Markus Berger
EINLEITUNG
Cannabidiol spaltet die Menschen in zwei Lager: Die einen, die behaupten, dass CBD ganz und gar nicht psychoaktiv sei, verspüren auch nach Einnahme größerer Mengen keine psychischen Wirkungen. Die andere Seite besteht aber aus jenen, die behaupten, CBD habe sehr wohl eine psychische Effektivität – nämlich eine sedative, also beruhigende Wirkung; sie werden nach der Einnahme von CBD-Präparaten müde und können danach gut schlafen.
Wie immer dem auch sei, Cannabidiol ist auf jeden Fall in anderer Art und Weise wirksam als sein Verwandter, das Cannabinoid THC. Die beiden Moleküle sind, was ihre Psychoaktivität angeht, nicht zu vergleichen. Das hat zumindest wohl jeder Patient schon erlebt, wenn er die aus der Apotheke beziehbaren Marijuanasorten miteinander verglichen hat, von denen die eine mit hohem THC-Wert daherkommt – sie heißt Bedrocan und enthält etwa 22 Prozent THC bei weniger als einem Prozent CBD – und die andere, das ist die Sorte Bediol, ganz andere Werte aufweist, nämlich 6,3 bis 6,5 Prozent THC und 8 Prozent CBD. Die Unterschiede in der Wirksamkeit sind enorm.
Doch beginnen wir von vorn: Cannabidiol ist ein pflanzliches Cannabinoid (= Phytocannabinoid). Es kommt im Faserhanf in unterschiedlichen Mengen, aber auch in Marijuanazüchtungen vor und ist ein Hemmer der psychoaktiven Effekte des THC. Dr. Franjo Grotenhermen, der den ersten Hauptabschnitt dieses Buchs beisteuert, erklärte schon in seinem Buch „Die Behandlung mit Cannabis und THC“ (ebenfalls im Nachtschatten Verlag erschienen) in kurzen und gut verständlichen Worten, was Cannabidiol, CBD, eigentlich ist: „Die zweitwichtigste Cannabinoidgruppe ist die Cannabidiolgruppe. Cannabidiol (CBD) ist vor allem im Faserhanf und in einigen Haschischsorten vorhanden. Im Gegensatz zum THC verursacht es keine psychischen Wirkungen und in ausreichend hohen Dosen wirkt es der psychischen Wirkung des THC sogar entgegen. Allerdings kann es die schmerzlindernden Eigenschaften des THC verstärken. Außerdem wirkt Cannabidiol beruhigend, entzündungshemmend, antiepileptisch, angstlösend, antipsychotisch und Augeninnendruck senkend. Im Vergleich zum THC werden diese Wirkungen jedoch erst bei vergleichsweise großen Cannabidiolmengen erzielt“.
Der Cannabinoidforscher Dr. Ethan Russo hat ebenfalls eine Definition zu bieten: „[CBD] war früher beispielsweise weit in den Cannabislandrassen aus Afghanistan und Marokko verbreitet, ist jedoch weitgehend aus Cannabis für den Freizeitkonsum verschwunden. Es findet sich auch in Faserhanf, im Allgemeinen jedoch in einer geringen Konzentration. CBD hat eine zunehmende Aufmerksamkeit durch seine verschiedenen medizinischen Eigenschaften erzielt, darunter schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkungen ohne Rausch oder Sedierung. Es reduziert auch die Nebenwirkungen des THC, wenn sie gemeinsam verabreicht werden, insbesondere Angst und schnelle Herzfrequenz. Zusammen eingenommen, können die beiden Komponenten bei vielen Anwendungen synergistisch wirken“. (Quelle: www.cannabis-med.org). Was macht Cannabidiol im Körper eigentlich? Diese Frage ist nicht mit einem Satz beantwortet, vor allem deshalb, weil die vollständige Pharmakologie des CBD von der Wissenschaft bislang noch gar nicht aufgeklärt worden ist. Die Forschung an Cannabidiol geht dabei aber stetig voran. Fakt ist, dass Cannabidiol im Organismus über vielfältige Wirkmechanismen verfügt. Im Gegensatz zum psychoaktiven Molekül THC, das hauptsächlich mit dem CB1- und dem CB2-Rezeptor interagiert, hat das Cannabidiol im Körper eine Affinität zu verschiedenen Rezeptoren, was die Wirkweise zu einer sehr komplexen macht. Diese Rezeptoren sind – vereinfacht ausgedrückt – Schaltstellen im Körper, an die die verschiedenen Medikamente und Substanzen andocken und ihre Wirksamkeit entfalten können. Und CBD steht in Beziehung zu diversen Rezeptorsystemen im Körper. Franjo Grotenhermen hat ab Seite 17 die bislang bekannten Fakten zu diesem interessanten und spannenden Feld versammelt.
Es gibt neben dem Cannabidiol auch andere Cannabinoide, die ihre Wirkungen über noch andere Mechanismen ausüben, zum Beispiel die sogenannte CBDA, die im deutschsprachigen Raum eigentlich CBDS heißen müsste, nämlich die Cannabidiolsäure (das A in der Abkürzung CBDA steht für das englische acid). CBD-Säure kommt, wie auch THCA, also die THC-Säure, vor allem in rohem Cannabis vor und hat ebenfalls medizinische Eigenschaften, zum Beispiel hemmt es Übelkeit und Brechreiz, Darmkrämpfe und die Ausbreitung von Brustkrebs. Auch davon wird Franjo Grotenhermen auf den folgenden Seiten erhellende Informationen präsentieren.
In Deutschland und in der Schweiz ist CBD übrigens vollkommen legal. Weil es nicht in den Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt ist, ist auch der Umgang mit Cannabidiol keine strafbare Handlung. Das eröffnet vielen Leidenden neue Horizonte! Denn CBD ist laut Grundlagenforschung bei einer Vielzahl von Krankheiten und Symptomen potenziell einsetzbar, zum Beispiel bei Angststörungen, Arthritis, chronischen Schmerzen, Epilepsie, Entzündungen, Herzkrankheiten, Infektionen, Posttraumatischem Belastungssyndrom, neurologischen Problemen, ja möglicherweise sogar bei Diabetes, Krebs und Schizophrenie: „Das gereinigte Cannabidiol könnte als Medikament einen wesentlichen Behandlungsfortschritt darstellen. Es ist (…) besser verträglich als zur Schizophreniebehandlung zugelassene Psychopharmaka wie etwa Amisulprid, das Bewegungsstörungen und Gewichtszunahme bewirken kann und zu einem deutlich erhöhten Diabetesrisiko führt. In einer kontrollierten (…) Untersuchung an 42 Patienten mit akuten schizophrenen Psychosen, bei der die eine Hälfte Amisulprid und die andere Cannabidiol erhielt, zeigte das pflanzliche Cannabinoid bei verbesserter Verträglichkeit eine ebenso gute antipsychotische Wirkung wie das bereits erprobte Psychopharmakon“. (Quelle: www.bio-pro.de/magazin/wissenschaft/index.html?lang=de&artikelid=/artikel/08158/index.html).
Die Erkenntnisse um die therapeutischen Qualitäten des CBD dürften sich in den kommenden Jahren vervielfachen, immerhin beginnt die Forschung an diesem Cannabinoid wie auch an vielen anderen Hanfwirkstoffen gerade erst so richtig. So haben Forscher aus Neapel herausgefunden, dass CBD die Ausbreitung von Darmkrebs reduziert und verlangsamt – so zumindest im Versuch an Mäusen. Auch bei Brust- und Lungenkrebs wurde im Tierversuch eine positive Wirkung des Cannabidiol festgestellt. Und die Pharmazeutische Zeitung veröffentlichte bereits vor zwölf Jahren einen Artikel, dessen Quintessenz ist, dass Cannabidiol Bakterien und Viren tötend, schmerzstillend und entzündungshemmend wirkt. Ein Stoff mit Potenzial? Nun, das ist CBD ganz sicher. Allerdings gibt es bislang nur recht wenige Studien am Menschen, sodass der wahre medizinische Nutzen bei den meisten Erkrankungen bisher nicht adäquat abgeschätzt werden kann. Die meisten der zur Zeit verfügbaren Informationen kommen – wie oben schon erwähnt – schlicht noch aus der Grundlagenforschung, und wir wissen nicht, ob alle heilkräftigen Eigenschaften, die bislang entdeckt wurden, auch für den Menschen gelten und auf ihn anwendbar sein können, so beispielsweise bei der Behandlung von Krebs, Diabetes und anderen Erkrankungen.
Ausgehend von den USA, wo ja bekanntlich in diversen Bundesstaaten Cannabis mittlerweile relegalisiert worden ist, überschwemmt ab jetzt eine Welle von medizinischen und Wellness-Hanfprodukten den Markt, von denen jene, die aus reinem CBD bestehen, sogar in Deutschland und der Schweiz legal sind. Zwar enthält das Medikament Sativex sowohl THC als auch CBD in höheren Konzentrationen. Reines Cannabidiol ist allerdings ebenfalls erhältlich und für manchen Cannabispatienten sicherlich ein Segen.
CBD-reiche Pflanzen
Wer in einer Gegend lebt, in der die Cannabispflanze nicht illegalisiert ist, der kann sich nach entsprechenden Züchtungen umsehen, die reich an Cannabidiol sind. Wie wir wissen, enthält der industrielle Faserhanf, je nach Sorte, unterschiedliche Konzentrationen an Cannabidiol und dafür extrem niedrige Werte an THC (nämlich unter 0,3 bzw. 0,2 Prozent), weshalb sich diese landwirtschaftliche Sorte am ehesten für eine CBD-Extraktion eignet. Allerdings gibt es heutzutage auch eine ganze Menge hybridisierter Sorten von Cannabispflanzen, die für den therapeutischen Einsatz entwickelt worden sind. Bei solchen, meist speziell für den medizinischen Gebrauch gezüchteten Sorten, achten die Produzenten darauf, dass in den Pflanzen mehr CBD als THC vorhanden ist oder aber, dass ein möglichst gleichbleibendes Verhältnis zwischen den beiden hauptwirksamen Cannabinoiden besteht. Werfen wir einen Blick auf einige exemplarische Pflanzen, auf die das zutrifft. Heutzutage haben viele Züchter CBD-reiche Cannabissorten im Programm. Deshalb versteht sich die nun dargestellte Auswahl als eine von beispielhafter Natur:
• „Cannatonic“ ist ein US-amerikanischer Hybrid aus einer MK-Ultra-Mutter und...