3 Theoretische Grundlagen und Hinweise zurBalanced Scorecard
Im Bezug auf die geschilderte Problematik in Kapitel 2 dieser Arbeit, wird deutlich, dass bestehende Steuerungsinstrumente weiterentwickelt oder gegebenenfalls ausgetauscht werden müssen, um in dem immer schärfer werdenden Wettbewerb im Gesundheitswesen bestehen zu können. Es ist ein starker Bedarf an modernen Managementinstrumenten entstanden. Die Balanced Scorecard (BSC) ist eines davon. Innerhalb dieses Kapitels soll die Theorie der BSC dargestellt werden, um den Leser die Methodik, die sie beinhaltet, zu verdeutlichen.
3.1 Definition der Balanced Scorecard
Balanced Scorecards bilden ein Management-System, welches Ziele und Messgrößen aus unterschiedlichen Perspektiven zusammenführt und damit das Management mit dem für den Unternehmenserfolg im Wettbewerb notwendigen Instrumentarium versorgt. Sie übersetzen die Unternehmensmission und Unternehmensstrategie in ein übersichtliches System zur Leistungsmessung. Die Leistung wird als Gleichgewicht (Balanced) zwischen unterschiedlichen Perspektiven auf einer Anzeigetafel (Scorecard) angezeigt (Conrad, 2001, S.14).
3.2 Konzeption der Balanced Scorecard
Die Balanced Scorecard wurde Anfang der neunziger Jahre an der Harvard Business School von Robert S. Kaplan und David P Norton (1997, S VII-X) entwickelt. Anlass der Entwicklung war, dass sich die meisten Unternehmen einzig und allein auf die Finanzperspektive, die lediglich vergangene Ereignisse reflektiert, fokussierten und sich kaum mit anderen, nicht finanziellen Maßstäben auseinander setzten. Die Balanced Scorecard wurde dementsprechend aus einer ähnlichen Problematik heraus entwickelt, wie sie momentan im deutschen Gesundheitswesen zu finden ist (vgl. Kapitel 2.2.).
Das wesentliche Ziel der Balanced Scorecard ist es, Strategien so zu definieren, dass sie im operativen Handeln des Unternehmens umgesetzt werden können (vgl. Töpfer, 2000, S.165). Anhand der Mission, Vision und Strategie eines Unternehmens werden Ziele entwickelt, die den einzelnen Perspektiven der Scorecard (Finanz-, Kunden-, Prozess- und Entwicklungsperspektive) zugeordnet werden. Die Mission, das Leitbild eines Unternehmens, formuliert, wie das Unternehmen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden möchte. Die
Vision ist dabei das Leitziel eines Unternehmens, das heißt, die Vision klärt die Frage, was das Unternehmen in den nächsten Jahren erreichen will und dient dazu den Mitarbeitern die lang- und mittelfristigen Ziele eines Unternehmens zu verdeutlichen (vgl. Friedag & Schmidt, 2000, S. 91-93). Die Strategie hingegen beschreibt, mit welchen Aufwand und Mitteln diese Ziele erreicht werden sollen (vgl. Conrad, 2001, S.43). Um die Überwachung und Planung der strategischen Ziele zu gewährleisten, werden ihnen innerhalb der einzelnen Perspektiven finanzielle und nicht finanzielle Kennzahlen zugeordnet, die zur Überprüfung der festgesetzten Zielwerte dienen. So wird gewährleistet, dass der Erfolg der Strategie messbar und kontrollierbar ist.
Des Weiteren werden den einzelnen Zielen individuelle Maßnahmen zugeordnet, um die
Umsetzung der Strategie in konkrete Aktionen zu gewährleisten. Kaplan und Norton (1997,
222- 239) betonen immer wieder die Wichtigkeit dieses Aspekts. Ohne die Übersetzung der
Strategie in konkrete Aktionen verliert die gesamte Balanced Scorecard ihren Nutzen.
Die Ziele und Kennzahlen der Balanced Scorecard werden aus einem top-down Prozess hergeleitet (vgl. Kaplan & Norton, 1997, S.10). Abbildung 3.1 verdeutlicht dies. Hieraus wird erkenntlich, dass ein Unternehmen zunächst seine Vision und Strategie festgelegt haben muss, bevor überhaupt mit der Balanced Scorecard gearbeitet werden kann. Die Balanced Scorecard ist somit kein Instrument zur Strategiefindung, kann aber durch ihr Konzept durchaus helfen, die Strategie eines Unternehmens zu konkretisieren, umzusetzen und zu überwachen. Die Balanced Scorecard soll nicht als ein reines Kennzahlensystem, sondern als ein variables, strategisches Managementsystem verstanden werden, welches das Handeln einer Gruppe auf ein gemeinsames Ziel ausrichtet (vgl. Friedag & Schmidt, 2000, S.23- 27). Da der Begriff des Managementinstruments in der Betriebswirtschaftslehre sehr weit gefächert ist, ist die Balanced Scorecard auch als „strategisches Steuerungs-Kennzahlensystem“ definiert (vgl. Gladen, 2003, S. 203). Der Unterschied der Balanced Scorecard zu einem reinen Kennzahlensystem besteht im Wesentlichen darin, dass sie die Vision und Strategie eines Unternehmens in Ziele, Kennzahlen und konkrete Maßnahmen übersetzt. Die Kennzahlen sollen zur Formulierung und Kommunikation der Unternehmensstrategie dienen und nicht, wie sonst üblich, ausschließlich zur Bewertung vergangener Leistungen (vgl. Kaplan & Norton, 1997, 8-9 o. S.20-25).
Abbildung 3.1: Top- Down Prozess der Balanced Scorecard
(nach Klump & Zug, 2003, S.20)
3.3 Die vier klassischen Perspektiven der Balanced Scorecard
Die Balanced Scorecard besteht, wie vorgenannt, aus vier klassischen Perspektiven (vgl. Abb.
3.2). Diese vier Perspektiven sind jedoch nur als eine Art Schablone zu verstehen und nicht als starres Raster. Für einige Unternehmen kann es sinnvoll sein, zusätzliche Perspektiven hinzuzufügen, bestimmte Perspektiven abzuwandeln oder gänzlich auszulassen. Es sollte jedoch beachtet werden, dass das Zufügen neuer Perspektiven nur sinnvoll ist, wenn sie zum Erfolg der Geschäftsstrategien beitragen (vgl. Kaplan & Norton, 1997, S.34).
Den vier Perspektiven wird in der Scorecard die Aufgabe zugeteilt, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen allen relevanten Aspekten herzustellen, die zum Unternehmenserfolg beitragen. Die konkrete Auseinandersetzung mit den einzelnen Perspektiven bei der Ableitung von strategischen Zielen, Messgrößen und Zielwerten und strategischen Aktionen soll verhindern, dass bei der Ableitung und Verfolgung der Ziele zu einseitig gedacht wird (Horváth & Partner, 2001, S.26).
FINANZ PERSPEKTIVE
Abbildung 3.2: Perspektiven der Balanced Scorecard
( nach Kaplan & Norton,1997,S.9)
Die finanzielle Perspektive bildet den Ausgangspunkt der Scorecard. Die Verbesserung der finanziellen Leistung ist, so Kaplan und Norton (1997, S.46), oberstes Ziel eines Unternehmens. Somit dienen die Ziele und Kennzahlen der anderen Perspektiven zur Erreichung dieses (End-) Ziels. Alle Kennzahlen der Balanced Scorecard sollten zumindest zu einer finanziellen Kennzahl in Bezug stehen. Die Kennzahlen der finanzwirtschaftlichen Perspektive sind immer mit Rentabilität verbunden. Kennzahlen der Finanzperspektive können z.B. Cashflow und Eigenkapitalrendite sein.
Die finanziellen Kennzahlen müssen in Bezug zur Strategie stehen, das heißt sie müssen aufzeigen, ob die Leistungen erreicht werden, die von der Strategie erwartet werden (vgl. Kaplan & Norton, 1997, S.46-49).
Auch wenn Kaplan und Norton darauf hinweisen, dass nur die Betrachtung der finanziellen Perspektive nicht ausreicht, um ein Unternehmen langfristig zum Erfolg zu führen, kann auf diese Perspektive doch nicht verzichtet werden. Kein Unternehmen kann langfristig überleben,
ohne die Finanzen zu berücksichtigen. Welche strategischen Ziele bezüglich der
Finanzperspektive relevant sind, ist jedoch unternehmensabhängig.
Die Kundenperspektive beschäftigt sich mit den Anforderungen und Wünschen der Kunden. Dies ist notwendig, da die Erreichung der finanziellen Ziele abhängig vom Verhalten des Kunden ist (vgl. Horváth & Partner, 2001, S.27). Die Umsätze, die durch Verkauf von Produkten und/oder Dienstleistungen erwirtschaftet werden dienen, somit zur Erfüllung der finanzwirtschaftlichen Ziele.
Neben der Ermittlung der Kundenanforderung hat die Kundenperspektive die Aufgabe Marktsegmente zu identifizieren, in denen sich das Unternehmen verstärkt positionieren will. Somit hat die Kundenperspektive zwei Sichtweisen. Zum einem setzt sie sich mit der Frage auseinander, wie der Kunde das Unternehmen sehen soll und zum anderen mit der Fragestellung, welche Kundengruppen das Unternehmen gewinnen möchte (vgl. Horváth & Partner, 2001, S.37).
Typische Kennzahlen der Kundenperspektive sind unter anderen Kundentreue, Kundenzufriedenheit und...