Imponierverhalten –
zeigen, wer man ist
Kommunikation hat immer etwas mit einem Absender und einem Adressaten zu tun. Je nachdem, wie souverän oder unsicher der Absender oder Adressat ist bzw. sich verhält, kann schon das Imponieren oder Erscheinen in einem bestimmten Terrain zu aggressiven Auseinandersetzungen führen. Beides kann als eine Provokation aufgefasst werden, muss aber nicht.
Das Imponierverhalten gehört zu den agonistischen Verhaltensweisen. Diese zeigt ein Lebewesen immer nur dann, wenn ein Artgenosse bzw. Sozialpartner das eigene Verhalten stört. Imponierverhalten kann somit als Vorstufe des aggressiven Verhaltens angesehen werden. Auch wenn Imponieren keine direkte Drohung ist, bedeutet es eine Provokation.
Definition Imponieren „Eindruck machen; Imponiergehabe ist ein Ausdruck zur Demonstration von hohem sozialen Status und Territorialanspruch.“ (Feddersen-Petersen, 2004) |
Mimik beim Imponieren
Zum Imponiergehabe gehören
Markieren mit zum Adressaten gerichteten oder ungerichteten Blick
Scharren zur Untermalung (mit den Hinterbeinen oder mit allen vier Beinen im Wechsel)
Gerichtetes Scharren
Demonstratives Schnuppern
Steifbeiniges Gehen (Gelenke sind durchgedrückt)
Imponiertrab, Imponiergalopp
Gerader Rücken
Steifbeinig umeinander herumgehen, T-Stellung (der Imponierende formt den Balken)
Rute wird nach oben getragen, leicht wedelnd, teilweise gerichtetes Wedeln
Hals steif nach oben
Kopf waagerecht
Ohren mehr oder weniger nach vorne gerichtet
Schnauzenkontrolle oder Analkontrolle
Ansatz von Kopfauflegen
Imponierverhalten tritt in übersteigerter Form zur Selbstdarstellung bei einem hohen sozialen Status und zur Demonstration eines momentanen Territoriums auf. Es kann auch sexuell motiviert sein, dieses Verhalten findet bei Haushunden unabhängig von der Jahreszeit statt. Dies liegt darin begründet, dass Hündinnen – im Gegensatz zum Wolf – mehrmals im Jahr läufig werden. Die Regel ist eine zweimalige Läufigkeit im Jahr, je nach Hund und Rasse kann es aber auch bis zu drei- oder viermal im Jahr zu einer Läufigkeit kommen. Zudem besteht keine Beschränkung auf eine bestimmte Jahreszeit wie es beim Wolf der Fall ist. Hündinnen können zu jedem Zeitpunkt im Jahr läufig werden. Daher gibt es keine Beschränkung des Imponierverhaltens aufgrund sexueller Motivation, wozu neben dem Vertreiben von Konkurrenten auch die Sicherung eines Territoriums sowie das Erstreiten von Ressourcen für das Überleben des Nachwuchses gehört. Wenn also aus der Sicht eines sexuell stark motivierten Haushund-Rüden, ständig potenzielle Sexualpartnerinnen „greifbar“ sind, warum nicht dann auch das ganze Jahr durchgängig sexuell imponieren?
Markierverhalten
Das Markierverhalten tritt in Anwesenheit von anderen Hunden oder dort, wo grundsätzlich viele Hunde verkehren, sehr häufig auf – sprich: überall da, wo es Urin- oder Kotmarkierungen und läufige Hündinnen gibt. Es kann auch im Beisein des Menschen häufiger auftreten, als wenn der Hund alleine ist. In diesem Fall kann das Imponierverhalten durchaus auch an den Hundehalter gerichtet sein. Für unsere Hunde existieren zwar äußere Territorien (Aktionsraum), diese können aber kaum erfolgreich verteidigt werden. Keiner kann den markierten Besitzanspruch beachten, denn Hunde können nur begrenzt entscheiden, wie der gemeinsame Spaziergang mit dem Menschen aussieht. Eine geruchliche und optische Überreizung findet statt, die für viele Hunde auch zu Stress führen kann. Die Geste des Markierverhaltens, ohne dass der Hund auch nur den kleinsten Tropfen Urin absetzt, ist ebenfalls ein Ausdruck der Reizüberflutung auf unseren Spazierwegen. Aus meiner Sicht sollte ein solches Verhalten unter keinen Umständen vom Menschen gemaßregelt werden. Ich sehe hier die Menschen in der Pflicht, ihren Hund geistig anders und vor allem intensiver zu beschäftigen, so dass dieser aus der Spirale von Stress wieder herauskommen kann.
Amos markiert mit erhobenem Hinterbein an einen Baum. Sein Blick ist fixierend in Richtung eines Konkurrenten gerichtet.
Verhalten auf dem Spaziergang
Die erste Lerneinheit, die vom Welpen gefordert wird, ist meist die Stubenreinheit. Unsere Hunde leben in der Regel zusammen mit dem Menschen im Haus, sie haben nur selten ständig freien Zugang zu einem Außengelände, auf dem sie sich lösen können. Daher ist es für ein entspanntes Zusammenleben von Mensch und Hund wichtig, dass ein Hund lernt, seine Blase zu kontrollieren und nur dann zu urinieren bzw. zu koten, wenn sein Mensch ihm dazu die Möglichkeit gibt. Häufig sieht ein Spaziergang allerdings dann wie im folgenden Beispiel aus:
Es geht los: Der Spaziergang beginnt ...
Kaum haben Frau Singer und Felix die Eingangstür des heimatlichen Grundstückes verlassen, hebt der Rüde am Tor das Bein. „Na sicher, er muss ja auch dringend, war er doch die letzten vier Stunden nicht draußen!“ denkt sich Frau Singer. Dann geht es weiter. Bis zum Park, in dem der Hund frei laufen darf, sind es noch einige Hundert Meter. Frau Singer setzt den Spaziergang fort, jedoch kommt sie nicht weit. Nach etwa 50 m schnuppert Felix interessiert am Zaun der Nachbarn, deren Hündin heute nicht im Garten ist. Auch hier hebt er noch einmal das Bein. Und so setzt sich der Weg fort. Für die kurze Strecke brauchen Frau Singer und Felix 10 Minuten, da er immer wieder ausgiebig schnüffeln und das Bein heben will. Frau Singer bleibt dabei immer stehen und wartet, bis Felix fertig ist. Schließlich muss er ja anscheinend wirklich! Dass Felix bei den letzten Stellen kaum noch Urin absondert, fällt ihr nicht auf.
Für Felix steht das „sich Lösen“ kaum im Vordergrund. Er zeigt vielmehr ausgeprägtes Markierverhalten, er uriniert über Markierungen anderer Rüden, um seinen Anspruch auf das Territorium zu verdeutlichen oder auch über die Lösestellen von Hündinnen, um Anspruch auf die Hündin zu erheben. Da sich Frau Singer die ganze Zeit anpasst und stehen bleibt, wenn ihr Rüde schnüffeln oder urinieren will, akzeptiert sie damit indirekt die von Felix gestellten Ansprüche. Das Markieren ist somit nicht nur an Artgenossen gerichtet, sondern auch an Frau Singer.
Nach dem Markieren wird imponierend mit erhobener Rute gescharrt.
Richtiges Verhalten mit angeleintem Hund
Natürlich muss ein Hund die Möglichkeit bekommen, sich nach einem längeren Aufenthalt in der Wohnung zu lösen. Hier bietet es sich z. B. an, einen Löseplatz im Garten einzurichten. Dieser sollte sich an einer strategisch unwichtigen Stelle befinden, also nicht direkt im Eingangsbereich oder an der Grenze zu einem Weg. Hat man keine Möglichkeit eines solchen Löseplatzes, sollte man eine ähnlich unstrategische Stelle in unmittelbarer Nähe der Wohnung finden. Der Hund sollte auf keinen Fall die Möglichkeit bekommen, den Eingangsbereich zu markieren. Besonders bei territorial veranlagten Hunden würde damit der scheinbare Besitzanspruch des Hundes hervorgehoben werden und territorial motivierte Aggressionsprobleme wie z. B. das Verbellen von Menschen und Hunden, die am Grundstück entlanggehen, erhöhen. Ein Hund kann also durchaus noch einige Meter laufen, bevor er sich lösen darf. Hat er sich gelöst, setzt der Mensch den Spaziergang weiter fort, ohne besondere Rücksicht auf den Hund zu nehmen. Der Mensch als agierender Part bestimmt nun die Strecke und die Geschwindigkeit, er bleibt nicht andauernd stehen, um auf seinen Hund zu warten. Auch ein unkastrierter Rüde kann lernen, seine Blase zu Beginn des Spaziergangs komplett zu entleeren. Möchte der Hund weitere Stellen markieren, kann man dies vermeiden, indem man um bekannte Markierstellen einen Bogen läuft und dem Hund so die Möglichkeit des Markierens nimmt, oder aber einfach in unvermindertem Tempo weiterläuft.
Freilauf im Park
Im Park angekommen, darf Felix frei laufen. Sofort schnüffelt er sämtliche für ihn interessante Stellen ab, markiert und scharrt danach mit allen vier Pfoten. Frau Singer beachtet er dabei kaum noch. Als diese ihn rufen will, reagiert der Rüde nicht. Er schnüffelt noch ausgiebig zu Ende und erst nach mehrmaligem Rufen dreht er sich gelassen um und schlendert langsam in Richtung Mensch. Felix geht im Freilauf seinem Bedürfnis nach, wichtige Stellen zu kontrollieren und zu markieren. Sein Mensch spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Die Rufe ignoriert Felix zunächst einmal bewusst. Er beendet seine begonnene Handlung und entscheidet somit selbst, ob und wann er zu seinem Menschen kommt. Das Signal führt er zudem bewusst langsam aus, damit zeigt er deutlich, dass die Ausführung für ihn keine große Rolle spielt.
Richtiges Verhalten beim Freilauf
Sich frei zu bewegen ist ein wichtiges...