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Das neue Vormundschaftsrecht: Ausführungen zur Praxistauglichkeit

AutorTorben Spille
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl70 Seiten
ISBN9783863419806
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Nicht alle Menschen sind in der Lage, sich um ihre Angelegenheiten selbst zu kümmern. Neben körperlichen oder geistigen Gebrechen können auch rechtliche Hemmnisse die Ursache dafür sein. Minderjährige stehen nicht zuletzt deshalb unter elterlicher Sorge. Bricht die elterliche Sorge weg, z. B. weil die Eltern versterben, wird eine Vormundschaft eingerichtet. Bisher war das Vormundschaftsrecht eine Art 'terra incognita'. Heute indes haben insbesondere die tragischen Todesfälle von Kindern, die unter Amtsvormundschaft standen - beispielhaft sei der 'Fall Kevin' aus Bremen angeführt - das Bewusstsein von Politik und Fachöffentlichkeit nachhaltig verändert. Das vorliegende Buch befasst sich daher mit dem Institut der Minderjährigen-Vormundschaft und erläutert die wesentlichen aktuellen Probleme im Vormundschaftsrecht. Es werden das Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 29. Juni 2011 und die damit einhergehenden Auswirkungen für die Praxis kritisch bewertet. Das Gesetz sieht die Anhörung des Kindes vor Übertragung der Vormundschaft vor, sowie eine Begrenzung der Fallzahl für den Amtsvormund und die Pflicht des Vormunds, seine Mündel im Regelfall monatlich zu treffen. Ausgangsfragestellung ist, inwieweit das Gesetz Probleme angeht, welche Probleme möglicherweise weiterhin bestehen und welche Schwierigkeiten sich bei der Umsetzung des Gesetzes ergeben (könnten). Lösungsansätze zur Behebung der Problemlagen werden indes nicht geliefert. Diese sind von der Praxis und der Rechtssprechung zu entwickeln. Ziel ist vielmehr der Erkenntnisgewinn, ob weitere Reformen im Vormundschaftsrecht angezeigt erscheinen, und wenn ja, in welcher Hinsicht.

Torben Spille wurde 1981 in Bremen geboren. Nach Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife und einer Berufsausbildung zum Industriekaufmann entschied sich der Autor zu einem dualen Studium in der öffentlichen Verwaltung. Dieses Studium der Verwaltungsbetriebswirtschaft und des Verwaltungsrechts an der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen schloss der Autor im Jahr 2012 mit dem akademischen Grad des Diplom-Verwaltungsbetriebswirts erfolgreich ab. Bereits während der praktischen Ausbildungszeit im Jugendamt des Landkreises Osterholz entwickelte der Autor ein besonderes Interesse am Vormundschaftsrecht. Der Autor ist heute als Amtsvormund/-pfleger beim Landkreis Osterholz tätig.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.3, Aktuelle Probleme des Vormundschaftsrechts: 2.3.1, Rechtliche und praktische Probleme bei der Auswahl eines Vormundes: Abgesehen von der gesetzlichen Amtsvormundschaft ist die Vormundschaft ex officio anzuordnen. Die Anordnung obliegt nicht etwa dem Jugendamt, sondern dem Familiengericht und hat i. d. R. konstitutive Wirkung. Gleichzeitig wählt das Familiengericht unter den Einschränkungen des § 1779 einen geeigneten Vormund aus. Die Auswahl einer geeigneten Person ist oftmals die zentrale Schwierigkeit. Das Jugendamt hat dem Familiengericht in der Weise zu helfen, dass es dem Familiengericht Personen und Vereine vorschlägt, die sich im Einzelfall zum Vormund eignen. Damit soll dem gesetzlichen Vorrang der Einzelvormundschaft Rechnung getragen werden. Für das Jugendamt liegt die Problematik zum einen darin, überhaupt eine zur Übernahme des Amtes geeignete Person zu finden, da sich Menschen für gewöhnlich vor einer solchen Verantwortung scheuen. Zum anderen ist es problematisch, die Eignung der Person festzustellen. Schneller und reibungsloser gestaltet sich das Auswahlverfahren, wenn die sorgeberechtigten Eltern durch letztwillige Verfügung einen Vormund benannt haben, da das Familiengericht primär daran gebunden ist. Praktisch gesehen wird das Benennungsrecht heute jedoch eine eher sekundäre Relevanz haben. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob nicht eine verstärkte Aufklärung der Eltern hinsichtlich ihres Benennungsrechts durch das Jugendamt und das Familiengericht zweckmäßig ist. Schließlich müsste es auch im Interesse der Eltern liegen, Gewissheit darüber zu haben, wer im Falle ihres Ablebens für das Wohl ihres Kindes sorgt. Aber selbst dann ist immer noch zu bedenken, dass auch die Berufenen Bereitschaft zeigen müssen. Immerhin bietet ein solches Amt aus Sicht des Vormunds fast keine Anreize, ist es doch mit viel Mühe, Arbeit und z. T. seelischer Belastung verbunden. Haben die Eltern von ihrem Benennungsrecht keinen Gebrauch gemacht bzw. ist der Benannte nach den Vorschriften des § 1778 zu übergehen, so hat das Familiengericht den Vormund nach den Kriterien der Eignung auszuwählen. Die Eignung ist die Fähigkeit, das Amt im Interesse des Mündels zu führen. Dabei spielen besonders die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine nicht unerhebliche Rolle. Entscheidend können der Gesundheitszustand, familiäre oder berufliche Belastungen, der Charakter eines Menschen, dessen persönliche Einstellung und Haltung sowie Erfahrungen in der Erziehung eines Kindes sein. In die Überlegungen sind ferner der mutmaßliche Wille der Kindeseltern, die persönlichen Bindungen des Mündels, die Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Mündel sowie das religiöse Bekenntnis des Mündels mit einzubeziehen. Zu der Frage, ob bei mehreren geeigneten Personen innerhalb dieses Kriterienkatalogs vom Gesetzgeber eine klare Rangfolge beabsichtigt ist, finden sich in der Literatur gegensätzliche Auffassungen. Die herrschende Meinung ist, dass die in § 1779 Abs. 2 S. 2 aufgelisteten Prüfsteine in einer zu beachtenden Reihenfolge stehen. Plausibel erscheint das indes nicht. Vordergründig soll schließlich die Auswahl dem Mündelinteresse und dem Mündelwohl dienen. Diese hängen maßgeblich von der jeweiligen Situation und den besonderen Lebensumständen des Mündels ab. Daher kann nicht pauschal einem Kriterium eine höhere Wertigkeit zugeschrieben werden. Blickt man zudem auf die ursprüngliche Fassung der Norm zurück, waren früher Verwandte und Verschwägerte 'zunächst zu berücksichtigen'. Diese Formulierung wurde zwischenzeitlich aufgegeben. Grundsätzlich kann auch davon ausgegangen werden, dass es dem Wohl des Kindes entspricht, wenn es bei Verwandten aufwächst, durch die es ordentlich betreut wird. Das Recht der Ausschließung nach § 1782 als Gegenstück zum Benennungsrecht der Eltern stellt einen wichtigen Hinderungsgrund für die Bestellung zum Vormund dar. Haben die sorgeberechtigten Eltern oder der sorgeberechtigte Elternteil durch letztwillige Verfügung Personen von der Bestellung zum Vormund ausgeschlossen, so ist das Familiengericht wie auch bei der Benennung daran gebunden. Das Familiengericht darf also eine ausgeschlossene Person selbst dann nicht zum Vormund bestellen, wenn die Bestellung der ausgeschlossenen Person im Interesse des Mündels läge. So wird in der Praxis allein die Tatsache, dass seitens der Sorgeberechtigten bestimmte Personen von der Vormundschaft ausgeschlossen wurden, die Suche nach einer geeigneten Person weiter erschweren. Man denke dabei nur an einen Fall, in welchem das Kind zu seinem Onkel eine enge Beziehung führt, die verstorbene Kindesmutter ihn aber aus Gründen der Antipathie ausgeschlossen hat.
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