Kuchen
Ein guter Kuchen ist die Kür und Pflicht des Backens zugleich. Er ist süßer, wonniger und selig machender als das tägliche Brot und damit immer etwas Besonderes. Aber er ist auch ein Muss am Wochenende oder zum Kindergeburtstag, den man sich ohne Kuchen eigentlich gar nicht denken kann. Kurz gesagt: Wer Kuchen backen kann, hat’s immer gut. Und wird dann auch mit dem übrigen Backen wenig Schwierigkeiten haben.
Kinder mögen Kuchen. Er ist ihnen lieber als Brot – natürlich – und oft lieber als Torte. Tatsächlich: Wenn wir uns an die satte und intensive Süße der Kindheit erinnern, gelingt uns das am besten über Mutters Schokoladenkuchen oder Omas Gugelhupf, die regelmäßig ihren Duft durch unser Haus sandten – während es Schwarzwälder Kirsch oder Prinzregententorte nur alle Feiertage gab, wenn wir frisch gewaschen an der Kaffeetafel zu sitzen hatten. Brot ist Alltag, Torte ist Festtag, die Kuchen aber machen unseren Alltag zum Fest. Wie damals immer samstagnachmittags, wenn ein paar Teller und Tassen auf den Tisch kamen, um den sich die Familie und auch mal ein paar Freunde versammelten, in ihrer Mitte eine Platte mit Kuchenstücken. Die konnte man einfach in die Hand nehmen, davon abbeißen, sie einstippen, wieder hinlegen oder damit rumsausen. So ist es bis heute geblieben: Wenn wir uns mal jung und sorglos fühlen wollen, gehen wir in den Coffee-Shop zu Cookies und Cheesecake. Die Torte im Konditorei-Café ist für Sonn- und Feiertage reserviert.
Kuchen ist einfach gut
Das gilt übrigens auch fürs Kuchenbacken. Bei manchen Rezepten vergehen zwischen der Idee und dem Genuss keine zwei Stunden, bei unseren Blitzrezepten (siehe >) oft keine sechzig Minuten. Für eingefleischte Spontanköche und notorische Kuchenkäufer ist das zwar immer noch eine lange Vorlaufzeit, doch passionierte Zuckerbäcker mit einem Sinn fürs Praktische (also die Leserinnen und Leser dieses Buches) wissen die Vorteile der Kuchen gegenüber den Torten zu schätzen. Vorteil Nummer 1: Butter, Eier, Mehl und Zucker sind eigentlich immer im Haus, und viel mehr braucht es nicht, um einen Schokoladen- oder Streuselkuchen zu zaubern. Vorteil Nr. 2: Kuchenmachen geht relativ rasch von der Hand, denn während des Gehens eines Hefeteigs oder des Backens eines Rührteigs hat man Zeit für andere Dinge. Danach wird höchstens noch glasiert und minimal verziert, was bei einer Torte schon anders ist. Allerdings kann bei ihr durch ordentlich süße Sahne und eine nette Optik noch mancher Kunstfehler verdeckt werden; ein Kuchen muss von selbst überzeugen durch lockeren bis saftigen Teig, vollen Geschmack und die richtige Kruste. Dafür muss er nicht unbedingt eine Schönheit sein. Gerade deswegen sind Kuchen ideal zum Üben und Motivieren für Jungbäcker. Wer das Kuchenbacken einmal raus hat, wird immer wieder damit Erfolg haben. Denn Vorteil Nr. 3 ist: Mit guten Kuchen hält man sich in Erinnerung, wird vielleicht gar geliebt dafür. Und diese Liebe lässt sich sogar verlängern. Vor allem die Klassiker aus Rührteig, aber auch ein Christstollen oder Früchtebrot (lockeres Hefegebäck dagegen nicht) können gut verpackt im Kühlen mehrere Woche halten und im Aroma reifen. Das ist der vierte Vorteil des Kuchens.
Bevor es an die Details geht, noch ein Hinweis: Dieses Kapitel handelt vor allem von Kuchen, die ohne Früchte gebacken bzw. vollendet werden, da Obstkuchen ihre eigenen Regeln wie auch Genießer haben und damit ein eigenes Kapitel im Anschluss bekommen. Zunächst nehmen wir uns der puren Kuchen aus besten Grundzutaten an, die oft von einem bestimmten Aroma, einer Art der Zubereitung oder einer Form geprägt werden. Sie lassen sich in drei Gruppen einteilen: die Brot-Kuchen, die Schnitten-Kuchen und die Torten-Kuchen. Mehr dazu auf der nächsten Seite.
Die Brot-Kuchen
Was haben Sandkuchen, Rehrücken, Gugelhupf und Hefezopf mit einem Laib Brot gemeinsam? Sie werden aus wenigen Grundzutaten mehr oder weniger locker in Form gebacken, um dann in Scheiben geschnitten und serviert zu werden. Deswegen nennen wir sie die „Brot-Kuchen“, die gerne ohne viel Aufwand und Drumherum zu einer Tasse Kaffee oder Tee aus der Hand genossen werden, so wie man sein Brot zum Frühstück oder zur Vesper nimmt. Sie werden meist aus saftigem Rührteig oder luftigem Hefteig gebacken – da steht dann der fette Schokokuchen fürs Roggenbrot und der lockere Hefezopf fürs Baguette.
Die Schnitten-Kuchen
Die „Schnitte“ ist das illustrierte Brot unter den Kuchen – belegt, geschnitten und mundgerecht serviert. Entsprechend zum Butterbrot gibt es den Butterkuchen als Grundform: Hefeteig aufs Blech gerollt, mit Butter bestrichen und mit Zucker bestreut, dann gebacken, geschnitten und möglichst frisch gegessen – der pure Genuss! Kann auch zum Marmeladebrot werden (z.B. mit Aprikosen im Teig), vielleicht noch etwas Quark dazu und das Ganze dann noch gratinieren – fertig ist die Quark-Aprikosen-Streusel-Schnitte. Viele klassische Schnitten-Kuchen bestehen aus Hefeteig und werden am besten frisch verspeist. Gehaltvoller und haltbarer werden sie mit Rührteig oder Quark-Öl-Teig, auf die nach dem Backen noch Früchte, Creme oder Glasur kommen können wie etwa bei den Donauwellen.
Die Torten-Kuchen
Manche Kuchen werden ihrem Namen nur noch wenig gerecht, weil sie mit ihrer runden Form und mit all ihrer Fülle und Üppigkeit den Torten schon recht nahe kommen – wie der Käsekuchen etwa. Und manche von ihnen tragen dann auch schon einen anderen Namen wie die nach Konditorenart kunstvoll geflochtene Linzer Torte, die am Ende aber doch eher wie ein großes gutes Plätzchen schmeckt. Ihre Basis ist wie bei vielen Torten-Kuchen und Tartes (dazu mehr bei den Obstkuchen) der Mürbteig, der einer saftigen Füllung oder einem cremigen Belag guten Halt geben kann. Aber auch ein reicher Topfenrahmstrudel oder eine fruchtige Biskuitrolle hat das Zeug zu einem echten Torten-Kuchen.
Was ist …
… ein Napfkuchen? Kuchen vor allem aus Rühr-, Hefe- oder Quark-Öl-Teig, der in einer Napfform gebacken wird, die durch ihre spezielle Form (abgerundeter Boden, konisch, ein „Kamin“ in der Mitte) auch das Durchbacken von hohen, kompakten Kuchen möglich macht, beispielsweise Gugelhupf und Marmorkuchen.
… ein Rodonkuchen? Ähnlich wie Napfkuchen, doch ist die Form hier breiter statt höher – oft eine Springform mit speziellem welligem Boden rund um den breiteren Schornstein. Wird meist mit Rührteig gemacht und auch Kranzkuchen genannt.
… ein Stollen, Strudel, Striezel? Stollen: schwerer Hefe- oder Quark-Öl-Teig mit kandierten bzw. getrockneten Früchten, Nüssen, Marzipan oder anderem angereichert, geformt, gebacken und anschließend „gereift“. Strudel: Früchte, Quark, Nüsse oder Samen wie Mohn werden zum Teil gebunden, in hauchdünn ausgezogenen Strudelteig gerollt und gebacken, meist warm mit süßer Sauce serviert. Striezel: österreichisch für geflochtenes Gebäck aus Hefeteig (Hefezopf).
… ein Becher- oder Tassenkuchen? In englischsprachigen Ländern werden Backzutaten statt in Gramm gewogen traditionell in Bechern oder Tassen („cups“) abgemessen. Um auf eine Küchenwaage verzichten zu können, wird neuerdings auch bei uns mit Bechern und Tassen „gewogen“. Den Becher erhält man von den Zutaten, z. B. Sahne oder Quark, das Maß ist dann eben 200 g oder 250 g.
… Fertigkuchen? Gibt es tiefgekühlt (passabel, wenn frisch aufgebacken), in Folie oder Glas (indiskutabel) sowie halbfertig aus der Tüte zum Anrühren – je mehr frische Zutaten dazukommen, desto besser, nur warum macht man ihn dann nicht gleich ganz selbst?
Teig machen
Butter rühren
Beim Rührteig ist es zuerst die Butter, die gerührt wird – so lange, bis sie cremig, fast schaumig und hell ist. Je weicher sie ist, desto leichter rührt sie sich (dazu die Butter mind. 45–60 Minuten zuvor in Stücke schneiden und in die Küche stellen!). Im Laufe des Rührens lässt man den Zucker langsam einrieseln, was der Butter mehr Substanz gibt. Völlig auflösen, wie in vielen Rezepten gefordert, muss er sich nicht, jedoch sollte er gut aufgenommen sein. Eier werden zimmerwarm (also mit der Butter aus dem Kühlschrank nehmen!) und nacheinander untergerührt (das vorherige soll aufgenommen sein). Sollte die Masse „grießeln“, kann sie im Wasserbad wieder glatt gerührt werden.
Eier schlagen
Für Biskuit werden zimmerwarme Eier oder Eigelbe schaumig geschlagen. Für den Handbetrieb sind ein runder Schlagkessel aus Metall oder festem Kunststoff sowie ein Schneebesen mit vielen weichen Speichen ideal. Damit die Eier aus dem Handgelenk kräftig schlagen, dann nach und nach Zucker einrieseln lassen, bis er einigermaßen aufgelöst ist. Maschinell entweder mit dem Handrührgerät und passenden Rührbesen durch die Schüssel kreisen oder dies von einer Küchenmaschine erledigen lassen. Für Eischnee die sauber getrennten Eiweiße mit den gründlich gereinigten Geräten (Fett verhindert die Schneebildung) ebenso schaumig schlagen. 1 Prise Salz hilft dabei. Zucker einrieseln lassen, sobald der Schnee fest zu werden beginnt. Ist er schnittfest und glänzt er, ist er fertig. Eischnee wird mit einem gelochten Kochlöffel oder einem Schneebesen unter Masse oder Teig gehoben – ein Drittel einrühren, den Rest locker unterheben, dabei bis zum Boden vorstoßen.
Mehl einarbeiten
Bei Biskuit oder Rührteig wird das Mehl am Ende mit so wenig Bewegungen...