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Das große Buch des Jiu-Jitsu

Alle Griffe, Sweeps und Techniken, die ein Kämpfer beherrschen muss

AutorKevin Howell, Saulo Ribeiro
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl432 Seiten
ISBN9783959710534
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Saulo Ribeiro, sechsfacher Weltmeister im Brazilian Jiu-Jitsu (BJJ), gibt in diesem umfassenden Standardwerk sein gesamtes Wissen über diesen aufstrebenden Kampfsport weiter. Die relativ junge Disziplin konzentriert sich auf den Bodenkampf und ist daher auch für körperlich schwächere Personen und Frauen sehr gut geeignet. Aus diesem Grund gewinnt die neue Kampfkunst weltweit zunehmend Anhänger; auch unter Mixed-Martial-Arts-Kämpfern ist sie sehr beliebt. Das Werk begleitet den Schüler systematisch vom Weißgurt bis zu den Meistergraden. Mehr als 200 Griff-, Sweep- und Hebeltechniken werden in detaillierten Schritt-für-Schritt-Fotoserien vorgestellt und erklärt; typische Fehler werden angesprochen und Anleitungen zur Abhilfe gegeben. Zusätzlich geht Ribeiro auf die psychischen Anforderungen ein - denn eine beherrschte Psyche die Grundlage für jeden körperlichen Kampf. Die anschaulichen Anweisungen machen dieses Buch zu einem unverzichtbaren Grundlagenwerk für jeden Kämpfer von den ersten Schritten bis zum schwarzen Gürtel.

Saulo Ribeiro aus Manau, Brasilien, ist Großmeister und sechsfacher Weltmeister im Brazilian Jiu-Jitsu. Er erlernte diese Kampfkunst an der Academia Gracie de Jiu-Jitsu in Rio de Janeiro, dem Geburtsort des Brazilian Jiu-Jitsu. Inzwischen unterrichtet als Cheftrainer an der berühmten University of Jiu-Jitsu bei San Diego, Kalifornien. Kevin Howell ist Professor für Politikwissenschaften in Huntington Beach, Kalifornien. Er ist Träger des braunen Gurts im Judo und des lila Gurts im Brazilian Jiu-Jitsu.

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Leseprobe

Einführung in das Brasilianische Jiu-Jitsu


»Die Kenntnis der Technik reicht nicht aus. Man muss die Techniken transzendieren, damit die Kunst eine kunstlose Kunst wird, die dem Unbewussten entspringt.«

Daisetsu Teitaro Suzuki

Hebel

Rickson Gracie hat meine Philosophie und meine Ansichten in Bezug auf das Jiu-Jitsu begründet und geprägt. Ich bin ihm nicht nur für seine Techniken und Wettkampfstrategien dankbar, sondern für all sein Wissen. Es ist das, was ich heute lehre. Mein Jiu-Jitsu basiert auf seinen Kenntnissen der Hebelwirkung.

Jeder redet über Hebelwirkung, doch nur wenige nutzen sie für ihr Jiu-Jitsu. Alles, was ich in diesem Buch zeige, hat mit der Effizienz von Hebeln und Drehpunkten zu tun. Wie kann ich jemanden hochheben, der doppelt so viel wiegt wie ich? Wie kann ich einen Armhebel bei jemandem ansetzen, der dreimal so stark ist wie ich? Die Antwort ist immer die gleiche: durch Hebelkraft. Das ist der entscheidende Punkt beim Griffkampf (Grappling). Suche immer nach Positionen, durch welche die Kraft, die du ausübst, verstärkt und die deines Gegners verringert wird. Es sind die Hebelpunkte, die du ausfindig machen musst.

Jiu-Jitsu fühlen

»Wenn du nachdenkst, verlierst du Zeit. Wenn du Zeit verlierst, musst du Kraft aufwenden. Wenn du Kraft aufwendest, ermüdest du. Und wenn du müde wirst, stirbst du.«

Das ist einer meiner liebsten Merksätze. Er bedeutet, dass alles Jiu-Jitsu darauf basieren muss, wie du deinen Gegner wahrnimmst. Das Timing einer Entscheidung gründet sich nicht darauf, was du denkst oder was zu tun ist. Es geht darum, dass dein Körper die Bewegung erkennt und automatisch handelt. Das nennt man Muskelgedächtnis. Wenn jemand deine Deckung durchbricht, dann fühlst du das und hast keine Zeit, darüber nachzudenken, was du nun tun sollst. Du musst sofort reagieren.

Das ist ein Aspekt, den ich vor langer Zeit mithilfe meiner Lehrer verstanden habe. Mein Jiu-Jitsu basiert auf Reaktion. Wenn du reagierst, gibst du deinem Verstand keine Zeit, sich von Gefühlen beeinflussen zu lassen. Du bist frei von Wut, Angst und Enttäuschung, du bewegst dich einfach. Wenn dein Gegner gegen deinen Ellenbogen drückt und du müde bist und es schon fast wehtut, spielt das keine Rolle, denn du reagierst bereits. Du hast dir selbst keine Zeit gegeben, dich aus der Fassung bringen zu lassen. Meine Leitlinie ist: Nicht nachdenken! Wenn du nicht nachdenkst, musst du deinen Gegner unmittelbar wahrnehmen und entsprechend reagieren.

Das Gürtelsystem

Das Gürtelsystem des Brasilianischen Jiu-Jitsu dient dazu, den Erfahrungsstand der Trainierenden zu kennzeichnen. Die Gürtel reichen von den Anfängerstufen Weißgurt und Blaugurt über das mittlere Niveau des Violettgurts bis zu den fortgeschrittenen Stufen des Braungurts und des Schwarzgurts. Im Folgenden erkläre ich, wonach ein Schüler auf den jeweiligen Stufen streben sollte.

Weißgurt

Ich vergleiche den weißen Gürtel mit dem Beginn eines Lebenszyklus, etwa von der Geburt bis zur Sozialisation. So wie ein Kind seiner Mutter vertrauen muss, so muss der Weißgurt an den guten Willen seines Lehrers glauben. Irgendwann wird auch eine Zeit des Hinterfragens kommen, doch zunächst einmal muss er sich konzentrieren und trainieren. Weißgurte sollten mit allen beim Jiu-Jitsu möglichen Angriffen, Bewegungen und Positionen konfrontiert werden, damit ihnen bewusst wird, wie sie korrekt vorgehen müssen, um Fortschritte zu erzielen.

Viele denken, dass manche Bewegungen zu anspruchsvoll für Weißgurte sind. Ich bin da anderer Meinung. Ich finde, es gehört zu den Grundlagen, die einem Weißgurt vermittelt werden müssen, dass er alle Aspekte des Jiu-Jitsu kennenlernt. Zwar kann sich ein Weißgurt nicht mit den Feinheiten beschäftigen, doch er muss mit vernünftigen Grundlagen beginnen, um Fortschritte machen zu können. Wenn du angegriffen wirst, bekommst du eine Vorstellung davon. Es ist dann zuerst einmal wichtig durchzuhalten. Niemand kann irgendetwas perfektionieren, solange er das Durchhalten nicht gelernt hat.

Der Weg des Weißgurts dauert zwischen 6 und 18 Monaten, je nach den Voraussetzungen, die der Schüler mitbringt. Der Übergang vom Weißgurt zum Blaugurt ist der wichtigste Schritt, den man beim Jiu-Jitsu geht. Ich achte genau darauf, dass jeder Schüler wirklich darauf vorbereitet ist.

Manche glauben, dass besonderes Talent oder sportliche Gewandtheit sofort zu einer höheren Graduierung führen sollten. Doch jemand mag ein guter Kämpfer sein und andere besiegen können, aber wie steht es mit seinen Grundlagen und Leitlinien?

Ich verleihe niemandem eine höhere Graduierung, nur weil er stark ist; dazu muss ich schon mehr sehen. Ich kenne alle meine Weißgurte gut und begleite sie dabei, wie sie als Mensch und als Jiu-Jitsu-Ka Fortschritte erzielen.

Blaugurt

Abgesehen vom Schwarzgurt ist der Blaugurt wahrscheinlich die Stufe, auf der ein Schüler die längste Zeit verweilt. Hier beginnt der Schüler, seine eigene Art zu entwickeln, wie er die Bewegungen ausführt. Blaugurte beginnen mit der Entwicklung eigener Strategien und Optionen und sie probieren alles aus, was sie sehen, bis sie langsam ihren eigenen Stil finden. Der blaue Gürtel ist somit die Stufe des Ausprobierens. Die Schüler experimentieren mit allen möglichen Taktiken und Techniken, bis sie herausfinden, was bei ihnen funktioniert. Dafür wird einige Zeit benötigt und deshalb ist der Blaugurt häufig die längste Entwicklungsstufe im Jiu-Jitsu.

Violettgurt

Der violette Gürtel ist die Stufe, auf welcher der Schüler beginnt, seine Technik zu verfeinern und anderen als Ratgeber zur Seite zu stehen. Während er über seinen eigenen Weg als Blaugurt nachdenkt, hilft der Violettgurt niedergraduierteren Schülern, indem er ihnen zeigt, wie sie die Fehler vermeiden können, die er selbst zuvor gemacht hat. In diesem Sinne braucht der Violettgurt den Kontakt zu Blaugurten.

Gleichzeitig werden ihn die Braungurte anspornen, seine Schnelligkeit zu erhöhen und seine Abwehrarbeit zu verbessern. In diesem Sinne wird der Braungurt einen Violettgurt auf eine Weise fördern, zu der ein Blaugurt nicht in der Lage ist. Es handelt sich um ein Lernen durch Geben und Annehmen von Erfahrung.

Es ist auch die Stufe, auf der ein Schüler beginnt, mehr mit Schwarzgurten zu trainieren. Ein Schwarzgurt kann den Violettgurt wirklich fordern und der Violettgurt erinnert den Schwarzgurt an die Zeit, in der er die härteste Phase seines Lernprozesses durchlief. In der Zeit, in der er den violetten Gürtel trägt, sollte der Schüler dem Wissensstand eines Schwarzgurts näherkommen. Diese Kenntnisse sind es, die ich bei meinen fortgeschritteneren Violettgurten sehen möchte.

Um den braunen Gürtel zu erreichen, muss der Violettgurt Vertrauen in seine Fähigkeiten haben. Von den Blau- und Weißgurten darf er sich nicht mehr verunsichern lassen. Er muss auch respektvoll mit seinen Trainingspartnern umgehen und dazu fähig sein, Verteidigung und Angriff miteinander zu verbinden. Hat er dies alles gelernt, ist er bereit für den Braungurt.

Braungurt

Ein Braungurt ist fast ein Schwarzgurt. Ein Braungurt konzentriert sich darauf, die Kanten abzuschleifen und seine Technik abzurunden. Das ist der Gürtelgrad, bei dem ein Schüler hilfreiche Tipps benötigt, um auf die nächste Stufe zu gelangen. Diese Tipps machen den Unterschied zwischen Braun- und Schwarzgurten aus. Ein wichtiger Hinweis für einen Braungurt könnte sein: »Beweg dich ein bisschen mehr auf diese Seite, wenn du das machst …« Diese kleinen Modifikationen sind sehr hilfreich auf dem Weg vom Braungurt zum Schwarzgurt. Deshalb ist es so wichtig, dass Schwarzgurte auf der Matte stehen. Sie haben die Erfahrung und sind bereits den Weg gegangen, den der andere Schüler noch zu gehen hat.

Hab Vertrauen in deinen Gürtelgrad

Wenn du dir über die Geschwindigkeit deiner Graduierungen Gedanken machst, verschwendest du deine Zeit. Denk daran: Bevor du ein Blau-, Violett- oder Braungurt wirst, möchtest du dich schon als solcher fühlen. Du musst das Gefühl haben, dass du wirklich über die entsprechenden Fähigkeiten verfügst. Dich selbst kannst du nicht täuschen. Einen Gürtelgrad zu erreichen ist lediglich der äußerliche Beweis dafür, dass zwischen dir und deinem Meister eine gute Verbindung besteht. Du wirst es selbst bereits wissen, wenn du sie dir verdient hast. Meine Aufgabe als Lehrer ist es, da zu sein und zu bestätigen: »Es ist so weit.« Doch das solltest du bereits selbst gemerkt haben.

Jiu-Jitsu ist keine Mathematik und ein Gürtelgrad ist nicht an Anwesenheit oder Kalenderdaten gebunden. Ein reglementierter Graduierungsplan auf der Grundlage von Daten oder Anwesenheit ist die schlechteste Art, eine Entwicklung zu bemessen. Jiu-Jitsu ist komplexer als so ein Plan.

Es ist Unsinn, hinter einem Gürtel herzujagen und ihn so schnell wie möglich zu bekommen. Häufig sehen die Leute nicht, dass der Schwarzgurt der Gürtel ist, den sie am längsten tragen werden. Es kommt nicht darauf an, ob du ihn in 4 oder in 15 Jahren bekommst. In jedem Fall wirst du ihn für den Rest deines Lebens tragen. Der Weg zum schwarzen Gürtel ist der, der zählt.

Das in diesem Buch verwendete Gürtelsystem

Das in diesem Buch vorgestellte Gürtelsystem unterscheidet sich von dem in anderen Jiu-Jitsu-Lehrbüchern. Obwohl die Gürtelgrade nicht dogmatisch verwendet werden sollten (natürlich gibt es auch für Weißgurte Gelegenheiten, Aufgabetechniken anzuwenden), sind sie auch ein Bezugsrahmen für die Fähigkeiten, die du dir auf jeder einzelnen Stufe auf deinem Weg des Jiu-Jitsu aneignen solltest. Der Violettgurt sollte zum Beispiel die Deckung verstanden haben, bevor er die Stufe zum Braungurt...

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