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Brand New

Was starke Marken heute wirklich brauchen

AutorJon Christoph Berndt, Sven Henkel
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783864146541
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Alles, was man über 'Marke' wissen muss: Die Marke ist tot - zumindest in der kontraproduktiven Art, wie sie von den meisten Unternehmensmachern leider immer noch verstanden und gelebt wird. Eine Marke ist weder Logo und Werbung noch austauschbare Superlativtexte und Fotos in Multicolor. Vielmehr ist sie, verantwortungsvoll entwickelt und wirklich gelebt, die letzte Chance dafür, im Ozean der Gleichförmigkeit zu überleben. Nur wer sich mit seinen Kunden und deren Ansprüchen auseinandersetzt und seine Produkte mithilfe der Marke konsequent auf sie ausrichtet, wird die Schlacht gewinnen, die um die Aufmerksamkeit der Käufer und Konsumenten tobt. Sven Henkel® und Jon Christoph Berndt® bringen auf den Punkt, was die starke Marke heutzutage auszeichnet und wie auch mittelständische und kleinere Unternehmen ihre Kraft für sich nutzbar machen. Für ihren guten Streit bringen sie schlagende Argumente. Der Professor: Sven Henkel® von der Universität St. Gallen; der Berater: Jon Christoph Berndt®. Gemeinsam revolutionieren sie das, was man 'Markenarbeit' nennt: Weg vom 'Marketing wie immer', hin zu berührenden Themen, anziehenden Geschichten, erlebbar gemachten Emotionen und dem echten Bekenntnis zur Marke als Lebensversicherung der Unternehmen. Wie jeder Unternehmer von der starken Marke profitiert, indem er sie erkennbar und erlebbar macht, sagen Henkel & Berndt genauso kompromissfrei wie humorvoll. Und sie bringen schlagende Argumente für ein neues Handeln in der Markenkommunikation. Marken-Klartext reden z.B. auch Ernst Prost (Liqui Moly), Tina Müller (Opel), Alexander Schlaubitz (Lufthansa), Walter Mennekes (Mennekes), Max Moor (TV-Moderator, Biobauer) und Tom Drieseberg (Weingüter Wegeler). Sie und ihre starken Geschichten beweisen: 'Deine Marke ist das, was man hinter Deinem Rücken über Dich erzählt.'

Der Politologe Jon Christoph Berndt® ist Vermarktungs-Experte, Managementtrainer und Keynote-Speaker sowie Inhaber der brandamazing Gesellschaft für marken- und menschenfokussierte Unternehmensberatung in München. Er entwickelt starke Marken-Persönlichkeiten für Unternehmen, Produkte und Menschen (Human Branding) und ist vielfach Experte in TV, Radio und Print. Der Betriebswirtschaftler Prof. Dr. Sven Henkel® ist Inhaber des Lehrstuhls für Customer Behavior and Sales an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel sowie Executive Director des dort ansässigen Automotive Institute for Management (AIM). Zudem ist er ständiger Lehrbeauftragter der Universität St. Gallen (Master-Level) und Faculty Member der dortigen Executive School (Schwerpunkt Branding und Marketingkommunikation) und darüber hinaus involviert in diverse Langzeitprojekte des dortigen Center for Customer Insight. Er forscht und arbeitet schwerpunktmäßig in den Feldern Markenführung, Behavioral Branding und Verkaufspsychologie und ist Academic Advisor bei brandamazing. Seine Arbeiten werden regelmäßig in international anerkannten Fachmagazinen veröffentlicht.

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Leseprobe

 

Identität:


Spirit of Georgia – Warum Coca-Cola keine Bionade kann


2005 will Coca-Cola Bionade kaufen. Der Superstar und revolutionäre Underdog unter den Limonadeherstellern aus Ostheim vor der Rhön lehnt ab: »Wenn wir denen das Unternehmen verkaufen, dann verkaufen wir auch uns. Unsere Identität. Dann sind wir nur noch ein kleiner Posten in der großen Bilanz von Coca-Cola«, sagt der damalige Chef Peter Kowalsky dazu in der Taz. Drei Jahre später bringt Coca-Cola mit Spirit of Georgia eine eigene hippe Limo auf den Markt – auch in der Glasflasche, auch ohne künstliche Aromen, Farb- oder Süßstoffe, auch hergestellt mit einem Fermentat. Nur das Bio-Siegel, wie es Bionade hat, will man dafür gar nicht erst haben.

Coca-Cola kann vieles machen: Coke Zero für Männer, Fanta für die Fantasie, Powerade für die Leistungskraft … Aber Bio geht nicht: Die Identität von Coca-Cola basiert auf dem amerikanischen Traum und wie man ihn mit Zuckerwasser träumt.

Als Spirit of Georgia kommt, erhöht Bionade die Preise um gleich 33 Prozent und nennt das »Premiumaufschlag«. Kowalsky dazu: »Wir sind das Original. Und das Original muss immer am teuersten sein.« Das Original muss sich auch durch den Preis abheben von all den Nachahmern, von Aloha Surfsoda über Lemonaid- und Fritz-Limo bis Spirit of Georgia. Dann rauscht der Absatz stetig in den Keller, von 200 Millionen Flaschen 2007 auf heute etwa 60 Millionen Flaschen jährlich. Mit Schuld daran ist auch der Verkauf der Mehrheit an die Radeberger-Gruppe 2009; inzwischen gehört Bionade den Brauern aus der Oetker-Gruppe ganz. Den Niedergang kann auch die Einführung einer Geschmacksrichtung Cola nicht aufhalten. Ganz im Gegenteil.

Ein beispielhaftes Lehrstück zum Thema Identität als Basis allen Markenerfolgs – darüber, wie mühsam sie aufgebaut, wie schwer sie zu erhalten und wie schnell sie zerstört ist. Unter dem Strich gibt es nur Verlierer: Die Erfinder und Gründer sind zwar um einige Millionen reicher, waren aber für etwas ganz anderes angetreten, nämlich für den weiteren Ausbau des Erfolgs unter eigener Fuchtel. In der Getränkebranche lacht man über den ehemaligen Mittelständler des Jahres mit dem ehemaligen Öko-Manager des Jahres, und in der Limotrinkerszene herrscht die Meinung vor, dass denen das schon recht geschieht, weil sie den Hals nicht vollgekriegt haben und – obwohl mit dem Anspruch »Das offizielle Getränk einer besseren Welt« unterwegs – nichts als reich werden wollten.

Diese Human Brand ist im Eimer. Immerhin hat der noch das Geld.

Bei Bionade hatte man gehofft, dass ein Verkauf an die Oetker-Braugruppe glaubwürdiger rüberkommen würde als an Coca-Cola. Immerhin ist Oetker auch ein Familienunternehmen, »fast wie wir, nur größer«, stand in der FAZ. Stimmt, ziemlich viel größer: Der wahre Biolimonadenfan macht keinen Unterschied zwischen einem riesenhaften Familienunternehmen und einem noch riesenhafteren börsennotierten Konzern. Lieber greift er gleich nach einer Fritz-Limo, die weiterhin von der Fritz-Kola GmbH hergestellt wird, wo weiterhin die beiden Jungs am Ruder sind, die man seit 2002 im Logo sieht.

Das mit dem personifizierten Logo ist keine gute Idee. Cool zwar, aber wie in Würde altern, wenn man als Unternehmer Held seiner eigenen jugendlichen Kampagnen ist? Richard Branson, Claus Hipp und Wolfgang Grupp wissen es nicht; und du als Human-Branding-Experte auch nicht.

Die Oetkers und die Radebergers haben mit Bionade genauso wenig Freude. Am Firmensitz in Frankfurt klebt man weiterhin die Identität zusammen, die die Markenprofis kaputt geschlagen haben. Dabei kommt die neue Sorte Cola raus – bio! Dabei steht Radeberger für Bier und sonst für nichts. Zukunft braucht Herkunft, weil gelebte Wurzeln besonders glaubwürdig machen. Die Herkunft ist bei Bionade Ostheim vor der Rhön, wo zwar noch produziert wird, aber an den Straßenrändern, wo sich früher die Laster stauten, um Nachschub für trendige Großstadtkneipen zu laden, stapeln sie jetzt Leergutkisten.

Bei Spirit of Georgia ist’s noch trüber. Die Jetzt-erst-recht-Marke, mit Riesen-Tamtam und -Werbebudget gestartet, ist im Handel weiterhin kaum präsent. Der Name löst zwar Bilder von Sommer, Südstaaten, Sonne, Cabrio aus, aber er lässt keine Schlüsse auf ein schlüssiges Markenkonzept zu: irgendwie wie Bionade, aber nicht richtig, und irgendwie von Coca-Cola, aber nicht richtig. Eine gesündere Limonade von Coca-Cola ist unglaubwürdig, und die Kopie des Revoluzzer-Ansatzes funktioniert hier nicht.

Der Kleine, der gegen den Großen aufbegehrt, kann eine Bewegung auslösen. Der Große, der sich klein macht, um Revolution zu spielen, macht sich lächerlich.

Der Konsument mag blöd sein, was die Herkunft seiner Verbrauchsartikel angeht – saublöd ist er nicht. Ganz abgesehen davon, dass der Geschmack des Imitats nicht gut ankommt: nicht mehr nach Fanta und noch lange nicht nach Bionade. Da helfen auch Geschmacksrichtungen wie »Blood Orange Kaktusfeige« und »Green Mango Kiwi« nicht. (Seit wann ist die Mango grün?) Außerdem sehen die Flaschen spießig und nicht cool aus.

Wer nicht auf Markenidentität setzt, braucht besonders gute Intuition. Und die Fähigkeit, in jeder Hinsicht gute und schnelle Bauchentscheidungen zu treffen; auch dann, wenn die Umsätze wegbrechen, es beim Profit hakt, Emotion ins Spiel kommt, die nächste Generation ans Ruder und erst mal alles anders machen will … Zu viele Variablen und Unwägbarkeiten sind das schnell, in Zeiten globalisierter Märkte und der Notwendigkeit aus dem Stand gefällter, gut abgewogener Entscheidungen mit Substanz. Um all das sicherzustellen, ist die klare Entscheidungsbasis, gebaut aus Fakten, Faktoren und Parametern, außerdem aus Überzeugungen, die bessere als diejenige, die lediglich aus dem Bauch kommt.

Marke gibt Orientierung und reduziert das Entscheidungsrisiko. Das gilt nach außen wie nach innen, weil auch Mitarbeiter täglich mit 14.000 Informationsimpulsen umgehen müssen.

Im besten Fall wirken Ratio und Emotio zusammen und führen so zu einer langfristig tragfähigen Marschrichtung. Und im Fall von Unsicherheit und Zweifel führt eine solche Identität zurück in die Spur.

Schöne bunte theoretische Welt. Leider findet sich in der Praxis nach wie vor kaum ein CEO, der sich bei großen Entscheidungen vom Identitätsgedanken leiten lässt. Da gibt’s noch viel Überzeugungsarbeit zu tun für Leute wie uns!

Wenn ein Unternehmen eine Markenidentität hat, haben die Verantwortlichen seinen Markenkern und seinen ultimativen Nutzen formuliert. Sie haben die Markenwerte festgelegt, die den Markenkern näher beschreiben, ihn übersetzen und auslegen. Außerdem haben sie den USP (Unique Selling Proposition, die Alleinstellung) beschrieben und den Benefit (das Nutzenversprechen), ergänzt durch den sogenannten Reason-to-Believe. Er argumentiert aus Kundensicht, warum man das Versprochene glauben und deshalb ganz beruhigt zum Käufer und Konsumenten werden kann. Für all das und für die Umsetzung und die laufende Pflege der Markenidentität arbeiten die Unternehmen mit einem spezialisierten Dienstleister zusammen. Das sorgt dafür, dass man beim Marke-Machen und -Werden den blinden Fleck und den Tunnelblick loswird und trotz der vielen Markenbäume auch den Markenwald sieht; außerdem dafür, dass die alten Zöpfe abgeschnitten und die heiligen Kühe geschlachtet werden. Solche Experten haben als externe Insider den Blick auf das Unternehmen und die nötige Distanz, um mutige wie unbequeme Fragen aufzuwerfen, die nötig sind, um genauso mutige und unbequeme Antworten zu finden – und schließlich die notwendigen Entscheidungen zu fällen, um sich zukunftssicher aufzustellen. Dafür können sie frei von innenpolitischen Abhängigkeiten und Zwängen handeln, und man darf auf sie einprügeln, wenn Schuldige dafür gesucht werden, dass in der Firma auf einmal alles so neu und ungemütlich ist. Dafür werden sie auch bezahlt, und so halten sich interne Verdächtigungen, Ränkespiele und Pfründe-Sicherungsversuche in Grenzen, sodass man mit ihnen mitten in einem Wandlungsprozess noch konstruktiv umgehen kann.

Gut angedient, Herr Kollege. Blöd nur, wenn am Ende die Berater die Berater beraten, und es kommt so etwas raus wie die Kampagne »Erster Schritt« bei der Commerzbank: »Wir haben die Gründe bei uns gesucht … Wir belohnen unsere Berater erst, wenn der Kunde zufrieden ist … Wir haben verstanden.« Das ist schön, aber es weckt auch das Gefühl, dass man zuvor schamlos ausgenommen wurde.

Für die Entwicklung einer Markenidentität gibt es verschiedene Instrumente: Oval, Kreis, Viereck, Raute, Pyramide … Das liegt daran, dass viele Beratungsdienstleister mit einem eigenen Ansatz und einem eigenen Modell überzeugen wollen. Allen gemeinsam ist der Anspruch, aus ganz viel – dem, was das Unternehmen historisch gewachsen macht, weil man es so macht – ganz wenig zu machen; die Essenz allen Tuns, und zwar nicht für heute (das ist morgen schon von gestern), sondern für morgen: Wofür stehen wir? Was zeichnet uns aus? Was wollen wir? Was machen wir? Was hat der Mensch davon? Was hat die Welt davon? Viel wichtiger: Wofür stehen wir...

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