Kinder ganzheitlich behandeln
Die Heilkraft des Fiebers
Wärme ist eines der wichtigsten Elemente für uns Menschen, deshalb ist der richtige Umgang damit so wichtig – gerade bei Kindern. Je kleiner ein Kind ist, umso strenger achten wir auf Veränderungen der Temperatur. Wir sprechen von Fieber bei Temperaturen über 38,5°C, bei Säuglingen bis sechs Monaten schon bei über 38,0°C. Nicht immer sagt die Höhe des Fiebers etwas über die Schwere der Erkrankung aus.
Daher sollten Sie nicht nur auf die Temperatur, sondern auch und vor allem auf die Art der Erkrankung und den allgemeinen Zustand Ihres Kindes achten. Im Zweifelsfall sollten Sie immer ärztlichen Rat einholen, wenn Sie unsicher sind oder Ihnen Ihr Kind »nicht richtig gefällt«. Dazu gehört zum Beispiel ein schlechterer Appetit, eine angestrengte oder anhaltend schnelle Atmung (vor allem bei Säuglingen), eine blasse Gesichtsfarbe, ein müder Blick, Lethargie sowie Kreislaufprobleme. Zur Orientierung können folgende Grenzwerte hilfreich sein:
Gehen Sie zum Arzt, wenn
- das Fieber Ihres Säuglings (jünger als sechs Monate) über 38,0°C erreicht,
- Ihr Baby (bis zwölf Monate) über 38,5°C fiebert,
- die Temperatur Ihres Kleinkindes bis vier Jahre auf über 39°C ansteigt.
- Ältere Kinder können höhere Temperaturen haben, ohne dabei schwer krank zu sein.
Gehen Sie immer zum Arzt, wenn Sie – unabhängig von der Temperatur – kein gutes Gefühl haben.
Meist ist das Kind zum Glück nur aufgrund leichter Infektionen fieberhaft erkrankt. Doch auch andere Ursachen muss man in Erwägung ziehen. So kann zu warme Kleidung zum Beispiel beim Säugling zu einem Hitzestau führen, der sich in Fieber äußert. Zu wenig Flüssigkeit kann beim Baby Durstfieber verursachen. Aber auch ein Sonnenstich oder starke seelische Erregung können für den Temperaturanstieg verantwortlich sein. Außerdem unterliegt die normale Körpertemperatur im Laufe des Tages rhythmischen Schwankungen. So ist die Körperkerntemperatur abends bis zu 0,5°C höher als morgens.
In den meisten Fällen entsteht Fieber durch Infektionskrankheiten. Dabei dringen Viren und Bakterien in das Kind ein, die sich bei Temperaturen um 33 bis 34°C besonders gut vermehren können. So finden sie im Rahmen einer Erkältung, bei der der Körper etwas kühler ist, ein gutes Milieu vor, um sich auszubreiten. Die nun sinnvollerweise vom Kind selbst erzeugte Fieberwärme ermöglicht dem Organismus, das Fremde, das in ihn eingedrungen ist, zu überwinden. Bei höheren Temperaturen verschlechtern sich die Lebensbedingungen für viele Viren und Bakterien, außerdem werden dabei mehr Abwehrstoffe des Immunsystems gebildet.
Bei Versuchen mit wechselwarmen Tieren wie Echsen stellte man fest, dass sie im infizierten und kranken Zustand freiwillig sonnige Stellen aufsuchen, um mit Hilfe der Wärme die Erkrankung zu überwinden. Werden sie künstlich im Schatten belassen, kommt es zu deutlich schwereren Krankheitsverläufen. Der Mensch ist im Gegensatz zu den wechselwarmen Tieren in der Lage, die notwendige Wärme selbst zu erzeugen. Wird diese Wärmebildung bei Kindern unnötig oft unterdrückt, kann es bei den jeweiligen Infekten vermehrt zu Komplikationen kommen.
Das wurde auch in verschiedenen Studien festgestellt. Darüber hinaus weisen die Ergebnisse anderer Studien darauf hin, dass sich durch eine übertriebene Unterdrückung von Fieber Spätfolgen entwickeln können. So wurde eine Erhöhung der Allergie- und sogar der Krebsrate im höheren Alter festgestellt.
Wie schafft es unser Körper, im Kampf gegen einen Infekt die notwendige Wärme zu bilden? Bei einem Infekt wird im Temperaturzentrum des Gehirns eine höhere Temperatur eingefordert (»Solltemperatur« wird heraufgestellt). So lange die eingeforderte Temperatur noch nicht erreicht ist, friert das Kind. Durch vermehrte Stoffwechsel- und Muskeltätigkeit (Zittern) sowie durch Verengung der Blutgefäße in der Haut (Peripherie) erhöht sich im Fieberanstieg die Körperkerntemperatur. Die Reizschwelle im Gehirn wird dabei herabgesetzt, sodass es zum Fieberdelir (Halluzinationen) und bei starken Schwankungen der Temperatur zu Fieberkrämpfen kommen kann, was glücklicherweise nur selten passiert. Im Hinblick auf die Dreigliederung des menschlichen Organismus (siehe ab >) dominiert also in der Anfangsphase der Krankheit, während das Fieber steigt, eine starke Aktivität im Stoffwechsel-Gliedmaßen-System. Gleichzeitig kommt es zu einer größeren Labilität im Nerven-Sinnes-System: Daher vermeidet das Kind in diesem Zustand freiwillig zu viele Sinneseindrücke und zieht sich auch in seinem Verhalten »in sich zurück«. Ist die neue »Solltemperatur« erreicht, wird die Wärme vom Körperkern wieder nach außen an die Haut abgegeben, »das Kind glüht« und fühlt sich nun heiß an. Bei den hohen Temperaturen ist das Immunsystem besonders aktiv. Wenn genügend Krankheitserreger überwunden worden sind, sinkt das Fieber allmählich und es kehrt wieder mehr Leben in das Kind zurück.
Der Allgemeinzustand zählt
In seltenen Fällen kann sich hinter dem Fieber eine ernst zu nehmende Erkrankung verbergen wie eine Hirnhautentzündung, eine Gehirnentzündung, eine Lungenentzündung, eine Nierenbeckenentzündung, eine Knochenmarksentzündung, eine Herzmuskelentzündung, eine Kehldeckelentzündung oder auch eine Autoimmunerkrankung. Das Leitsymptom für all diese schweren Erkrankungen ist nicht die Höhe des Fiebers, sondern die Beeinträchtigung des Allgemeinzustands:
Ihr Kind erscheint Ihnen – meistens plötzlich – schwer krank, vielleicht so krank, wie Sie es noch nie erlebt haben. Bei diesem Empfinden sollten Sie sofort den Arzt aufsuchen. Wenn Ihr Kind dagegen hoch fiebert, dabei aber gut bei Kräften und klar ansprechbar ist sowie etwas trinken kann, ohne sofort zu erbrechen, können Sie in Ruhe Rat einholen und gegebenenfalls einen Termin beim Arzt vereinbaren. Achten Sie also in erster Linie auf Ihr Kind, in zweiter Linie auf Ihr Fieberthermometer!
Wichtig: Fieber in den ersten drei Lebensmonaten muss immer unverzüglich ärztlich abgeklärt werden!
Fieberkrampf erkennen und behandeln
Vor allem beim ersten Fieberkrampf haben viele Eltern Angst um das Leben ihres Kindes und denken, dass es sterben wird. Die gute Nachricht ist, dass Fieberkrämpfe in der Tat dramatisch erscheinen, in der Regel aber keine akute Gefahr für das Kind darstellen und auch für sein weiteres Leben bis auf extrem wenige Ausnahmen folgenlos bleiben. 4 Prozent aller Kinder in Deutschland im Alter zwischen sechs Monaten und sechs Jahren bekommen Fieberkrämpfe. Typische Symptome sind wie bei einem epileptischen Anfall Muskelkrämpfe symmetrisch an beiden Armen und Beinen, steif werden, Bewusstseinsverlust, Verdrehen der Augen, Speichelfluss, zum Teil Einnässen, anschließend tiefer Schlaf. Im Hinblick auf die Ursachen scheint es eine genetische Veranlagung zu geben, zumindest hat jedes vierte Kind mit Fieberkrämpfen enge Familienangehörige, die auch Fieberkrämpfe in der Kindheit hatten. Wichtiger scheinen jedoch als Ursache Schwierigkeiten im Umgang mit Temperaturänderungen zu sein, denn vor allem beim schnellen Fieberanstieg treten die Krämpfe auf. Bei jedem dritten Kind kommt es zu einer Wiederholung innerhalb eines Jahres. Die meisten Fieberkrämpfe sind unkompliziert, sie dauernd im Schnitt ein bis zwei Minuten und nach einem Schlaf von 20 bis 30 Minuten sind die Kinder (bis auf das Fieber) wieder »ganz die alten«. Nur wenige Anfälle sind so genannte komplizierte Fieberkrämpfe, das heißt sie dauern über 15 Minuten, wiederholen sich innerhalb von 24 Stunden oder treten nicht symmetrisch, sondern nur an einem Körperteil auf.
Der gerufene (Not-)Arzt gibt Ihrem Kind ein Medikament, mit dem die Krampfbereitschaft reduziert werden kann (Diazepam) und senkt (nur) bei anhaltend hohem Fieber die Körpertemperatur mit Paracetamol oder Ibuprofen.
Je nach Ausprägung und Alter können zur Abklärung extrem seltener anderer Ursachen in der Klinik Blut- und Urin, evtl. das Gehirnwasser untersucht oder eine Magnetresonanztomographie durchgeführt werden. Das EEG, das bei unkomplizierten Fieberkrämpfen ein bis zwei Wochen nach dem Anfall durchgeführt wird, ist nahezu immer unauffällig.
FIEBER ALS BAUHELFER
Mit Hilfe von Wärme können sich Stoffe besser auflösen und gegenseitig durchdringen. Diese Aufgabe übernimmt das Fieber bei Krankheiten im Hinblick auf die Einheit von Körper, Seele und Geist: Zunächst kommt es im Rahmen der Krankheit in allen drei Bereichen zu einem Verlust der vollen Funktionsfähigkeit. Das Kind ist anfangs körperlich erschöpft (Kreislauf, Gewichtsverlust), seelisch in seiner Stimmung beeinträchtigt (Ängste, Sorgen, Unwohlsein-Empfinden) und auch geistig nicht richtig fit (schlechtere Konzentrationsfähigkeit). Das Überwinden der Krankheit bedeutet, dass sich Körper, Seele und Geist anschließend wieder neu und intensiver durchdringen, wobei wiederum die Wärme des Fiebers eine Hilfe sein kann.
Nach Überwindung der Krankheit ist eine neue Einheit von Körper, Seele und Geist...