Gruppe 1
Schäferhunde und Treibhunde
Schäferhunde sind so vielfältig wie die Umgebung, in der sie arbeiten. Denn sie bestimmt die Art der Weidewirtschaft, der die Hunde in Körperbau und Arbeitsweise angepasst sein müssen. Das Hüteverhalten geht auf das Jagdverhalten der Wölfe bei der Großwildjagd zurück. Der Mensch hat diese Anlagen durch züchterische Selektion seinen Bedürfnissen angepasst, wobei die letzte Sequenz, das Töten, unterdrückt wurde, denn die Entscheidung, ob ein Schaf geschoren oder geschlachtet wird, liegt nur beim Schäfer. Es ist daher falsch zu glauben, Hütehunde jagen nicht! Sie tun es nur dann nicht, wenn eine enge Bindung und sinnvolle Beschäftigung selbstständiges, wenig Erfolg versprechendes Hetzen uninteressant machen. Schafe und Rinder, die gehütet oder getrieben werden, sind eine potenzielle Nahrungsquelle – Beute –, und nur deshalb von Interesse für den Hüte- und Treibhund.
Weißer Schweizer Schäferhund
SCHÄFERHUNDE DER FRUCHTBAREN NIEDERUNGEN
Deutsche, Holländische, Belgische und Französische Schäferhunde betreuen große Herden rund um die Uhr. Die Arbeit ist vielfältig, die Schafe müssen über Straßen und durch Siedlungen zu den Weideplätzen getrieben werden, sie dürfen dabei kein bebautes Land betreten oder gar abfressen. In Zeiten großer Armut galt es nahe der Städte und Hauptstraßen, Herden und Hirte vor räuberischen Übergriffen zu schützen. Anforderungen an diese Hunde waren hohe Arbeitsbereitschaft rund um die Uhr, Intelligenz und selbstständiges Handeln bei Bedarf, jedoch aufs Wort den Anweisungen des Schäfers zu folgen sowie ihn und die Herde kompromisslos zu verteidigen. Diese Hunde sind ausgesprochen territorial, denn sie schützen ihr Territorium, ihre Partner, ihren Lebensraum und ihre Jagdgründe – kurz: ihre Existenzgrundlage. Eigenschaften, die diese Hunde zu den begehrtesten und vielseitigsten Diensthunden werden ließen.
HEIDESCHÄFERHUNDE
Sie arbeiten in trockenem, steppenartigem, kargem Gebiet, das dünn besiedelt ist. Ihr zottiges Haarkleid schützt sie vor Dornen und Sandstürmen. Die Schafe werden weniger intensiv betreut, sondern bewegen sich weitläufig auf großen Flächen, um satt zu werden. Eine wichtige Aufgabe ist das Zusammentreiben der Schafe. Je nach Aufgabenstellung sind diese Hunde mehr oder weniger territorial. Alle sind lebhaft, aufgeweckt, intelligent und arbeitsfreudig. Typische Heidehüter sind Schapendoes und PON.
BERGHÜTER
In einsamen Bergregionen beweiden Schafe unbeaufsichtigt in kleinen Gruppen und nicht geschlossenen großen Herden weitläufige, oft unzugängliche Gebiete. Hauptaufgabe der Hunde ist das Einsammeln der verstreut weidenden Tiere. Dazu werden die Hunde weit hinaus ins Gelände geschickt. Dieses Zusammentreiben erfordert sehr viel Geschick und Fingerspitzengefühl, damit kein Schaf verloren geht. Der Schäfer kann nur mit Kommandos über große Distanz helfen, der Hund muss selbstständig arbeiten und trotzdem den Weisungen des Schäfers folgen. Das tut er gerne, weil die Anweisungen zum Erfolg führen und keine sinnlosen Befehle sind.
Diese Hunde sind ausgesprochen agil, wendig, ausdauernd, arbeitsfreudig, aber selbstständig denkend und agierend. Ihre Ansprüche an sinnvolle Beschäftigung und Führungsqualitäten des Menschen sind hoch. Gelingt es, dies dem Hund zu vermitteln, ist er zu Höchstleistungen fähig. Typische Berghüter sind der Pyrenäen-Schäferhund und der Border Collie.
Berger des Pyrénées (Langhaar)
HERDENSCHÜTZER
In Gruppe 1 finden wir inkonsequenterweise auch Schutzhunde wie den Kuvasz, Komondor usw. Auf diese Rassen gehen wir näher bei der Gruppe 2 ein.
TREIBHUNDE
Diese Hunde trieben einst die Herden aus den Weideregionen über weite Strecken zu den städtischen Viehmärkten. Nur energische, sehr selbstbewusste, durchsetzungsfähige Hunde von großer Ausdauer und Zähigkeit konnten diese Aufgabe bewältigen. Sie mussten blitzschnell entscheiden und unabhängig von Weisungen des Treibers handeln. Unerlässlich war der Schutz der Herden und des heimkehrenden Treibers mit dem Erlös für die Bauern. Typische Treibhunde sind Welsh Corgi, Australian Cattle Dog und Bouvier, aber auch Schweizer Sennenhunde und Rottweiler aus Gruppe 2.
SCHÄFERHUNDE ALS BEGLEITHUNDE
Manche Hütehunderassen wurden schon zu Beginn der Rassehundezucht vor gut 150 Jahren zu reinen Begleithunden umfunktioniert, andere sind heute noch aktive Hüter. Je näher ein Hund seiner ursprünglichen Bestimmung steht, desto anspruchsvoller ist er als Familienhund ohne Arbeitsmöglichkeit.
Deutscher Schäferhund
Stockhaar und Langstockhaar
SCHÄFERHUND
FCI-Nr. 166
Land Deutschland
Schulterhöhe Rüden 60–65 cm, Hündinnen 55–60 cm
Gewicht Rüden 30–40 kg, Hündinnen 22–32 kg
Farben schwarz, schwarz-braun in verschiedenen Tönen, wolfsgrau
Herkunft Aus alten mittel- und süddeutschen Schäferhundschlägen gezielt für den Einsatz bei Polizei und Militär gezüchteter Arbeitshund.
Verwendung In erster Linie Begleithund für hundesportlich orientierte Menschen und in aller Welt geschätzter Diensthund. Sehr vielseitig einsetzbar vom Blindenführhund bis zum Rettungs- und Lawinensuchhund. Anerkannte Diensthunderasse.
Wesen und Verhalten Sehr agiler, starker und arbeitsfreudiger Hund mit sehr viel Temperament. Aufmerksam, intelligent und gelehrig. Sehr territorial veranlagt und wachsam mit ausgeprägtem Schutztrieb.
Haltung Der Deutsche Schäferhund ist ein anspruchsvoller Hund, der unbedingt eine sorgfältige, konsequente Erziehung und viel sinnvolle Beschäftigung und engen Kontakt zu seiner Bezugsperson braucht. Nur wenn er voll ausgelastet und gut erzogen ist, kann er auch ein guter Familienbegleithund sein. Kein Hund, der nebenher mitläuft, sondern dem täglich intensive Zuwendung, am besten sportliche Ausbildung, zukommen muss. Stock- und Langhaar sind pflegeleicht, verlieren aber beim Fellwechsel enorm viele Haare.
Weißer Schweizer Schäferhund
Berger Blanc Suisse
SCHÄFERHUND
FCI-Nr. 347
Land Schweiz
Schulterhöhe Rüden 58–66 cm, Hündinnen 53–61 cm
Gewicht Rüden 30–40 kg, Hündinnen 25–35 kg
Farben weiß
Herkunft Im deutschen Standard nicht erlaubte Farbvariante des Deutschen Schäferhundes, die in den USA und Kanada rein gezüchtet und als Deutscher Schäferhund eingetragen werden. Konnte sich in Europa als Rasse etablieren. Die FCI-Anerkennung erfolgte über die Schweiz, wo die ersten Importe aus den USA und Kanada lebten und sich von dort in ganz Europa verbreiteten.
Verwendung Familienbegleithund.
Wesen und Verhalten Aufmerksamer Wächter, freudiger und gelehriger Arbeitshund. Temperamentvoll, nicht nervös; gegenüber Fremden gelegentlich zurückhaltend, darf jedoch nicht aggressiv sein. Selbstbewusst, aber unterordnungsbereit.
Haltung Der temperamentvolle Arbeitshund braucht eine liebevoll-konsequente Erziehung. Kein Hund für bequeme Menschen oder Stubenhocker. Er braucht Aktivitäten, eignet sich für viele hundesportliche Aufgaben ebenso wie für die Ausbildung zum Rettungshund. Schutzhundarbeit wurde nie verlangt. Er liebt Familienanschluss und fügt sich gut ein, sofern er körperlich und geistig ausgelastet ist. Das weiße Fell (Lang- oder Stockhaar) ist pflegeleicht, haart aber sehr stark.
Altdeutsche Hütehunde
SCHÄFERHUNDE
FCI nicht anerkannt
Schulterhöhe unterschiedlich
Gewicht entsprechend
Farben alle, auch Merlefaktor (Tiger); weiße Abzeichen verpönt
Herkunft Traditionelle Hütehunde unterschiedlichen Typs deutscher Landschaften, die nicht nach Schönheitsgesichtspunkten gezüchtet werden. Unterschiedliche Schläge werden in den verschiedenen Regionen bewahrt (Harzer Fuchs, Gelbbacke, Strobel, Schafpudel, Hütespitz, Stumper usw.). Körperbau, Größe und Fellbeschaffenheit sind den von Klima und Umfeld gestellten Anforderungen angepasst. Farbe spielt keine Rolle, bei den meisten Schlägen ist weiß unbeliebt.
Verwendung Herdengebrauchshund.
Wesen und Verhalten Sehr aktive, arbeitsfreudige, pflichtbewusste Arbeitshunde, ausgeglichen im Charakter, sich ganz auf ihre Aufgabe konzentrierend. Fremden gegenüber reserviert bis abweisend. Wachsam und zuverlässige Beschützer der Herde und des Schäfers.
Haltung Robuste, reine Herdengebrauchshunde, die sich nur bedingt als Begleithunde eignen, da sie unbedingt sinnvolle Aufgaben brauchen. Konsequente Erziehung und zuverlässige Führung nötig, dennoch müssen sie, wenn es die Aufgabe erfordert, selbstständig handeln. Je nach Fellbeschaffenheit mehr oder weniger pflegeleicht.
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