Know How
»Haben Sie auch Erdbeerjoghurt, bitte sehr?«
»Helle, dunkle, süße Sojasauce. Rote, grüne, gelbe Currypaste. Hundertjährige Eier. Und Soba. Getrockneter Seetang. Und Udon. Galgant. Kaffir-Limetten. Pak-choi. Und: Hilfe! Bitte!! Weil ich wollte doch eigentlich nur was Asiatisches kochen, und jetzt stecke ich fest im Urwald der Regale. Wie komme ich hier nur wieder raus, ohne zu verhungern? Das schaff’ ich nie.«
Wirklich nicht? Stell’ dir mal vor, einer ist aus China und steht hier beim deutschen Kaufmann vor der Kühltheke: Vollmilch, Magermilch, Buttermilch. Und Quark. Crème fraîche, Hüttenkäse, Mascarpone. Und Erdbeerjoghurt! Ein Chaos für den Chinesen, der Milch als Lebensmittel nicht kennt und Erdbeeren eher auch nicht. Für uns Mitteleuropäer ist’s aber ein Durchmarsch, weil wir sind damit groß geworden wie der Chinese mit der Sojasauce. Unser Zusatzplus: Curry, Soja und Limette kennen wir oft auch noch. Sieht dann ja gar nicht so schlecht aus mit unserem künftigen Durchblick im Asien-Laden-Dschungel. Also auf zur Expedition ins Exoten-Regal.
Exotisch einkaufen
Die fünf goldenen Regeln der Erkenntnis für einen erfolgreichen Weg durch den Asien-Laden.
Neulich vor dem Essenmachen: »Ok, ich steige mal mit der Frühlingsrolle in die Asien-Küche ein. Weil ich die schon kenne, und ich weiß, wo die Reise hingeht. Der Einkaufszettel steht: Zucker, Salz und Öl zum Frittieren hab ich noch. Chilischoten, Knoblauch, Frühlingszwiebeln, Schnittlauch und Garnelen bekomme ich im Supermarkt, vielleicht auch noch Limetten, vielleicht sogar Glasnudeln und Fischsauce.«
1. Erkenntnis
Beginne mit dem Vertrauten. Der erste Schritt ist immer der wichtigste, und deswegen sollten die Stufen nicht zu hoch sein. Die Steigerung fällt dann um so leichter.
»So, das hätten wir. Was brauchen wir noch? Frühlingsrollenblätter, hellen Reisessig, Chiliöl. Hab ich alles hier noch nie gesehen. Mal überlegen … Das könnte es im Asia-Laden vom Herrn Li aus Hongkong und der Frau Ling aus Bangkok geben. Da gehe ich jetzt als Nächstes hin.«
2. Erkenntnis
Wisse, wo du bist und wohin du willst. Bist du in der Großstadt, finde den Asien-Laden deines Vertrauens – das können mehrere kleine Spezialisten oder ein gut sortierter großer Shop sein. Bist du in der Kleinstadt, hast du beim Laden selten die Wahl, kannst aber bei dessen Auswahl mitbestimmen – in dem du oft dort kaufst und dir auch mal etwas besorgen lässt. Bist du auf dem Land, lege dir bei Großstadtbesuchen oder per Versand einen Asian-Basic-Vorrat an (auch Reformhäuser und Bio-Läden bieten einiges) und nutze dazu die Frische der dir hier gegebenen Zutaten – ganz wie die Asiaten.
»Na endlich hab ich den Laden gefunden. Mann, ist das bunt hier. Die reinste Pop-Art, dieses Flaschenregal. Was da wohl alles drin ist? Ach weiß der Wokker, schließlich bin ich ja kein Apotheker. Da hinten bei den Reissäcken sieht’s ja ziemlich wild aus, und hoppla, der Dosenstapel wär’s jetzt fast gewesen. Was ist denn das? Eierkoks? Aha, hundertjährige Eier, soso, naja. Was wollte ich jetzt noch schnell hier …?«
3. Erkenntnis
Lebe ganz in dem Moment. Stecke deine Nase rein ins ganze Asien, sehe das Grelle und höre das Stille, spüre seine Heilkraft und schmecke seine Geheimnisse, akzeptiere die Ordnung wie das Chaos – aber werde nicht besinnungslos dabei.
»Nun haben wir fast alles. Nur noch der helle Reisessig fehlt. Hm, hier sehe ich nur dunklen. Heller wäre besser. Oder was meinen Sie, Herr Li? Sie haben hinten noch ein Fläschlein, extra für Kenner? Gerne nehme ich das.«
4. Erkenntnis
Frage, frage, frage. Nur so wirst du weiser. Und zeige mit deinen Fragen in Demut ein Stück deiner Weisheit. Das verschafft Respekt und die besseren Zutaten.
»Oh, Sie haben ja auch Frühlingszwiebeln, Frau Ling. Wieso räumen Sie die jetzt weg? Nicht mehr schön? Ok, geh ich zum Türken. Ob der auch Schnittlauch hat? Haben Sie? Asiatischen? Steht im Rezept zwar nix von, aber feiner ist er bestimmt. Und was ist das für eine Flasche? Chrysanthemenwein, aha. Nehm ich mal mit zum Probieren.« Und nun: Der Appetit sei mit euch.
5. Erkenntnis
Baue auf die Erfahrung. Denn nur dann kannst du das Vertraute verlassen. Herr Li und Frau Ling sind keine deutschen Fleischereifachverkäufer, sondern Leute aus Ländern, in dem Kochen und Essen alles ist, alltags wie feiertags. Und weil sie damit auch noch ihr Geld verdienen, wissen sie besonders viel darüber und teilen dieses Wissen auch gerne. Gehe also davon aus, dass die im Asien-Laden dir am besten sagen können, was gut ist. So sollten lieber die frischen Frühlingszwiebeln vom Türken in die Frühlingsrollen als die nicht mehr ganz so schönen vom Asiaten. Und statt des altbekannten Schnittlauchs aus Europa auch einfach mal asiatischen verwenden. Immer gut und weise: bei jedem Einkauf etwas mitnehmen, das man noch nicht kennt und dann zu Hause experimentieren. Und nun: Sei nett zu Li und Ling, dann sind sie es auch zu Dir.
Der Asian-Basic-Vorratsschrank
Das Einstiegsmodell – erweiterbar von Größe S bis XL.
Wer asiatisch kochen will, für den steht der Kühlschrank vor der Haustür. Gemeint ist der Gemüsehändler mit Kühlhaus und regelmäßigem Nachschub. Denn dort sind wir ab jetzt täglich – wie die Thai-Köchin auf dem Gemüsemarkt. Weil Frische ist Asiens allerwichtigste Zutat. Nur, wie schafft es die Thai-Köchin dann alles noch für den Wok zu schnippeln? Und wie schaffen wir das erst? Machen wir es wie alle Asiaten. Lassen wir das Saucenköcheln und setzen wir auf Fertigprodukte. Ja: Sojasauce, Miso-Paste, Kokosmilch, Nori-Blatt – alles Fertigprodukte, die der Frische feinste Würze geben.
Weil man diese Fertigprodukte nicht gleich alle besitzen muss, haben wir einen erweiterbaren Vorratsschrank entwickelt. Mit Größe S für die, deren Küche Asiatisches kaum kennt. Erweiterbar auf M für jene, die es wissen wollen. Größe L für Fans, die genau wissen, was sie wollen. Und XL für die, die wirklich alles wissen möchten.
Allerdings: In Asien ist der Liter Sojasauce oder die Kokosmilch im Handumdrehen weg, bei uns dauert es meistens etwas. Deswegen: lieber kleine Mengen nehmen. Und nichts Angebrochenes in Dosen lassen, sondern umfüllen, dann hält es länger.
Noch was: Wer außer Kochbüchern auch Zeitung liest, weiß, dass in Asien nicht alles Zen ist. Stichworte sind Umweltschutz, Tierschutz, Kinderschutz, Menschenrechte. Einige Lebensmittel werden dort nach Regeln produziert, die wir schon lange nicht mehr gut finden. Also ruhig auch mal beim Teehändler und der Bio-Frau vorbeischauen, wenn es was Asiatisches geben soll.
Alles, was man in der Asia-Küche vom Ankick bis zur Meisterschaft braucht und noch nicht im Vorratsschrank hat.
(Hält bis… = so lange bleibt’s frisch und schmeckt.)
S wie
»Sonst geht nichts«
Chilisauce, süße: weniger zum Kochen als zum Dippen. Gut in Salatsauce. Hält geöffnet und gekühlt mindestens 1 Jahr. Hausgemachte Chilisauce auf >.
Duftreis: ist Standardbeilage. Luftdicht im Dunkeln (ab und zu belüften) aufbewahren, dann hält er knapp 6 Monate.
Fischsauce: hält geöffnet und gekühlt 1 Jahr.
Gewürze: Koriander, Kreuzkümmel (Cumin) und Kurkuma (Gelbwurz) stellen mit Nelken, Muskat und Anis die Grundausstattung – aus der auch Currypulver oder -paste werden kann (>, sonst geht auch die Fertigmischung zum Start). Halten im Dunklen luftdicht verpackt im Ganzen 1 Jahr, gemahlen 6 Monate.
Kokosmilch: Reste umfüllen, kühlen und innerhalb von 1 Woche verbrauchen. Hausgemachte Kokosmilch auf >.
Nudeln für Standards: z.B. chinesische Eiernudeln zum Wokken. Halten luftdicht verpackt im Dunkeln 1 Jahr.
Palmzucker: eingekochter, getrockneter Fruchtsaft spezieller Palmen Asiens. Brauner schmeckt karamellig-lakritzig und weniger süß als goldgelber Palmzucker. Toll in Dips mit Fischsauce oder Saucen mit Kokosmilch. Hält luftdicht verpackt fast ewig.Ersatz: brauner Zucker.
Reisessig: wird aus vergorenem Reiswein gewonnen. Gibt es hell und dunkel. Je nach Vorliebe auswählen: dunkler ist gereifter und damit aromatischer als heller. Japanischer ist oft süßer als chinesischer. Ersatz: Sherry- oder Apfelessig, eventuell mit etwas Wasser verdünnt.
Reiswein: hält geöffnet und gekühlt 1 Jahr.
Sesamöl: hält geöffnet im Dunkeln 1 Monat.
Sojasauce für alle Zwecke: geöffnete kühlen, möglichst innerhalb von 2–3 Monaten verbrauchen (der Geschmack verändert sich bald).
Tee für alle Tage: je nach Vorliebe grüner oder schwarzer aus China, Indien oder von Sri Lanka. Lieber im Tee- oder Bio-Geschäft als im...