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Berufsgenossenschaften und Europarecht.

Eine sozialökonomische Analyse.

AutorFrank Schulz-Nieswandt
VerlagDuncker & Humblot GmbH
Erscheinungsjahr2011
ReiheSchriften zum Genossenschaftswesen und zur Öffentlichen Wirtschaft 38
Seitenanzahl78 Seiten
ISBN9783428535804
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,90 EUR
Bezugnehmend auf die RS Kattner ist zu fragen: Sind die Berufsgenossenschaften Unternehmen im Sinne der Art. 101 und 102 AEUV? Sie können es im funktionellen Sinne sein oder werden, wenn eine Marktöffnung des Monopols (Aufgabenprivatisierung) vorgenommen wird. Das ist 'technisch' möglich, führt aber infolge von Marktversagen und der Unfähigkeit des Marktes, solidarischen Sozialschutz zu organisieren, zu gesellschaftlich unerwünschten Marktergebnissen. Ein Verstoß gegenüber der Dienstleistungsfreiheit im Binnenmarkt (gemäß Art. 56 und 57 AEUV) mag a) entweder nicht vorliegen oder b) vorliegen, aber u. a. mit Blick auf ein Verhältnismäßigkeitsgebot begründbar und daher zulässig sein. Das Hauptergebnis der Analyse ist: Die gesetzliche Unfallversicherung geht nicht über das Ziel einer solidarischen Finanzierung der sozialen Sicherheit hinaus und erfüllt nur Sozialversicherungsaufgaben. Als zentrale Ergebnisse der Analyse wäre zu betonen: Die Wahl dieser Solidarordnung verlangt die Monopolbildung. Der Lastenausgleich zwischen den Berufsgenossenschaften ist in einem System gewinnorientierter privater Versicherungsanbieter durch Privatisierung im Sinne der Marktöffnung nicht möglich und würde so das finanzielle Gleichgewicht des berufsgenossenschaftlichen Systems untergraben. Derartige Marktöffnungen wären mit Risikoselektionen verbunden, die die Konstruktionslogik des Systems nicht nur gefährden, sondern erodieren würden. Hierbei entstehen Probleme der Versicherbarkeit schlechter Risiken. Private Versicherungen sind ferner nicht billiger, werfen höhere Verwaltungskosten auf, und zusätzlich treten neue Transaktionskosten im Vergleich zum berufsgenossenschaftlichen Monopol auf, die volkswirtschaftlich Wohlfahrtsverluste darstellen. Es ist eine Fehleinschätzung, a priori zu behaupten, privatwirtschaftliche Arrangements seien effizienter als öffentliche Monopole.

Frank Schulz-Nieswandt, Sozialwissenschaftler; Univ.-Professur für Sozialpolitik, Methoden der qualitativen Sozialforschung und Genossenschaftswesen im Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS) an der Universität zu Köln, dort: Studiendekan; Honorarprofessur für Sozialökonomie der Pflege an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar, derzeit Vorstandsvorsitzender des Kuratorium Deutsche Altershilfe. Er ist Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt, federführender Herausgeber der »Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen«. Forschungsschwerpunkte: Ontologie und Anthropologie der Sozialpolitik und der genossenschaftlichen Form, Gemeinwirtschaftslehre, Altern/Gesundheit/Pflege.

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