Im vorangegangenen Kapitel haben wir uns mit den positiven Aspekten und Motiven der Eifersucht beschäftigt. Jetzt sehen wir uns an, was sie auf Dauer anrichtet. Denn letztlich geht es nicht um die möglicherweise positive Absicht eines Verhaltens, sondern um das tatsächliche Ergebnis, das wir damit erzielen. Dieses Kapitel soll Ihnen Kraft geben, eine Entscheidung zu treffen: gegen die Eifersucht und für die Liebe!
Das heftige Empfinden von Eifersucht kann mit fließendem Übergang vom leichten „Zieper” bis ins Krankhafte, ja Wahnhafte gehen und quält uns bis über das aushaltbare Limit hinaus. Als eifersüchtiger Mensch haben wir es in einer akuten Eifersuchtsattacke mit spontan auftretenden, heftigen Reaktionen auf allen Ebenen zu tun und sind daher oft schlichtweg einfach überfordert.
Gedankliche Reaktionen: Wenn wir merken, dass ein unverhältnismäßig großer Teil der eigenen Gedanken sich nur noch darum dreht, was unser Partner jetzt vielleicht gerade treibt, uns die schlimmsten Vorstellungen quälen und wir unsere Gedanken davon kaum noch lösen können, dann haben wir es mit einer faustdicken Eifersucht zu tun.
Emotionale Reaktionen: Wenn der Partner sich nicht so verhält, wie wir es bräuchten, um uns seiner sicher zu fühlen, entgleisen wir in Wutanfälle, Angstzustände, Depressionen, Verzweiflung und dauerhaftes Misstrauen. Wir glauben unserem Partner nichts mehr, egal was er sagt und wie sehr er seine Unschuld beteuert. Wir glauben, dass wir wissen, was in ihm vorgeht und was die Wahrheit ist.
Körperliche Reaktionen: Wenn wir dazu starke körperliche Symptome wie Anspannung, Herzrasen, Zittern, Schweißausbrüche, Unruhe, Übelkeit oder Schlafstörungen bekommen, dann ist es ernst und wird höchste Zeit, etwas zu unternehmen.
Verhaltensreaktionen: Kontrollanrufe beim Partner, nachspionieren, Dritte ausfragen oder auf den Partner ansetzen, „zufälliges” Auftauchen, Übergriffe in seine Privatsphäre (wie seine Post, E-Mails, SMS oder WhatsApps lesen, seine Kleidung, sein Auto oder die Brieftasche durchsuchen usw.) und ihn in einem angriffslustigen „Verhör” dingfest zu machen, gehören ins Verhaltensrepertoire bei Eifersucht ebenso wie Beschuldigungen, Unterstellungen, Szenen, Beschimpfungen, Trotzreaktionen, Racheakte und Vorwürfe.
Andere Verhaltensreaktionen können sein: Jammern, Klammern, Dro hen, Betteln, Liebes- und/oder Sexentzug, Schmollen, Rückzug, den Partner in irgendeiner Form bestrafen, eifersüchtig machen (also den Spieß umdrehen), nicht mehr mit ihm sprechen, ihn vor anderen schlecht machen, emotional erpressen und manipulieren (z. B. dass man sich etwas antut) oder ihm Schuldgefühle machen und viele Varianten mehr.
Welche der gedanklichen, emotionalen, körperlichen oder Verhaltensreaktionen haben Sie schon bei sich bemerkt? Schreiben Sie sie auf!
Oft begleitet ein immer stärker werdendes Vermeidungsverhalten diese Symptome. So möchten wir nicht mehr alleine ausgehen, aus Angst, der Partner könnte dann das Gleiche für sich beanspruchen. Aber auch zusammen ausgehen ist nicht mehr erstrebenswert, denn unser Lieblingsmensch könnte ja irgendwo jemand Begehrenswerten sehen. Je mehr wir jedoch derlei Situationen meiden, umso stärker wird im Lauf der Zeit unsere Eifersucht.
Diese extreme Form der Eifersucht stellt nicht nur für den beschuldigten Partner und die gesamte Beziehung eine enorme Belastung dar, sondern vor allem für denjenigen, der sie in sich fühlt und keinen Ausweg findet.
Eifersucht hat einen Zweck, das wissen wir inzwischen – sie will bewahren, was wir haben, damit hat sie ihr Gutes. Dennoch basiert sie auf etwas Negativem, nämlich einer vorgestellten Gefahr. Aber wenn wir uns die Eifersucht einmal in ihren Extremen ansehen, wird deutlich, um was es sich eigentlich handelt und was sie alles anrichten kann. Je intensiver die Eifersucht, umso kritischer wird es. Laut Statistik der Kriminalpolizei geschehen über die Hälfte der Morde aus Eifersucht, dazu kommen Gewaltdelikte, die „nur” mit Körperverletzung enden.
Wenn man diese Resultate liest, klingt das nicht mehr wirklich nach Liebe, nicht wahr? Je größer die Eifersucht, umso kleiner scheint die Flamme der Liebe noch ein balancierendes Gegengewicht geben zu können. Liebe bedeutet im Grunde ein umfassendes Wohlwollen, Freiheit, die Freude am Glück und der Entfaltung des Partners. Eifersucht hingegen ist ein Zeichen von Misstrauen gegenüber dem anderen und seiner Liebe, es ist ein rabiates Einfordern von etwas, das nur im Rahmen der Freiwilligkeit entstehen und lebendig bleiben kann. Der Eifersüchtige denkt in dem Moment nur an sich selbst, hält sein Verhalten für rechtens und normal und das seines Lieblingsmenschen für rücksichtlos und unverschämt. Der andere hat aus seiner Sicht also die Schuld.
Somit ist die Eifersucht in Reinform tatsächlich eine destruktive, zerstörerische Emotion, der wir möglichst schon im Entstehen Einhalt gebieten sollten. Man kann sie, wenn sie dezent ist, noch ganz charmant finden, aber in ausgewachsener Form ist sie geradezu gefährlich und mit dem Hilfeschrei eines Ertrinkenden zu vergleichen, der in seiner Panik jeden, der sich nähert, mit in die Tiefe reißt.
Im folgenden Abschnitt geht es um die Folgen, die unsere Eifersucht mit den dazugehörenden Attacken auf unseren Partner hat. Es geht um die psychologische Sicht der anderen Seite. Es liest sich nicht schön, und doch ist es wahr und wirklich erschreckend, welche Auswirkungen eifersüchtiges Verhalten auf unseren Partner und die Beziehung hat. Wenn wir uns diese negativen Konsequenzen bewusst machen, erhöht das unsere Motivation und Veränderungsbereitschaft. Mit einem Rückenwind dieser Art fällt es leichter, den Veränderungsprozess durchzuziehen, auch wenn es schwerfällt.
Gleich zu Anfang etwas Statistik: Eine Trennung bzw. Scheidung aufgrund von Eifersucht und Kontrollzwang gehört laut einer Umfrage des Dating-Portals Elite Partner zu den Top 10 der Trennungsgründe. Die Befragten gaben an, sich getrennt zu haben, weil die Partnerschaft durch Misstrauen, Eifersucht und Kontrollzwang so belastet war, dass ein Bleiben keine Option mehr darstellte. Im Vergleich dazu kommt es deutlich seltener vor, dass Trennungen aufgrund von Fremdgehen stattfinden.
Jeder Mensch hat den Wunsch, ja ein Grundrecht darauf, sich wohlzufühlen. Dadurch, dass wir beruflich heute mehr denn je gefordert werden und alles immer schneller und stressiger wird, ist das Bedürfnis nach einem harmonischen Zuhause, in dem wir uns erholen und neue Kraft tanken können, deutlich gestiegen. Wir brauchen dringend einen ruhigen Gegenpol zu unserem hektischen, kräftezehrenden Alltagsleben, um langfristig gesund, leistungsfähig und vor allem glücklich zu bleiben. Dafür ist normalerweise unsere Partnerschaft gedacht.
Wenn aufgrund von extremer Eifersucht die Partnerschaft jedoch mehr und mehr zum Minen- und Schlachtfeld wird, können Menschen damit nur einen gewissen Zeitraum umgehen. Wenn die Liebe sehr groß ist, ist der Puffer auch stark genug, um die Dramen eine ganze Weile abzufedern und zu relativieren, aber nicht ewig. Führen Gespräche und Versprechen nicht zur Harmonie, fühlt sich der Partner irgendwann hilflos.
Irgendwann beginnt er, der Partnerschaft mehr und mehr zu entfliehen, und bevorzugt dann andere Orte und Freizeitbeschäftigungen, die seinem Wunsch nach Ausgleich und Erholung eher entsprechen. Wenn sich die belastende Situation innerhalb der Partnerschaft jedoch dauerhaft nicht löst, ist die Gefahr sehr groß, dass er sich früher oder später dafür entscheidet zu gehen, weil ihm diese Konstellation zu anstrengend ist.
Nur wir kennen unseren Partner und seine berufliche und gesundheitliche Situation so gut, dass wir einschätzen können, wie viel Kapazität er für die Problematik in der Beziehung frei hat. Ganz abgesehen davon, dass es uns selbst richtiggehend krank macht – auch dem Partner geht diese Situation massiv an die Substanz.
Grundlose Eifersucht unterminiert massiv die Vertrauensbasis einer jeden Partnerschaft. So ist nachgewiesen, dass sie nicht nur das gegenseitige Gefühl, sondern auch die gemeinsame Kommunikation vergiftet, mit dem Effekt, dass sich der beschuldigte Partner kaum noch traut, einfach drauflos zu sprechen und irgendetwas zu erzählen. Stattdessen überlegt er sich jedes Wort und lässt Dinge weg, die wiederum zu Eifersuchtsanfällen Anlass geben könnten. Vielleicht berichtet er sogar sicherheitshalber kleine Unwahrheiten, um den Partner und sich zu schonen. Sobald etwas davon auffliegt, wird das Misstrauen des eifersüchtigen Partners natürlich bestärkt, und es entstehen erst recht Streitereien. Er hat auf diese Weise bald immer mehr weniger Lust auf Austausch. Wenn in der Beziehung jedoch nicht mehr über wesentliche...