehrere Generationen betreffende Geschichte mündlicher Überlieferung vorausgegangen sein. Selbst für die reine Niederschrift der biblischen Texte muß ein Zeitraum angenommen werden, der Jahrhunderte umfaßt. Hieraus ergibt sich eine Autoren- und Kulturenvielzahl, der die einzelnen Schriften zuzuordnen sind und die bei der Textinterpretation berücksichtigt werden muß. Die Schriften der Bibel sind also in unterschiedlichen Zeiten, Gesellschaften und historischen Kontexten, an unterschiedlichen Orten und von vielen verschiedenen Menschen geschrieben worden.

 

Dementsprechend ist auch die Sprache, die der jeweilige Autor wählt, nicht einfach zu übersetzen, sondern aus ihrer Zeit heraus zu verstehen. So können Begriffe und Bildworte im Laufe der Zeit ihre Bedeutung erheblich ändern. Schon von daher ist es unmöglich, biblische Texte wörtlich zu nehmen. Ihre Wahrheit und Gültigkeit bis heute beruhen auf der realen Gotteserfahrung, die ihnen zugrunde liegt. Es handelt sich um eine Botschaft, die erst entschlüsselt werden muß.

 

Die zeitliche und kulturelle Zuordnung der Schriften ist also ein entscheidender Schlüssel zum Verstehen der Bibel. Diese ist jedoch häufig nicht eindeutig zu klären. So erzählen einige Texte von Geschehnissen, die zum Zeitpunkt der Niederschrift bereits weit zurückliegen. Besonders für viele alttestamentliche Texte ist dies zutreffend, aber auch für die Evangelien, die das Leben Jesu erzählen, jedoch erst Jahrzehnte nach dessen Tod aufgeschrieben wurden. Hier zeigt sich erneut, daß die Bibel nicht wörtlich genommen werden darf, da bereits die zeitliche Differenz zwischen Geschehen und Niederschrift zu Abweichungen von den tatsächlichen Ereignissen führen muß. Deutlich wird dies im synoptischen Vergleich. Dieser läßt darauf schließen, daß der ältere Markus-Text sowie eine weitere gemeinsame Quelle (die Logienquelle Q) Grundlage für einen Großteil des Matthäus- und Lukasevangeliums sind. Trotz dieser Übereinstimmungen treten signifikante Sinnverschiebungen und sachliche Unterschiede in den synoptischen Evangelien auf, die auf voneinander abweichende Akzentuierungen und Kontextgebungen der jeweiligen Evangelisten zurückzuführen sind. Noch offensichtlicher sind die Unterschiede zum später entstandenen Johannesevangelium.

 

Hier zeigt sich eine weitere Schwierigkeit.. Aufgrund dieser Differenzen kann der tatsächliche Sitz im Leben Jesu nicht eindeutig aus den einzelnen Erzählungen abgeleitet werden. Die Bibel darf also nicht als exaktes Historienwerk verstanden werden, sondern als eine Widergabe spezifischer Glaubenserfahrungen. Daher muß jeder biblische Text auf die Absicht seines Autors hin untersucht werden. Dies ist jedoch wiederum problematisch, da die Zuordnung eines Autors zu einem bestimmten Text nicht ohneweiteres vorgenommen werden kann. So haben einige Autoren ihre Texte unter dem Namen früherer Autoren veröffentlicht. Wir wissen heute, daß beispielsweise ein Teil der sogenannten Paulusbriefe nicht von Paulus, sondern von seinen Schülern stammt. Auch wurden „fremde“ Texte in späteren Zeiten fälschlicherweise namentlich bekannten Autoren zugeordnet (z. B. Deutero-Jesaja) oder unter einer Autorenschaft zusammengefaßt. So waren mindestens drei verschiedene Personen am Entstehen des Johannesevangeliums beteiligt. Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang die redaktionelle Bearbeitung zahlreicher biblischer Texte. Diese späteren Überarbeitungen sind häufig nur schwer vom ursprünglichen Text abzugrenzen. Bedacht werden sollte in diesem Zusammenhang, daß sich ein großer Teil neutestamentlicher Schriften auf Texte des Alten Testaments bezieht. Viele hier aufgeführte Vorstellungen sind somit bereits als Weiterentwicklungen alten biblischen Gedankenguts anzusehen. Hier erweist sich dieser Aspekt jedoch als Vorteil, da die Texte miteinander verglichen und die Modifizierungen somit nachvollzogen und differenziert beurteilt werden können. Heutige Leser erhalten hierdurch sowohl Hinweise auf das ursprüngliche wie auch auf das spätere Verständnis entsprechender Textstellen.

 

Eine weitere Relativierung biblischer Texte ergibt sich aus ihrer Überlieferungsgeschichte. Bis zur Fertigstellung unserer heutigen Bibel wurden die Texte mehrfach redaktionell überarbeitet, verfälscht, falsch zugeordnet, falsch oder zumindest zweideutig übersetzt und aus einer großen Anzahl Texte (subjektiv) ausgewählt und zum heutigen katholischen Kanon zusammengestellt. Selbst hier gab es unterschiedliche Meinungen, wie die abweichende Zusammenstellung des protestantischen und des jüdischen Kanons belegen.

 

Zu weiteren Fehlern und Mißverständnissen führten schließlich die notwendigen mehrfachen Übersetzungen, da „jede Übersetzung [...] ja auch eine Übertragung in ein neues Denk- und Lebensgefühl und in neue und andere Wertsysteme[48] ist. Hinzu kommt, daß unterschiedliche Sprachsysteme auch unterschiedliche Differenzierungen ihrer Begriffe vornehmen, die nicht immer eindeutig zu bestimmen und treffend wiederzugeben sind. So weisen allein die deutschsprachigen Bibelübersetzungen zum Teil erhebliche Unterschiede auf. Für das griechische Wort logos beispielsweise läßt sich im Deutschen kein Äquivalent, sondern lediglich eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffe finden. Jede Beschränkung auf einen Begriff wäre hier so unzureichend, daß das Münchner Neue Testament hier auf eine Übersetzung gänzlich verzichtet.

 

Wer also heute Bibel interpretieren will, muß sorgfältige Bibelexegese betreiben. Dies bedeutet vor allem, die Schriften aus der Spezifizität ihrer jeweiligen Kultur heraus zu verstehen.

 

So unterschiedlich diese Kulturen auch gewesen sein mögen, so bleiben sie sich doch hinsichtlich des Frauenbildes der Bibel nahezu gleich. Es handelt sich jeweils um patriarchale Kulturen, deren Wahrnehmung und Sprache - mehr oder weniger - androzentrisch geprägt ist. Diese Prägung durchzieht die gesamte Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte der Bibel und setzt sich bis heute in zahlreichen Bibelinterpretationen und der sich daraus ableitenden (und rechtfertigenden) Struktur der Amtskirche fort. Die Bibel wurde in einer Männergesellschaft von Männern geschrieben, überarbeitet, zusammengefaßt, interpretiert und verkündet.[49] Dieser Aspekt darf...

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