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Bancassurance. Methoden der Effizienzsteigerung und ausgewählte Optimierungsmodelle

Methoden der Effizienzsteigerung und ausgewählte Optimierungsmodelle

AutorAndre Eschler
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl72 Seiten
ISBN9783640848072
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich BWL - Unternehmensführung, Management, Organisation, Note: 1,7, Private Fachhochschule Göttingen, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Vertrieb von Versicherungsprodukten durch Banken verbreitet sich in vielen Teilen der Welt. Durch Deregulierungen im Finanzdienstleistungsbereich, Wachstum im Segment der mittleren Einkommen und der vermögenden Haushalte sowie wachsende Lebens- und Rentenversicherungsmärkte in vielen Ländern, erscheint die Etablierung des Vertriebs von Versicherungsprodukten über den Bankschalter als eine natürliche Wahl. Bancassurance bietet einen Nutzen für Versicherungsunternehmen, Banken und ebenso für Kunden. Versicherungsunternehmen können auf die Kundenbasis der Bank zugreifen, den Vorteil des in der Regel breiten Filialnetzes nutzen und gleichzeitig die Vertriebskosten senken; Banken können eine zusätzliche Ertragsquelle erschließen, in dem sie auf Kundenbedürfnisse zugeschnittene ganzheitliche Lösungen anbieten; und Kunden können in den Genuss von one-stop-financial-shopping und möglicherweise niedrigeren Versicherungsprämien kommen. Die Praxis zeigt, dass Banken und Versicherungsgesellschaften diese Vorteile erkannt haben und Partnerschaften eingegangen sind. Es gibt allerdings in den meisten Fällen nach wie vor Probleme, den Verkauf von Versicherungsdienstleistungen in den Bankvertrieb zu integrieren. Es gilt also die bestehenden Kooperationen effizienter zu gestalten. Effizienz wurde von dem Managementwissenschaftler Peter Drucker mit der Formulierung die Dinge richtig zu tun definiert. Die Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie die Effizienz der Zusammenarbeit zwischen Banken und Versicherungen gesteigert werden kann. Das Ziel dieser Arbeit ist, diverse Möglichkeiten der Effizienzsteigerung aufzuzeigen sowie Denkanstöße und Strategieansätze zu vermitteln, die zu einer Intensivierung bzw. Verbesserung der Bancassurance-Kooperation beitragen können. Hierbei wird primär der deutsche Markt betrachtet. Die aufgezeigten Erfolgsfaktoren haben aber auch unter Beachtung der jeweiligen nationalen Besonderheiten Gültigkeit für Bancassurance Kooperationen in anderen Ländern. Es lohnt aber auch der Blick ins Ausland, um Entwicklungspfade und Trends zu erkennen, die eine etwaige Relevanz für den deutschen Markt haben.

Nach einer klassischen Bankkaufmannausbildung absolvierte André Eschler das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der privaten Fachhochschule Göttingen. Während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der Versicherungsbranche. Das Wissen und die Erfahrungen sowohl aus Bank und Versicherung konnte der Autor später in seiner beruflichen Tätigkeit bei einer großen deutschen Bank einbringen, wo er sich u.a. mit dem Thema Vertriebssteuerung Bancassurance beschäftigte. Fasziniert von diesem Thema entstanden diverse Ausarbeitungen zur Kooperation von Bank und Versicherung, die in dem vorliegenden Buch zusammengefasst wurden.

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Leseprobe

2 Bancassurance – die Kooperation von Banken und Versicherungen


 

2.1 Definition und Abgrenzung


 

Es gibt keine einheitliche Definition für den Begriff Bancassurance. Der Grund liegt in der Vielzahl der unterschiedlichen Bancassurance-Strategien und Bancassurance-Modelle. Die verfügbare Literatur zeigt eine große Bandbreite an möglichen Definitionen für Bancassurance:

 

Führer und Grimmer definieren Bancassurance in dem Standardwerk Versicherungsbetriebslehre wie folgt: „Bancassurance ist ein Oberbegriff für alle Formen des Vertriebs von Versicherungsprodukten in einem bankwirtschaftlichen Umfeld.“[4]

 

Die Munich Re Group zitiert in ihrem Report Bancassurance in Europe zwei internationale Definitionen.

 

„the provision of Life insurance services by banks and building societies” aus dem Versicherungswörterbuch der internationalen Beratungsgesellschaft Life Insurance Marketing and Research Association (LIMRA) und

 

“the involvement of banks, savings banks and building societies in the manufacturing, marketing or distribution of insurance products” aus dem Buch von Alan Leach – European Bancassurance – Problems and prospects for 2000.[5]

 

Diese Arbeit lehnt sich an die von Branchenexperten aktuell verwendete, sehr allgemeine  Definition an: Unter Bancassurance versteht man die Zusammenarbeit zwischen Banken und Versicherungsunternehmen, mit dem Ziel des Verkaufs von Versicherungsdienstleistungen am Bankschalter, bzw. über sonstige Vertriebswege der Bank.[6]

 

International und innerhalb der Branche hat sich der aus dem französischen stammende Begriff Bancassurance durchgesetzt. In mancher Literatur findet sich aber auch die Schreibweise Bankassurance.

 

FitchRatings, eine internationale Ratingagentur, beschreibt in ihrem Report Bancassurance or not Bancassurance den Begriff Bancassurance und grenzt diesen ab: Wenn Bank- und Versicherungsgeschäfte in einer integrierten Art und Weise getätigt werden, ist es die Regel, dass die Bank Versicherungsprodukte über ihr Filialnetz verkauft. Allerdings haben sich auch einige Versicherungsgesellschaften dazu entschlossen, Bankprodukte über ihre Vertriebskanäle zu anzubieten. FitchRatings bezeichnet dies als assurbank und nutzt den Begriff Bancassurance ausschließlich für Banken, die Versicherungsprodukte vertreiben. Assurbank ist nicht so erfolgreich wie Bancassurance, da die Versicherungsgesellschaften dieses Geschäft nie als kritisch für ihr Wachstum gesehen haben. Folglich hat die Entwicklung dieses Geschäftsfeldes deutlich später begonnen als Bancassurance und kann als defensive Strategie gesehen werden, da die Banken ihren Anteil an verkauften Versicherungsprodukten, insbesondere Lebensversicherungen, deutlich ausgebaut haben. Der Begriff Lebensversicherungen wird hier und auch fortfolgend in dieser Arbeit als Oberbegriff für Lebens- und Rentenversicherungen verwendet.[7]

 

FitchRatings plädiert zudem dafür, den Begriff Bancassurance im Bereich der verschiedenen Bancassurance-Modelle abzugrenzen. Sie verweisen darauf, dass in den Medien der Begriff Bancassurance häufig dafür verwendet wird, wenn eine Kapitalverbindung zwischen Bank und Versicherungsunternehmen besteht. Eine Kapitalverbindung führt aber nicht zwangsläufig zu einer intensiven Zusammenarbeit der Unternehmen. Obwohl einige große europäische Institutionen wie ein Konzern strukturiert sind, mit eigenständigen Bank- und Versicherungstochtergesellschaften, die von einer gemeinschaftlichen Holdinggesellschaft gehalten werden, gibt es in der Regel begrenzte Verknüpfungen auf operationeller Ebene.[8] Als Beispiel nennt FitchRatings die Geschäfte des niederländischen Finanzkonzerns ING in den USA. Die Gruppe führt ihre Direktbank Sparte ING Direct in einer Weise, die von den anderen Aktivitäten der Gruppe fast völlig autonom ist. Unter anderem vom Bereich Lebensversicherung, obwohl die ING Insurance in den USA unter den Top 5 bei mehreren großen Produktlinien rangiert. Die Bank und die Versicherungsgesellschaft sind Schwestergesellschaften mit unterschiedlichen Strategien, Management Teams und Berichtswegen und sie teilen sich auch nur in begrenztem Maße die Ressourcen. Als ein weiteres Beispiel zur Wichtigkeit der Abgrenzung nennt FitchRatings die britische Versicherungsgesellschaft Clerical Medical (Teil des Finanzkonzerns HBOS) oder die französische Cardif (Teil von BNP Paribas), die ihre Produkte über externe Vermittler vertreiben. Für diese Geschäftsmodelle nutzt FitchRatings den Begriff bank-insurance[9]

 

Da sich die Geschäftsmodelle untereinander stark unterscheiden und es sogar sein kann, dass eine Institution verschiedene Modelle nutzt, folgt eine detaillierte Beschreibung der verschiedenen Bancassurance-Geschäftsmodelle im Kapitel 3.3.

 

Die Unternehmensberatung Accenture grenzt Bancassurance zudem explizit von dem Begriff Allfinanz ab. Allfinanz definieren sie als das Konzept des Angebots von nahezu allen für die jeweilige Kundengruppe relevanten Finanzdienstleistungen aus einer Hand. Eine Abgrenzungsmöglichkeit bietet die Unterscheidung nach dem Schwerpunkt der geschäftlichen Tätigkeit des treibenden Unternehmens. Die Abbildung 1 soll Klarheit in diese Begriffsvielfalt bringen.

 

 

Abbildung 1: Abgrenzung Bancassurance nach dem Geschäftsschwerpunkt

 

Allfinanz ist der Sammelbegriff für Bancassurance, Asset Gathering und Assurfinance. Liegt der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit im Bankgeschäft wird von Bancassurance gesprochen. Beispiele hierfür sind die deutschen Großbanken Deutsche Bank, Commerzbank, UniCredit Bank (ehemalige HypoVereinsbank) oder Postbank, weil die Erträge aus dem Bankgeschäft deutlich höher sind als die Erträge aus dem Versicherungsgeschäft.

 

Der Begriff Assurfinance wird verwendet, wenn der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit im Versicherungsgeschäft liegt. Asset Gathering ist ebenfalls ein Unterbegriff von Allfinanz. Hierunter versteht man allgemein die Sammlung von Kundengeldern mittels verschiedenster Anlageformen aus dem Finanzbereich.[10]

 

2.2 Perspektiven von Bancassurance


 

Im Verlauf des letzen Jahrzehnts blieb Bancassurance ein strittiges Thema. Mal wurde es dargelegt als neues Paradigma für die Finanzindustrie, mal als erfolgloses Geschäftsmodell, das versucht zwei Aktivitäten zu verbinden die strukturell nicht kompatibel sind. Jede Ankündigung über einen Verkauf, Zerschlagung, Übernahme oder Partnerschaft in Verbindung mit einer Bank und einer Versicherung bot die Gelegenheit für die eine oder andere Partei, ihre Ansicht zu bekräftigen.[11] Insbesondere die Veränderungen in Folge der aktuellen Finanz- und Bankenkrise, wie die Zerschlagung des belgischen Finanzkonzerns Fortis oder der niederländischen ING Group wurden dazu benutzt, um den Niedergang von Bancassurance zu verkünden. Ein Beispiel hierfür ist der Titel des Magazins Life Insurance International vom November 2009 mit dem Titel Black Days for Bancassurance. Berichtet wird u.a. über die Restrukturierung der ING Group. Die Europäische Kommission hat dem niederländischen Bank- und Versicherungskonzern ING Group, der durch die Finanzkrise Staatshilfen in Anspruch nehmen musste, die Aufspaltung in die einzelnen Sparten verordnet.[12] Das Handelsblatt zitierte in einem Bericht über die Aufspaltung der ING Group den Economist, eine britische Wochenzeitschrift. Diese schrieb in diesem Zusammenhang von einem Trend. Der Autor des Artikels ist der Meinung, dass das Konzept Bancassurance gescheitert sei, da am gleichen Tag wie ING auch der britische Versicherer Standard Life angekündigt hat, seine Banksparte an Barclays, einen internationalen Finanzkonzern, ebenfalls aus Großbritannien, zu verkaufen.

 

Das Handelsblatt erläutert in dem Bericht zudem die Absichten der Europäischen Kommission und zitiert hierzu den Business Spectator aus Australien. Größe und Vielfalt bei den Bank- und Versicherungskonzernen haben nicht zur Sicherheit beigetragen. Vielmehr haben die Komplexität und Größe dazu geführt, dass die Finanzkonzerne zu komplex zu managen und zu regulieren sind. Ein weiteres Problem, das mit dem Begriff too big to fail beschrieben wird, ist dass die großen Finanzkonzerne systemrelevant sind, d.h. zu groß und zu wichtig und Bankrott zu gehen. Die Europäische Kommission hat bei Finanzkonzernen, welche während der Finanzkrise Staatshilfen in Anspruch genommen haben, starken Einfluss und Interventionsmöglichkeiten. Das Ziel der Europäischen Kommission ist ein Europa mit zahlreicheren, kleineren und weniger anfälligen Instituten.[13]

 

FitchRatings, eine der bedeutendsten Ratingagenturen, ist anderer Meinung und schreibt in dem Artikel Bancassurance: Dead or Alive, dass sie Bancassurance als funktionsfähiges Geschäftsmodell erachten. Als Beispiel führen sie u.a. die Dexia Group an. Ein belgisch französischer Bankkonzern, der ebenfalls durch die Finanzkrise in Finanznot gekommen war, Staatshilfen erhalten hat und dadurch ebenfalls von der Europäischen Kommission...

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