Über dieses Buch
Dieses Buch ist für alle geschrieben, die ihren eigenen Garten oder eine Gemeinschaftsfläche vermehrt zum Anbau von Gemüse, Obst und Kräutern nutzen oder die eine gemeinschaftsgetragene Form von Selbstversorgung aufbauen wollen – vielleicht auch beides. In erster Linie ist es für all jene, die auf diesem Weg die ersten Schritte tun. Was braucht es, damit Selbstversorgung – die letztlich immer gemeinschaftlich ist – wirklich gelingen kann? Die vielen Initiativen zur Selbstversorgung, die in den letzten Jahren entstanden sind, zeigen, dass Selbstversorgung im 21. Jahrhundert – anders als dies noch vor wenigen Jahrzehnten gelebt wurde – kein Aussteigen, kein „Sich-zurück-Ziehen“ auf einen Selbstversorger-Bauernhof bedeutet. Auf der einen Seite natürlich steigt man aus dem Kundenkreis der Lebensmittelindustrie aus, aber gleichzeitig verbindet man sich mehr mit der eigenen Region und den Menschen dort. Dazu gibt es verschiedene Wege: Eine Sache ist, den eigenen Garten für die Selbstversorgung mit Obst, Gemüse und Kräutern zu nutzen. Eine andere sind längerfristige Kooperationen und verlässliche Beziehungen mit Bäuerinnen und Bauern oder GärtnerInnen aus der Umgebung aufzubauen. Das kann ein Ernte-Anteil sein, den man fix pro Woche abnimmt, oder ein Teil der Ersparnisse, die man einer Bio-Gärtnerei – zum Beispiel zur Anschaffung eines Lagers oder eines Elektroautos für die Auslieferung – zur Verfügung stellt. Sei es in Form von Crowdfunding, als Einlage in einer Genossenschaft oder als Aktien-Anteil in einer Regionalwert AG, um die lokalen Liefer- und Verarbeitungsketten zwischen Betrieben und bis auf den eigenen Teller wieder neu aufzubauen.
1. Teil
Vorbereitung – Die alte bäuerliche Landwirtschaft und ihre Prinzipien / Selbstversorgung in Ernährungskennzahlen / Welche Form der Selbstversorgung passt zu mir? / Individuell anbauen / Gemeinsam anbauen
Selbstversorgung beginnt nicht mit dem Anbau und dem Verarbeiten von Gemüse und Obst, sondern mit dem Schaffen der entsprechenden sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen sowie den räumlichen Ressourcen. Im ersten Teil des Buches wird daher zunächst auf die vielfältigen Möglichkeiten eingegangen, sich mit wenigen oder mit vielen Menschen zusammenzuschließen, um ökologische, zu fairen Arbeitsbedingungen regional erzeugte Nahrung auf den Tisch zu bekommen. Die Möglichkeiten sind vielfältiger als man meinen mag. Anhand der vorgestellten Formen kann man auch einiges über die Erzeuger und Initiatoren erfahren, die mit viel Herzblut und Ausdauer zukunftsweisende Initiativen ins Leben gerufen haben. Zum Einstieg zeigt ein Blick zurück, dass die alte bäuerliche Ökonomie auf die Versorgung der Hausleute mit Essen, Wohnraum und Energie ausgerichtet war, was erst mit dem Einzug der industrialisierten Landwirtschaft an Bedeutung verlor. Das Kapitel leitet Prinzipien einer lokalen Versorgungswirtschaft ab und zeigt, wie diese Prinzipien auch gegenwärtig für eine moderne Versorgungswirtschaft Vorbild sein können.
Um welche Mengen geht es, wenn man Selbstversorgung ernsthaft in Angriff nimmt? Dann bedeutet Versorgung etwas anderes, als ein paar Tomaten am Balkon zu ernten. Was bedeutet „Versorgung“ in Zahlen? Um dies zu erläutern, beschäftigt sich das nächste Kapitel (von der Ernährungswissenschafterin Rosemarie Zehetgruber) mit der Frage, wie viel Gemüse, Obst und Kräuter ein Mensch im Jahr isst – oder essen sollte, wenn man die Empfehlungen der Ernährungswissenschaften (weniger Fleisch und mehr Gemüse und Obst zu essen) ernst nimmt. Daraufhin wird aufgezeigt, welche Anbauflächen man braucht, um diese Mengen tatsächlich zu ernten. Da in der Umstellung auf biologischen Anbau die Erträge in der Regel niedriger sind und auch diese Umstellung häufig am Beginn steht, behandelt ein Kapitel die Frage, wie man einen Garten auf die biologische Wirschaftsweise umstellt.
Ein Selbst-Test zum Ankreuzen von Reinhard Prenn gibt zudem augenzwinkernd Auskunft, welche Form der Selbstversorgung für wen geeignet ist. Dieser soll in erster Linie vor dem Scheitern bewahren. Und speziell vor allzu hochtrabenden Zielen. Denn nicht selten haben unrealistische Ziele dazu geführt, dann doch wieder ausschließlich beim Gemüse aus dem Supermarkt zu landen.
Das Kapitel „Individuell anbauen“ zeigt anschließend, wie man am besten startet, mit wie viel Zeit man rechnen muss, wenn man einen Nutzgarten bestellt, und vor welchen Herausforderungen Mann und Frau stehen, wenn Selbstversorgung gemeinsam mit den ersten Kindern ein Thema wird. Vor allem werden hier klassische Anfängerfehler beschrieben und gezeigt, wie man sie umschiffen kann. Das darauf folgende Kapitel „Den Selbstversorger-Garten planen“ porträtiert Gärten von Menschen, die sich ganz oder teilweise aus ihren Gärten versorgen. Sie stehen exemplarisch für unterschiedliche Anbau-Systeme. Wohlwissend, dass kein Garten dem anderen gleicht und sich die tatsächlichen gewählten Wege oft Schritt für Schritt ergeben. Ins Gärtnern wächst man hinein, den eigenen Standort lernt man kennen, indem man ihn bebaut. Vieles zeigt sich erst im Tun. Mit einer gewissen Planungsgrundlage kann die Machbarkeit besser eingeschätzt werden und nicht zuletzt haben Pläne auch eine inspirierende Wirkung. Eine historisch bewährte Form des Nutzgartens ist der individuell bewirtschaftete Kleingarten. Ihm, seiner Geschichte und den Nutzungsmöglichkeiten zur Selbstversorgung ist ein Kapitel gewidmet.
In den letzten Jahren sind viele neue Formen der gemeinschaftlichen Selbstversorgung entstanden. Für viele ist es schlicht nicht möglich, einen eigenen Garten zu bewirtschaften: weil sie in der Stadt leben, weil sie keinen eigenen Garten haben und dieser auch nicht in Sicht ist, weil sie beruflich voll eingespannt sind, weil die Kinder klein sind, weil sie das Gärtnern nicht von zu Hause gelernt haben und das Gärtnern gerade zu Beginn viel Zeit braucht. Es gibt viele Gründe, warum es für einzelne nicht möglich sein kann, einen eigenen Garten zu bewirtschaften. Das Kapitel „Gemeinsam anbauen“ stellt daher alte und neue Wege der gemeinschaftsgetragenen Selbstversorgung vor. Eine einfache Form ist, dass Bäuerinnen und Bauern ein Stück Land für Nachbarinnen und Nachbarn zur Verfügung stellen und so auch für sich wieder neue Beziehungsnetzwerke aufbauen. Eine strukturiertere Form der Kooperation zwischen Bäuerinnen und Bauern auf der einen Seite und Menschen, die ein Stück Land bewirtschaften wollen, ist das Konzept der Selbsternte (→ siehe Seite 106). Auch Kommunen wie die Stadt München organisieren diese Formen des Anbaus von Gemüse, die sich seit vielen Jahren bewähren.
Nach einem Kapitel zum Thema Gemeinschaftsgarten und gemeinsam organisierten Formen des Gemüseund Obstanbaus, geht es ausführlich um neue Formen der gemeinschaftlichen Selbstversorgung, die in den letzten zehn Jahren entstanden sind: Foodcoops – auch Lebensmittelkooperativen genannt – sind selbst organisierte Einkaufsgemeinschaften, die Produkte direkt von Bäuerinnen und Bauern beziehen. Bei der Solidarischen Landwirtschaft (SOLAWI/CSA) nehmen Menschen fix einen bestimmten Anteil der Ernte ab, helfen teilweise bei Anbau und Ernte und eignen sich so auch Kenntnisse und Fähigkeiten des Gemüseanbaus an. Diese Form der Landwirtschaft/des Gartenbaus ermöglicht es, neue lokale Versorgungsgemeinschaften aufzubauen. Eine andere Form ist die Gründung einer Genossenschaft. Mit ihrem Einlage-Kapital und einem fixen monatlichen Ernte-Anteil finanzieren die Mitglieder einer Genossenschaft zum Beispiel den Aufbau ihrer eigenen Gärtnerei und bekommen dafür an 50 Wochen im Jahr eine Gemüsekiste geliefert. Auch Crowdfunding, das sich immer größerer Beliebtheit und wachsendem Erfolg erfreut, ist eine realistische Möglichkeit, die Versorgung einer Gemeinschaft sicherzustellen, gerade wenn es darum geht, außerplanmäßig größere Investitionen zu tätigen. Eine sehr weitreichende Form, wieder Verantwortung für die Art und Weise, wie Lebensmittel in der eigenen Region erzeugt werden können, zu übernehmen, ist das Konzept der Bürgeraktiengesellschaft, der Regionalwert AG. Auch dieses Konzept ist eine Form der Selbstversorgung, im Sinne einer Regionalwertökonomie, in der Menschen einen Teil ihres Kapitals Betrieben für den Aufbau einer ökologischen Lebensmittelversorgung zur Verfügung stellen.
2. Teil
Grundlagen – Ressourcen / Ausstattung und Lagerung
Im zweiten Teil werden die wesentlichen Grundlagen vermittelt, die zum Gärtnern unerlässlich sind. Dazu gehören einerseits immaterielle Grundlagen – gärtnerisches Basiswissen – und andererseits die materielle Ausstattung des Selbstversorger-Gartens. Der Boden ist in jedem Fall die Grundlage. Im Kapitel „Ressourcen“ werden seine Zusammensetzung, Schichtung und Funktionen ausführlich beschrieben sowie die Frage beantwortet, wie man ihn am besten düngt, damit die Fruchtbarkeit des Bodens von Jahr zu Jahr steigt. Dabei sind auch die Themen Kompost,...