Die Highways und Planung der Reiseroute
Die Mehrzahl der Reisewege durch den kanadischen Westen ist schon sehr alt. Einige gehen zurück auf die Handelswege der First Nations, der kanadischen Ureinwohner, die um 10000 v. Chr. verschiedene Gebiete in West-Kanada besiedelten. Die einzelnen Stämme lebten oft an großen Flüssen und paddelten mit ihren voll beladenen Kanus zu den Nachbarn, um Tauschgeschäfte abzuwickeln. Die Flüsse boten Fische als Nahrungsquelle und in den angrenzenden Wäldern war das Wild zahlreich.
Auch die ersten Einwanderer, meist Abenteurer oder Entdecker, die in unbekannte Gebiete vordrangen, machten sich die Flüsse zunutze. Oft war es einfacher, mit dem Boot vorwärts zu kommen, als sich mühsam einen Weg durch das Dickicht der Wälder zu bahnen. Fallensteller und Pelzhändler folgten und erste Handelsgesellschaften wurden gegründet, die bedeutendste unter ihnen die Hudson’s Bay Company von 1670, heute eine der ältesten Firmen der Welt.
Rotwild-Warnhinweis am Trans-Canada Highway bei Revelstoke (British Columbia)
Der Bau der großen Eisenbahnlinien quer durch den Kontinent brachte eine große Anzahl wagemutiger und siedlungswilliger Familien, denen oft Land geschenkt wurde, mit der Auflage, es urbar zu machen. Im Laufe der Zeit entwickelten sich aus den ersten Nachschubpfaden bescheidene Karrenwege für Ochsen- und Pferdegespanne und nach und nach entstanden aus diesen Vorläufern die heutigen Highways. Es kann ein spannender Gedanke sein, sich auf denselben Routen zu bewegen, denen schon Jack London, Wyatt Earp, die
Kundschafter der Hudson’s Bay Company, unzählige Trapper und die Glücksritter der Goldrauschzeit gefolgt sind. Vor mehr als hundert Jahren zog Abenteuerlust und die Gier nach Gold die Menschen von Kalifornien oder vom Osten des Kontinents in den rauen Norden. Die heutige Motivation, in dieses Gebiet zu reisen, ist natürlich eine andere und auch die Fortbewegungsmittel sind wesentlich bequemer geworden, aber neben der Freude an klarer Luft und unberührter Natur, der Sehnsucht nach Weite und Freiraum ist oft immer noch ein Schuss Abenteuerlust der Grund für eine Reise durch Kanadas Westen.
Ein kanadischer Highway kann in Stadtbereichen eine vierspurig ausgebaute Autobahn sein, aber bezeichnet auch zweispurige Landstraßen in abgelegenen Gebieten. In West-Kanada tragen viele Highways neben der offiziellen Nummerierung Namen, die ihren Ursprung oft in den Pioniertagen haben. So wurde zum Beispiel aus der ehemaligen Cariboo Wagon Road der Cariboo Highway, Highway 97.
Generell wird nach Himmelsrichtungen wie »Highway 40 South, Trans- Canada Highway West« etc. gefahren. Einige Wohnmobilvermieter verleihen Navigationsgeräte, die für die Reise zusätzliche Sicherheit bei der Wegfindung geben können. Besonders in den großen Städten oder um sehr abgelegene Campingplätze zu finden, kann ein Navi praktisch sein. Unter den Adressen der Campingplätze sind daher auch immer Geo-Koordinaten angegeben, die man in die meisten Geräte eingeben kann. Anstatt eines zu mieten, kann man auch sein eigenes Navigationsgerät mitbringen, auf das man sich Kartenmaterial von West-Kanada lädt.
In British Columbia gibt es eine Reihe von Inlandsfähren, die den Straßenverkehr über Flüsse oder Seen weiterleiten. Diese staatlichen Fähren sind kostenlos (nicht die über das Meer, z. B. nach Vancouver Island) und die Fährüberfahrt oft ein interessantes Erlebnis, bei dem man die Landschaft aus einem anderen Blickwinkel kennenlernt.
Planung ist der rote Faden, an dem man sich in Bezug auf Zeit und Fahrkilometer orientiert
Auf den Straßen sind natürlich nicht nur Touristen unterwegs. Da viele Güter und Waren über Land transportiert werden müssen, sind neben den einheimischen Autos auch viele Trucks unterwegs. Wenn einem auf enger Straße ein Truck mit einer riesigen Ladung Holzstämme entgegenkommt oder in atemberaubendem Tempo im Rückspiegel größer wird, rechnet man besser nicht damit, dass der Fahrer seine Geschwindigkeit reduziert. Die beste Devise ist ausweichen, sich ganz rechts zu halten und den Truck vorbeizulassen. Den kanadischen Brummis kann man übrigens überall begegnen, auch auf Schotteroder Staubstraßen.
Die beste Devise ist ausweichen: »Logging Truck« in British Columbia
Ein weiteres Übel, mit dem man sich im Sommer auf Kanadas Straßen abfinden muss, sind Baustellen. In Kanada werden Straßen ausgebessert, verbreitert und begradigt, sobald die Temperaturen dies zulassen. Der Sommer ist kurz, es gilt viele Kilometer instand zu halten, und so wird die gesamte Saison ausgenutzt. Die Baustellen sind oft mehrere Kilometer lang, einspurig und können auf den ersten Blick ziemlich ungeordnet aussehen. Allerdings wird man von hilfsbereitem Personal fürsorglich durch kritische Bereiche geleitet. Manchmal fährt ein Fahrzeug (Pilot Car) voraus und weist den Weg.
Wovon dringend abzuraten ist, sind Nachtfahrten. Davon abgesehen, dass man natürlich nichts von der Landschaft sieht, ist die Gefahr, unsanfte Bekanntschaft mit der kanadischen Tierwelt zu machen, recht groß. Viele Tiere sind nachtaktiv. Schade um jeden Waschbären, den Sie nicht rechtzeitig sehen konnten. Außerdem können auch größere Kaliber, vom Bären über den Elch bis zum Bison, nachts unterwegs sein. Wenn Sie Glück haben, kommen Sie mit einer Beule im Blech und dem Schrecken davon – das Tier überlebt einen Zusammenstoß in der Regel nicht.
Die Beschreibungen der einzelnen Highways in diesem Reiseführer variieren beträchtlich in ihrer Länge. Das liegt nicht nur an der unterschiedlichen Länge der Highways, sondern auch daran, dass es entlang der dichter besiedelten Gebiete mit vielen Ortschaften mehr Attraktionen, Wanderwege oder Führungen gibt als entlang der Strecken durch die Wildnis. Aber gerade das Erlebnis, durch unbewohnte Gegenden zu fahren und sich abseits der Zivilisation zu befinden, macht den Reiz eines Urlaubs in West-Kanada aus. Es geht in erster Linie um das Erlebnis Natur. Zum besseren Verstehen der Landschaften, Geschichte und Kultur des Landes tragen selbstverständlich Museen und andere kulturelle Einrichtungen wesentlich bei.
Die nachfolgende Übersichtstabelle und die Übersichtskarte über das Reisegebiet in der vorderen Umschlagklappe dienen zur groben Orientierung.
Die Highways
West-Ost-Verbindungen:
1 Trans-Canada Highway
10 Yellowhead Highway
15 Alaska Highway
3 Crowsnest Highway
Nord-Süd-Verbindungen:
– abgehend vom Trans-Canada Highway
2 Deerfoot Trail
4 Cariboo Highway
5 Okanagan Valley
6 Highways 23, 6, 31A, 31 und 3A
7 Banff-Windermere Highway
8 Icefields Parkway
9 Vancouver Island und Inside Passage
– abgehend vom Yellowhead Highway
11 Cassiar Highway
12 John Hart Highway
13 Yellowhead Highway South
14 Bighorn Highway
Die Planung der Reiseroute
Eine lange Reise durch ein großes Land will gut, aber nicht hundertprozentig geplant sein und sollte allen Reiseteilnehmern gerecht werden: Ausreichende Überlegungen vor der Abreise ermöglichen unterwegs ein entspanntes Reisen voller Highlights und Erholung.
Um die beste Urlaubsroute zu finden, die in einem drei- oder vierwöchigen Urlaub eine ausgewogene Mischung aus Aktivitäten und Entspannung, Erkundungen, Hobby, Sport und den Bedürfnissen aller Reisenden bietet, bedarf es einer guten Planung.
Die vorliegenden Beschreibungen der 15 Reiserouten durch West-Kanada geben einen detaillierten Überblick darüber, welche Landschaften, Sehenswürdigkeiten und Freizeitmöglichkeiten entlang der verschiedenen Highways zu erwarten sind. Aus diesen filtert man die interessantesten Routen heraus und reiht dann die einzelnen Strecken entsprechend aneinander. In den Routenprotokollen zu Beginn eines jeden Kapitels und im Text wird auf die Highways hingewiesen, die von der in demjenigen Kapitel beschriebenen Route abzweigen oder sich an diese anschließen. Die drei Routenvorschläge auf den folgenden Seiten dienen zur Orientierung und sind als Beispiele gedacht.
Büffelbulle und -kuh auf dem Alaska Highway
Ein wichtiges Merkmal für den Wohnmobilurlaub ist Flexibilität. Auch wenn man an Feiertagen und an Wochenenden – besonders in der Nähe touristischer Hauptziele wie dem Okanagan Valley oder dem Icefields Parkway – Campingplätze unbedingt reservieren sollte, bleibt man sowohl zu Hause bei der Planung als auch unterwegs im Urlaub noch relativ beweglich.
Manchmal kann man vorab schlecht einschätzen, wie viel Zeit z.B. für den Besuch eines Museums einkalkuliert werden sollte; über die Gesamtlänge des Urlaubs gesehen kommt man jedoch mit einer ungefähren Planung hin. Einiges erweist sich als zeitaufwendiger als gedacht, manches ist vielleicht interessanter als erwartet. Ein Regentag lässt sich dazu nutzen, einige Kilometer weiter zu fahren, oder ein Sonnenscheintag zum spontanen, längeren Besuch eines Badesees. Die Planung ist der rote Faden, an dem man sich in Bezug auf Zeit und Fahrkilometer orientiert, der einem aber alle...