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Das große Buch vom Schlaf

Die enorme Bedeutung des Schlafs - Beste Vorbeugung gegen Alzheimer, Krebs, Herzinfarkt und vieles mehr

AutorMatthew Walker
VerlagGoldmann
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl480 Seiten
ISBN9783641232399
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Warum schlafen so wichtig ist: Prof. Dr. Matthew Walker, Direktor des Schlaflabors der UC Berkeley, teilt seine bahnbrechenden Forschungserkenntnisse und verdeutlicht die enorme Wirkung der Nachtruhe. Denn Schlaf ist einer der wichtigsten und zugleich unterschätztesten Aspekte eines gesunden, langen und glücklichen Lebens. Der richtige Schlaf macht uns klüger, attraktiver, schlanker, beugt Krebs und Demenz vor, stärkt das Immunsystem und verringert das Risiko für Herzinfarkt und Diabetes. Der internationale Bestseller - Übersetzungsrechte in 30 Länder verkauft!

Prof. Dr. Matthew Walker ist Professor für Neurowissenschaften und Psychologie an der University of California, Berkeley, Direktor des dortigen Schlaflabors sowie ehemaliger Professor für Psychiatrie an der Harvard University. Er hat über 100 wissenschaftliche Studien veröffentlicht. »Das große Buch vom Schlaf« ist sein erstes Buch.

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Leseprobe

KAPITEL 2

Koffein, Jetlag und Melatonin

So wird der Schlafrhythmus beeinflusst

Woher weiß Ihr Körper, wann es Zeit zum Schlafen ist? Wieso leiden Sie an Jetlag, wenn Sie in eine andere Zeitzone gereist sind? Wie lässt sich dieser Jetlag überwinden? Warum hat die Akklimatisierung zur Folge, dass der Jetlag nach der Rückkehr nach Hause noch schlimmer ist? Wieso nehmen manche Menschen gegen diese Symptome Melatonin? Warum (und auf welche Weise) hält eine Tasse Kaffee wach? Und vielleicht besonders wichtig: Woher wissen Sie, ob Sie genug schlafen?

Wann Sie schlafen und wann Sie wach sein wollen, wird im Wesentlichen durch zwei Faktoren bestimmt. Während Sie diese Worte lesen, üben diese beiden Faktoren erheblichen Einfluss auf Ihren Geist und Ihren Körper aus. Der erste Faktor ist ein Signal, das von der inneren 24-Stunden-Uhr tief in Ihrem Gehirn ausgeht. Diese Uhr lässt einen zyklisch verlaufenden Tag-Nacht-Rhythmus entstehen, der bewirkt, dass Sie in regelmäßigen Abständen müde oder wach sind. Der zweite Faktor ist ein chemischer Stoff, der in Ihrem Gehirn gebildet wird und einen »Schlafdrang« hervorruft. Je länger Sie wach sind, desto stärker wird dieser chemisch bedingte Schlafdrang und desto müder werden Sie folglich. Die Wirkung dieser beiden Faktoren bestimmt, wie wach und aufmerksam Sie tagsüber sind, wann Sie abends müde und bettreif werden und zum Teil auch, wie gut Sie schlafen.

Sind Sie im Rhythmus?

Der enorme Einfluss Ihres 24-Stunden-Rhythmus, der auch zirkadianer Rhythmus genannt wird, wirkt sich auf viele der Fragen am Anfang dieses Kapitels aus. Jeder Mensch verfügt über einen zirkadianen Rhythmus (circa bedeutet »um« und dian stammt von diam, »Tag«). Dieser natürliche Zyklus findet sich bei jedem Lebewesen auf dem Planeten, das länger als nur ein paar Tage lebt. Die innere 24-Stunden-Uhr in Ihrem Kopf leitet die Signale des täglichen zirkadianen Rhythmus an alle anderen Gehirnregionen und jedes Organ im Körper weiter.

Ihr 24-Stunden-Rhythmus legt nicht nur fest, wann Sie wach sein und wann Sie schlafen wollen, sondern steuert auch andere Rhythmen, zum Beispiel, wann Sie vorzugsweise essen und trinken, Ihre Stimmungen und Gefühle, die Menge an Urin, die Sie produzieren,5 die Temperatur in Ihrem Körperinneren, Ihren Stoffwechsel und die Freisetzung zahlreicher Hormone. Es ist kein Zufall, dass die Wahrscheinlichkeit, einen olympischen Rekord zu brechen, stark von der Tageszeit abhängt und am frühen Nachmittag, wenn der zirkadiane Rhythmus des Menschen von Natur aus seinen Höhepunkt erreicht, besonders hoch ist.

Schon lange vor der Entdeckung dieses biologischen Schrittmachers gelang mit einem genialen Experiment etwas ganz Bemerkenswertes: Die Zeit wurde angehalten, zumindest für eine Pflanze. Im Jahr 1729 entdeckte der französische Geophysiker Jean-Jacques d’Ortous de Mairan den allerersten Hinweis darauf, dass Pflanzen eine eigene innere Zeit erzeugen.

De Mairan befasste sich mit den Bewegungen der Blätter von heliotropen Spezies – also von Pflanzen, deren Blätter oder Blüten im Tagesverlauf der Bewegung der Sonne am Himmel folgen. Eine Pflanze, die Mimosa pudica6, faszinierte De Mairan besonders. Nicht nur, dass die Blätter dieser Pflanze dem Lauf der Sonne am Himmel folgen, sie fallen auch nachts in sich zusammen, als seien sie verwelkt. Zu Beginn des nächsten Tages klappen die Blätter dann wieder auf wie ein Regenschirm, gesund wie eh und je. Dieses Verhalten wiederholt sich jeden Morgen und jeden Abend und veranlasste den berühmten Evolutionsforscher Charles Darwin dazu, sie als »schlafende Blätter« zu bezeichnen.

Vor dem Experiment von de Mairan war man gemeinhin der Ansicht, das Entfalten und Zuklappen der Pflanze werde lediglich durch Sonnenauf- und -untergang bestimmt. Diese Annahme war durchaus logisch: Bei Tageslicht (selbst bei bewölktem Wetter) öffneten sich die Blätter weit, wurde es dunkel, machten sie dagegen den Laden dicht, rollten sich zusammen und blieben geschlossen. De Mairan bewies jedoch, dass diese Annahme nicht richtig war. Zunächst stellte er die Pflanze ins Freie, sodass sie bei Tag und bei Nacht den entsprechenden hellen und dunklen Reizen ausgesetzt war. Erwartungsgemäß falteten sich die Blätter bei Tageslicht auf und zogen sich nachts im Dunkeln zusammen.

Dann kam der geniale Kniff. De Mairan setzte die Pflanze vierundzwanzig Stunden lang in eine verschlossene Kiste, sodass sie sich sowohl tagsüber als auch nachts in vollkommener Dunkelheit befand. Während dieser vierundzwanzig Stunden in kompletter Finsternis spähte er hin und wieder auf die abgedunkelte Pflanze, um die Position ihrer Blätter zu erkennen. Obwohl tagsüber kein Licht mehr auf sie fiel, benahm sich die Pflanze, als sei sie von Sonne beschienen, und hatte ihre Blätter weit ausgebreitet. Gegen Abend faltete sie diese dann wie auf ein Signal hin zusammen, obgleich die Sonne gar nicht unterging, und hielt sie die gesamte Nacht über geschlossen.

Das war eine revolutionäre Entdeckung: De Mairan hatte nachgewiesen, dass ein lebender Organismus eine eigene Uhr hat und kein Sklave des von der Sonne vorgegebenen Rhythmus ist. Irgendwo in der Pflanze wurde ein 24-Stunden-Takt erzeugt, der die Zeit ohne äußere Signale wie das Tageslicht nachhalten konnte. Die Pflanze verfügte nicht nur über einen zirkadianen Rhythmus, sondern hatte einen »endogenen«, von ihr selbst erzeugten Rhythmus, ganz so, wie Ihr Herz in seinem individuellen Takt schlägt. Die Herzfrequenz ist lediglich viel schneller und liegt in der Regel mindestens bei einem Schlag pro Sekunde, während die zirkadiane Uhr nur alle vierundzwanzig Stunden ein Signal gibt.

Erstaunlicherweise dauerte es weitere zweihundert Jahre, bis nachgewiesen wurde, dass wir Menschen einen ganz ähnlichen, im Körper selbst erzeugten zirkadianen Rhythmus haben. Dieses Experiment lieferte jedoch unerwartete Erkenntnisse zur körpereigenen Uhr. Im Jahr 1938 beschloss Professor Nathaniel Kleitman von der University of Chicago in Zusammenarbeit mit seinem Forschungsassistenten Bruce Richardson, eine noch radikalere wissenschaftliche Untersuchung durchzuführen. Dazu war ein Einsatz erforderlich, der bis heute seinesgleichen sucht.

Kleitman und Richardson wollten ihr Experiment am eigenen Leib durchführen. Mit einem Vorrat an Lebensmitteln und Wasser für sechs Wochen sowie zwei ausrangierten, hohen Krankenhausbetten machten sie sich auf in die Mammoth Cave in Kentucky, eine der tiefsten Höhlen auf dem Planeten – so tief, dass in die entlegenen Winkel kein wahrnehmbarer Sonnenstrahl fällt. In dieser Finsternis sollten Kleitman und Richardson eine erhellende wissenschaftliche Feststellung machen, nämlich dass unser biologischer Rhythmus nur in etwa einem Tag (zirkadian) und nicht genau einem Tag entspricht.

Neben Lebensmitteln und Wasser hatten die beiden Männer verschiedenste Messgeräte im Gepäck, um ihre Körpertemperatur sowie ihren Schlaf-wach-Rhythmus zu kontrollieren. Dieser Aufzeichnungsbereich bildete den Mittelpunkt ihres Wohnraums, der auf beiden Seiten von den Betten gesäumt war. Die hohen Bettpfosten standen ähnlich wie ein Wasserschloss jeweils in einem Eimer Wasser, um die unzähligen kleinen (und weniger kleinen) Kreaturen in den Tiefen der Mammoth Cave davon abzuhalten, sich in die Betten zu gesellen.

Mit dem Experiment wollten Kleitman und Richardson eine einfache Frage beantworten: Würden der biologische Schlaf-wach-Rhythmus und die Körpertemperatur ohne den täglichen Zyklus von Licht und Dunkelheit vollkommen außer Kontrolle geraten, oder würden sie weiterhin so bleiben wie bei den Menschen außerhalb der Höhle, die dem Rhythmus der Tageszeiten ausgesetzt waren? Insgesamt verweilten die beiden Männer zweiunddreißig Tage in kompletter Dunkelheit. In dieser Zeit wuchsen ihnen nicht nur beeindruckende Bärte, sondern sie machten zwei bahnbrechende Entdeckungen. Die erste war, dass der Mensch genau wie die heliotropen Pflanzen von de Mairan auch ohne Licht von der Sonne nach einem eigenen endogenen zirkadianen Rhythmus lebt. Wachen und Schlafen waren weder bei Kleitman noch bei Richardson willkürlich, sondern beide erlebten vorhersehbare, sich wiederholende Wachphasen (von etwa fünfzehn Stunden) und schliefen dann etwa neun Stunden lang.

Die zweite, unerwartete – und noch grundlegendere – Erkenntnis lautete, dass ihre Schlaf-wach-Zyklen sich zwar sehr zuverlässig wiederholten, aber nicht exakt vierundzwanzig Stunden entsprachen, sondern stets eindeutig mehr als vierundzwanzig Stunden betrugen. Bei Richardson, der Mitte zwanzig war, umfasste der Schlaf-wach-Zyklus zwischen sechsundzwanzig und achtundzwanzig Stunden, bei dem über vierzigjährigen Kleitman näherte er sich schon eher vierundzwanzig Stunden, war jedoch immer noch ein wenig länger. Ohne den äußeren Einfluss des Tageslichts dauerte der innere »Tag« der beiden Männer also nicht genau vierundzwanzig Stunden, sondern etwas mehr. Wie eine Armbanduhr, die ein wenig nachgeht, wurde die innere, selbst bemessene Zeit bei Kleitman und Richardson mit jedem (echten) Tag, der in der Außenwelt verstrich, geringfügig länger.

Da unser angeborener Biorhythmus nicht genau, sondern nur in etwa vierundzwanzig Stunden entspricht, war eine neue Nomenklatur erforderlich: der zirkadiane Rhythmus – also ein Rhythmus, der in etwa oder ungefähr der Länge eines Tages und nicht genau einem Tag entspricht.7 In den gut siebzig Jahren seit dem...

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