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E-Book

Colonia im Mittelalter

Über das Leben in der Stadt

AutorDieter Breuers
VerlagVerlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl414 Seiten
ISBN9783838704203
Altersgruppe16 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR

Was führte Bernhard von Clairvaux nach Köln? Welche Rolle spielte die Ulrepforte in den ständigen Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und dem Erzbischof? Und was steckt wirklich hinter der Legende von der heiligen Ursula? Dieter Breuers nimmt Sie mit auf eine spannende Entdeckungsreise ins Mittelalter und zeigt Ihnen, was es damals wirklich bedeutete, in einer Stadt zu leben. Er lässt Sie nicht nur an seinem profunden Wissen über die Rheinmetropole teilhaben, sondern gibt einen interessanten Überblick über den Alltag und die besonderen Vorkommnise in den europäischen Städten des 12. und 13. Jahrhunderts. Noch nie war Geschichte so spannend!

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Leseprobe
"Im Jahr des Herrn 1212 (S. 214-215)

Fulcher sah geduldig zu, wie der Junge gierig Stücke von dem Laib Brot abriss, den man ihm auf einem Brett vorgesetzt hatte. Zusammen mit dem Brot biss er große Stücke von einem Käse ab und spülte alles nur halb zerkaut mit Wasser hinunter. Immerhin sah er jetzt nicht mehr ganz so verlaust aus wie am Morgen, als er ihn in jenem finsteren Kellerloch besucht hatte, in das er von den Wächtern eingesperrt worden war. Sie hatten ihn inzwischen flüchtig gewaschen, ihm die Haare gestutzt und ein abgetragenes Gewand übergeworfen. Er stank kaum noch. Wie alt mochte er sein? Fünfzehn vielleicht? Dann war er damals zwölf gewesen, als er mit jenem Nikolaus losgezogen war, der angeblich diese Vision gehabt hatte. Mit Kindern ins Heilige Land zu ziehen, um es den Heiden wieder zu entreißen. Auf diese Idee musste man erst einmal kommen!

Im Jahr des Herrn 1212 – vor drei Sommern also – war jener Nikolaus mit ein paar Dutzend Jungen in Köln erschienen, stracks in den Dom gegangen, um am Schrein der Heiligen Drei Könige zu beten. Dann hatte er sich unter das Portal gestellt, mitten unter das Gesindel, das seit alters her die Treppen besetzt hält, und angefangen zu predigen. Zunächst hatten ihm nur die Bettler zugehört, aber die Bauern, die von außerhalb auf die Märkte der Stadt kamen, erzählten daheim von diesem jungen Mann, dem angeblich der Herrgott höchstpersönlich erschienen war, sodass die Schar seiner Zuhörer von Tag zu Tag wuchs.

Bald waren es Hunderte, ein paar Wochen später schon Tausende, die ihm zuliefen. Aber es waren nicht nur Kinder, auch Halbwüchsige und letztlich sogar Erwachsene, die sich unter das Jungvolk mischten und gebannt an den Lippen des Predigers hingen. Auch Fulcher, der Ratgeber des Erzbischofs, hatte ihm damals einmal zugehört und festgestellt, dass der junge Mann tatsächlich außerordentlich beredt war. Aus der Unterschicht stammte er jedenfalls nicht, aber zum Stadtadel gehörte er auch nicht.

Er kam ganz einfach aus dem Nichts, und da seine Reden keineswegs aufrührerisch waren, fand der Erzbischof es auch nicht für notwendig, gegen ihn einzuschreiten. Umso weniger als die Leute ihn offensichtlich für einen Heiligen hielten und ihn und seine Anhänger großzügig mit Almosen unterstützten. Tat er nicht Gottgefälliges? Predigte er nicht gegen die Ungläubigen? Was sollte verwerflich daran sein, gegen die Heiden zu ziehen und die heiligen Stätten der Christenheit von ihnen zu befreien?

Hatten das nicht schon viele edle Ritter versucht? Fulcher lächelte bitter bei dem Gedanken daran, wie der vierte sogenannte »Kreuzzug« verlaufen war. Beim ersten hatte man Jerusalem erobert und die gesamte Bevölkerung – Moslems und Juden, sogar die in der Stadt ansässigen Christen, Frauen und Kinder – ermordet. Stolz berichtete ein Chronist, man sei bis zu den Knien im Blut der Erschlagenen gewatet. Lange gehalten werden konnte die Stadt indes nicht.

Vor dem zweiten war es in Deutschland zu entsetzlichen Massakern an Juden gekommen, der Kreuzzug selbst hatte in einem Fiasko geendet. Beim dritten Kreuzzug ertrank Kaiser Friedrich beim Baden; später geriet Richard Löwenherz in Gefangenschaft, und zuletzt siegte der berühmte Sultan Saladin über die christlichen Ritter. Die mächtigen Fürsten des christlichen Abendlandes zeigten danach keine Neigung mehr, dem Aufruf des Papstes zu folgen und Geld und Gefolgsleute zu opfern. Als es Innozenz III. dann doch noch gelang, eine Anzahl christlicher Ritter, vornehmlich französische Barone und flämische Grafen, zu überreden, wurde beschlossen, zunächst Ägypten anzugreifen, die vermeintliche Schwachstelle der Ungläubigen. Schnell aber wurde klar, dass es an den notwendigen Mitteln fehlen würde. Außerdem war Ägypten nur über den Seeweg zu erreichen. Doch mit welchen Schiffen?"
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