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Das KZ-Außenlager Rottleberode: Bedingungen und selbständige Tendenzen

AutorSophie Volkmann
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl50 Seiten
ISBN9783955496289
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Das Konzentrationslager Mittelbau- Dora erhält durch die Vielzahl seiner Außenlager den Charakter eines Mikrokosmos der KZ-Haft und Zwangsarbeit mitten in Deutschland. Das Außenlager Rottleberode scheint sich mit durchschnittlich 1000 Häftlingen vollkommen in diesen Lagerkomplex einzuordnen und darin aufzugehen, dennoch nimmt das Außenlager die Funktionen eines Baulagers im Außenlagersystem ein und weist Eigenheiten in Struktur und Lebensbedingungen der Häftlinge auf. Es stellt sich die Frage, inwiefern das Außenlager Rottleberode selbständige Strukturen aufweist und ob es möglich ist, von einer Verselbständigung des Außenlagers zu sprechen. Bei der Untersuchung stehen die Verortung des KZ-Außenlagers Rottleberode im Außenlagersystem, die spezifischen Existenzbedingungen der Häftlinge und das Stammlager als Einflussfaktor im Mittelpunkt.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3., DAS AUßENLAGER ROTTLEBERODE: In dem Komplex von Außenlagern und Zwangsarbeit, der sich im Jahr 1944 im Raum um das KZ Mittelbau bildet, nimmt das Außenlager Rottleberode eine gesonderte Stellung ein, da es in der geographischen Nähe Doras liegt, jedoch von Buchenwald aus gegründet und diesem zunächst unterstellt war. Nur 15 km vom Mittelwerk und vom Häftlingslager Dora in östlicher Richtung entfernt, entsteht im Frühjahr 1944 in einer Gipssteinhöhle nahe der Ortschaft Rottleberode, der Heimkehle, ein Verlagerungsprojekt unter der Bezeichnung A5. Die Einrichtung eines Projektes der Untertageverlagerung bedeutete jedoch nicht nur einen weiteren Produktionsstandort, sondern zwangsläufig auch einen weiteren Leidensort der Häftlinge in einem Außenlager. André Sellier stellt zur Genese des Außenlagers fest, dass der Sonderstab Kammler maßgeblich an der Einrichtung der unterirdischen Fabrik beteiligt war, um hier ein Zweigwerk des Junkers-Konzerns in Schönebeck unter dem Firmennamen Thyrawerk einzurichten, welches Flugzeugfahrwerke herstellte. Dieses Werk stellte jedoch lediglich den Arbeitsort der Häftlinge dar, während sie in dem Gebäude der ehemaligen Porzellanfabrik Max Schuck, nördlich des Ortes Rottleberode, untergebracht waren. Dieses Außenlager zur Unterbringung der Häftlinge erhielt den Namen 'Heinrich' und bildete somit einen Teil des Komplexes der Zwangsarbeit in Rottleberode. Die Untertageverlagerung des Junkerswerks war nach Wagner bereits seit Februar 1944 in die Heimkehle-Höhle vorgesehen, am 13. März 1944 erreicht der erste Häftlingstransport von 200 Häftlingen aus Buchenwald den Ort, um dort die natürlichen Hohlräume in eine Fabrikanlage umzubauen. Die Baustelle benötigte, wie alle Projekte zur Untertageverlagerung, und wie das Beispiel der Verlagerung des A4-Programms in das Mittelwerk bereits gezeigt hatte, in kurzer Zeit sehr viele Arbeitskräfte, die in der Bauphase die unterirdische Fabrik fertigstellen mussten. Wagner gibt diese mit einer Zahl von 500 bis 700 an, was einen raschen Anstieg der Lagerbelegschaft zeigt. Die Gesamtzahl der Häftlinge im Außenlager Rottleberode ist nicht geklärt, jedoch gehen aus den Dokumenten der SS verschiedene Häftlingszahlen zu unterschiedlichen Zeitpunkten hervor. So verzeichnete die SS am 1. November 1944 eine Anzahl von 845 männlichen Häftlingen, während Halmanns für den 1. Dezember 1944 903 Häftlinge angibt. Auch der Monatsbericht des Häftlingskrankenbaus von Dezember 1944 bis Januar 1945 gibt eine durchschnittliche Belegschaft von 900 Häftlingen an. Die Häftlingszahl scheint somit seit Beginn der Produktionsphase relativ stabil, dies ändert sich erst mit Beginn des Jahres 1945, als Transporte mit jüdischen Häftlingen von Dora aus im Außenlager Rottleberode ankommen. Im Januar 1945 erreichte ein Transport mit etwa 450 Juden Rottleberode , es schließen sich weitere Transporte im Februar mit 200 und im März mit 525 jüdischen Häftlingen an, die von Neander angegeben werden und sich auch in den Aussagen überlebender Häftlinge im Dachauer Dora-Prozess wiederfinden. Die Zahlen kurz vor der Evakuierung des Lagers am 5. April 1945 werden unterschiedlich hoch angegeben, sie bewegen sich allerdings zwischen 1700 bis etwa 2000 Häftlinge, der ehemalige Häftling Walter Ulbricht nennt bei der Vernehmung 1988 Häftlinge zur Evakuierung, während der Häftling Romouald Bak in den Aussagen eine Zahl von 1700 nennt. Dies zeigt den starken Anstieg der Lagerbelegschaft durch die Ankunft der Transporte jüdischer Häftlinge, womit eine Verschlechterung der Lebensbedingungen im gesamten Außenlager einhergeht, wie Wagner beschreibt. Die Transporte, die aus dem Hauptlager kommen, bilden einen Einflussfaktor, der von außen wirkt und wiederum die Abhängigkeit der Lebensbedingungen in Rottleberode vom KZ Mittelbau erkennen lässt. Das Höhlensystem der Heimkehle hatte zur Untertageverlagerung des Junkerswerks den Vorteil, dass die unterirdischen Räume bereits im Großteil vorhanden waren und somit langwierige Ausbauarbeiten wegfielen. Darin sieht Wagner den Grund, dass hier, im Gegensatz zu den meisten anderen Projekten des Kammlerstabs zur Untertageverlagerung, nach kurzer Zeit die Produktion stattfinden konnte. Einen weiteren Grund für die schnelle Fertigstellung des Werkes ist die vergleichsweise kleine Fertigungsfläche von 7400m², die im Vergleich zu anderen Stollenprojekten der Untertageverlagerung im Südharz verhältnismäßig schnell ausgebaut werden konnte. Allerdings stellte die Produktionsstätte in Rottleberode nur den Beginn der geplanten Untertageverlagerungen Junkers im Südharz dar. Im Höhlensystem mussten zunächst Bauarbeiten durchgeführt werden, um die Voraussetzungen zur Einbringung der Produktionsanlagen zu schaffen. Laut Halmanns wurden zunächst die Höhlenseen zugeschüttet und Eisenbetonböden eingefügt, um die Flächen nutzbar zu machen. Weiterhin wurden Pumpenanlagen, Abluftkanäle, sowie ein weiterer Zugangsstollen geschaffen. Diese Bauarbeiten sind typische Merkmale der Bauphase im Stollenvortrieb, die den KZ-Insassen schwerste körperliche Anstrengungen abverlangen. Die Produktionsfläche nahm in der Heimkehle schließlich die drei größten Räume ein und veränderte somit nachhaltig das Innere der ehemaligen Schauhöhle. Im Zuge der Verselbständigung des KZ Mittelbau-Dora und der Eingliederung der Außenlager, wurden die Bauhäftlinge des Außenlagers Rottleberode im Oktober dem KZ Mittelbau unterstellt, während die Produktionshäftlinge des Thyrawerks erst am 23. November 1944 eingegliedert wurden. Dies lässt auf eine deutliche Trennung zwischen Produktions- und Bauhäftlingen im Außenlager schließen. Weiterhin ist das Außenlager Rottleberode nun auch formell dem KZ Mittelbau zugeordnet. Der Einfluss des Stammlagers wird bei der Räumung des Lagers deutlich, die am 4. und 5. April 1945 als direkte Folge der Anordnung im Hauptlager durchgesetzt wurde. Die Todesmärsche, wie die Räumungstransporte der Außenlager und des Stammlagers bezeichnet werden, betrafen weniger die Bedingungen innerhalb eines Lagers, sind aber untrennbar mit der Auflösung der Außenlager verbunden, da von diesen Märschen alle Häftlinge des Lagerkomplexes erfasst werden. Daran wird deutlich, dass trotz der Vielfältigkeit der Außenlager, die Auflösung des KZ-Systems zentral gesteuert wurde. Der Beginn der Todesmärsche bedeutete die Auflösung des Außenlagers Rottleberode, die KZ-Haft der Gefangenen dieses Außenlagers nahm damit aber noch kein Ende. Die Existenzbedingungen wandelten sich, wobei die hohe Todesrate erkennen lässt, dass mit den Todesmärschen sehr schlechte Bedingungen durch Unterversorgung und körperlichen Anstrengungen einhergingen. Dennoch zeigen sich insgesamt ähnliche Bedingungen auf den Transporten, wobei eine Verflechtung und Auflösung der Lagerbelegschaften bei Zusammenlegungen zu erkennen ist. Daher bilden die Todesmärsche ein einigendes Moment im System der Außenlager, jedoch keine Beobachtungsgrundlage der Lebensbedingungen des Außenlagers Rottleberode.
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