SO SIND AUSTRALIAN SHEPHERDS
Das Idealbild eines Hundes, im Hinblick auf die äußere Erscheinung und das Wesen, ist im Rassestandard festgehalten. Die Standards dienen der Erhaltung eines einheitlichen Rassebildes. Während sich zum äußeren Erscheinungsbild viele konkrete Richtlinien finden lassen, kommen die Verhaltensmerkmale in allen Standards relativ kurz. Der ASCA-Rassestandard definiert das Wesen des Aussies so: „Er ist aufmerksam und lebhaft, zeigt Kraft und Ausdauer, kombiniert mit außergewöhnlicher Beweglichkeit. Der Australian Shepherd ist intelligent, in erster Linie ein Arbeitshund mit starkem Hüte- und Schutztrieb. Er ist vielseitig, leicht zu trainieren und erfüllt die ihm gestellten Aufgaben mit großem Stil und Enthusiasmus. Er ist Fremden gegenüber reserviert, zeigt jedoch keine Scheu.“
Diese Beschreibung formuliert das Idealverhalten eines Aussies. Die Realität zeigt jedoch, dass sich bei Aussies eine ganze Bandbreite an verschiedenen und mitunter schwierigen Persönlichkeiten zeigen kann. Ein Blick in die Geschichte und auf den ursprünglichen Verwendungszweck hilft nicht immer, um die Eigenschaften einer Rasse zu erklären. Betrachten wir deswegen die aufgeführten Wesensmerkmale des Aussies einmal genauer.
© Ivonne Felgenhauer
Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit zeichnen den Aussie aus.
DIE WESENSMERKMALE
AUFMERKSAM UND LEBHAFT
Wie auch viele andere Hütehunde, reagiert der Aussie auf Bewegungen in seinem Umfeld. Bewegung, egal ob von Tieren oder Menschen ausgehend, kündigt immer an, dass demnächst etwas passieren wird. Anders als andere Hunderassen ist der Aussie leicht aktivierbar, was dazu führt, dass er auch während seiner Ruhe- und Liegephasen auf Bewegungen und Aktionen in seinem Umfeld reagiert. Der Aussie ist nicht nur reiner Beobachter, sondern fühlt sich schnell angesprochen und erwartet Interaktionen von seinen Menschen.
© Karin Osowska
Auf die Signale des Schäfers zu achten sowie diese umzusetzen, muss gelernt werden.
INTELLIGENT
Intelligenz bedeutet nicht, dass der Aussie auf wundersame Weise die Regeln der Menschen erlernt und diese tadellos befolgt. Intelligenz bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Aussie sehr schnell lernt. Aufgrund seiner raschen Auffassungsgabe lernt er mühelos, sich so zu verhalten, dass seine Bedürfnisse befriedigt werden. Die Schattenseite eines klugen Hundes ist, dass er ebenso schnell auf inkonsequentes Verhalten seines Besitzers reagieren kann. Ein Aussie deckt nahezu jede Lücke im Regelwerk seiner Menschen auf und findet heraus, wie er Verbote am sichersten umgehen kann. Ein Aussie will und weiß von seinen Fähigkeiten zu profitieren. Im günstigsten Fall nutzt er sie mit seinem Menschen, im schlechtesten Fall nutzt er sie gegen ihn.
KRAFT UND AUSDAUER
Ursprünglich dazu gezüchtet, jeden Tag am Vieh zu arbeiten, ist der Aussie rein körperlich natürlich auch in der Lage, dies zu tun. Jedoch bedeutet es nicht, dass er das auch unentwegt tun muss. Kein Farmer braucht seinen Hund 24 Stunden am Tag zum Arbeiten an der Herde. Der Aussie ist ein Arbeitshund, der gemäß seiner Anlagen geistig und körperlich gefordert werden will, aber ebenso Ruhe- und Entspannungsphasen benötigt. Dem Aussie eine sinnige und anspruchsvolle Beschäftigung bieten zu können, gehört genauso wie das Vermitteln von Nichtstun zu den Aufgaben des Aussiebesitzers.
STARKER HÜTETRIEB
Hütehunde können zuverlässig und rasch auf Bewegungen innerhalb der Herde reagieren und lernen mühelos, auf die Signale des Schäfers zu achten sowie diese umzusetzen. Dazu müssen sie aufmerksam und schnell sein, eigenständig arbeiten und sich trotzdem gezielt führen lassen. So schnell, wie sie reagieren können, müssen sie sich auch wieder beruhigen. Diese essenziellen Fähigkeiten eines Hütehundes lassen sich auch heute noch – in einer etwas schwächeren Form – bei den Aussies finden. So fixieren Aussies häufig bewegte Objekte mit ihren Blicken, lassen jedoch auch ohne Zutun des Menschen wieder davon ab.
Hüte- und Jagdtrieb liegen sehr dicht beieinander und unterscheiden sich letztendlich nur in der Endhandlung des Packens und Tötens, weshalb die Aussage: „Ein Australian Shepherd jagt nicht“, nicht ganz korrekt ist. Viele Aussies hetzen Wild und können zu Jägern werden. Der Aussie als schneller Lerner kann durch die hohe Selbstbelohnung des Jagens zügig negative Verhaltensmuster abspeichern. Hier ist die Kreativität und Konsequenz des Halters gefragt, dass sich die ursprünglichen Fähigkeiten nicht negativ, sondern positiv auf das gemeinsame Zusammenleben auswirken.
Jagdverhalten versus Hüteverhalten |
— Aufspüren — Mit den Augen fixieren — Lauern und Anschleichen — Hetzen — Angreifen — Packen und Töten |
— Anschleichen — Mit den Augen fixieren — Belauern — Umrunden und Treiben — Zwicken und Kneifen |
STARKER SCHUTZTRIEB
Wie im Rassestandard beschrieben, verfügen viele Aussies über einen nicht zu unterschätzenden Schutztrieb. Aussies können also hervorragende Wachhunde sein, eine Eigenschaft, die in der heutigen Gesellschaft kaum noch benötigt wird und häufig auf Unverständnis stößt. Die Ausprägung dieses Merkmals reicht vom sanften Bellen und Ankündigen des Unbekannten bis hin zum Stellen von Fremden. Wie stark ausgeprägt dieser Schutztrieb ist, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Einen Teil erbt der Welpe, einen weiteren Grundstein legt der Züchter bei der Sozialisierung der Welpen und einen weiteren Teil gibt die Erziehung des Besitzers dazu. Gerade in Bezug auf diese Charaktereigenschaft ist somit Verständnis für die Rasse, Einfühlungsvermögen und Konsequenz des Besitzers vonnöten.
FREMDEN GEGENÜBER RESERVIERT
Wie die gesamte Spezies Hund reagiert auch der Aussie auf Dinge oder Menschen, die ihm fremd sind. Der Australian Shepherd neigt nur mehr zu territorialem Verhalten als manch andere Hunderasse. Das heißt, er reagiert in dem für ihn gewohnten und bekannten Umfeld stärker auf alles, was ihm fremd ist. Die Reaktion darauf kann lautstarkes Bellen sein, aber auch Abwehrverhalten. Hier liegt es wieder am Besitzer, dieses Verhalten in positive Bahnen zu lenken und möglichst optimale Situationen für den Hund zu schaffen, damit er lernt, dass von Fremden keine Bedrohung ausgeht. Die Ausdruckssignale des Hundes sollten dabei unbedingt beachtet werden, damit er nicht gezwungen wird, in einer für ihn bedrohlichen Situation zu bleiben, denn dann könnte sich aus dem anfänglichen Angst- und Meideverhalten des Junghundes schnell Aggressionsverhalten entwickeln. Auch hier ist wieder der Besitzer gefragt, dass sich aus der grundsätzlich freundlichen Hunderasse Australian Shepherd kein aggressiver Rassevertreter entwickelt.
© Arco Images
Der vielseitig einsetzbare Aussie kann ein wunderbarer Reitbegleithund sein.
VIELSEITIG UND LEICHT ZU TRAINIEREN
Der Aussie ist ausgesprochen vielseitig einsetzbar und seine schnelle Lernfähigkeit lässt sich bei allen ihm gestellten Aufgaben hervorragend nutzen. Ein Grund, warum der Australian Shepherd ein so wunderbarer Hund ist. Aber genau das könnte der Rasse zum Verhängnis werden, die gerade zum Modehund avanciert.
Der Aussie braucht den richtigen Besitzer an seiner Seite, der ihn mit viel Liebe, Konsequenz und einem für den Hund kalkulierbaren Führungsstil erzieht. Dann wird der Aussie auch seinen sogenannten „will to please“ zeigen (der Wille, dem Menschen zu gefallen, oder auch der Wille zur Zusammenarbeit mit dem Menschen) und mit Arbeitseifer und Ausdauer die ihm gestellten Aufgaben erfüllen. Bei den gestellten Aufgaben ist es fast egal, ob es sich um Tricks, Agility, Obedience, Flyball, Reitbegleithund, Hüten von Nutzvieh, Rettungs- oder Suchaufgaben handelt. Der Aussie wird entsprechend seiner Charaktereigenschaften fragen: „Was darf ich für dich tun?“
DAS ERSCHEINUNGSBILD NACH ASCA-STANDARD
DER KOPF
Der Kopf des Aussies ist klar definiert, kräftig sowie in Proportion zum Körper. Der Oberkopf ist flach bis leicht gewölbt, seine Länge und Breite sind gleich der Länge der Schnauze. Die Schnauze ist mittelmäßig breit...