Das Kaufverhalten umfasst „alle beobachtbaren Handlungen von Individuen im Zusammenhang mit dem Kauf oder Konsum wirtschaftlicher Güter“.[51] Abzugrenzen ist das Kaufverhalten von dem Konsumentenverhalten. Das Kaufverhalten
„i. e. S. beschäftigt sich mit dem Verhalten von Nachfragern beim Kauf, Ge- und Verbrauch von wirtschaftlichen Gütern bzw. Leistungen, während sich das Konsumentenverhalten i. e. S. mit dem Verhalten von Endverbrauchern beim Kauf und Konsum von wirtschaftlichen Gütern bzw. Leistungen beschäftigt.“[52]
Kennzeichnend für den Kauf ist der Übergang einer Ware oder Dienstleistung u. a. von einem Konsumenten auf den anderen. Mit dem Übergang der Ware geht eine finanzielle Verpflichtung einher. Der Prozess des Kaufverhaltens ist differenzierbar in folgende Aspekte:
Verspüren eines Bedürfnisses,
Wahl bzw. Suche der richtigen Marke,
Einkaufsstättenwahl,
Kaufentscheidung,
Bewertung bzw. Erfahrung nach dem Kauf.[53]
Außerdem wird das Kaufverhalten durch eine Vielzahl von weiteren Faktoren beeinflusst. Im folgenden Kapiteln werden die Grundlagen und die Determinanten des Kaufverhaltens erläutert, welche „teils als Rahmenbedingung, teils als marketingtechnisch steuerbare Variable aufzufassen sind“,[54] um einen ganzheitlichen Überblick über das Kaufverhalten der Konsumenten zu erhalten.
Determinanten, sind Faktoren die das „Erleben und Verhalten des Menschen bestimmen, wie z.B. die Anwesenheit anderer Menschen (soziale Aktivierung), genetische Faktoren (Verhaltensgenetik) […].“[55]
Die zentralen Determinanten zu identifizieren, setzt Erklärungsansätze für folgende Fragestellungen voraus:
Wer kauft? Kaufakteure, Träger der Kaufentscheidung
Was? Kaufobjekt
Warum? Kaufmotive
Wie? Kaufentscheidungsprozesse, -praktiken
Wie viel? Kaufmenge
Wann? Kaufzeitpunkt, -häufigkeit
Wo (bei Wem)? Kaufort (Einkaufsstätten-, Lieferantenwahl)[56]
In der Konsumentenforschung spricht man von den sogenannten 7 K’s.[57] Außerdem wird der Zusammenhang der 7 K‘s im Kapitel 4.1. mit den verschiedenen theoretischen Forschungsansätzen des Kaufverhaltens in Verbindung gebracht. Im Folgenden werden die Determinanten der Automobilindustrie vorgestellt und näher erläutert. Vorab illustriert die Abbildung 6 elementare Erklärungen der relevanten Determinanten, welche in den nachfolgenden Kapiteln mit dem Kaufverhalten in Verbindung gebracht und statistisch erwiesen werden.
Abbildung 6: Kurzcharakterisierung der Determinanten[58]
Wer auf der Suche nach einem neuen Auto ist, denkt dabei nicht banal nur an die Anschaffungskosten, obwohl das Auto i.d.R. nach der Immobilie die zweitteuerste Anschaffung ist. Vielmehr sind zahlreiche weitere Bestimmungs- bzw. Einflussfaktoren entscheidend, um das Kaufverhalten der Konsumenten einordnen zu können. Diese beobachtbaren Handlungen von Individuen im Zusammenhang mit dem Kauf eines Autos sind in drei Determinanten-Gruppen einzugliedern:
1. Psychische Determinanten
2. Soziale Determinanten
3. Ökonomische Determinanten[59]
Aus der Perspektives des Automobil-Marketings ging es bisher insbesondere darum, einen ökonomischen Nutzen aus den Erkenntnissen über das Kaufverhalten zu ziehen. Durch gezielte Maßnahmen soll das Konsumentenverhalten im Sinne der Unternehmensziele genutzt bzw. beeinflusst werden. Im Folgenden sollen auf Grundlage der Determinanten-Gruppen nach Diez und der empirisch untersuchten Einflussfaktoren des Kaufverhaltens neue Gestaltungsempfehlungen für das Marketing von Automobilherstellern aufgezeigt werden.[60]
Besonders relevante und zentrale Fragestellungen im Hinblick auf die beiden Kernprozesse des Kaufverhaltens (Informationsverarbeitung und Kaufentscheidung) sind Folgende:
Welche Faktoren beeinflussen die Kaufentscheidung?
Wie kann das Zustandekommen einer Kaufentscheidung beeinflusst werden?
An welchen Einflussgrößen der Kaufentscheidung soll das Marketing ansetzen, um die Kaufentscheidungen der Kunden zugunsten des Unternehmens zu beeinflussen?[61]
Die Psychischen Determinanten sind von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Kaufverhaltens. Diese sollen daher im Detail erläutert und in Zusammenhang mit den empirischen Untersuchungen gebracht werden. Homburg und Krohmer nennen acht zentrale Konstrukte, mit denen sich das Konsumentenverhalten weitestgehend erklären lässt. In Bezug auf die Automobilbranche sind folgende Determinanten von Bedeutung:
Motivation
Emotion
Involvement[62]
Neben diesen zentralen Konstrukten der Einflussfaktoren gilt es, zwischen Kognition und Emotion zu unterscheiden. Dabei umfasst die Kognition alle Vorgänge im rationalen Zusammenhang und die Emotion bezieht sich auf die gefühlsmäßigen Aspekte. Die Aktivierung spielt sich im zentralen Nervensystem ab und ist als Basis aller menschlichen Antriebsprozesse – insbesondere der Motivation, der Emotion sowie dem Involvement – vorgelagert.[63] Die Faktoren, die die Aktivierung auslösen, lassen sich wiederum durch emotionale, kognitive und psychische Reize entscheidend beeinflussen.
Finanzdienstleistungen der Automobilwirtschaft
Eine für das Verständnis der Automobilkaufentscheidung signifikante Form der Aktivierung ist das Involvement, welches sich wiederum in drei Arten und deren Verhaltensauswirkungen aufteilt. Das Involvement ist in erster Linie anhand der zeitlichen Kontinuität zwischen langfristigem Involvement und situativem Involvement zu unterscheiden. Außerdem kann das Kaufverhalten anhand der Frage unterschieden werden, inwieweit der Kunde auf kognitives oder emotionales Involvement zurückgreift. Grundsätzlich ist der Automobilkauf in der dritten Art, dem Involvement nach Ausprägungsgrad des Involvements situiert, da hierbei zwischen High-Involvement und Low-Involvement unterschieden wird. High-Involvement liegt bei Produkten vor, die für den Konsumenten besonders wichtig oder z. B. mit finanziellen Risiken verbunden sind. Bei diesen Produkten investiert der Konsument relativ viel Energie und Zeit in die aktive Informationssuche und in einen intensiven Kaufentscheidungsprozess. Dieser Prozess ist in den unterschiedlichen Typologisierungen von Kaufentscheidungen (vgl. Kapitel 2.2.) als extensive Kaufentscheidung definiert.[64] Hierbei weisen Konsument ein hohes kognitives und emotionales Involvement auf. Bei diesen relativ selten zu treffenden Kaufentscheidungen berücksichtigen Konsumenten sowohl umfangreiche Informationen als auch die eigenen Gefühle und benötigen folglich relativ viel Zeit für die Entscheidung. Die Rolle des Involvements gemessen an repräsentativen empirischen Untersuchungen hat zu heutiger Zeit deutlich an Gewichtung verloren.[65] Die Determinanten Rabatt und Paketlösungen sind in den Bewertungskriterien beim Neuwagenkauf als unwichtig skaliert, da innovative und komfortable Finanzierungsmöglichkeiten das hohe Involvement relativ niedrig halten.[66]
Der prozentuale Anteil von Neuwagenkäufen, welche finanziert, teilweise finanziert oder über Leasing erworben wurden, ist mit 69 % im Jahr 2014 ein deutliches Übergewicht zu der Alternative, keiner Finanzierung in Anspruch zu nehmen...