Im englischsprachigen Raum erfolgt die Ausformulierung von Kampagnenplänen in einem so genannten Plans Book. Dieses umfasst die Präzisierung der Ziele, formuliert die strategische und taktische Planung und dient meist der Rechtfertigung der Investition in eine Kampagne.[151] Der Kampagnenplan enthält also eine ausführliche Beschreibung des Kampagnenkonzeptes. Die Gliederung des Plans spiegelt mitunter auch die Reihenfolge der Planung wieder. Bei Crossmedia-Kampagnen ist jedoch aufgrund von Interdependenzen die integrierte Betrachtung aller Planungsteilbereiche notwendig und ein wasserfallartiges Vorgehen nur bedingt möglich. Die in (Abb. 6) dargestellten Entscheidungstatbestände crossmedialer Kampagnenplanung werden in den folgenden Kapiteln erörtert.
(Abb. 6) Interdependente Crossmedia-Planung
Quelle: In Anlehnung an Meffert, H. (1998), S. 689 und Nieschlag, R. / Dichtl, E. / Hörschgen, H. (2002), S. 984 ff. sowie Ahrens, K. (2003b), S. 46.
Werbekampagnen können sich auf ein Unternehmen, ein Leistungsangebot, eine Marke aber z. B. auch eine ganze Branche oder eine gemeinnützige Institution sein. Der Entwicklung der Zielsetzung geht die Identifikation von Problemen oder Gelegenheiten voraus. Meist erfolgt dann ausgehend vom zugrunde liegenden Auslöser eine Inside-Out-Analyse der Ist-Situation des Bezugsobjektes. Im Rahmen der üblicherweise durchgeführten SWOT-Analyse kommt es aber auch zu einer Outside-In-Betrachtung, um die sich aus dem Umfeld ergebenden Gefahren und Möglichkeiten einschätzen zu können.[152] Neben volkswirtschaftlichen und politischen Ursachen ist hier besonders der Einfluss von direkten Konkurrenten zu berücksichtigen. Crossmedia-Werbung weist nach Meinung vieler Experten ein besonders großes Differenzierungspotential zu Wettbewerbern auf. Dies begründet sich durch die Kreativität, die Ubiquität und die Einzigartigkeit im Wahrnehmungsraum des Konsumenten. Durch die Einzigartigkeit von Crossmedia-Angeboten kann zudem die Sogwirkung der Kampagne für Wettbewerber und somit die Partizipation der Branchenmitglieder am Werbeeffekt verringert werden.[153]
Die Analyse der gegenwärtigen Unternehmens-, Marken- oder Produktsituation ermöglicht die Formulierung einer Soll-Position. Die Kampagnenziele sind auf die Erreichung dieses gewünschten Zustandes ausgerichtet. Bei der Zielsetzung ist zwischen ökonomischen und psychographischen Zielen zu unterscheiden. Ökonomische Ziele sind beispielsweise die Erhöhung von Umsatz, Gewinn oder Marktanteilen. Psychographische Ziele sind etwa die Erhöhung des Bekanntheitsgerades, die Verbesserung des Images oder Brandingziele. Während die ökonomischen Ziele meist anhand monetärer Größen bestimmt werden können, sind psychographische Ziele (auch kommunikative oder qualitative Ziele genannt) schwieriger zu definieren.[154]
Da Unternehmen im Allgemeinen nicht zum Selbstzweck agieren, sind nicht-ökonomischen Ziele langfristig auch auf ökonomischen Erfolg ausgelegt. Auch wenn der kausale Zusammenhang zwischen psychographischen und ökonomischen Zielen nur selten eindeutig hergestellt werden kann und die qualitativen Ziele schwieriger zu quantifizieren sind, werden letztere in der Praxis häufiger formuliert. Dies ist durch die leichtere Zurechenbarkeit der kommunikativen Wirkungseffekte zur Kampagne bedingt. Denn ökonomische Wirkungseffekte unterliegen einem komplizierten Ursache-Wirkungsgeflecht, wie z. B. den Einflüssen des Marketing-Mix, und sind daher schwer messbar. Dabei wird implizit vorausgesetzt, dass mentale Wirkungen beim Konsumenten kurz-, mittel- oder langfristig zum Kauf führen und somit kommunikative Ziele die Kampagne ökonomisch rechtfertigen können.[155]
Gerade mit Hinblick auf die Erfolgsmessung stellt die Operationalisierung der Ziele mit geeigneten Messgrößen ein wichtiges Element der Zielplanung dar. Die Ziele müssen bezüglich ihrer Art (z. B. Bekanntheitsgrad), Ausmaß (Erhöhung um 10 Prozent), Objektbezug (Produktmarke X), Zeitbezug (innerhalb eines Jahres) sowie Zielgruppe (bei den 14- bis 29-jährigen) eindeutig und vollständig beschrieben werden, um dadurch eine schlüssige Erfolgsbeurteilung der Kampagne zu gewährleisten.[156]
Das Vorgehen bei Zielbildung und -setzung einer Crossmedia-Kampagne unterscheidet sich im Grunde nicht vom Vorgehen bei einer Monomedia-Kampagne. Jedoch sollte der Gedanke der Vernetzung von Anbeginn der Kampagnenplanung berücksichtigt werden. Zielt die Kampagne z. B. darauf ab, dem Markenbild mehr Konsistenz zu verleihen, macht dies eine umso konsequenter aufeinander abgestimmte crossmediale Kommunikation notwendig. Liegt eine gute Idee für einen TV-Spot vor, sollte frühzeitig überprüft werden, ob die Idee auch auf die anderen Kommunikationskanäle übertragen werden kann.[157]. Es ist zu erwähnen, dass Ziele einer Crossmedia-Kampagne im Allgemeinen höher gesteckt werden als bei vergleichbaren Mono-Konzepten. Denn schließlich wird Crossmedia eine höhere Effizienz durch verbessertes Konsumentenerlebnis, genaueres Targeting und Mulitplikationseffekte unterstellt.[158]
Die Budgetierung stellt ein zentrales Entscheidungsproblem im Rahmen der Kampagnenplanung dar. Dabei sind Entscheidung über die Höhe und die Aufteilung des Budgets – sowohl in sachlicher als auch zeitlicher Hinsicht – zu treffen.[159] Im Wesentlichen wird entweder ein heuristisches und/oder analytisches Vorgehen gewählt. Heuristische Verfahren basieren auf Erfahrungswerten der Vergangenheit und führen zu Trial-and-Error-Entscheidungsprinzipien. Analytische Methoden stützen sich auf Messungen und Prognosen der Werbewirkung bzw. der Zielerreichung. Üblicherweise in Form von statischen oder dynamischen Response-Funktionen.[160] Die sachliche Aufteilung betrifft bei Crossmedia-Strategien hauptsächlich die Aufteilung des Budgets auf die verschiedenen Werbeträger. Ziel ist es dabei, die Budgetanteile so zu bestimmen, dass die größtmögliche Wirkung entfaltet wird. Die Budgetverteilung über die Medien wird meist heuristisch bestimmt.
Entgegen der Annahme, „unterhalb eines Mindestwerbedrucks springe die Wirkung [von Mix-Kampagnen] nicht an“[161] und trotz der Tatsache, dass Werbekampagnen bei großen Marken „ein wichtiger Baustein der Markenarchitektur“[162] sind, können crossmediale Kampagnen gerade für Unternehmen mit geringem Budget Erfolg versprechend sein. Denn auch bei geringen Mediaaufwendungen sind synergetische Wirkungen zu verzeichnen. Voraussetzung ist die Herstellung von Zielgruppenüberschneidungen, die bei geringem Budget und somit geringerer Zielgruppengröße allerdings schwieriger zu gewährleisten ist.[163] Zudem können sich gerade kleinere Unternehmen zunutze machen, dass die Vernetzung zusätzlichen Spielraum für kreative Konzepte bietet. So kann durch besondere Kreation in der Integration der Kampagne ein virusartiger Effekt bewirkt werden.[164] Dabei wird bewusst versucht, im Sinne eines Below-the-Line-Marketing Peer-to-Peer-Propaganda auszulösen.[165] Offline bedeutet dies Mund-zu-Mund-Propaganda. Online bestehen über E-Mail-Kommunikation, Web-Foren oder „Send to your friend“-Schaltflächen besonders gute Möglichkeiten der schnellen Infizierung weiterer Konsumenten.[166]
Die Spezifizierung der Zielgruppe stellt ein zentrales Merkmal der Kampagnen-Planung dar. Denn die Merkmale der unterschiedlichen Zielgruppen geben konkrete Hinweise für die weitere Planung der Kommunikationsaktivitäten. So hängen Inhalt der Botschaft, deren Gestaltung, sowie Mediaselektion und Timing stark vom Zielgruppensegment ab und müssen genau auf dieses abgestimmt sein.[167] Yoon und Kim wiesen nach, dass verschiedene Zielgruppen unterschiedliches Mediennutzungsverhalten aufweisen.[168]
Die Zielgruppe einer Kampagne kann der bestehende Kundenstamm im Zuge der Verbesserung der Kundenbindung und Kundenloyalität sein. Üblicherweise aber haben Kampagnen das Ziel der Akquise neuer Kunden. Die Analyse potentieller Zielgruppen erfordert die sorgfältige Spezifikation dieser. Typische Fragestellung sind dabei: Wer sind mögliche Konsumenten und welche Eigenschaften weisen diese beispielsweise bezüglich ihres Käuferverhaltens oder ihrer Produktverwendung auf? Was sind ihre generellen Verhaltensweisen, Einstellungen und Bedürfnisse? Allgemein können die Auswahlkriterien zur Zielgruppenbestimmung in soziodemographische Merkmale, psychographische Persönlichkeitsmerkmale und Kriterien des Konsumentenverhaltens unterteilt werden.[169]
Heute rückt zunehmend die qualitative Zielgruppensegmentierung ins Interesse der Marketingplanung.[170] Zur Begründung kann das...