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Die Ergebnisse der Stiftungsbefragungen
Um Verbesserungspotenziale für die Stiftungsarbeit aufzudecken, wurde anhand zweier Befragungen der Umgang mit Fehlern in deutschen Stiftungen in den Blick genommen. Folgende Fragen wurden der Untersuchung zugrunde gelegt:
| Selbstverständnis: Wie beurteilen Stiftungsvertreterinnen und -vertreter die Fehlerkultur ihrer Organisationen? |
| Fehlerkulturen in der Praxis: Wie wird in Stiftungen mit Fehlern umgegangen? |
| Fehler als Herausforderungen: Welche Bereiche der Stiftungsarbeit werden als besonders fehleranfällig eingeschätzt? |
Den Ausgangspunkt der Studie bildeten ausführliche Recherchen zum aktuellen Stand der Forschung im Herbst 2012. Anschließend wurden eine qualitative sowie eine quantitative Befragung durchgeführt. Eine Definition von „Fehler“ – wie sie zum Beispiel im zweiten Kapitel beschreiben wurde – wurde sowohl bei den Experteninterviews als auch bei der Online-Befragung bewusst nicht vorgegeben, um die Äußerungen bzw. Antworten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht im Vorfeld zu beeinflussen.
Im Zeitraum von Mitte September bis Mitte November 2012 wurden 19 leitfadengestützte Experteninterviews mit ausgewählten Stiftungsvertreterinnen und -vertretern geführt. Die Auswahl der Interviewpartner repräsentiert die Bandbreite des deutschen Stiftungssektors, was sich in den teils unterschiedlichen Aussagen und Schwerpunktsetzungen widerspiegelt.
Bei der quantitativen Online-Befragung konnten im November 2012 alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des StiftungsPanels50 mitmachen. 273 der 360 zum damaligen Zeitpunkt registrierten Stiftungen nutzten diese Gelegenheit.
19 Interviews | 7 Frauen, 12 Männer |
9 Vorstände/Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen, 10 Bereichsleitungen/Projektmitarbeitende |
Stiftungen | Verwirklichung: 4 fördernd, 9 operativ, 6 beides |
„Besondere Merkmale“: 3 Bürgerstiftungen, 5 Unternehmensstiftungen, 2 Stiftungen des öffentlichen Rechts, 2 Landesstiftungen, 2 kirchliche Stiftungen, 1 Treuhandstiftung |
Mitarbeiter: von 3 bis 400 |
Stichprobe der Online-Befragung |
273 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (Rücklauf: 75,8 %) 59,3 % Vorstand, 22,7 % Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen 39,2 % fördernd, 18,7 % operativ, 42,1 % beides 19,8 % Bürgerstiftungen |
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter | Die meisten der teilnehmenden Stiftungen haben unter 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter |
49,5 % haben nur ehrenamtlich Tätige, 21,2 % haben keine ehrenamtlich Tätigen |
1 Selbstverständnis: Wie beurteilen Stiftungsvertreterinnen und -vertreter die Fehlerkultur ihrer Organisationen?
Mit Hilfe der Befragungen wurde zunächst ein Blick auf das Selbstverständnis deutscher Stiftungen geworfen. Wie schätzen Stiftungsvertreterinnen und -vertreter ihre Organisationen ein? Wie beurteilen sie die lernende Verarbeitung von Fehlern in ihrer Stiftung? Gibt es einen Konsens darüber, offen mit Fehlern umzugehen und Erfahrungen auszutauschen?
Um zunächst einen Eindruck davon zu bekommen, was in Stiftungen überhaupt unter einem „Fehler“ verstanden wird, war dies die erste Frage in den leitfadengestützten Experteninterviews („Was wird in Ihrer Stiftung unter einem ‚Fehler‘ verstanden?“). Beispielhaft werden hier einige Antworten der Stiftungsexpertinnen und -experten vorgestellt, die einen Eindruck davon vermitteln, wie sich die Interviewten dem Thema genähert haben.
Beispiele aus den Experteninterviews: Was wird in Stiftungen unter einem „Fehler“ verstanden? |
„Bei uns wird als Fehler verstanden, […] nicht rechtzeitig zu kommunizieren.“ |
„Extreme Beispiele sind, wenn es zu Problemen bei der Vermögensverwaltung kommt. Wenn man sieht, da ist eine Anlage falsch gelaufen, da sind wir falsch beraten worden.“ |
„Man kann z. B. Fehler machen im Bereich der Gemeinnützigkeit, was für Stiftungen hoch riskant ist.“ |
„Wenn man z. B. eine falsche Personalentscheidung trifft.“ |
„Ein Fehler ist, wenn Risiken nicht richtig eingeschätzt wurden.“ |
„Fehler entstehen durch Unsicherheit oder durch Unwissenheit.“ |
„Das kommt auf die Ursache an. Die kann ja im persönlichen oder im Arbeitsbereich des Mitarbeiters liegen, wenn Fehler z.B. durch […] Überlastung gemacht werden oder durch falsche Kommunikationsabläufe.“ |
„Wenn Termine verpasst werden, zum Beispiel Abgabefristen für Anträge.“ |
„Fehler im Projektmanagement, auf die kommt es bei unserer Stiftungsarbeit am ehesten an.“ |
„Ein Fehler ist, wenn Absprachen nicht eingehalten werden.“ |
„Falsches Verhalten gegenüber einem Kollegen oder einem Kooperationspartner.“ trifft.“ |
„Wenn unsere Arbeit oder Programme nicht so wirken, wie wir erhofft haben.“ |
„Wenn es Methoden gibt oder Verfahren und Standards, die nicht in bester Weise dem Ziel zuträglich sind.“ |
„Wenn man sich nicht überlegt, was man überhaupt erreichen will.“ |
„Wenn Ziele, die wir uns gesetzt haben, innerhalb der[…] Wettbewerbsbedingungen, in denen wir uns befinden, nicht angemessen erfüllt werden.“ |
Gemeinsame Reflexion über Fehler wird als wichtig eingeschätzt
Im weiteren Verlauf der Interviews beschrieben die befragten Stiftungsexpertinnen und -experten die Fehlerkultur ihrer Organisationen: In vielen Stiftungen wird die gemeinsame Reflexion über Fehler als wichtig eingeschätzt und es gibt ein Interesse daran, zusammen an Verbesserungen zu arbeiten.
„Wir setzen uns bewusst […] zusammen und fragen, was ist gut gelaufen, was können wir beim nächsten Mal anders oder besser machen. Ich glaube, wir haben schon einen transparenten, einen gelebten Reflexionsprozess.“
„Wenn etwas schlecht gelaufen ist, muss aufgeklärt werden, warum es schlecht gelaufen ist und ob die Strategie oder bestimmte Abläufe angepasst werden müssen. Das heißt, wir fragen: Wo lag der Fehler und wie können wir verhindern, dass dieser Fehler in Zukunft wieder gemacht wird?“
Fehlschläge „werden in einem offenen Verhältnis besprochen“, wenn etwas misslinge, werde die betreffende Person dennoch „wertschätzend“ behandelt und niemand „rastet völlig aus“, so beschreibt ein Vorstandsvorsitzender den Umgang in seiner Stiftung. Fehler würden genutzt um zu fragen: „Was können wir besser machen?“ Wichtig sei dabei: Wenn Fehler konstruktiv behandelt werden sollen, führe eine „behutsame Herangehensweise“ bei manchen Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern eher zum Ziel als eine direkte Konfrontation. Andere Expertinnen und Experten schildern ähnliche Herangehensweisen in ihren Stiftungen:
„Bei uns wird niemandem der Kopf abgerissen und keiner flippt aus. Da muss man sich zusammensetzen und fragen: Woran hat es gelegen?“
„Also Sachen,...