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E-Book

Das Recht des Kindes auf Religion

AutorFriedrich Schweitzer
VerlagGütersloher Verlagshaus
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641140458
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Brauchen Kinder Religion? Warum es so wichtig ist, mit Kindern über Gott zu sprechen
Kinder dürfen in ihren Fragen nach Gott und Glauben, nach Leben und Leiden, nach Sinn und Hoffnung nicht allein gelassen werden. Sie haben das Recht auf den Glauben als Quelle für Lebenskraft und Stärke - auch wenn Eltern mit ihren eigenen Unsicherheiten und Zweifeln zu kämpfen haben.
Diese Auffassung vertritt Friedrich Schweitzer in seinem Buch, das nun in einer erweiterten Neuausgabe erscheint. Vor dem Hintergrund aktueller Kontroversen erschließt der Autor sachkundig, warum Religion Wesentliches zur Selbstwerdung des Kindes beitragen kann. Dabei nimmt er die Probleme von Eltern und Erziehenden auf und zeigt, welche Chancen für die eigene religiöse Entwicklung darin stecken. Mit praktischen Hilfen für eine authentische und bereichernde Praxis der religiösen Erziehung in Familie, Hort und Kindergarten.
  • Kann man Kindern religiöse Inhalte vermitteln, ohne sie zu bevormunden?
  • Wie kann man Gott zum Thema machen, ohne eigene Fragen verbergen zu müssen?
  • Wie können Kindergärten angesichts der religiösen Vielfalt noch religiös erziehen?
  • Führt religiöse Erziehung zu Vorurteilen gegen andere Religionen?
  • Erweiterte Neuausgabe des erfolgreichen Klassikers


Friedrich Schweitzer, geb. 1954, Master of Theology, Dr. rer. soc., Professor für Praktische Theologie/Religionspädagogik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, ist Autor immer wieder aufgelegter Veröffentlichungen zu Fragen der religiösen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.

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Warum dieses Buch?

In diesem Buch wird die Auffassung vertreten, dass Kinder ein Recht auf Religion und auf religiöse Erziehung besitzen. Für manche Eltern und Erzieherinnen oder Pädagogen mag dies ganz selbstverständlich sein. Doch gibt es heute gleich eine ganze Reihe von Gründen dafür, die Frage nach Religion als Recht des Kindes aufzuwerfen. Einige davon seien schon vorab genannt:

  • Vielfach wird von einer wachsenden Unsicherheit bei der religiösen Erziehung von Kindern berichtet. Eltern fühlen sich demnach oft unsicher, weil sie sich selbst nur wenig mit religiösen Fragen auseinandergesetzt haben, sich nun aber von ihren Kindern und von deren »großen Fragen« herausgefordert sehen. Erzieherinnen berichten von der wachsenden Vielfalt in ihren Kindergruppen und von den Schwierigkeiten, die sich daraus gerade in religiöser Hinsicht ergeben.
  • Große Beachtung haben in der Öffentlichkeit die aktuellen Streitfragen gefunden, wie sie in der Debatte über die Beschneidung von Kindern, aber zuvor schon in der Auseinandersetzung zwischen Schöpfungsglaube und Naturwissenschaft aufgebrochen sind. Vertreter des sogenannten neuen Atheismus plädieren dafür, Kinder heute nicht mehr religiös zu erziehen. Die Naturwissenschaft mache die Religion überflüssig.
  • Schon seit Jahren gibt es in der Öffentlichkeit eine Tendenz, von Religion und religiöser Erziehung überhaupt eine Einschränkung und Belastung der kindlichen Entwicklung zu erwarten. So besteht weithin erhebliche Unsicherheit darüber, ob Religion überhaupt gut sei für Kinder oder eben schädlich. Fördert religiöse Erziehung die Selbstwerdung des Kindes? Unterstützt sie die Persönlichkeitsentwicklung oder steht sie ihr im Weg?
  • In der Gegenwart haben sich die Vorstellungen davon, wie Erziehung aussehen soll, kräftig verändert. Der Trend geht »vom Befehlen und Gehorchen zum Verhandeln«: Die Freiheit und Selbstbestimmung der Kinder soll stärker geachtet werden. Das ist zu begrüßen. Aber was bedeutet es für religiöse Erziehung? Wird sie überflüssig, weil Kinder sich auch für einen Glauben eben nur selbst entscheiden können? Oder wäre auch dies bloß eine neue Überforderung für das Kind? Und schließlich: Wie sollen sich Kinder gegen oder für etwas entscheiden, das sie nie kennen gelernt haben?
  • Besonders in Ostdeutschland hat die atheistische Staatserziehung in der DDR-Zeit dazu geführt, dass dort – je nach Region  – nur noch 20 % oder 30 % der Bevölkerung zu einer Kirche gehören. Wie aber steht es mit den Kindern der anderen, also den Kindern von Konfessionslosen: Sollen Religion und Glaube in ihrem Aufwachsen überhaupt keine Rolle spielen? Wie steht es in diesem Fall mit der Selbstbestimmung des Kindes? Dürfen Eltern ihren Kindern Religion verbieten? Ist es richtig, wenn Eltern, Kindergärten und Horte auf jede religiöse Erziehung verzichten, um die Kinder »nicht zu beeinflussen«?
  • Die wissenschaftliche Pädagogik in Deutschland verhält sich bei der Frage der religiösen Erziehung heute äußerst zurückhaltend. Weithin scheint sie der Auffassung zu folgen, Religion sei eben »Privatsache«, und darüber könne in der wissenschaftlichen Pädagogik ebenso wenig entschieden werden wie über Fragen des guten Geschmacks. Religion bleibt deshalb in vielen pädagogischen Büchern über Kind und Kindheit ausgespart  – eine unbefriedigende Situation, die weder der Praxis der Erziehung noch dem Kind wirklich hilft. Wer sagen will, welche Erziehung den Kindern nutzt, kann die religiöse Erziehung nicht gut verschweigen.

Gesellschaftliche Tendenzen dieser Art führen zu kritischen Rückfragen. Es ist neu zu prüfen, was für Kinder wirklich hilfreich ist, ob Kinder ein Recht auf Religion besitzen oder nicht und was dies für ihre Erziehung bedeutet.

Gleichzeitig gibt es Entwicklungen, die als neue Chance für religiöse Erziehung gesehen werden können:

  • Auch wenn Bildung und Erziehung weithin nur danach beurteilt werden, was sie für den beruflichen Erfolg im Leben bringen, wächst doch zugleich bei vielen Menschen der Wunsch, das Leben nicht auf die Karriere zu verengen. Zum Leben gehört nicht nur die finanzielle Seite, sondern es kommt immer auch darauf an, im Leben Sinn zu finden. Wer dies einmal erkannt oder schmerzhaft erfahren hat, wird auch offen sein für die »großen« Fragen der Kinder.
  • Vielen Eltern liegt daran, dass ihre Kinder Orientierung im Leben finden und dass sie sich die dafür erforderlichen Werte aneignen können. Der Glaube ist zwar nicht einfach eine Frage von Werten, aber die religiöse Erziehung hat Folgen auch im Blick auf die Werteorientierung. Daraus erwächst in der Gegenwart ein neues Interesse daran, Kindern den Zugang zur religiösen Dimension zu eröffnen, auch bei Eltern, die sich zumindest bislang kaum mit religiösen Fragen beschäftigt haben.
  • Viele Eltern, Erzieherinnen und Erzieher wollen sich nicht damit zufrieden geben, den Kindern einfach das zu vermitteln, was eine Kirche lehrt oder vorschreibt. Sie haben zwar Interesse an Fragen von Glaube und Religion, von Werten und von Sinn im Leben – aber sie wollen hier selbst entscheiden und ihre eigenen Wege gehen. Solche Erwachsenen stehen auch vor der Herausforderung, Kindern eine religiöse Erziehung zu bieten, die einem freiheitlich-persönlichen Anspruch gerecht wird. Gerade für sie wird es wichtig, religiöse Erziehung vom Recht des Kindes her zu begreifen und zu gestalten.
  • Immer nachdrücklicher wird an vielen Stellen eine veränderte Haltung gegenüber Kindern gefordert. Vor allem solche Auffassungen, die dem Kind eine bloß künstliche Kinderwelt vorgaukeln wollen, werden kritisch befragt. Vieles, was angeblich »zum Schutz« des Kindes geschieht, scheint in Wahrheit eher die Erwachsenen in Schutz zu nehmen – beispielsweise vor Fragen nach dem Tod, den die Erwachsenen am liebsten verschweigen und der den Kindern doch begegnet, oder vor Fragen nach Krankheit, nach Trennung von geliebten Menschen, nach Schmerz und Einsamkeit.

Das Buch erscheint nun, mehr als ein Jahrzehnt nach der Erstauflage, und sieben Jahre nach der zweiten Auflage, in einer erweiterten und überarbeiteten Form. Einige Teile sind ganz neu, einige ausgebaut. Der gesamte Text wurde aktualisiert. Daran ist ein bleibendes Interesse am Recht des Kindes auf Religion abzulesen. Tatsächlich hat das Buch eine beträchtliche Wirkung entfaltet. Die Berufung auf das Recht des Kindes auf Religion ist inzwischen in vielen Bereichen zu finden und gewinnt noch immer an Zustimmung. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch international. Mehrere Übersetzungen des Buches legen davon Zeugnis ab – bis hin zu einer japanischen und koreanischen Ausgabe. So hat das Buch mir auch viele Begegnungen erbracht und neue Erkenntnisse, die in die Überarbeitung eingeflossen sind. Die Erweiterungen gehen nicht zuletzt auch auf meine Forschungsarbeit im letzten Jahrzehnt zurück. An erster Stelle und zugleich stellvertretend für andere Projekte nenne ich hier unsere große Untersuchung zu interkultureller und interreligiöser Bildung in Kindertagesstätten, die mit Unterstützung der Stiftung Ravensburger Verlag durchgeführt werden konnte.1 Diese Untersuchung erwuchs auch aus der Zusammenarbeit mit meinem Tübinger katholischen Kollegen Albert Biesinger, mit dem ich mich auch im Anliegen dieses Buches eng verbunden weiß.2

Für wen ist dieses Buch geschrieben?

Das Buch wendet sich in erster Linie an Eltern sowie an Erzieherinnen und Erzieher, aber auch an die Träger beispielsweise von Kindergärten und Horten sowie an die Öffentlichkeit. Zugleich ist auch eine elementare Frage aller Erziehung und damit auch der Erziehungswissenschaft angesprochen, und darum können die im Folgenden dargestellten Auffassungen vielleicht auch im Bereich der Erziehungswissenschaft ein neues Nachdenken über religiöse Erziehung auslösen.

Viele der im Folgenden dargestellten Gedanken sind im Gespräch mit Erzieherinnen und Eltern entwickelt worden. Das vorliegende Buch wendet sich bewusst nicht nur an solche Eltern und Erzieherinnen, die sich im Glauben sicher sind. Es ist richtig, dass religiöse Erziehung für den christlichen Glauben unerlässlich ist, aber sie ist umgekehrt keineswegs auf diesen Glauben beschränkt. Jedes Kind hat ein Recht auf Religion – deshalb sind bei diesem Thema alle Eltern angesprochen und auch alle Erzieherinnen und Erzieher. Schließlich: Schon durch seinen Titel steht dieses Buch noch in einem weiteren Zusammenhang – dem Zusammenhang der Kinderrechtskonvention sowie allgemein dem Bestreben, den Rechten von Kindern Anerkennung zu verschaffen. Darauf wird besonders im letzten Teil des Buches ausdrücklich einzugehen sein.

Aufbau des Buches

Die fünf Hauptteile des Buches stehen für unterschiedliche Blickwinkel:

Am Anfang stehen Kontroversen in der Gegenwart, bei denen es grundsätzlich um den Sinn religiöser Erziehung geht.

Im zweiten Teil steht das Kind ganz im Zentrum – mit seinem Recht auf Religion und religiöse Erziehung.

Im dritten Teil geht es um die Erwachsenen – um Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, die dieses Recht in der Praxis wahrnehmen müssen. Ihre Schwierigkeiten mit Religion und religiöser Erziehung, aber auch die Chancen, die in ihrer Situation zu erkennen sind, müssen sorgfältig bedacht werden, wenn das Recht des Kindes auf Religion wirklich zum Tragen kommen soll.

Ob dies gelingt, entscheidet sich am Ende aber in der Praxis selbst. Deshalb werden im vierten Teil Konturen einer neuen Praxis...

Blick ins Buch

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