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Bearbeitung von Jugendsachen

Lehr- und Studienbriefe Kriminalistik/Kriminologie, Band 12

AutorHorst Clages, Reingard Nisse
VerlagVerlag Deutsche Polizeiliteratur
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl117 Seiten
ISBN9783801106928
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Einsatzkräfte der Polizei kommen im täglichen Dienst ständig aus vielfältigen Anlässen mit jungen Menschen in Kontakt. Das dabei notwendige Einfühlungsvermögen, das sichere rechtlich fundierte Einschreiten sowie die Durchführung der erforderlichen präventiven und repressiven Maßnahmen setzen fundierte Kenntnisse sowohl zur Phänomenologie, zu den Ursachen und der Entwicklung der Kinder- und Jugenddelinquenz als auch zu den spezifischen Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes und der entsprechenden Polizeidienstvorschrift (PDV 382) voraus. Mit diesem Studienbrief stellen die Autoren die wesentlichen Tätigkeitsfelder polizeilicher Jugendarbeit - Kriminalprävention, Jugendschutz durch Gefahrenabwehr, Strafverfolgung von Jugendkriminalität - dar und rüsten Polizeibeamte mit dem dazu notwendigen Grundwissen aus. Der praxisorientierte Schwerpunkt dieses Studienbriefes liegt in der Bereitstellung von Handlungsanleitungen für die im operativen Dienst und im Ermittlungsdienst der Polizei tätigen Beamtinnen und Beamten.

Horst Clages, Leitender Kriminaldirektor a.D. 41 Jahre Polizeidienst in der kriminalistischen Praxis und in verschiedenen Leitungsfunktionen. Mehrjährige Lehrtätigkeit als Dozent für Kriminalwissenschaften an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (FHöV NRW), u.a. Fachbereichssprecher des Fachbereichs Polizeivollzugsdienst an der FHöV NRW. Vorsitzender von Prüfungskommissionen für den gehobenen Dienst der Polizei. Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e. V. und deren Gründungsmitglied. Chefredakteur der Fachzeitschrift 'Polizei - Studium - Praxis'. Prof. Dr. Reingard Nisse Prof. Dr. Reingard Nisse verfügt über langjährige Praxiserfahrung in der Kriminalpolizei. Von 1965 bis 1996 war sie Angehörige der Polizei. In diesem Zeitraum absolvierte sie ein Fach- und Hochschulstudium und promovierte. Ihre Dissertation war das Ergebnis von Forschungen zur Jugendkriminalität, ihre Habilitationsschrift befasste sich mit Kriminalitätserscheinungen in neu entstehenden Wohngebieten und den entsprechenden polizeilichen Präventionsmaßnahmen. Von 1996 bis 2008 war sie als Dozentin für Kriminalistik und Kriminologie an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg tätig, fungierte mehrere Jahre als Leiterin der Fachgruppe Kriminal- und Sozialwissenschaften und als Vizepräsidentin. Seit 2008 war sie an verschiedenen Fachhochschulen als Lehrbeauftragte tätig. Frau Prof. Dr. Nisse ist Gründungsmitglied der Deutschen Geselischaft für Kriminalistik e. V.

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Leseprobe
1Jugendkriminalität - Definitionen und Begriffsbestimmungen
1.1Jugend - eine demografische, soziale und rechtliche Kategorie
Ein Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik verdeutlicht es eindringlich: Junge Menschen unter 21 Jahren bestimmen wesentlich die Struktur und Bewegung der Kriminalität im Hellfeld. Sie bilden jahrzehntelang ca. ein Drittel der Tatverdächtigen. Sie sind es, mit denen sich Polizeibeamte bei der Prävention und Repression der Massenkriminalität in erster Linie auseinandersetzen müssen. Polizeibeamte sind in ihrer täglichen Arbeit demzufolge in einem hohen Maße mit der Delinquenz junger Menschen befasst.
Bereits im 19. Jahrhundert entdeckte der Franzose Andre-Michel Guerry de Champneuf (1802-1866), Justizstaatssekretär, die Grundzüge der altersmäßigen Verteilung der Kriminalität. Er stellte fest, dass die Kriminalität ihren Gipfel im Altersbereich von 25 bis 30 Jahren erreicht.
Diese Aussage trifft auch für die gegenwärtigen Kriminalstatistiken zu. "Dies kann in allen westlichen Ländern seit der Einführung von Kriminalstatistiken, mithin seit mehr als hundert Jahren beobachtet werden." Jugendkriminalität wird heute ganz selbstverständlich sowohl in Rechtsverordnungen, in den Kriminalstatistiken wie auch in sozialwissenschaftlichen Betrachtungen als separater Teil der Gesamtkriminalität angesehen.
Da im Gegensatz zur Bezeichnung gegenstandsbezogener Kriminalität, wie Eigentums-, Wirtschafts- und Umweltkriminalität, sich der Begriff Jugendkriminalität am Alter der Täter orientiert, lässt sich diese Kategorie nur hinreichend erörtern, wenn das Verständnis für die Besonderheiten des Jugendalters Beachtung findet.
Welche Besonderheiten sind es, die letztlich in den rechtlichen Bestimmungen ihre Entsprechung finden und die Arbeit der Polizei mit delinquenten jungen Menschen taktisch und inhaltlich bestimmen?
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Begriff der Jugenddelinquenz, der auf Ergebnissen soziologischer Forschungen zum abweichenden Verhalten von Kindern und Jugendlichen fußte und Straftaten Jugendlicher als ein soziokulturelles Phänomen erfasste.
Jugendstrafrecht basiert auf der Erkenntnis der Entwicklungsphase junger Menschen, die insbesondere durch Identitätsfindung in einem gesellschaftlich normierten Zeitraum geprägt ist.
In der Literatur herrscht weitgehend Einigkeit bezüglich der Auffassung, das Jugendalter sei durch ein Spannungsfeld widersprüchlicher, zumindest vielfältiger Erwartungen, Anforderungen und Angebote gekennzeichnet.
Jugend ist gemeinhin als Übergangsphase von der Kindheit zum Erwachsensein zu verstehen. Eine eher simple, dennoch allgemeine Beschreibung einer Bevölkerungspopulation, die sich aus sehr unterschiedlichen Individuen mit den vielfältigsten Bindungen und Milieus zusammensetzt.
"Bekanntlich ist die Jugend die Zeit des Übergangs zu neuen Bezugsgruppen, eine Phase der gesteigerten Aktivität und des Kräftezuwachses sowie der Selbstfindung, der Überprüfung überlieferter Werte, der Lebensplanung und Integration." So werden im Wesentlichen folgende jugendtypische Momente als Zeichen für die Unreife und damit mögliche Basisfaktoren für abweichendes Verhalten angesehen: Fehlen von Zielstrebigkeit, planloses impulsives Handeln, Nachahmungstrieb, Geltungsbedürfnis, Leichtsinn, Unbekümmertheit, Anlehnungsbedürftigkeit, naiv-vertrauensseliges Verhalten, spielerische Einstellung zur Arbeit, Erlebnishunger und Geschwindigkeitsrausch.
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