Geschichte, Vorteile, Ausblick
1.1Geschichte der 3D-Drucker im Heimbereich
Günstige 3D-Drucker für den engagierten Heimanwender gibt es erst seit 2008, obwohl verschiedene 3D-Druck-Technologien bereits Ende der 80er-Jahre entwickelt worden sind. 3D-Drucker wurden bis vor ein paar Jahren ausschließlich in der Industrie, vor allem für die Erstellung von Prototypen, eingesetzt und waren für den Endverbraucher unerschwinglich. Vergleichbar mit der Entwicklung des PCs, dauerte es drei Jahrzehnte, bis die Technologie langsam auch für den Heimanwender zugänglich und bezahlbar wurde.
RepRap Darwin 1.0, Quelle: reprap.org, Autor: Dr. Adrian Bowyer, GNU FDL
Maßgeblich für diese Entwicklung waren die beiden Open-Hardware-/Open-Source-Projekte »RepRap« und »Fab@Home«, die fast gleichzeitig 2005 ins Leben gerufen wurden. Das RepRap-Projekt, das von Dr. Adrian Bowyer, University of Bath (UK), gestartet wurde, hat zum Ziel, eine Maschine zu entwickeln, die möglichst viele ihrer Bauteile selbst reproduzieren kann. Alle Baupläne der Hard- und Software sind frei verfügbar. 2007 wurde die erste offizielle Version »Darwin« vorgestellt. RepRap-Drucker produzieren ein Objekt durch das schichtweise Aufbringen von Material, meist geschmolzenem Kunststoffdraht, im sogenannten Schmelzschichtverfahren (FDM®, Fused Deposition Modeling). FDM wurde von der Firma Stratasys erfunden. Das Auslaufen wichtiger Patente zum FDM-Verfahren ermöglichte beiden Initiativen, ihre Ideen umzusetzen. Um Markenstreitigkeiten zu vermeiden, wird das Verfahren bei den RepRap-Druckern »Fused Filament Fabrication«, FFF, genannt.
Das Fab@Home-Projekt der Cornell-Universität im Bundesstaat New York (USA) unter der Leitung von Evan Malone und Hod Lipson war von der Initiative Dr. Adrian Bowyers inspiriert und verfolgte ein ähnliches Ziel, nämlich einen für den Endverbraucher erschwinglichen und auf Open Source basierenden 3D-Drucker zu entwickeln. 2006 stellten sie den ersten Bausatz »Fab@Home Model 1« vor, der später für 2.400 US-Dollar verkauft wurde. Mit den Fab@Home-Druckern konnten verschiedene Arten von Materialien, z. B. Knete, PlayDoh, Gips oder Schokoladenmasse, mit einer Art Spritze schichtweise aufgetragen werden (SFF, Solid Freeform Fabrication). Nachdem die Verkäufe der Consumer-3D-Drucker im Jahr 2012 erstmalig die Anzahl der verkauften Industriegeräte übertroffen hatten, war das erklärte Ziel des Projekts erreicht, und es wurde geschlossen.
Nahezu alle heute existierenden 3D-Drucker im Einsteigersegment bis ca. 5.000 Euro basieren auf der RepRap- und der Fab@Home-Initiative. Das RepRap-Projekt hat zudem der Makerszene einen bedeutenden Schub verliehen, die vor allem in den USA stark etabliert ist. Maker sind Leute, die Dinge selbst herstellen, sei es aus Elektronik, mithilfe eines 3D-Druckers oder eines Lasercutters etc. Maker setzen ihre Ideen hauptsächlich mit den zu Hause verfügbaren Werkzeugen um. Do it yourself (DIY) steht im Vordergrund. Seit die Makerszene 3D-Drucker für sich entdeckt hat, finden sich auf jedem Makertreffen (sogenannten Makerfaires) auch unzählige 3D-Drucker und Ideen, die mithilfe von 3D-Druckern umgesetzt wurden.
Zusätzlich zum RepRap-Projekt tragen »FabLabs« (Fabrication Laboratories), Werkstätten mit dem Fokus auf digitaler Produktion, zur weiteren Verbreitung der digitalen Produktionsmöglichkeiten unter anderem mit 3D-Druckern bei. Die Idee der FabLabs wurde 2002 von Neil Gershenfeld, Leiter des »Center for Bits and Atoms« am Massachusetts Institute of Technology (MIT), entwickelt. Weltweit gibt es 253 FabLabs (Stand März 2014), die die Nutzung der vorhandenen Geräte und Werkzeuge jedem Mitglied meist für einen geringen Beitrag ermöglichen (Liste aller offiziellen FabLabs weltweit: http://fablabs.io/labs). Zudem bieten FabLabs neben den fachlichen Tipps der aktiven Mitglieder oftmals auch Workshops zu Themen wie Elektronik, Löten von Platinen oder zum Zusammenbau eines 3D-Druckers an.
3D-Druck in Zahlen
Anzahl der 3D-gedruckten Teile pro Jahr beim 3D-Druck Dienstleister Shapeways:
1.000.000
Weltweite Anzahl der Hobby-3D-Drucker:
200.000
Anzahl unterschiedlicher 3D-druckbarer Materialien:
100
Größte in einem Stück 3D-gedruckte Objekte:
3-6 m
Kleinste 3D-gedruckte Objekte:
0,1 mm
1.2Stand 3D-Druck heute
Der 3D-Druck im Heimbereich befindet sich in einer ähnlichen Situation wie die Minicomputer Mitte der 80er-Jahre, wie Professor Neil Gershenfeld im Rahmen seiner Keynote bei der Konferenz Fabricate 2014 im Februar 2014 hervorgehoben hat. Noch sind die Geräte nicht Plug-and-play-fähig, Präzision und Konstanz lassen zu wünschen übrig, die Geräte sind langsam, und die Materialauswahl ist beschränkt. Unklar ist auch, wie sich Angebot und Nachfrage entwickeln werden. Werden neue Bedürfnisse durch 3D-Druck geschaffen? Welche Prozesse, Produkte und Verhaltensweisen im Konsum werden sich dadurch verändern? Studien verschiedener renommierter Beratungshäuser und Finanzinstitute kommen zu überschneidenden Ergebnissen. Unter anderem werden Produkte mit weniger Materialeinsatz konstruiert werden, die Produktion wird vermehrt lokal und auf Nachfrage stattfinden, und die Herstellung individualisierter Produkte (Mass Customization) wird zunehmen. Der globale Markt wird sich in den nächsten sieben Jahren auf geschätzte 6 bis 10 Mrd. US-Dollar in etwa verfünffachen. Wie damals bei den ersten PCs sind es vor allem begeisterte Hobbyisten und Bastler, die selbst einen 3D-Drucker zusammenbauen oder ein fertiges Gerät kaufen. Weltweit gab es Anfang 2014 ca. 150.000 bis 200.000 3D-Drucker unter 5.000 Euro. Aber die Wachstumsraten sind enorm. Schätzungen gehen von einem jährlichen Wachstum der ganzen 3D-Druck-Industrie von ca. 30 % aus.
Momentan befindet sich der 3D-Druck-Bereich außerhalb der Industrie in einer Phase der Innovation – alles ist möglich. Fast monatlich kommen neue 3D-Drucker und -Druckmaterialien auf den Markt. Neue Geschäftsmodelle entstehen derzeit und werden beweisen müssen, wie gut sie funktionieren (z. B. »3D-Druck-Copyshops« um die Ecke, Datenbanken mit 3D-Modellen, Handel mit digitalen Ersatzteilen). Bis auf die führenden Anbieter Stratasys und 3D Systems sind die meisten Hersteller der über 100 Produzenten von 3D-Druckern kleinere Firmen mit 5 bis 50 Mitarbeitern. Innovationen im Hardware-, Software- und Dienstleistungsbereich rund um den 3D-Druck finden vielfach gerade durch einzelne Tüftler, Spezialisten und diese kleinen Firmen statt.
MakerBot Replicator von Stratasys
Entwicklungen in der Forschung zu druckbaren Materialien im 3D-Druck, bei der Kombination unterschiedlicher Stoffe mit z. B. leitenden Materialien und Farben, aber auch in der Präzision (z. B. 3D-Druck auf Nanopartikelbasis) lassen in etwa erahnen, welche Möglichkeiten 3D-Druck künftig auch für zu Hause bieten wird. Bis heute ist noch kein namhafter Hersteller, beispielsweise aus der Papierdruckerindustrie wie Canon oder Epson, auf den Zug aufgesprungen. Epson und Hewlett-Packard haben Ende 2013 angekündigt, eigene 3D-Drucker anbieten zu wollen. Weitere Details waren bis zur Drucklegung (April 2014) dieses Buchs noch nicht verfügbar. Sicher ist aber, dass auch im unteren Preissegment künftig 3D-Drucker im industriellen Maßstab zu haben sein werden, wenn die Nachfrage weiter so wächst wie bislang.
Cube 3 von 3D Systems Auswahl aktueller 3D-Drucker für den Heimbereich (ca. 750 bis 2.200 Euro)
1.2.1Herausforderungen bei der weiteren Verbreitung von 3D-Druck
Damit sich 3D-Druck auch einer breiteren Bevölkerungsgruppe erschließt, müssen sich noch einige Dinge verbessern, es müssen aber auch rechtliche Grundlagen geschaffen werden.
3D-Drucker/3D-Druck-Workflow
Die letzte Umfrage (http://surveys.peerproduction.net/category/longitudinal-results/) zu 3D-Druck von Peerproduction aus dem Sommer 2013 bestätigte, was fast jeder 3D-Druck-Einsteiger und -Anwender selbst erfährt: Von der Idee bis zum gedruckten Objekt bedarf es vieler Schritte, unterschiedlicher Software, technischem Verständnis und der Bereitschaft zu experimentieren. Durch die zunehmende Verbreitung von 3D-Druck gibt es immer mehr Software, Dienstleister und Services, die sich genau dieser Problematik annehmen. Hier dürfen wir künftig mit noch vielen weiteren Innovationen rechnen. Die Teilnehmer der Umfrage von Peerproduction nennen auch, dass es an erster Stelle an ausreichend guten 3D-Modellen fehlt und die Erstellung eines 3D-Objekts mit einem CAD-Programm (Kapitel 5 bis 7) oder durch Scannen einen relativ hohen Lernaufwand bedeutet (Kapitel 4 und 8). 3D-Drucker im Heimbereich müssen noch zuverlässiger arbeiten, konstantere und präzisere Druckergebnisse...