EINLEITUNG
Wer ist Babaji?
Babaji ist ein großer Yoga-Meister, der bis zum heutigen Tag im Himalaya lebt und auch als „Kriya Babaji Nagaraj“, „Mahavatar Babaji“ oder „Shiva Baba“ bekannt ist. Im Alter von sechzehn Jahren besiegte er den Tod und erreichte den höchsten Zustand der Erleuchtung. Seit jenem Tag ist sein Körper nicht mehr gealtert. Adi Shankaracharya (788–820) beschreibt seinen Guru Babaji in einem bekannten Gedicht: „Siehe, unter dem Feigenbaum sitzen die alternden Schüler um ihren jugendlichen Lehrer! Das ist wirklich seltsam! Er unterrichtet sie durch sein Schweigen, das in sich selbst genügt, all ihre Zweifel aufzulösen.“ (Sri Ramakrishna Math, 1969, Seite 25 f.)
Vor mehr als fünfundsechzig Jahren beschrieben die Theosophen Charles Webster Leadbeater und Annie Besant ein außergewöhnliches Wesen, das niemand anderer als Babaji sein kann:
„Dort stand er, der ,Jüngling von sechzehn Sommern‘. Sanata Kumara, der ,Ewig-Unschuldige-Jüngling‘, der neue Herrscher der Erde, kommt in sein Königreich. Seine Schüler, die drei Kumaras, sind mit ihm, seine Helfer um ihn; dreißig mächtige Wesen sind dort, groß über alle Maßen, gleichwohl in geordneter Reihe, gehüllt in herrliche Körper, die sie durch Kriyashakti geschaffen haben. Die erste geheime Hierarchie, Äste des einen, wachsenden Banyan-Baumes, die Wiege künftiger Adepten, das Zentrum allen okkulten Lebens.“ (Leadbeater, 1969, Seite 299)
Beginnend mit Paramahansa Yoganandas Autobiographie eines Yogi (1946) haben mehrere Bücher den großen spirituellen Meister Babaji erwähnt, der seit Jahrhunderten im Himalaya lebt und gelegentlich einigen wenigen Glücklichen erscheint. Sri Yukteswar, Yoganandas Guru, sagte, Babaji habe etwas so Großartiges erreicht, dass es unbegreiflich sei und bleiben müsse (Yogananda, 1969, Seite 305). Yogananda bezeichnete Babaji als Maha Avatara oder „großen Avatar“ (Yogananda, 1969, Seite 305 f.). Avatara ist ein Wort aus dem Sanskrit und heißt so viel wie „Verkörperung des Gottbewusstseins in menschlicher Gestalt“. Ebenso charakterisierte er Siddhas als Wesen, die den Tod bezwungen haben. Er bezog sich auf Agastyar als einen Avatar Südindiens, einen Wundertäter, der seit vorchristlicher Zeit lebt und über den in tami lischer Sprache zahlreiche Schriften existieren (Seite 305 f.). Agastyar gehört zur „Tradition der achtzehn Siddhas“, die unter der tamilischen Bevölkerung Südindiens berühmt ist.
Einige Schriftsteller haben gesagt, Babaji habe verschiedene Formen angenommen. Baba Hari Dass erkannte ihn in Hariakhan Baba, der im späten 19. bis ins frühe 20. Jahrhundert in Ranikhet, Uttar Pradesh, Indien gelebt hat (Hari Dass, 1975). Leonard Orr (1980 und 1983) erkannte ihn in einem Jüngling, der um 1970 in der Nähe von Ranikhet erschien. Dieser wurde bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahr 1983 von vielen Suchenden aus dem Westen aufgesucht. Swami Satyeswarananda (1984) schrieb über seine ungewöhnlichen Begegnungen mit Babaji. All diese Bücher handeln von fantastischen Begebenheiten, die Babaji, den jeweiligen Autor und andere betreffen. Die Lektüre solcher Berichte hinterlässt beim Leser oft nur ungläubiges Staunen. Bestenfalls haben diese Bücher viele zur Yoga-Praxis inspiriert. Da sie jedoch weder die alten Traditionen und den Zusammenhang, aus dem Babaji seinen Kriya Yoga ableitete, noch die Strenge dieser Disziplin verstanden, gaben viele Suchende nach einiger Zeit wieder auf, da ihre Erfahrungen nicht an die von diesen Autoren beschriebenen Erlebnisse heranreichten.
Diese Autoren haben weder Einzelheiten aus Babajis Leben geschildert noch darüber berichtet, wie er Erleuchtung und Unsterblichkeit erlangte. Und, noch wichtiger, keiner dieser Autoren war je in der Lage, einen glaubhaften Grund anzugeben, warum Babaji seine Unsterblichkeit beibehält und was dies für unser aller Leben bedeutet.
Wer sind die 18 Siddhas?
Die Shiva Puranas sind voll von Geschichten, die beschreiben, wie Shiva (der Name Gottes in einer der Hauptrichtungen des Hinduismus) seit Anbeginn der Zeit in Meditation versunken auf der Spitze des Berges Kailash in Tibet sitzt. Er wird von den Yogis als Gott und von allen anderen Göttern als oberster Herrscher verehrt. Die Geschichte der Siddha-Tradition beginnt vor Millionen von Jahren damit, dass Shiva seine Gemahlin oder Shakti, Parvati Devi, in einer riesigen Höhle bei Amarnath im Kaschmir-Himalaya in das Kriya Kundalini Pranayama (die wissenschaftliche Methode zur Bemeisterung des Atems) einweiht (Raimaiah, 1968, Seite 108). Später weihte Shiva auch andere auf diesem Berg ein, so auch Siddha Agastyar und die Siddhas Nandi Devar und Thirumoolar. Agastyar war derjenige, der später Babaji in die Tradition einweihte.
Der südindischen Überlieferung nach gab es insgesamt achtzehn Siddhas, die Perfektion erreichten, was ihren spirituellen, ihren intellektuellen, ihren mentalen, ihren vitalen und ihren physischen Körper einschloss. Die Namen dieser achtzehn Siddhas lauten unterschiedlich in den verschiedenen Quellen, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die auf den folgenden Seiten aufgeführten dazugehören (Ramaiah, 1968, Seite 2 f.; Pillai, 1979, Seite 342–349). Daneben sind auch die Orte, an denen sie der Überlieferung nach den Zustand der Perfektion, bekannt als Soruba Samadhi, erreichten, sowie ihre Gurus, ihre Schüler und ihre wichtigsten Beiträge aufgezählt. Was die mit den achtzehn Siddhas in Verbindung gebrachten Orte anbelangt, siehe auch Abbildung 1, „Karte des heutigen Indiens und Sri Lankas“, und Abb. 2, „Karte Südindiens“ (Seite 14 f.).
Abgesehen von diesen achtzehn, gemeinhin auch als die Pattinettu (Achtzehn) Siddhas bekannt, gibt es noch eine Anzahl anderer, die in verschiedenen Quellen genannt werden. Dazu gehören unter anderem Konkeyar, Punnakeesar, Pulastiyar, Poonaikannar, Pulipani, Kalangi, Alugani, Agapaiyer, Theraiyar, Roma Rishi und Avvai.
Nach der Vereinigung oder dem Yoga mit Gott oder der höchsten Realität auf spiritueller Ebene, ähnlich der Auflösung einer Salzfigur im Ozean, erfuhren die tamilischen Yoga Siddhas eine wachsende Veränderung ihrer intellektuellen, ihrer mentalen, ihrer vitalen und schließlich auch ihrer physischen Körper.*
Mit ihrer vollständigen Verwirklichung haben sie die göttliche Transformation ihres gesamten menschlichen Wesens offenbart. Während das von ihnen Erreichte den menschlichen Verstand übersteigt, verschafft eine vergleichende Studie ihres Lebens und ihrer Schriften wertvolle Einsichten in das menschliche Potenzial.
Die Errungenschaften der achtzehn Siddhas und Babajis waren Folge der Gnade Gottes (die Siddhas nannten sie Shiva, Muruga, Vishnu oder Shakti) und der Kriyas oder Techniken, die sie nutzten, um ihre Körper auf den Aufstieg des Göttlichen vorzubereiten. In ihrer Gesamtheit sind diese als Kriya Yoga Siddhantham bekannt, was so viel heißt wie „die praktischen Yoga-Techniken, welche die endgültige Perfektion in der Gottes- oder Wahrheitsverwirklichung herbeiführen“.
Auf den folgenden Seiten wird die Geschichte Babaji Nagarajs und der achtzehn Siddhas erzählt. Sie ist für den modernen Menschen von Bedeutung, da sie von einer Möglichkeit der Selbsttransformation spricht, die jedem durch das Üben einer Reihe von Techniken, bekannt als Kriya Yoga, zugänglich ist.
Des Weiteren fordert sie uns auf, auf unserer Suche nach spiritueller Erleuchtung oder Selbstverwirklichung der Welt nicht den Rücken zu kehren, wie es so viele religiöse Sekten, asketische Traditionen und selbst einige sogenannte „New Age“-Gruppen tun, sondern uns ihrer göttlichen Transformation zu widmen. Jeder der achtzehn Siddhas hat bedeutsame Beiträge zu Wissenschaft, Medizin, Literatur, Yoga und Philosophie geleistet. Sie arbeiten unerkannt hinter den Kulissen, inspirieren und helfen den Suchenden in allen Bestrebungen. Mit dieser Arbeit verhelfen sie der Menschheit zu einem höheren universellen Bewusstsein.
Ihre gemeinschaftliche Arbeit wurde von Annie Besant Anfang des 20. Jahrhunderts in ihrem Buch H. P. Blavatsky und die Meister der Weisheit ausdrucksvoll beschrieben:
„Sie helfen dem Fortschritt der Menschheit auf zahllosen Wegen. Aus der höchsten Sphäre senden sie Licht und Leben auf die ganze Welt, das empfangen und aufgenommen werden kann. Wie die physische Welt durch das Leben Gottes lebt, was durch die Sonne symbolisiert wird, verbinden sich die Meister mit den Religionen und benutzen sie als Auffangbecken, in das sie ihre spirituelle Energie gießen, damit sie durch das gerecht bestimmte ,Maß der Gnade‘ an die Gläubigen jeder Religion verteilt wird. Dann folgt das große intellektuelle Werk, in dem die Meister Gedankenformen aussenden, die von genialen Menschen aufgefangen, verarbeitet und an die Welt weitergegeben werden. Auf dieser Ebene kommunizieren sie auch mit ihren Schülern und teilen ihnen so mit, an welche Aufgaben sie sich machen sollen. Dann folgt die Arbeit auf der niederen geistigen Ebene, die Aussendung von Gedankenformen, die den Geist eines jeden beeinflussen und ihn zu sinnvollen Taten in dieser Welt führen, sowie die Unterweisung jener, die in der himmlischen Welt leben. Dann die Aktivitäten in der Zwischenwelt, die Unterstützung der sogenannten ,Toten‘, die generelle Ausrichtung und Aufsicht der Unterweisung von Novizen und die Entsendung von Beistand für die zahllosen Fälle von Hilfsbedürftigkeit. In der physischen Welt die Beobachtung der Tendenzen aller Ereignisse, die Berichtigung und Neutralisierung – soweit es das Gesetz...