DAS BABY ISST MIT
Damit aus einer mit einer Samenzelle verschmolzenen Eizelle ein kleiner Mensch heranwachsen kann, ist Nahrung von Anfang an essenziell. Zunächst wird der winzige Embryo noch durch ein nährstoffreiches Sekret direkt aus dem mütterlichen Gewebe ernährt. Schon bald bekommt das schnell wachsende Kind aber über Plazenta und Nabelschnur alle Nährstoffe, die es braucht.
Ist die Nährstoffversorgung nicht ganz optimal, nimmt der Körper sich zunächst alles für das wachsende Baby. Damit weder Mutter noch Kind unterversorgt sind, ist es wichtig, auf eine ausreichende und vor allem qualitativ hochwertige Ernährung zu achten. So wie das Kind durch die
Plazenta alle guten und wichtigen Nährstoffe aus dem mütterlichen Blutstrom bekommt, so kriegt es auch mögliche Schadstoffe ab. Der Verzicht auf Alkohol, Nikotin und andere schädigende Substanzen ist deshalb wichtig.
Die Schwangerschaft ist eine Zeit, in der sich viele Frauen ausführlicher mit den Themen Ernährung und Gesundheit allgemein auseinandersetzen. Der Wunsch, beste Bedingungen für das eigene Kind zu schaffen, ist nicht nur ein Grund, mit dem Rauchen aufzuhören, sondern auch Anlass, das eigene Essverhalten zu überprüfen. Von positiven Veränderungen der Lebensgewohnheiten profitiert nicht nur das Baby, sie nützen auch seinen Eltern.
Mit dem süßlichen Fruchtwasser macht das Baby erste Saug- und Schluckübungen.
ERNÄHRUNG IN DER SCHWANGERSCHAFT
Frauen werden in Sachen Ernährung schnell mit vielen Dos und Dont’s konfrontiert, sobald sie erfahren, dass sie schwanger sind. Es geht nicht nur darum, auf welche Lebensmittel jetzt besser verzichtet werden sollte, sondern auch darum, mit welchen Produkten eine optimale Nährstoffversorgung für Mutter und Kind erreicht werden kann. Es stimmt: Schwangere müssen nicht für zwei essen, wie irrtümlich oft angenommen wird. Aber für zwei denken müssen sie schon.
Mittlerweile ist wissenschaftlich gut belegt, dass sich der Gesamtbedarf an Kalorien in der Schwangerschaft nicht stark erhöht. Erst in den letzten Monaten steigt die tägliche Energieerfordernis um rund zehn Prozent. Das entspricht gerade mal einem zusätzlichen Käsebrot oder einem halben Schokomuffin. Insgesamt also nicht sehr viel! Trotzdem: Die Anforderung an die Versorgung mit bestimmten Nährstoffen ist von Beginn an erhöht und bleibt es auch während der Stillzeit.
Ihr Baby isst von Anfang an mit. Es kommt aber weniger auf die Quantität als auf die Qualität der Nahrung an. Ob eine zusätzliche Gabe von bestimmten Nährstoffen in Form von Nahrungsergänzungsmitteln erforderlich ist, hängt von den individuellen Ernährungsgewohnheiten ab. Besprechen Sie sich mit Ihrer Hebamme oder Ihrem Frauenarzt, wenn Sie unsicher sind. Gerade bei individuellen Besonderheiten wie Über- oder Untergewicht, einem Schwangerschaftsdiabetes, bei Allergien oder einer vegetarischen beziehungsweise veganen Lebensweise ist eine qualifizierte Ernährungsberatung sinnvoll.
Das Baby kommt auf den Geschmack
Nicht nur in puncto Energie- und Nährstoffversorgung sitzt Ihr Baby schon während der Schwangerschaft mit Ihnen in einem Boot. Auch geschmacklich ist Ihr Baby bereits in der Bauchzeit voll mit dabei. Was Sie essen, kommt nicht nur in Form von Nährstoffen, sondern auch als erste Geschmacksprägung bei Ihrem Kind an. Die Zunge und mit ihr die ersten Geschmacksknospen entwickeln sich bereits zwischen der achten und zehnten Schwangerschaftswoche, kurz darauf bilden sich die Geschmacksnerven.
Fruchtwasser ist das erste Getränk
Im Bauch trinkt das Baby vom Fruchtwasser und kann den sich durch die Ernährung der Mutter immer wieder verändernden Geschmack wahrnehmen. Fruchtwasser besteht zu 99 Prozent aus Wasser – der Rest setzt sich unter anderem aus Eiweiß, Glukose, Harnstoff und verschiedenen Elektrolyten zusammen. Glukose sorgt für seinen süßlichen Geschmack.
Bevorzugt »süß«
Süß ist dementsprechend auch die von allen Babys bevorzugte Geschmacksrichtung nach der Geburt.
Erste Erfahrungen in Sachen Geschmacksbildung werden also schon im Mutterleib gemacht. Dieses Wissen spricht für eine vielfältige und ausgewogene Ernährung in der Schwangerschaft. Auch eine breite Geschmacksvielfalt in der Stillzeit scheint die Bereitschaft des Kindes zu fördern, später neue Lebensmittel zu kosten und auch zu mögen.
Schlucken, Saugen, Suchen – erste Vorbereitungen im Bauch
Im Bauch wird das Baby passiv über die Nabelschnur ernährt, aber bereits jetzt bereitet es sich aktiv auf die Nahrungsaufnahme nach der Geburt vor. Ab der zwölften Schwangerschaftswoche übt es die ersten dafür erforderlichen Reflexe ein, wie das Saugen und das Schlucken durch Trinken von Fruchtwasser. Die Saug-Schluck-Atem-Koordination reift im letzten Schwangerschaftsdrittel. Dann kommt auch der Saugreflex hinzu.
Der Suchreflex
Der Suchreflex wird auch Rooting-Reflex genannt. Berührt man Wangen- und Mundregion des Babys, dreht es den Kopf in die entsprechende Richtung. Es öffnet den Mund und lässt die Zunge herausgleiten. So »sucht« es nach der Nahrungsquelle. Dieser Reflex lässt sich in den ersten drei Monaten nach der Geburt immer dann beobachten, wenn das Baby hungrig wird. Bei satten Kindern lässt sich der Reflex nicht auslösen.
Bis zur Geburt hat das Baby die Such-, Saug- und Schluckreflexe so gut koordiniert und geübt, dass es direkt nach der Geburt mit der aktiven Nahrungsaufnahme beginnen kann. Zu früh geborene Kinder haben deshalb je nach Geburtszeitpunkt mehr oder weniger große Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme.
Die Neugeborenenreflexe helfen dem Baby dabei, auf der Welt anzukommen.
Neugeborenenreflexe
Darüber hinaus gibt es weitere Reflexe, die auf den ersten Blick gar nicht mit der Nahrungsaufnahme in Verbindung stehen, aber dennoch eine wichtige Rolle dabei spielen. Zu den sogenannten primitiven frühkindlichen Reflexen gehören zum Beispiel der Schreit- sowie der Greifreflex, mit denen das Baby bei gezielten Berührungen bestimmte Bewegungen von Beinen und Händen ausführt.
Untersuchungen zeigen, dass auch diese Reflexe dem Baby helfen, den Weg zur Brust zu finden, anzudocken und zu saugen. Entscheidend für das Auslösen dieser Reflexe ist die mütterliche Körperhaltung. Diese kann die Reflexe des Babys stimulieren oder im Gegenteil eher behindern, was Auswirkungen auf das Anlegen (siehe >) an die Brust haben kann.
Ihr Baby bringt also von Anfang an erstaunliche Kompetenzen mit. In den kommenden Monaten entwickelt es seine Fähigkeiten weiter, sodass es später auch festere Nahrung zu sich nehmen kann. Begleiten Sie Ihr Kind auf diesem Weg mit Vertrauen, Geduld und Spaß – aber in seinem Tempo.
WO BEKOMME ICH HILFE?
Scheuen Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie die Ernährung Ihres Babys immer wieder vor (neue) Herausforderungen stellt. Viele Fragen lassen sich mit dem nötigen Hintergrundwissen und praktischer Anleitung unkompliziert klären. Ansprechpartner kann die Hebamme oder der Kinderarzt sein, aber auch Still- und Ernährungsberaterinnen sowie Psychologen kommen als Berater infrage.
Hebammenbetreuung: Hebammen können Sie in den ersten zwölf Wochen nach der Geburt begleiten. Darüber hinaus können sie bei Ernährungsschwierigkeiten bis zum Ende der Stillzeit beziehungsweise bis zum Ende des neunten Monats bei nicht (mehr) gestillten Kindern beraten. Die Kosten werden von den gesetzlichen (und vielen privaten) Krankenkassen getragen.
Kinderärzte: Gerade bei Gedeih- und Ernährungsstörungen sind die kinderärztliche Abklärung und Betreuung wichtig. Kinderärzte haben verschiedene fachliche Schwerpunkte. Gegebenenfalls wird Sie Ihr Kinderarzt auch an andere Ärzte oder Therapeuten weiterverweisen.
Still- und Laktationsberaterin IBCLC: Die Abkürzung IBCLC steht für »International Certified Lactation Consultant« (International zertifizierte Stillberatung). IBCLC haben einen medizinischen Grundberuf und eine umfassende Zusatzausbildung. In der Regel müssen die Kosten für die Beratung durch eine IBCLC selbst getragen werden.
Stillberaterin, Stillgruppen: Es gibt neben den IBCLC auch eine große Anzahl von Stillberaterinnen, die verschiedene andere Weiterbildungen und fachliche Hintergründe haben. Bei Fragen und Problemen beraten sie zum Teil ehrenamtlich oder rechnen die Leistungen privat ab. Beratungen sind per E-Mail, telefonisch oder persönlich möglich. Auch Stillgruppen werden in der Regel von ausgebildeten Stillberaterinnen geleitet.
Krisenbegleitung bei Schrei-, Schlaf-, Still- und Fütterstörungen: Manchmal ergeben sich im Säuglingsalter auch aus anderen Gründen Stillprobleme oder Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme. Das Verhalten eines untröstlich weinenden Babys ist für seine Eltern häufig auch eine große Herausforderung, wenn es ums Stillen oder Füttern geht. Die bindungsorientierte Unterstützung in einer »Schreiambulanz« kann hilfreich sein.
Ernährungsberatung: Es gibt zahlreiche Angebote mit unterschiedlichen Beratungsschwerpunkten. Fragen Sie vor allem bei besonderen Ernährungserfordernissen wie Nahrungsmittelunverträglichkeiten sowie bei einer rein veganen Lebensweise Ihren Arzt oder Ihre Hebamme nach einer konkreten Empfehlung.
Andere: Darüber hinaus gibt es viele andere Berufsgruppen wie Logopäden, Ergotherapeuten oder Osteopathen, die...