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1000 £ Kopfpreis - tot oder lebendig

Fluchtabenteuer des ehemaligen Prisenoffiziers S. M. S. 'Emden'

AutorJulius Lauterbach
Verlagepubli
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl152 Seiten
ISBN9783745001716
Altersgruppe18 – 99
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Der aus dem Gefangenenlager von Singapur entflohene Prisenoffizier der 'Emden' Julius Lauterbach entgeht mit List und Kühnheit allen englischen Nachstellungen und entkommt unter den unglaublichsten Abenteuern über Sumatra, Java, die Philippinen, China, Japan und Amerika in die Heimat. Das letzte Gefecht der S. M. S. Emden überlebte Lauterbach und so wurde ihm das Recht verliehen, den vererbbaren Zusatznamen 'Emden' zu führen.

Julius Lauterbach-Emden, deutscher Kapitän und Marineoffizier.

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Leseprobe

Der Inderaufstand von Singapore


Gleich nach der Ankunft wurden wir Deutschen in Automobilen nach dem in der Mitte der Singapore-Insel gelegenen Gefangenenlager „Tanglin Barracks“ befördert. Freudig erregte Stimmen schallten uns aus dem Innern der Einfriedigung entgegen, und als wir unser künftiges Gefängnis betraten, begrüßten uns ein kräftiges Hurra und der Gesang: „Deutschland, Deutschland über alles“. Nun folgte ein großes Händeschütteln, Fragen und Erzählen, denn unter den dreihundert Internierten besaß ich viele Bekannte: Großkaufleute, Kapitäne, Schiffsoffiziere, die Besatzung unseres Kohlendampfers „Markomannia“, das Prisenkommando des von uns zuerst gekaperten Griechen — sie und viele andere umdrängten uns und wollten von unseren Erlebnissen hören. Gleich am Abend gab

es ein großes Fest, wobei allerdings die gute Stimmung der Teilnehmer die leiblichen Genüsse und was sonst zu einer Festlichkeit zu gehören pflegt, ersetzen mußten. Mit der Verpflegung und mehr noch mit den Wohnverhältnissen war es nämlich übel bestellt. Je hundert Mann schliefen in einer Baracke, Großkaufleute und Schiffsheizer im schönsten Durcheinander. Fieber und Dysenterie waren an der Tagesordnung. Auf alle Beschwerden hatte Lord Kitchener aus London kurz geantwortet, daß die Einrichtungen für die Deutschen genügten. Den Engländern blieb diese Entscheidung natürlich maßgebend.

In vielen Stücken hatten sich unsere Landsleute schon selbst zu helfen gewußt. Aus Bierkisten waren Möbel entstanden, und die Wohlhabenden sorgten dafür, daß die Mittellosen nicht allein auf die britische Gastfreundschaft angewiesen blieben. Turnverein, Gesangverein, Lesezirkel, Billard- und Kegelklub boten Unterhaltung. Auch der zwei Minuten vom Lager entfernte Sportplatz durfte benutzt werden, wobei Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett die Spieler beobachteten.

Der Lagerkommandant stellte mir Vergünstigungen in Aussicht, wenn ich mein Ehrenwort geben wolle, nicht zu fliehen. Meine Antwort, daß ich nach dem Völkerrechtsbruch, der mich zum Gefangenen gemacht habe, keinem Engländer mein Ehrenwort geben wolle, schien ihm nicht zu gefallen. Immerhin besann er sich auf den allgemein anerkannten Grundsatz, daß gefangene Offiziere nur mit ihresgleichen untergebracht werden dürfen, und da ich hier der einzige war, auf den diese Regel Anwendung finden konnte, erhielt ich ein kleines Haus für mich allein angewiesen. Reserveoffiziere, die nicht im Krieg die Uniform getragen hatten, wurden nicht anerkannt und ganz wie andere Zivilgefangene behandelt.

Ich lebte mich schnell ein, aber schon vom ersten Tage an beschäftigte mich der Gedanke, wie ich diesem unerfreulichen Aufenthaltsort heimlich den Rücken kehren könnte. Bald fand ich einige beherzte Männer, die auf das gleiche Ziel hinstrebten. In meinem Hause konnte ich nach Belieben Gäste empfangen, und so hatten wir die schönste Gelegenheit, in stundenlangen Zusammenkünften unauffällig Pläne zu schmieden, über Mangel an Geselligkeit konnte ich mich überhaupt nicht beklagen. Allein bei mir durfte die ganze Nacht Licht brennen. Daß ich zweitausend Dollar besaß, band ich den Engländern natürlich nicht auf die Nase. Bei der flüchtigen Untersuchung waren die gut versteckten Scheine unbemerkt geblieben.

Ein zwei Meter hoher Wellblechzaun, Stacheldrahtverhaue und elektrische Drähte umschlossen das Lager, und draußen stand alle hundert Meter ein Posten auf einer kleinen Tribüne, von der aus er das ganze Lager überblicken konnte. Innerhalb dieser Einfriedigung wurden wir dreihundert Internierten von einigen zwanzig Engländern und achthundertfünfzig Indern bewacht, die ehemals in unsern Baracken gehaust hatten und nun in einer ganz in der Nähe stehenden Kaserne wohnten. Ein Kinderspiel war es also gerade nicht, unbemerkt zu verduften.

Eins war uns bald klar: nur durch einen unterirdischen Gang, der außerhalb der Drahtverhaue mündete, konnte die Flucht gelingen.

Eine geeignete Stelle hatten wir bald gefunden, und ehe zwei Wochen nach meiner Einlieferung verstrichen waren, leitete der erste Spatenstich das verheißungsvolle Werk ein. So pflegt man ja in solchem Falle zu sagen. In Wirklichkeit begannen wir damit, die vom Sonnenbrand verhärtete Oberschicht mit Messern zu lockern. Richtiger Spaten konnten wir uns erst später bedienen.

Aus triftigen Gründen hielten wir unser Tun auch vor unsern Landsleuten ganz geheim. Spione befanden sich im Lager. Gefährlicher als die beiden japanischen Barbiere waren einige Elsässer, die alles, was sie aufschnappten, den Engländern verrieten. Durch aufgefangene Briefe, in denen sie den Wunsch aussprachen, gegen die Boches zu kämpfen, war der Verdacht zur Gewißheit geworden. Bei dem Mangel an Gesprächsstoff hätten sie gar zu leicht durch ein unvorsichtiges Wort Wind von der Sache bekommen können, und dadurch wollten wir unsere Hoffnung, die unser ganzes Sein erfüllte, nicht zuschanden werden lassen.

Es war ein mühseliges Werk, das da allnächtlich im geheimen vor sich ging, und die Schwierigkeit wurde noch größer, als bald die Regenzeit einsetzte und das Erdreich ausweichte. Bierkisten, die glücklicherweise in nicht geringen Mengen zur Verfügung standen, lieferten die Stützen. Nach jeder Schicht wurde die Öffnung mit einem Deckel verschlossen, und wenn dann die sorgfältig ausgehobenen Rasenstücke darüberlagen, hob sich die Stelle kaum von ihrer Umgebung ab.

Um keinen der deutschen Mitverschworenen zu schädigen — Gott weiß, wo sie jetzt stecken mögen — muß ich es mir leider versagen, ihre Namen zu nennen: aber es drängt mich doch, auch an dieser Stelle den Männern zu danken, die freiwillig die Hauptarbeit leisteten, indem sie zwei Monate lang einen großen Teil

ihrer Nachtruhe opferten und im Schweiße nicht allein ihres Angesichtes zwei Meter unter der Erde schanzten, und zwar nackend, wie sie Gott geschaffen hatte. Einer lag ganz vorn im Tunnel auf dem Bauch, lockerte die Erde und schob sie hinter sich: der zweite füllte sie in der gleichen unbequemen Stellung in einen Kopfkissenüberzug: der draußenstehende dritte förderte sie mit Hilfe eines starken Bindfadens ins Freie und verteilte sie auf Blumenbeets und andere gärtnerische Anlagen, mit denen sich die Gefangenen in den Morgenstunden beschäftigten. Wenn dann noch der Sicherheit halber in die frisch aufgeworfenen Erdhügel ein paar Blumen gesteckt wurden, konnte niemand auf den Gedanken kommen,

welcher geheimen Maulwurfsarbeit sie ihre Entstehung verdankten.

Aber die Posten? wird man fragen. Nun, wir hatten uns natürlich einen möglichst günstigen Platz ausgesucht, keine drei Schritte hinter dem hohen Wellblechzaun, so daß der dahinter auf seiner Erhöhung stehende Inder nichts bemerken konnte und auch kein Strahl der Bogenlampen uns verriet.

Langsam, aber sicher wuchs der Weg in die Freiheit. Von Zeit zu Zeit wurde ein dünner Bambusstock durch die Decke gebohrt, und wenn wir dann am folgenden Tage von der nächsten Baracke aus über den Zaun blickten, stellten wir jedesmal mit Freuds fest, daß schon vor dem zur Flucht in Aussicht genommenen 23. Februar der Gang über das letzte Hindernis hinaus gediehen sein werde. Diesen Tag hatten wir gewählt, weil dann Neumond war und wir nur in einer dunklen Nacht entwischen konnten. Ein Chinese war für unsern Plan gewonnen worden. Dadurch konnten wir Vorbereitungen treffen, die für das Gelingen unseres Planes unbedingt erforderlich waren: ein Boot und vertrauenswürdige Leute sollten uns in der Nacht des 23. Februar an einem bestimmten Punkt der Küste erwarten und nach der nächsten holländischen Insel befördern.

Eines Tages durfte ich selber für einige Stunden das Lager verlassen, und zwar im Auto. Leider unter sicherer Bewachung und trotz der Hitze im geschlossenen Wagen. Mein Anblick sollte die Menschheit nicht aufregen, wurde mir gesagt. Der Zweck dieses Ausfluges war ein Verhör: ob ich mit „Exford“ auf Grund gewesen sei, da das Schiff stark leckte. Davon hatte ich nie etwas wahrgenommen, aber die Tatsache war mir dennoch leicht erklärlich. Der falsche Kompaß hatte halt seine Schuldigkeit getan, der mit der Überführung des Schiffes betraute Offizier hatte aber nicht gemeldet, daß er festgefahren war. Ich hielt es nicht für nötig, die Engländer hierüber aufzuklären, und bedauerte nur, daß der Schaden nicht größer war. übrigens ist „Exford“ dem ihr zugedachten Schicksal doch nicht entgangen. Kürzlich hat eins unserer U-Boote den Kasten auf den Meeresgrund befördert.

Hatten die Spione doch herausgefunden, daß bei uns etwas im Werke war? Ohne erkennbaren Anlaß wurde plötzlich das ganze Lager durchsucht. Meinem Hause und dessen näherer Umgebung schenkten die Engländer ihre besondere Aufmerksamkeit. Nun lag aber unser Gang gerade in der entgegengesetzten Ecke des Lagers. Daß dort etwas Unerlaubtes vor sich gehen könne, kam ihnen anscheinend überhaupt nicht in den Sinn.

Weihnachten wurde still gefeiert. Die Engländer wollten uns von einem Geistlichen ihrer Nation eine Rede halten lassen, doch darauf wurde dankend verzichtet. Gern nahmen wir dagegen das Angebot des Inspektors Wegener von der Rheinischen Mission an, bei uns zu predigen. Er kam von Sumatra und durfte als Geistlicher ungehindert über Amerika nach Deutschland zurückkehren.

Selbstverständlich ließen wir auch Kaisers Geburtstag nicht ohne Feier vorübergehen. Außer Reden gab es eine kleine Ausführung, bei der die Engländer große Augen machten. Die lebenden Bilder...

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