Nachdem der Zusammenhang zwischen Kundenbindung und Customer Relationship Marketing herausgearbeitet wurde, werden im Folgenden Möglichkeiten der Personalisierung im Internet anhand von Empfehlungssystemen vorgestellt. Diese können als Maßnahmen der Unternehmen dazu dienen, die im Rahmen der Erfolgskette angesprochenen kundenseitigen Wirkungen der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu erreichen.
Wie bereits einleitend angesprochen, stellt die personalisierte Kundenansprache einen wesentlichen Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Gestaltung von Kundenbeziehungen im Internet dar. Ingesamt ist die Bedeutung der Kundenbindung im Internet als noch größer einzuschätzen als in traditionellen Bereichen.[73] Der virtuelle Kunde ist von Natur aus flüchtig, denn die Konkurrenz ist nur einen Mausklick weit entfernt.[74] Die Zahl neuer Produkte und Dienstleistungen, die über das Internet angeboten werden, wächst ständig. Während der stationäre Handel eine Vorauswahl von Produkten durch die Führung von Sortimenten oder durch persönliche Beratung vornimmt, steht dem Kunden im Internet eine ungleich höhere Anzahl von Produkten zur Verfügung.[75] Jedoch kann diese Fülle an verfügbaren Angeboten den Internet-Nutzer auch irritieren, so dass er in der Regel überfordert ist, das für ihn beste Produkt zu finden.[76] Genau hier setzt das Konzept der Personalisierung an. Letztlich wird jenes Unternehmen die Kunden für sich gewinnen können, welches die Bedürfnisse und Interessen der Kunden am besten antizipiert und entsprechend reagiert.[77] Beispielsweise können dem Kunden auf seine Bedürfnisse abgestimmte Angebote unterbreitet werden.[78] Ziel von Personalisierungsmaßnahmen ist es also, jedem Kunden auf Basis der Erhebung, Auswertung und Verdichtung kundenbezogener Informationen die für ihn relevanten Informationen, Produkte und Leistungen anzubieten.[79] Insgesamt soll durch eine professionelle Personalisierung des Kundenkontakts über das Internet der Kundennutzen, die Zufriedenheit und die Kundenbindung erhöht werden.[80] Um diese Wirkungen beim Kunden zu erzielen und somit die Erfolgskette in Gang zu setzen, ist es wichtig, dass die Personalisierung dem Kunden einen Mehrwert liefert und somit zu seiner Nutzensteigerung beiträgt.[81]
Die Bedeutung der Personalisierung im Rahmen des eCRM lässt sich mit Hilfe der folgenden drei Ebenen darstellen: Komplexität der Entscheidungsfindung, Breite des Leistungsspektrum und Kauf- oder Kontakthäufigkeit.[82] Je komplexer sich der Entscheidungsprozess des Kunden gestaltet, desto empfänglicher wird er für personalisiere Informationen bzw. Angebote sein. Je breiter das Leistungsspektrum der Unternehmung ist, desto sinnvoller wird eine Personalisierung, um den Kunden im Informationsprozess seinen Bedürfnissen entsprechend zu unterstützen. Je häufiger der Kundenkontakt ist, desto effektiver und effizienter gestaltet sich der Einsatz von Personalisierungsmaßnahmen aufgrund der bereits erhobenen Kundendaten vergangener Kontakte.[83]
Durch sinnvoll eingesetzte Personalisierungsmaßnahmen kann somit langfristige Kundenbindung im Internet erreicht werden. Dabei bieten verschiedene Methoden der Personalisierung unterschiedliche Ansatzpunkte beim Aufbau tragfähiger Kundenbeziehungen. Ihnen geht jedoch ein Prozess der Datengewinnung und -analyse voraus, denn jede Form der Personalisierung bedarf der Erhebung bzw. Integration von Kundeninformationen.[84]
Personalisierung bedeutet im Allgemeinen das Zuschneiden eines Objekts auf die Bedürfnisse einer Person.[85] Die Definition macht deutlich, dass zunächst zwischen den Objekten der Personalisierung unterschieden werden muss.
Neben der Personalisierung der Informationen auf einer Internet-Seite (Web-Site), können auch die Produkte, die Angebotsgestaltung und die optische Gestaltung Gegenstand der Personalisierung sein.[86] Aus diesem Grund ist es sinnvoll, zunächst mögliche Personalisierungsobjekte zu identifizieren und zu klassifizieren. Um die Objekte der Personalisierung genauer zu klassifizieren, lassen sich zwei Ebenen der elektronischen Interaktion zwischen Kunde und Anbieter im Internet unterscheiden: (1) die Ebene der Inhalte der Interaktion und (2) die Ebene der Konfiguration des Interaktionsmediums.
(1) Inhalte der Interaktion
Auf der inhaltlichen Ebene kann zwischen der Auswahl und Selektion von Informationen, der kundenindividuellen Konfiguration und Erstellung von Angeboten, sowie der Anpassung von Produkten unterschieden werden (siehe Abb. 3).[87]
Die Anpassung von Produkten an die individuellen Kundenwünsche wurde bereits unter dem Begriff Mass Customization[88] vorgestellt. Dieses Konzept bietet sich vor allem an, wenn ein Produkt aus mehreren Komponenten besteht. Mittels eines auf der Web-Site installierten Produktkonfigurators kann sich der Kunde dann ein maßgeschneidertes Produkt nach dem Baukastenprinzip zusammenbauen.[89] Zu den Pionieren in diesem Bereich zählt die Firma Dell, bei der sich die Kunden ihre PC´s aus den verschiedensten Komponenten zusammenstellen können.[90]
Die Personalisierung von Angeboten kann durch das Zusammenführen (Matchen) vorhandener Produkte mit den Präferenzen von Kunden erreicht werden[91] und bietet diverse Cross- und Up-Selling Potenziale[92].
Durch die Auswahl und Aufbereitung von Informationsinhalten sollen dem Nutzer nur solche Informationen angeboten werden, die mit seinem Interessenprofil übereinstimmen.[93] Auf diese Weise soll eine Reizüberflutung (Information Overload) vermieden werden, denn empirischen Untersuchungen zufolge werden über 90% der über die Massenmedien verbreiteten Informationen gar nicht wahrgenommen.[94]
Abbildung 3: Klassifikation der Personalisierungsobjekte
(Quelle: in Anlehnung an Klein, S./Güler, S./Lederbogen, K., 2000, S. 90)
(2) Konfiguration des Kommunikationsmediums
Bei Medienkonfiguration kann zwischen der Konfiguration des Benutzerinterfaces (Navigation) und der Darstellung der Inhalte (Webdesign) unterschieden werden.[95]
Die Personalisierung von Navigationselementen ermöglicht dem Benutzer ein gutes Zurechtfinden auf der Web-Site.[96] Durch eine nutzerspezifische, dynamische Anpassung der Verweise zwischen den einzelnen Internet-Seiten (Link-Struktur) kann der Nutzer dann auf die für ihn interessanten Inhalte gelenkt werden.[97]
Aber auch die optische Gestaltung einer Webseite kann an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst werden. So soll beispielsweise die kundenindividuelle Auswahl bestimmter Farben, Schriftarten und Grafiken dem Nutzer einen besseren und schnelleren Überblick über die gewünschten Informationen liefern.[98]
Der Personalisierungs-Prozess kann in die Phasen Informationsgewinnung, Informationsanalyse und die eigentliche Personalisierung unterteilt werden.[99] Um die Kunden gezielt und ihren Bedürfnissen entsprechend persönlich ansprechen zu können, ist die Ermittlung eines sog. Kundenprofils[100] erforderlich. Die Profilbildung ist ein kontinuierlicher Lernprozess, bei dem, im Sinne einer Learning Relationship[101], das Wissen über den Kunden ständig erweitert und aktualisiert wird.
Das Internet als rückkanalfähiges Endgerät ermöglicht es Kundenreaktionen auf Personalisierungsangebote zu erfassen. Durch diese Lernschleife wird die Personalisierung als ein Closed-Loop-Prozess realisiert, indem Kundenreaktionen als Verfeinerung in das Profil aufgenommen werden.[102] Somit kann die Qualität der Daten im Lebenszyklus des Kunden ständig verbessert werden.
Ausgangspunkt für die Personalisierung ist die Informationsgewinnung, denn Personalisierung setzt voraus, dass Informationen über Nutzer erhoben werden.[103] Nur wenn ausreichend Informationen über einzelne Kunden bzw. Kundentypen vorliegen, kann der Internetauftritt kundenspezifisch personalisiert werden. Bei der Informationsgewinnung kann zwischen der expliziten und impliziten Datenerhebung unterschieden werden.
Bei der expliziten Informationsgewinnung werden die Wünsche und Vorlieben des Kunden durch eine direkte Befragung (z.B. Online-Formulare) erfasst. Von Interesse sind hierbei vor allem solche Daten, wie beispielsweise...