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Auditive Wahrnehmungsstörungen und Schule: Ursachen - Symptome - Folgen

AutorKai Strepp
Verlagdisserta Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl186 Seiten
ISBN9783954255177
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Auditive Wahrnehmungsstörungen können sich vielfältig im privaten, schulischen und beruflichen Bereich äußern. Schwierig zu Beginn ist oft deren Diagnose, denn diese grenzen sich vom reinen Hörvermögen ab und werden deswegen häufig nicht vom HNO-Arzt erkannt. Unbemerkt ergeben sich dann häufig Schwierigkeiten im sozialen Umfeld. In diesem Buch wird dargestellt, inwieweit sich auditive Wahrnehmungsstörungen darstellen und auf den schulischen Bereich auswirken können.

Kai Strepp wurde 1977 in Göppingen geboren. Seinen akademischen Grad eines Diplom-Pädagogen (PH) erreichte er im Jahr 2006. Das Vorhaben zum Verfassen dieses Werkes kam, als er am Ende seines Studiums selbst die Diagnose der auditiven Wahrnehmungsstörungen bekam. Kai Strepp arbeitet heute als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in eigener Praxis im schwäbischen Ochsenhausen.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 4., Wahrnehmung: Das Essen eines Apfels ist ein ganz banaler Vorgang. Unter einer kleineren oder größeren Auswahl greift man sich ein bestimmtes Exemplar, das einem besonders frisch, knackig, saftig und somit appetitlich erscheint. Man greift sich jenes Exemplar, das durch seine Rundung, Symmetrie und Farbigkeit - bei einem Granny Smith grün leuchtend - ins Auge sticht. Man ergreift diesen Apfel, umfasst ihn mit seiner Hand, reibt ihn vielleicht noch kurz an seinem Ärmel, damit der Glanz perfekt wird, führt ihn anschließend zum Mund und beißt hinein. Man spürt den Gegendruck der Schale sowie das anschließende Nachgeben, wenn man zubeißt, das appetitanregende Knacken. Das Spritzen und Auslaufen des Saftes regt den Speichelfluss an. Dann erspürt die Zunge das abgebissene Apfelteil, führt dieses in die Backenseiten, wo es von den Backenzähnen zerbissen und zerkleinert wird. Damit die zermanschten Reste nicht aus dem Mund fallen, werden die Teilchen immer wieder mit der Zunge zurückgelenkt, um abschließend über den Akt des Schluckens, hinunter durch die Speiseröhre, in den Magen und den Verdauungstrakt gelangen. Während dieses Vorgangs sitzt man gemütlich auf einem Stuhl, die Beine locker übereinander geschlagen, rückt geschmeidig auf dem Stuhl ein wenig hin und her, bis die optimale Position gefunden ist und lauscht der Musik aus dem Radio. Man ist völlig entspannt, fühlt Zufriedenheit und lässt seine Gedanken kreisen. Sinnliche Wahrnehmung ist unser Tor zur Welt. Sie ermöglicht uns, die Welt zu begreifen, sich in ihr zurecht zu finden und mit ihr zu agieren. Über unsere Sinnesorgane erfahren wir die Welt. Durch die Sinne können wir andere Lebewesen und Gegenstände hören, sehen, riechen, schmecken und fühlen. Unsere Sinne bestimmen unsere Eindrücke über unsere Umwelt und bestimmen damit unser Handeln, Fühlen und Denken, das uns wie selbstverständlich unser ganzes Leben begleitet. Mit Hilfe unserer sinnlichen Wahrnehmung können wir Gegenstände, Orte, Ereignisse, Oberflächen, Nahrungsmittel usw. identifizieren, in ihrem Zusammenhang erkennen und damit umgehen. Aus diesen sinnlichen Informationen gewinnen wir unsere Motivation und unser Handeln erhält dadurch seine Bedeutung. Nur durch unsere sinnliche Wahrnehmung sind wir in der Lage, ein grundlegendes Koordinationssystem aufzubauen, eine kognitive Landkarte zu entwickeln, die es uns ermöglicht, uns räumlich zu orientieren und unsere Bewegung im Raum und Zeit zu steuern. Dies geschieht, noch bevor wir Sprache verstehen, bevor wir uns sprachlich mitteilen können, im frühen Säuglings- und Kindesalter. Des Weiteren ermöglicht unsere Wahrnehmung unsere soziale Kommunikationsfähigkeit, einschließlich unserer Sprache. Unserer Wahrnehmung ist ,... die Nahtstelle zwischen innen und außen, zwischen dem Menschen und der Welt.' [ZIMMER 1999:15] All dies läuft nebenher, scheinbar mühelos. Wir handeln und interagieren mit unserer Umgebung, mit Personen und Gegenständen und finden vor allem auch durch unsere sinnliche Wahrnehmung erst ein Verständnis für uns selbst. Wenn wir dagegen Probleme haben, uns im Alltag zurecht zu finden, handeln wir ,sinnlos', wir sind nicht mehr ,bei Sinnen' - um nur einige Beispiele zu nennen. Obwohl wir uns im Alltag kaum mit der Bedeutung unserer sinnlichen Wahrnehmung beschäftigen, schlägt sich ihre fundamentale Bedeutung für uns in der Sprache nieder. So gibt es zahllose Begriffe, Floskeln, Phrasen und Sprichwörter, die sich mit unseren Sinnen beschäftigen, diese beschreiben und ihre Bedeutung für uns darstellen. Lange Zeit war man der Ansicht, dass Wahrnehmung als passiver Vorgang gleichzusetzen sei mit der reinen Aufnahme von Reizen aus der Umwelt. Heute weiß man, dass es sich nicht um ein passives Aufnehmen von Reizmustern handelt, sondern dass der Mensch über aktive Gestaltung und Manipulation seiner Umwelt sich seine Umwelt handelnd aneignet. Dabei spielen die Aufmerksamkeitsprozesse eine entscheidende Rolle [BARTH 1997]. Indem wir als Kinder mit unserer Umwelt spielerisch erprobend umgehen, sensibilisieren wir unsere Sinnesorgane [ZIMMER 1995] und beginnen damit einen aktiven Such- und Konstruktionsprozess [BARTH 1997]. Damit unsere Umwelt für uns begreiflich und fassbar wird, muss man sich mit Ursache und Wirkung auseinandergesetzt haben. Mittels unserer Sinne sind wir in der Lage, zu erkennen, wie wir auf die Umwelt wirken und umgekehrt. Daraus ergibt sich unsere Wirklichkeit [AFFOLTER 1995]. Die Folge eines Nicht-Nutzens der Sinne haben Experimente der NASA gezeigt [KÜKELHAUS 1991]: Astronauten wurden in erschütterungsfreie Bassins gelegt, jegliche Sinnesinformation wurde weitestgehend eingeschränkt durch absolute Licht- und Lautlosigkeit. Das Wasser hatte Körpertemperatur und der Körper war in Watte gepackt. Die Experimente mussten bereits nach 10-15 Minuten abgebrochen werden, da es neben dem Auflösen von Raum- und Zeitvorstellungen und dem Einsetzen von Illusionen auch zu Funktionsstörungen des Zwischenhirns kam, so dass die Versorgung mit Hormonen nicht mehr gewährleistet war. Des Weiteren kam es zu einer sprunghaften Vermehrung der weißen Blutkörperchen, so dass der Zustand lebensbedrohlich wurde. Kapitel 4.1 Definition der Wahrnehmung: Eine Definition der Wahrnehmung liefert uns ZIMMER (1999:32): ,Unter Wahrnehmung versteht man den Prozess der Informationsaufnahme aus Umwelt- und Körperreizen (äußere und innere Wahrnehmung) und der Weiterleitung, Koordination und Verarbeitung dieser Reize im Gehirn. In diesen Prozess gehen individuelle Erfahrungen, Erlebnisse und subjektive Bewertungen ein. In der Regel folgen der Aufnahme und der Verarbeitung von Informationen Reaktionen in der Motorik oder im Verhalten eines Menschen, die wiederum zu neuen Wahrnehmungen führen.' Eine ähnliche Definition lautet [ARNOLD et al, 1987]: 'Die Wahrnehmung ist eine psychologische Funktion, die dem Organismus (mittels spezifischer Einrichtungen, der Sinnesorgane) die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen betreffs Zustand und Veränderungen der Außenwelt ermöglicht.' Es gibt zahlreiche Theorien zur Wahrnehmung. Schon die Griechen unternahmen den Versuch, das Phänomen der Wahrnehmung zu begreifen und zu beschreiben. Historisch gesehen entstand das Interesse an der Theorie der Wahrnehmung aus dem Verlangen heraus zu erkennen, ob das Wissen über die Welt auf Grundlage von Informationen, die wir über unsere Sinne erhalten, überhaupt zu rechtfertigen sei [MAUSFELD, 2005]. Die Theorien der Wahrnehmung reichen dabei von Elementarismus über Zeichen- und Gestalttheorie, von funktionalistischen und ökologischen Perspektiven hin zu kognitivistischen und computerorientierten Ansätzen. Zu diesen Theorien heißt es bei ARNOLD et. Al. (1987) 'Die ... Theorien haben, trotz zahlreicher Überschneidungen, bestenfalls 'lokalen' Charakter. Bestenfalls stehen gegenwärtig einige Teilerklärungen zur Verfügung, die zwar selten widersprüchlich, meist aber unvollständig sind. Sie vermitteln zwar einige Eindrücke über Wahrnehmungsmöglichkeiten und Wahrnehmungsentwicklung des Individuums, aber in keiner Weise vermögen sie ein angemessenes Bild oder Modell des wahrnehmenden und funktionierenden Organismus zu verschaffen'. Oder, wie ein kluger Kopf (leider ist dieser unbekannt) einmal formulierte: 'Wenn unser Gehirn so einfach wäre, dass wir es verstehen könnten, wären wir so einfach, dass wir es nicht könnten'.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Auditive Wahrnehmungsstörungenund Schule: Ursachen - Symptome - Folgen1
Inhalt3
1 Einleitung5
2 Aufbau und Funktionsweise des Hörorgans8
2.1 Das Außenohr8
2.1.1 Aufbau und Anatomie8
2.1.2 Funktion9
2.2 Das Mittelohr10
2.2.1 Aufbau und Anatomie11
2.2.2 Funktion13
2.3 Das Innenohr14
2.3.1 Aufbau und Anatomie14
2.3.2 Funktion16
3 Die Entwicklung des Hörorgans und Hörentwicklung18
3.1 Die Entwicklung des Hörorgans während der Schwangerschaft18
3.2 Hörentwicklung während der Schwangerschaft20
3.3 Die Hörentwicklung während der ersten sechs Lebensjahre22
3.3.1 Säuglingsphase (0. Monat bis 2. Lebensjahr)23
3.3.2 Sensible Kleinkindphase (2. – 6. Lebensjahr)25
3.3.3 Schulkindphase25
4 Wahrnehmung27
4.1 Definition der Wahrnehmung29
4.2 Der Aufbau unseres Wahrnehmungssystems30
4.3 Der Wahrnehmungsprozess40
4.4 Auditive Wahrnehmung43
4.5 Modelle der auditiven Wahrnehmung46
4.5.1 Auditive Wahrnehmung nach Esser46
4.5.2 Auditive Wahrnehmung nach Günther & Günther47
4.5.3 Auditive Wahrnehmung nach Lauer48
4.5.4 Auditive Wahrnehmung nach Rosenkötter49
5 Leistungen der auditiven Wahrnehmung51
5.1 Funktionen der auditiven Wahrnehmung52
5.2 Die Teilfunktionen der auditiven Wahrnehmung52
6 Auditive Wahrnehmungsstörungen70
6.1 Ätiologie72
6.2 Häufigkeit74
6.3 Teilfunktionsstörungen75
7 Auditive Wahrnehmungsstörungen im schul-relevanten Kontext90
7.1 Lernschwierigkeiten am Schulanfang91
7.2 Lern- und Entwicklungsstörungen als Teilleistungsstörungen93
7.3 Teilleistungsstörungen als Folge auditiverWahrnehmungsstörungen95
7.3.1 Mitarbeit und Verhalten95
7.3.2 Reduziertes Selektionsvermögen/Störschall-Nutzschall98
7.3.3 Motivation, Konzentration und Aufmerksamkeit99
7.3.4 Auditives Gedächtnis100
7.3.5 Lern- und Leistungsvermögen101
7.3.6 Rechtschreib- und Leseleistung102
7.3.7 Emotionalität104
7.3.8 Sozialverhalten/Einbindung in die Klasse105
8 Darstellung der eigenen Untersuchung106
8.1 Methodisches Vorgehen106
8.1.1 Differenzierungsprobe II von Breuer und Weuffen106
8.1.2 Fragebogen109
8.1.3 Auswertung der Daten110
8.2 Auswertung der Stichprobe111
8.2.1 Fragestellung und Hypothesen111
8.2.2 Ergebnisse115
9 Diskussion134
9.1 Zusammenfassung134
9.2 Resümee135
9.3 Ausblick137
ANHANG - TABELLEN139
Fragebogen171
Protokollbogen Differenzierungsprobe II173
Literaturliste174

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