Dieses Kapitel setzt den Forschungsgegenstand mit einem Blick auf die globalen Zusammenhänge des Klimawandels bzw. dem Verkehr und der Nachhaltigen Entwicklung in einen kontextuellen Rahmen. Dies geschieht einerseits um zu vermeiden, was Böschen, Gill, Kropp, & Vogel (2014, 17) am „Forschungsblick“ auf der lokalen Ebene bemängeln: nämlich, dass eben durch die Einschränkungen des „Forschungsblicks“ auf der lokalen Ebene die komplexen Ursachen des Klimawandels aus dem Blick rücken. Andererseits wird Bedacht darauf genommen, dass sich in der transdisziplinären Forschung wissenschaftliches Wissen „in der sozialen Wirklichkeit bewähren“ soll (Nicolini, 2001, 20) und die Zielgruppe in der transdisziplinären Kulturlandschaftsforschung „ein weithin unbekanntes Leserpublikum“ ist (Nicolini, 2001, 23). Daher ist von einem unterschiedlichen Wissensstand auszugehen.
Der Ende 2012 von „UNEP – United Nations Environmental Programme“ vorgelegte Bericht „Emission Gap 2012“ macht klar, dass wir uns immer weiter von den Klimaschutzzielen entfernen (Fichter, & Klausen, 2013, 21). Im Dezember 2015 wird beim „United Nations Climate Change“ Meeting in Paris ein neues Klimaabkommen verhandelt. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen Paris als letzte Chance um das 2°C Ziel, welches in Kopenhagen (Copenhagen Accord) 2009 beschlossen wurde, noch halten zu können (Leitzell, 2014, 14). Immer mehr Forschungsergebnisse kommen zum Schluss, dass die Abschwächung des Klimawandels und Maßnahmen der Klimaanpassung viel teurer und weniger erfolgversprechend sein werden, sollte es wieder zu keiner politischen Entscheidung kommen (Leitzell, 2014, 14).
Im Anthropozän stellt die Menschheit den wichtigsten Treiber globaler Umweltveränderungen dar (Böschen et al., 2014, 36). Großteils bedingt durch die
stark wachsende Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen[7] und der Industrialisierung der Landwirtschaft besteht die Gefahr von irreversiblen Umweltschäden. Um diese Entwicklung aufzuzeigen, führt die Arbeitsgruppe rund um den Natur und Wissenschaftler Rockström das neue Konzept des „planetary boundaries framework“ ein. Es definiert die Grenzwerte für die Belastbarkeit unserer Erde durch die Menschheit (Rockström, Steffen, Noone, Persson, Chapin, Lambin, Lenton, Scheffer, Folke, Schellnhuber, Nykvist, De Wit, Hughes, van der Leeuw, Rodhe, Sörlin, Snyder, Costanza, Svedin, Falkenmark, Karlberg, Corell, Fabry, Hansen, Walker, Liverman, Richardson, Crutzen, & Foley, 2009, 472).
Beim Update der Studie im Jahr 2015 stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (Steffen, Richardson, Rockström, Cornell, Fetzer, Bennett, Biggs, Carpenter, de Vries, de Wit, Folke, Gerten, Heinke, Mace, Persson, Ramanathan, Reyers, & Sverker, 2015, 1259855-1) fest, dass bereits vier der planetarischen Grenzen überschritten wurden. Einer von zwei kritischen Kernprozessen ist dabei der Klimawandel und jeder der zwei kritischen Prozesse hat das Potenzial: „to drive the Earth system into a new state should they be substantially and persistently transgressed“ (Steffen et al., 2015, 1259855-8).
Luftemissionen können von natürlichen und anthropogenen Quellen stammen (Tan, 2014, 9). Die Natur hat immer schon produziert, was heute als Luftemission betrachtet wird. Dies sind beispielsweise Kohlenmonoxid (CO) und Schwefeldioxid (SO2) oder auch Aschepartikel bei Vulkanemissionen. Methan (CH4) entsteht bei der Verdauung von Essen durch Tiere und beim Abbau von Biomasse. Radon-Gas entsteht beim radioaktiven Zerfall innerhalb der Erdkruste und Waldbrände verursachen Rauch und CO2. Alle diese Quellen stellen für die Gesellschaft aber kein Problem dar (Tan, 2014, 9).
Luftverschmutzung und Klimawandel sind eng miteinander verknüpft (Institute for Advanced Sustainability Studies Potsdam [IASSP], 2014). Die Erwärmung des
Klimasystems ist eindeutig (IPCC, 2015, 2). Die weltweite Temperatur hängt eng mit der atmosphärischen CO2-Konzentration zusammen (Houghton, Filho, Callander, Harris, Kattenberg, & Maskell, 1996, xi). Durch die Industrialisierung stieg das CO2 in der Erdatmosphäre in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals merklich an. So wurden zwischen 1860 und 1960 80 Milliarden Tonnen Kohlenstoff emittiert (Hackstock, 2014, 8). Die Industrieländer sind die Hauptverursacher des vom Menschen verursachten Treibhauseffektes. Die Schwellenländer ziehen im 21. Jahrhundert nach (World Wide Fund for Nature [WWF], 2015). Im Jahr 2011 werden bereits über neun Milliarden Tonnen pro Jahr emittieren (Hackstock, 2014, 8).
Viele der seit den 1950er Jahren beobachteten Veränderungen sind über Zeiträume von Jahrzehnten bis hin zu sogar Jahrtausenden beispiellos (IPCC, 2015, 2). Der Anstieg ging in den letzten Jahrzehnten rapider voran als vorher. Die globale Temperatur ist während dieses Zeitraums um 0,5 °C gestiegen. Dieser schnelle Anstieg ist einmalig in den letzten tausend Jahren (Pachauri, & Meyer, 2015, 2).
Luftschadstoffe können zu akuten gesundheitlichen Problemen wie Augenirritation, Kopfschmerzen, Schwindel und langfristig zu chronischen und irreversiblen Auswirkungen wie Bronchitis, Asthma, Organschaden, Geburtsfehlern, Herzkrankheiten, Krebs und Tod führen (Tan, 2014, 5). Schätzungen aus dem Jahr 2010 legen nahe, dass die gesundheitlichen Belastungen durch schlechte Luftqualität enorm sind (The International Agency for Research on Cancer [IARC] 2013, 9). Es wird angenommen, dass 2010 weltweit rund 3,2 Millionen Menschen frühzeitig an Herzkreislauferkrankungen und 223.000 an Lungenkrebs verursacht durch Feinstaubpartikel verstarben (IARC, 2013, 9). Ein Bericht[8] der Europäischen Umweltagentur [EUA] (European Environment Agency [EEA]) (2014) „evaluiert schädliche Auswirkungen der Luftverschmutzung wie vorzeitiger Tod, Krankenhauskosten, verlorene Arbeitstage, gesundheitliche Probleme, Schäden an Gebäuden und verringerte landwirtschaftliche Erträge (EUA, 2014, 54-58).
Die globale Luftverschmutzung belastet Schwellenländer und aufstrebende Volkswirtschaften am meisten. Am Beispiel chinesischer Städte zeigt sich, dass
unhaltbare wirtschaftliche Entwicklung mit beträchtlicher Luftverschmutzung einhergeht. So atmet nur 1 % der 560 Millionen chinesischen Stadtbewohnern Luft ein, die nach EU-Standards als sicher gilt (Kahn, & Yardley, 2007). Es ist aber zu bedenken, dass “Chinese manufacturers that dump waste into rivers or pump smoke into the sky make the cheap products that fill stores in the United States and Europe. Often, these manufacturers subcontract for foreign companies – or are owned by them.” (Kahn, & Yardley, 2007). Als Folge der Globalisierung werden Schwellenländer wie China und Indien schon stark verschmutzt, während sie noch wachsen. Die Gründe dafür sind, dass umweltverschmutzende Industrien – Chemie-, Elektronik- und Automobilhersteller – aus streng kontrollierten Ländern in wenig oder gar nicht kontrollierte Länder mit niedrigen Lohnniveaus abwandern. Diese Länder werden dann zu „Umweltverschmutzungs-Oasen“ für Industrieländer (Tan, 2014, 13). Länder, in denen nach hoher Umweltqualität verlangt wird, spezialisieren sich auf Produkte, die umweltfreundlich produzierbar sind, jedoch beachten sie die Protokolle von anderen Ländern, die Produkte herstellen, nicht (Tan, 2014, 14).
CO2 Emissionen und Stickoxide (NOx) stammen zum großen Teil aus der Verbrennung von Kraftstoffen (Tan, 2014, 4). Diese werden neben Straßenverkehr und Haushalten verursacht durch Energiegewinnung und –verbrauch (EUA, 2013, 27). So wurden 2011 81 % des anthropogenen Energieverbrauchs aus fossilen Energieträgern gewonnen (International Energy Agency [IEA, 2014, 6). Knapp 40 % der weltweit erzeugten Energie basiert noch immer auf dem fossilen Brennstoff Kohle (WWF, 2015). Bei der Stromerzeugung werden 40 % der globalen Primärenergie[9] verbraucht, was zum gleichen Prozentsatz von 40 % CO2-Emissionen verursacht (IEA, 2014, 4). Der weltweite Energieverbrauch wird bis 2030 weiter steigen. In den Entwicklungsländern wird der Bedarf nach Energie um 95 % und in den entwickelten Ländern um 24 % steigen (Tan, 2014, 11).
In Österreich sind es beispielsweise rund drei Viertel der Treibhausgasemissionen, die durch den energetischen Einsatz fossiler Energieträger verursacht werden (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung [WIFO], 2012, 1).
Als weitere emittierende Sektoren, neben der Energieversorgung, führt das Umweltbundesamt in der „Bundesländer Luftschadstoff-Inventur 1990-2012“ Industrie, Landwirtschaft, Kleinverbrauch, Sonstige und Verkehr an (UBA Deutschland, 2014, 14-15). Die Sektoren leitet das UBA von den standardisierten UN-Berichtsformaten[10] Nomenclature For Reporting (NFR)[11] und Common Reporting Format (CRF)[12] ab (UBA Deutschland, 2014, 14).
Der Transportsektor verursacht in den Industrieländern 20 - 30 % der CO2-Bilanz. Ein großer Teil der...