Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Geschichte - Afrika, Note: sehr gut (minus), FernUniversität Hagen, Veranstaltung: Das Britische Empire im 20. Jahrhundert, 21 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Übergang Tanganjikas vom Kolonialstaat in die Unabhängigkeit vollzog sich, im Vergleich zu anderen ost- und zentralafrikanischen Ländern, relativ friedlich. Vor allem der Gegensatz zu Kenia, das im Rahmen der Mau-Mau-Bewegung blutige Zusammenstöße erlebte, fällt ins Auge. In der älteren Literatur1 werden dafür überwiegend zwei Punkte verantwortlich gemacht: das Fehlen einer vorherrschenden Ethnie, die die übrigen Bevölkerungsgruppen marginalisieren konnte (wie z. B. die Kikuyu in Kenia), sowie das Vorhandensein einer gemeinsamen, nicht von den Europäern 'ererbten' Sprache, des Kiswahili, das zwar nicht von allen Tanganjikanern, aber doch von einem großen Teil verstanden und gesprochen wurde. Deutsch hat allerdings die hinreichende Erklärungskraft dieser Aspekte in Frage gestellt. Seiner Ansicht nach sind die implementierten Formen lokaler Herrschaft in der Kolonialperiode sowie die explizit antitribalistische Ausrichtung der Nationalbewegung die bestimmenden Faktoren. Die Briten benötigten für ihr Konzept der 'indirect rule' durch sog. Native Authorities hierarchisch organisierte Stammesverbände, für die es aber keine historischen Parallelen gab, so daß es häufig zur Konstruktion tribaler Einheiten durch die Afrikaner und einer 'Neo-Traditionalisierung' lokaler Herrschaftsstrukturen kam. Die Reformen der Native Authorities nach dem Zweiten Weltkrieg untergruben die noch nicht über Vererbung stabilisierte Legitimität der Chiefs. Zudem traf diese Entwicklung mit der aufkommenden Nationalbewegung zusammen, deren erste Generation überwiegend Personen mit höherer Schulbildung umfaßte, die viel im Territorium herumkamen und sich nicht an ihrem Heimatort aufhielten, so daß sie keine regional begründete Legitimität vorweisen konnten. In dieser Hausarbeit wird der Zeitraum etwa vom Ende des Zweiten Weltkrieges (mit nur einzelnen Rückgriffen, soweit sie im Zusammenhang erforderlich sind) bis zur Verkündung der Unabhängigkeit am 9. Dezember 1961 betrachtet. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, warum - entgegen den ursprünglichen Planungen sowohl des Colonial Office wie auch der britischen Verwaltung vor Ort - der Unabhängigkeitsprozeß eine derartige Beschleunigung erhielt, denn die Wahlen von 1958/59 wurden noch unter dem Prinzip der paritätischen Rassenvertretung im Legislativrat durchgeführt. Tanganjika galt als das am wenigsten entwickelte Land unter den britischen ost- und zentralafrikanischen Besitzungen, wurde aber als erstes unabhängig.
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