The Beagling
Falls sie zu den Lesern gehören, die sich für die Ausbildung zu einem Master of Hounds interessieren oder gar selber eine Meute ausbilden, denen möchte ich ein Buch empfehlen, das für diese Zwecke absolut geeignet ist. Geschrieben wurde es von einem Master of Hounds, der im hohen Alter unwiederbringbringliche Dokumente, Stammbäume und Anleitungen über Jagen mit Beagles zu Papier brachte. J. Otho Paget war 50 Jahre lang Master of the Thorpe Satchville Beagles und schrieb das Buch „Beagles and Beagling“ im Jahre 1923. Es ist ein spannendes Buch, gespickt mit Wissen über Jagd, Stammbäume und Ausbildung von Hund und Mensch. Bei der folgenden Abbildung sehen wir ihn beim Ablegen der Beagles, sein Helfer hat den Hasen in der Hand. J. Othio Paget nannte das Foto „the kill“. Man stelle sich eine andere Rasse vor. Der Hase wäre in Fetzen, nicht so bei Beagles. Das Wild ist nicht einmal angerührt!
Abb. 8: Master of Hounds: J. Othio Page, mit The Pack
Thorpe Sachville, The Kill (Beagles and Beagling)
Das Beagling selbst hat sich über die Jahrhunderte nicht gewandelt, es gibt wieder vermehrt Meuten in England, Amerika und Kanada. Im weiteren Europa sind es nur die Franzosen, die noch wirklich funktionale Meuten halten. Die Schaumeuten, welche z. T. in Deutschland gezeigt werden, haben mit Beagling nicht viel gemein. Sie dienen nur zur Belustigung. Bei den Vorführungen werden sogar teilweise Pferde eingesetzt, und das ist keine traditionelle Jagd mit Beagles.
Abbildung 8 entspricht der Wirklichkeit, auch wenn das Bild schon sehr alt ist. Jagen mit Beagles ist ein Knochenjob, man geht zu Fuß! All die Stiche, auf denen Pferde und Hunde zu sehen sind, zeigen niemals Beagles, sondern Foxhounds, Harriers oder sonstige auch sehr gute Jagdhunde, die mit dem jagenden Beagle jedoch gar nichts gemein haben. Denn traditionell wird er in Meuten nur zur Hasenjagd verwendet. Hunde voran, Master hinterher. Allein das Zuschauen, wie Beagles die Fährte aufnehmen, spurlaut jagen und Haken schlagen, ist eine Augenweide und für Laien ein erfahrungsreiches Erlebnis. Welcher Hund hätte die Affinität, alle diese Tätigkeiten miteinander zu bewerkstelligen, das Ganze in einer Meute, in einem gewaltigen Tempo ohne Beißereien und Streitereien untereinander? Totales Teamplay. Gute traditionelle Beaglemeuten sind spurenrein auf den Hasen getrimmt. Kaum vorstellbar, wenn so eine Meute ausschwärmt und jeder Hund würde in eine andere Richtung hetzen. Auf der Abbildung
Nr. 14 ist J. Otho Paget zu sehen. Der Master of Hounds, der für die Zucht innerhalb der Meute zuständig ist, zugleich aber die Meute betreut und sie ausbildet. Es gibt ganz klare Rangordnungen in der Hierarchie der Ausbilder der Hunde. Natürlich muss man etwas von Hunden und Jagd verstehen, um überhaupt infrage zu kommen, Master zu werden oder eine Meute anvertraut zu bekommen. Genetisches Wissen wurde früher anders gewichtet als heute. Ein Hund, der nicht in die Meute passte, wurde nicht passend gemacht, sondern musste im besten Fall die Meute verlassen, im schlechtesten Fall wurde er ausgemerzt. In einigen Teilen Englands wurde sogar darauf geachtet, dass die Hunde farblich zueinander passten, was aber bei erfahrenen Masters nur Kopfschütteln einbrachte, denn wie auch heute gilt der Grundsatz, dass Farben beim Beagle das letzte Kriterium sein sollte, auf die die Zucht der Rasse basieren muss. Alles andere war und ist wichtiger.
Die Aufgabe des Beagles war nur die eine: die Jagd auf den Hasen. Anderes Wild ist in der traditionellen Beagle-Jagd Tabu. Die Master stritten auch über die Frage, welchen Hund man einkreuzen soll, um besondere Fähigkeiten der Hunde für bestimmte Gegenden zu erhalten. Welsh Beagles hatten Terrierblut in sich. Da stellt man sich eine raue und wilde Gegend vor, steinig und schwer zugänglich. Ein solcher Beagle ist sicherlich nicht dafür gemacht, in großen Meuten zu jagen. Vielmehr kann ich mir diesen Typ als Einzelgänger vorstellen. Es überlebte der Beagletyp, den man vom Phänotyp auch heute erkennt: schnell, wendig, mit großem Spürsinn und mit Beißhemmung. Die Diskussionen bei den Beagle-Freunden gingen um 1850–1900 auseinander. Die einen mochten den Typ Foxhound-Beagle in einer Meute deshalb, weil die Hunde von der Ästhetik her sehr angenehm anzusehen waren, allerdings bestand die Gefahr bei Einkreuzungen, dass die Hunde nicht mehr spurentreu nur dem Hasen folgten und vom Wesen des Foxhound her untereinander etwas weniger verträglich waren. In diesem Sinne gingen hier die Meinungen unter den Meutebesitzern auseinander. Outcrosses sind in Jagdmeuten normalerweise nicht üblich, ein Master of Hound wird immer Linienzucht betreiben, denn mehr als das Aussehen will er sein über Generationen angezüchtetes, ganz spezifisches Meuteverhalten und die Spurentreue seines Rudels erhalten. Gerade wenn der Master, wie in diesem Falle J. O. Paget,
es geschafft hatte, eine funktionale, große und erfahrene Meute zu haben. Auch hier geben die alten Hunde den Jungen sehr viel Erfahrung weiter. Große Jäger achteten auch auf den Klang der Stimme, seitdem es den Beagle in seiner Urform gibt. Bereits zu Anfang der Hundezucht (ab 1891) wurden Meinungen laut, dass der Klang des Beagle-Geläutes nachlasse, seine außergewöhnliche Tonart sich verfälsche. Die Masters behaupteten, ihre Meute aus allen anderen herauszuhören, was eigentlich gut möglich wäre. Wie der ursprüngliche Klang war, können wir heute nicht mehr erahnen. So viele Jahre nach dem eigentlichen Start der modernen Hundezucht ist das unmöglich. Es stört uns heute wenig, ob nun die Stimme des Beagles etwas höher, rauer oder klangvoller ist. Für uns ist der Klang seiner Stimme bei spurlautem Jagen immer noch eine einzigartige Tonfolge, die andere Hundehalter nicht verstehen können, denn es ist weder ein Bellen noch ein Heulen. Der Beaglefan würde sagen: „Der Schrei der Wildnis“, ein Nicht-Hundehalter würde den Ton dahin gehend einstufen, dass man mindestens 3 oder 4 Hunde quälen würde. Sicherlich aber war die Stimme unserer Gefährten noch intensiver, tiefer –
wie der melodische Klang eines Bluthundes. Oder lyrisch ausgedrückt: wie ein weit entferntes Donnern.
Abb. 9: The meet of the Sunnyland at Grangefield, Gaigawed. Master: Terence W. Grainger. C. Appleton Beagles and Beagling
Die traditionelle Jagd mit dem Beagle, welche zu Fuß stattfindet, nennt man Beagling. Warum wird der Beagle nicht mit Pferd eingesetzt. Schnell genug wäre er, einem Pferd kommt er allemal hinterher. Er sollte kurz jagen, präzise und im Kreis! Ein Beagle mit erhaltenen Instinkten und guter Ausbildung kann das auch heute noch. Das Problem zeigt sich heute in erster Linie dadurch, dass der Beagle in der Jagd zweckentfremdet wurde und wird. Ein Grund dafür ist, dass in unseren Breitengraden Wildhasen rar geworden sind und Jäger den Hund als Einzelhund einsetzen und nicht in Meuten. Gerade in der Schweiz war es wohl üblich, Treibjagden zu halten. Hierbei kommen wildfremde Hunde zueinander und jagen eigentlich trotzdem allein. Richtige Meuten sind nicht populär, und schon gar nicht für die Hasenjagd. In Europa muss ein Hund multifunktional sein. Ein englischer Traditionalist würde sich die Haare raufen, wenn er sähe, wie wir den Beagle zur Jagd einsetzen! Denn ein Brite hält sich für jede Art des Jagens einen Hund. Einen Spaniel für die Wasserarbeit, evtl. Golden Retriever zum Aportieren etc. Zu Unrecht wird der Beagle als Langjäger bezeichnet. In diesem Fall mangelt es an der nötigen Erziehung. Dazu kommen gerade hier in der Schweiz die immer kleiner werdenden Jagdreviere hinzu. Für das Beherrschen einer Meute benötigt man neben einer guten Ausbildung als Master einen fähigen Leithund. Ohne einen weisen Rudelführer und einem konsequenten Master ist eine harmonische Zusammenarbeit unmöglich, sei es als Rudel oder als Einzelhund. Einen Leithund zu finden ist sehr schwierig, einen solchen kann man nicht einfach kaufen! Vielmals übernehmen Hündinnen die Rudel. Diese sind dafür eigentlich meistens nur bedingt geeignet, schon deshalb, weil starke Hündinnen von Zeit zu Zeit einen Wurf aufziehen und somit als Führungskraft weitgehend ausfallen und das Rudel in dieser Zeit die „sturmfreie Bude“ genießt. Wer einmal einen richtigen, wahren Rudelführer hatte, weiß: Es wird niemals Streitereien im Rudel noch Unklarheiten in der Rangordnung geben. Es sei zu betonen, dass ein Rudelführer geboren wird, man kann ihn nicht dazu erziehen. Ein Leithund ist intelligenter, schneller, lernfähiger, ruhiger und zäher als das Rudel selbst, und seine Meute vertraut ihm. Er wiederum gehorcht nur seinem Master, sonst niemandem. Er wird auf absolute Sturheit setzen, bei jedem anderen Hundeführer! Ich kannte
2 überragende Führerhunde von Rudeln. Das bezieht sich nicht nur auf die Arbeit der Hunde, sondern auch im sozialen Gefüge der „Hausordnung“ im Zwinger oder im Hause. Einer davon hieß Canto, der im Hause Gold Line’s lebte, ihn werden wir in einem späteren Kapitel noch einmal antreffen. Er betreute eine Meute von über 23 Beagles, ohne dass es jemals ein Quäntchen Stress im Rudel gab. Der andere legendäre Chef hieß Royal Touch Jerry Lee Lewis, ein außergewöhnlicher Hund mit einer stoischen Ruhe, sei es bei der jagdlichen Arbeit oder auch im Hause. Seine Meutemitglieder vergötterten ihn wirklich. Er war sozusagen der große Chef im Harem. Wir hatten immer mehrere Rüden, aber keine Streitereien. Er hatte das Rudel völlig im Griff. Wenn Jerry dabei war, kam es nicht vor, dass ein Hund abging...