Die Lohn- und Gehaltsrahmenabkommen (LRA/GRA) der Metall- und Elektroindustrie in NRW stammen aus den 1960er Jahren. Damals entsprach die Trennung von Kopf- und Handarbeit - also von Angestellten und Arbeitern - der betrieblichen Wirklichkeit.
Die alten Strukturen industrieller Arbeit haben sich jedoch durch moderne Produktionstechniken und moderne Arbeitsorganisation verändert. Die betriebs- und arbeitsorganisatorischen Entwicklungen führen immer mehr zu einer Vermischung von gewerblichen und Angestelltentätigkeiten. Ebenfalls ist zu beobachten, dass alte Arbeitstätigkeiten und Berufsbilder im Laufe der Zeit durch neue ersetzt wurden. Kennzeichnend für den fortlaufenden Wandel in der Betriebs- und Arbeitsorganisation in Verbindung mit den neuen Tätigkeits- und Berufsbildern ist die zunehmende Komplexität vieler neuer Arbeitsaufgaben. Die Arbeitsaufgaben können mit den ursprünglichen Lohn- und Gehaltsgruppenbeschreibungen nicht mehr anforderungsgerecht abgebildet werden, was oft dazu führt, dass sie unsystematisch in das bestehende tarifliche Regelwerk (Lohn- und Gehaltsrahmenabkommen) eingebunden werden, was eine falsche Eingruppierung nach sich zieht. Darüber hinaus werden durch die Anwendung der unterschiedlichen Einstufungs- und Eingruppierungsverfahren für Arbeiter und Angestellte gleichwertige Arbeitsaufgaben von Arbeitern und Angestellten tariflich unterschiedlich bezahlt.
Hieraus wird die Erforderlichkeit der Ablösung der Lohn- und Gehaltsrahmenabkommen durch ein einheitliches Entgeltrahmenabkommen deutlich.
Im Jahr 1998 sind die Verhandlungen zu einem Entgeltrahmenabkommen zwischen dem Arbeitgeberverband METALL NRW und der IG Metall-Bezirksleitung NRW wieder aufgenommen worden. Das Verhandlungsergebnis lag schließlich am 18.12.2003 vor. So wurden an diesem Tag nicht nur das Entgeltrahmenabkommen (ERA), sondern ebenfalls ergänzende Regelungen wie der Tarifvertrag zur Einführung des Entgeltrahmenabkommens (ERA-ETV), der Einheitliche Manteltarifvertrag (EMTV), der Tarifvertrag ERA-Anpassungsfonds (TV ERA-APF), der Tarifvertrag zur Entgeltsicherung (TV EGS) und ein Einheitlicher Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines 13. Monatseinkommens (ETV 13. ME) abgeschlossen. Außerdem sind am 16.02.2004 das Entgeltabkommen (EA) und am 30.09.2004 die Ergänzungsvereinbarung zum ERA-ETV (E-ERA-ETV) hinzugekommen. Das bedeutet, dass alle tariflichen Regelungen, die vom ERA tangiert sind, redaktionell und inhaltlich angepasst und ebenfalls vereinfacht und gestrafft wurden. METALL NRW und IG Metall sprechen von einer einheitlichen „Tarifwelt“.
Entgeltrahmenabkommen (ERA)
Das Entgeltrahmenabkommen (ERA) ersetzt die Regelungen der gekündigten Lohn- und Gehaltsrahmenabkommen und beinhaltet alle Rahmenregelungen zur einheitlichen Grundentgeltfindung für Arbeiter und Angestellte sowie zum Leistungsentgelt. Der Tarifvertrag besteht aus zwölf Paragraphen, was im Gegensatz zu den insgesamt zwanzig Paragraphen der Lohn- und Gehaltsrahmenabkommen eine erhebliche Straffung der tariflichen Regelungen bedeutet.
Tarifvertrag zur Einführung des Entgeltrahmenabkommens
(ERA-ETV)
Der Tarifvertrag zur Einführung des Entgeltrahmenabkommens (ERA-ETV) beinhaltet die notwendigen Regelungen zur betrieblichen ERA-Einführung. Hier wird der Übergang von den bisherigen tariflichen Regelungen zum ERA beschrieben. Die betriebliche Einführungsphase begann am 01.03.2005 und endet nach vier Jahren. Die betriebliche Kostenneutralität sowie die Heranführung der Arbeitnehmer an die jeweiligen ERA-Entgelte sind ebenfalls im ERA-ETV geregelt. Nach der Einführungsphase, also ab dem 01.03.2009, gilt das ERA verbindlich für alle Betriebe der Metall- und Elektroindustrie in NRW, die dem Arbeitgeberverband METALL NRW angehören.
Einheitlicher Manteltarifvertrag (EMTV)
Der Manteltarifvertrag wurde sprachlich und systematisch neu gefasst und somit den neuen ERA-Regelungen angepasst. Die bisherige Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten ist weggefallen. Materiell geändert wurde die zusätzliche Urlaubsvergütung. Sie beträgt nun für alle Beschäftigten einheitlich 72% vom Monatsentgelt, statt bislang für gewerbliche Arbeitnehmer 69% und für Angestellte 72%.
Tarifvertrag ERA-Anpassungsfonds (TV ERA-APF)
Der Tarifvertrag ERA-Anpassungsfonds (TV ERA-APF) regelt den Aufbau, die Berechnung und die Wirkungsweise des ERA-Anpassungsfonds. Der Fonds dient zur Kompensation gegebenenfalls entstehender betrieblicher Mehrkosten im Rahmen der ERA-Einführung. Der ERA-Anpassungsfonds wird durch die seit 2002 im Rahmen der Tariflohnerhöhungen gebildete so genannte ERA-Strukturkomponente[26] finanziert.
Tarifvertrag zur Entgeltsicherung (TV EGS)
Der Tarifvertrag zur Entgeltsicherung (TV EGS) enthält die Absicherungsregelungen für Beschäftigte, denen ein geringer bezahlter Arbeitsplatz zugewiesen wird. Er ersetzt den Tarifvertrag über Lohn- und Gehaltssicherung für Arbeitnehmer (TV LGS).
Einheitlicher Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines 13. Monatseinkommens (ETV 13. ME)
Der Einheitliche Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines 13. Monatseinkommens (ETV 13. ME) ersetzt die Regelungen des TV 13. ME. Die beiden Tarifverträge unterscheiden sich weitgehend nur redaktionell - bedingt durch die mit dem ERA einhergehende Vereinheitlichung aller Regelungen für bisherige Arbeiter und Angestellte - und nicht materiell.
Entgeltabkommen (EA)
Das Entgeltabkommen (EA) enthält die tariflichen ERA-Monatsgrundentgelttabellen und Ausbildungsvergütungen.
Ergänzungsvereinbarung zum ERA-ETV (E-ERA-ETV)
In der Ergänzungsvereinbarung zum ERA-ETV (E-ERA-ETV) werden ungeklärte Einzelfragen, die nach dem Tarifabschluss vom 18.12.2003 aufgetreten sind, aufgegriffen. Hierbei geht es hauptsächlich um Fragen zur betrieblichen Einführung und zur Kostenrechnung.
In den folgenden Abschnitten werden die wesentlichen Inhalte der zwölf Paragraphen des ERA dargestellt. Die Ausführungen sind als Zusammenfassung der jeweiligen Paragraphen zu verstehen und verfolgen den Zweck, einen Gesamtüberblick über das ERA zu geben.
Bei dem ERA handelt es sich um einen Landestarifvertrag für das Land Nordrhein-Westfalen. Fachlich gilt das ERA für Betriebe der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie, sofern sie Mitglied in einem Mitgliedsverband des Arbeitgeberverbandes METALL NRW sind. Persönlich wird hier nicht mehr zwischen Arbeitnehmergruppen unterschieden, das ERA gilt für alle Beschäftigten, die Mitglied der IG Metall sind.[27]
Die Grundlage zur Einstufung der Arbeitnehmer ist die Arbeitsaufgabe, die eine Einzelaufgabe beinhalten oder einen Aufgabenbereich umfassen kann. Dieses stellt zunächst keine Neuerung dar, da die Lohn- und Gehaltsrahmenabkommen ebenfalls darauf abstellten.[28] Entscheidend hierbei sind die jeweils betrieblichen Ausprägungsformen der Arbeitsorganisation und der damit verbundene Zuschnitt der Aufgabenbereiche. Darüber entscheidet der Arbeitgeber.
Grundlage der Eingruppierung der Arbeitnehmer ist die jeweils übertragene und auszuführende Arbeitsaufgabe. Neu ist, dass eine ganzheitliche Betrachtung erfolgt, die alle übertragenen und auszuführenden Tätigkeiten umfasst, unabhängig davon, wie oft und wie lange diese ausgeführt werden. Einstufungsrelevant sind demnach nicht einzelne Teile, sondern die Gesamtheit aller Aufgabeninhalte.
Die Einstufung bzw. Bewertung der Arbeitsaufgabe erfolgt nach dem so genannten Punktbewertungsverfahren.[29]
Der Betriebsrat hat gemäß den §§ 99 ff. BetrVG und § 4 ERA bei der Eingruppierung mitzubestimmen, es sei denn, zwischen den Betriebsparteien wurde freiwillig das besondere Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren gemäß § 7 ERA-ETV[30] vereinbart.
Bevor detailliert auf das tarifliche Punktbewertungsverfahren eingegangen wird, soll an dieser Stelle der Vollständigkeit halber und zum besseren Verständnis eine Kurzdarstellung der anforderungsbezogenen Entgeltfindung und insbesondere der Arbeitsbewertung erfolgen.
2.3.1 Exkurs: Anforderungsbezogene Entgeltfindung
In allen Tarifverträgen der Metallindustrie wurde geregelt, dass die Anforderungen der übertragenen Tätigkeiten für die Eingruppierung in die Lohn- und Gehaltsgruppen maßgeblich sind. Diese so genannte...