2.1 Handlungsfelder
Nicht alle Vorgesetzten prägen den Umgang mit ihren Mitarbeitern, indem sie persönlich Macht ausüben. Die hierarchischen Unternehmensstrukturen begünstigen jedoch räumliche und menschliche Distanz. Die Tatsache, dass der Chef häufig in einem abgeschotteten Büro sitzt und ein Mitarbeiter zunächst bei der Sekretärin Erkundigungen über den richtigen Zeitpunkt für eine Besprechung, und sei sie noch so kurz, einholen muss, fördert nicht gerade eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und verzögert oft wichtige unternehmerische Entscheidungen.
Mitarbeiterorientierte Führung bedeutet, von der hierarchisch zugewiesenen Macht keinen Gebrauch zu machen, d. h. den Mitarbeiter nicht durch Machtdeklaration zu einem bestimmten Verhalten oder Arbeitspensum zu zwingen. Es wäre wiederum so einfach, Verantwortung zu delegieren, brächte dem Chef Arbeitserleichterung und für den Mitarbeiter höhere Zufriedenheit mit seinem Job. Aber dafür müssten Manager Prioritäten setzen, ihre Arbeit so organisieren, dass Wichtiges von Unwichtigem unterschieden wird. Werden Prioritäten umgesetzt, hat das zur Folge, dass nicht delegierbare, dringende Aktivitäten vom Vorgesetzten selbst zügig angegangen, aufschiebbare Tätigkeiten vertagt und delegierbare Aufgaben in die Hände mündiger Fachkräfte gelegt werden. Auch wenn sie die Anforderungen am Anfang noch nicht ganz erfüllen – dann müssen sie sich diese Kompetenzen erarbeiten! Dieses selbstverantwortliche Handeln eines jeden Mitarbeiters setzt natürlich einen Manager voraus, der sich nicht für unentbehrlich hält und sowieso alles besser weiß. Er muss von allen fachlich und persönlich akzeptiert werden. Der Vorgesetzte sollte selbst konstruktive Kritik üben und von den Mitarbeitern kritisiert werden können. In Krisenzeiten unterstützt er sein Team mental. Tut er das nicht, ist er nur ein Kästchen im Organigramm.
Es ist also Ihre Aufgabe als Nachwuchsmanager, ein Klima im Unternehmen zu schaffen, in dem sich Abteilungsmitglieder entfalten können. Dieser gewonnene Gestaltungsspielraum für Mitarbeiter eröffnet Potenzial für individuelle Problemlösungen. Freiraum bedeutet in diesem Fall, selbstbewusst veraltete Arbeitsabläufe zu durchbrechen und neue Wege zu gehen. Doch dafür gibt es keine Erfolgsgarantie! Vorgesetzte, die bei kreativen Ideen ihrer Mitarbeiter auf die Uhr schauen, weil sie schnelle Resultate erwarten, blockieren die Dynamik innovativer Prozesse. In diesem Punkt sind alle Chefs angesprochen – nicht nur jene in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Für die dort beschäftigten Fachkräfte gehören Produkt- und Verfahrensverbesserungen zum Alltag, während dies bei anderen Produktions- und Verwaltungsmitarbeitern leider eher die Ausnahme ist. Angestellte in der Verwaltung fragen sich, was ihnen das Nachdenken bringt, wenn sich sowieso nichts auf ihre Vorschläge hin ändert. An diesem Punkt müssen sich Jungmanager mit ihrer ganzen Persönlichkeit dafür einsetzen, dass ein Funke überspringt. Die Nachwuchskraft tritt den Mitarbeitern auf Augenhöhe gegenüber und schafft so Vertrauen. Alle Abteilungsmitglieder müssen spüren, dass ihr »Partner« es ernst meint. Vertrauen wächst nur über einen längeren Zeitraum. Ist dieses kooperative Verhältnis aufgebaut, entsteht Kreativität von selbst, denn sie ist Folge des individuellen Freiraumes, den sich alle Mitarbeiter wünschen. In diesem Umfeld ist das Wort »Fehler« als eine normabweichende Verhaltensweise unbekannt. Führt eine gewählte Strategie nicht zum Erfolg, erwächst daraus zumindest ein Lerneffekt. Dieses Lernen stellt Normen permanent infrage – mit dem Ziel, Kunden und Mitarbeiter zufriedenzustellen. Angstgefühle verhindern Ideenproduktion, die Eigendynamik aller Unternehmensmitglieder eröffnet jedoch Wachstumshorizonte – sowohl im quantitativen wie auch im qualitativen Sinne!
Kooperativer Führungsstil
Um kooperativ zu führen, müssen Manager erst einmal wirkliche Verantwortung für ihren Job empfinden und ihren Mitarbeitern mit Achtung begegnen. »Das hört sich plausibel an«, werden Sie denken. Für autoritäre Chefs sind diese Ideale fixe Ideen. Da sie keine Visionen haben, verspüren sie keinen Handlungsbedarf. Viele Führungskräfte haben verlernt, auf ihre Mitmenschen zuzugehen und sie zu respektieren. Zweifel bezüglich ihres persönlichen Wertes im Unternehmen kommen hinzu. Aber wovor verstecken sich Chefs eigentlich, die Macht so gern ausüben und welche Formen von hierarchischen Gebärden verbergen sich im »Nähkästchen«?
Werden Informationen vorenthalten, ist das eine Machtdemonstration. Wird man nicht über Umsatz- und Ergebnisentwicklung, Marktstrategien, Produktentwicklungen und -verbesserungen oder Investitionsentscheidungen in Kenntnis gesetzt, kann man keinen unternehmerischen Weitblick demonstrieren. Oder hat der Herr Abteilungsleiter – Frauen sind auf dieser Ebene leider noch selten zu finden – vielleicht Angst vor größerer Kompetenz seiner Mitarbeiter und igelt sich deswegen in seinem Machtbunker ein? Die Frage lautet, ob ein Manager die Aufgaben seiner Fachkräfte genauso gut erledigen können muss. Wenn er sich als Generalist, als Partner seiner Mannschaft, versteht wohl kaum! Vertrauen ersetzt dann die Gewissheit, seine »Untergebenen« jederzeit vertreten zu können. Ein Abteilungsleiter als Duplikat seiner Mitarbeiter wird seiner Managementaufgabe nicht gerecht. Statt strategische Unternehmensziele umzusetzen, verzettelt er sich in Alltagsroutine. Nachwuchsmanager hingegen delegieren die volle Entscheidungskompetenz an ihre Mitarbeiter und setzen Visionen mit ihrem Team um.
Hierarchischer Führungsstil
Welche Rolle will also ein Hierarch als Führungskraft künftig spielen? Gibt er Aufgabenstellungen vor und kontrolliert deren exakte Erledigung? Oder versteht ein Manager sich auf Augenhöhe mit seinen Mitarbeitern und als ihr Partner? Dann informiert und koordiniert er und gibt vielleicht Denkanstöße und Hilfestellung, achtet die Abteilungsmitglieder jedoch als eigenständige Problemlöser. Werden innovative Prozesse oder Strukturen von Fachkräften initiiert, wird er selbst als Koordinator die Verbindung und Abstimmung mit höheren Hierarchieebenen gewährleisten – falls diese in Zukunft überhaupt noch existieren. Verweigert sich der traditionell handelnde Manager den künftigen Anforderungen, kann er die Entwicklung seines Unternehmens nur noch der Presse entnehmen oder ist mit ihm vom Markt gefegt worden.
Häufig können sich Mitarbeiter des Eindrucks nicht erwehren, dass bei Chefs der persönliche Erfolg vor dem Unternehmenserfolg rangiert. Die fetten Wachstumsjahre haben nicht nur die Hierarchieebenen bzw. deren Kosten wachsen lassen, sondern auch das Machtgehabe der Manager. Wie soll sich der Vorgesetzte sonst gegen Einflüsse von außen schützen? Machtdemonstrationen als Schutz der Eigeninteressen, die häufig mit dem Festhalten am Status quo einhergehen. Umdenken würde eine Flexibilität erfordern, die Hierarchen nicht mehr erbringen wollen – sie sind im Traditionsstaub erstickt. Es ist eben viel einfacher, Probleme, die eigentlich Chefsache sind, an Mitarbeiter zu delegieren. Wie der Betroffene damit umgeht, ob er die notwendige Qualifikation hat, das interessiert diesen Managertyp weniger! Ergebnisse werden abgefragt und »Fehlleistungen« sanktioniert. Den Erfolgsmaßstab, den sie für ihre Mitarbeiter anlegen, sollten Altmanager auch auf sich beziehen.
Die in den letzten Jahren öfter vereinbarten variablen, von der persönlichen Leistung und vom Unternehmenserfolg abhängigen Gehaltsbestandteile verwundern immer noch viele Hierarchen. »Nun soll auch noch nach Leistung und nicht nur ausschließlich nach Position und Titel bezahlt werden.« Die konkrete Bewertung ihrer individuellen Arbeitsergebnisse – gemessen an vereinbarten Zielen – durch den Ranghöheren löst dann bei Altmanagern akute Verunsicherung aus. Mit allen Mitteln werden die Unbelehrbaren unter ihnen gegen die Erfassung ihres Beitrages zum Unternehmenserfolg zu Felde ziehen. Ihrer Meinung nach schadet Transparenz der vermeintlichen Profilierung. Die Leistungsbewertung von Führungskräften – verbunden mit finanziellen Auswirkungen – sollte zum Standard in allen Firmen erhoben werden. Sie ist eine erste Chance, überholte Strukturen und Denkweisen systematisch aufzulösen. Diese Vorgehensweise erfordert natürlich ranghöhere Vorgesetzte, die ausgetretene Pfade verlassen und neben quantitativ messbaren Zielen auch Qualitätsmaßstäbe hinsichtlich kooperativer Führung, Kritik- und Teamfähigkeit oder Mitarbeiterförderung setzen. Dazu müssen Manager sich auch gegen die Interessen anderer Kollegen durchsetzen. Hoffentlich kommt der heutige Führungsnachwuchs auf diesen Ebenen bald an! Da Unternehmenshierarchien immer flacher werden, wird dieser Wunsch sich bald erfüllen.
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