1. KAPITEL
Wissenschaftliche Erkenntnisse
Aktuelle Nahtodstudien
In den letzten zehn Jahren sind eine Vielzahl naturwissenschaftlicher Studien über die Nahtoderfahrungen durchgeführt und publiziert worden. Der gemeinsame Nenner ist, dass sich vornehmlich in Europa, aber auch in Amerika Mediziner unterschiedlicher Disziplinen mit dem Phänomen der Todesnähe auseinandergesetzt haben.
Im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte wird darauf verwiesen, dass der bisher in der Forschung verwendete Begriff der Nahtoderfahrungen zu unscharf sei, da die Wissenschaftler herausgefunden haben, dass es sich um echte Todeserlebnisse handelt, was auch als »vorläufiger Tod« bezeichnet wird. Hier liegen also reale Jenseitserfahrungen vor.
Um das erleben zu können, das heißt, damit die Seele den Körper verlassen kann, muss die Todeslinie überschritten werden. Die Voraussetzung für ein Todeserlebnis ist der klinische Tod. Dieser geht einher mit einem Herz- und Atemstillstand, was dann innerhalb weniger Minuten ein Absterben der Gehirnfunktionen bewirkt. Warum aber manche Menschen während des klinischen Todes ihren Körper verlassen – was ich als Überschreiten der Todeslinie bezeichnen würde –, andere hingegen nicht, lässt sich nicht erklären.
Es zeigte sich in allen vorliegenden Studien, dass etwa achtzehn Prozent derjenigen, die klinisch tot gewesen sind, ihren Körper verlassen haben. Das heißt nicht, dass all die anderen nichts erlebt haben, aber offenbar haben sie die Todeslinie nicht überschritten. Mögliche Faktoren sind Widerstände, Angst vor Kontrollverlust oder eine Behandlung mit Betäubungsmitteln, die das Kurzzeitgedächtnis auslöschen.
Die Wissenschaft neigt heute überwiegend zu der Annahme, dass der Mensch ein Zufallsprodukt der Evolution ist und alle Lebensfunktionen sich einzig auf den Körper beziehen. Bewusstsein ist demnach ein Nebenprodukt von Gehirnströmen. Daher kann Bewusstsein nicht außerhalb des Körpers und außerhalb des Gehirns existieren. Der Mensch wird als reines Gehirnwesen definiert, dessen Ich nach seinem Tod ins Nichts verlöscht. Es gibt dann weder eine Seele noch ein Leben nach dem Tod.
Derartige Auffassungen haben sich dermaßen verfestigt, dass alle gegenteiligen Erfahrungen von vorneherein als Fantasieprodukt abgetan werden, ohne dass sich die Wissenschaftler jemals ernsthaft mit den auftretenden Phänomenen der Todeserlebnisse auseinandergesetzt hätten. Das führt nicht nur zu Ignoranz, sondern auch zu tiefer Respektlosigkeit dem Sterben des Menschen gegenüber. Todeserlebnisse wurden und werden als Illusionen, als Halluzinationen infolge von Sauerstoffmangel oder als Endorphin-Ausschüttungen abgetan. Viele erklären Erlebende nach wie vor zu Spinnern.
Heute müssen wir jedoch der Tatsache ins Auge sehen, dass kaum ein anderes menschliches Phänomen in den letzten Jahren so häufig wissenschaftlich untersucht wurde wie die Nahtoderfahrungen. Allein die Zunahme der Anzahl derjenigen, welche die Schwelle zum Jenseits überschritten haben, verweist auf die reale Existenz der Todeserlebnisse. Gleichzeitig konnten, nicht zuletzt durch die verfeinerten Reanimationsmöglichkeiten, immer mehr Menschen aus den Randzonen des Todes zurückgeholt werden.
Die Anfänge
Sterbeforscher auf der ganzen Welt befragten Menschen über viele Jahre hinweg einzig retrospektiv, wobei das Erlebnis schon viele Jahre zurücklag. Die genauen Umstände, die zur Todesnähe geführt hatten, konnten kaum noch erkundet werden. Im Jahr 1977 veröffentlichte Raymond Moody seinen Weltbestseller Leben nach dem Tod, die erste große Zusammenstellung von Nahtoderfahrungen in der Gegenwart, mit einhundertfünfzig Beispielen, die Moody im Laufe von einigen Jahren gesammelt hatte.
Die Sterbeforschung verhaftete danach lange Zeit in derlei retrospektiven Erzählungen. Moody bestimmte die Kernelemente einer Nahtoderfahrung, um das Phänomen überhaupt definieren zu können. Forscher und Autoren wie Kenneth Ring, Michael Sabom, Melvin Morse und natürlich Elisabeth Kübler-Ross trugen dazu bei, dass Nahtoderfahrungen weltweit bekannt wurden, wobei ihre Aussagen schon damals von vielen Wissenschaftlern infrage gestellt wurden.
Neuere Studien
Der Mensch ist viel mehr als ein kleines Erden-Ich und wir sind nicht der Körper. Die Erforschung des Nahtodphänomens zeigt auf, dass das Leben nach dem Tod Realität ist. Vom innersten Kern her ist der Mensch ein ewiges, unsterbliches, geistiges Wesen – auch wenn das bis heute immer noch bestritten wird. In den letzten fünfzehn Jahren hat sich der Schwerpunkt der Forschung auf die prospektiven Studien verlagert. Das bedeutet, dass Mediziner auf der ganzen Welt damit begonnen haben, Menschen unmittelbar nach einem Herzstillstand über ihre Erlebnisse während des klinischen Todes zu befragen.
Neu war auch der Einsatz medizinischer Geräte, mit deren Hilfe sich eindeutig nachweisen ließ, dass zum Zeitpunkt der Nahtoderfahrung keinerlei Gehirnaktivitäten mehr vorhanden waren. Kurz vor Weihnachten 2001 veröffentlichte die medizinische Fachzeitschrift The Lancet die bahnbrechende Studie des holländischen Kardiologen Pim van Lommel, der eine neue Ära der Erforschung des menschlichen Bewusstseins einläutete.
Van Lommel und sein Forschungsteam befragten 344 Patienten, die nach einem Herzstillstand reanimiert worden waren, innerhalb von fünf Tagen nach der Wiederbelebung. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass es keine physiologische Ursache für Todesnähe gibt und dass Bewusstsein unabhängig vom Körper existiert. Bewusstsein ist weder abhängig von einer Form noch von einem Körper noch von Gehirnfunktionen. Die Betroffenen befanden sich außerhalb ihres Körpers, während ihre messbaren Gehirnfunktionen eine Null-Linie im EEG aufzeigten. Dennoch verfügten sie über ein erweitertes Bewusstsein, über Wahrnehmungs- und Erinnerungsvermögen, was vom gängigen medizinischen Standpunkt aus betrachtet nicht möglich ist. Medizinisch gesehen verfügt der Mensch während des klinischen Todes weder über Bewusstsein noch über Selbstbewusstsein.
Wenn das Erden-Ich seinen Körper verlässt, geht es ein in ein höheres, uns stets umgebendes Bewusstsein, das von vielen Betroffenen als göttliches Überbewusstsein bezeichnet wurde. Alle körperlichen Begrenzungen heben sich auf, da Raum und Zeit nicht länger existieren. Die Betroffenen erleben eine Kontinuität ihres Bewusstseins, das heißt, sie bleiben sich ihres subjektiven Selbst bewusst. Sie befinden sich durch die Außerkörperlichkeit in einem erweiterten Bewusstseinszustand, wobei alle Wahrnehmungen nicht länger durch die Körpersinne erfolgen, sondern durch die geistigen Sinne. Daher kann nun alles gleichzeitig erfasst werden.
Was dann tatsächlich geschaut wird, ist abhängig von den subjektiven Fokussierungen des Einzelnen, also von den Personen oder Orten, an die der Betreffende in diesem Moment denkt. Das ganzheitliche Gewahrsein im vorläufigen Tod entspricht der göttlichen Einheit allen Seins, in die wir eingebunden sind. Das ist völlig unabhängig von Körper und Gehirn und es beweist die Unabhängigkeit des Bewusstseins von körperlichen Vorgängen.
2009 veröffentlichte Pim van Lommel sein Buch Endloses Bewusstsein, das viele neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung enthielt, auch in Deutschland. Der Kardiologe hatte herausgefunden, dass Bewusstsein nicht an einen funktionierenden Körper gebunden ist und dass die Erlebnisse von Menschen während eines Todeserlebnisses real sind. Sein Forscherteam konnte alle bisher bekannten Merkmale einer NTE verifizieren. Die Betroffenen erlangten Zugang zu einem Wissen, das mit unseren körperlichen Sinnen nicht erfassbar wäre. Der Geist, das heißt unser subjektives Bewusstsein, kann unabhängig vom Körper auf Reisen gehen. Dieses Bewusstsein ist weder an einen Körper noch an Zeit und Raum gebunden.
Die Wirklichkeit des Jenseits
Die Betroffenen werden mit der Wirklichkeit der jenseitigen geistigen Welt und dem Leben nach dem Tod konfrontiert. Diese andere Welt erscheint ihnen häufig sogar realer als alles, was sie bisher in ihrem irdischen Leben für Wirklichkeit gehalten haben. Sie erkennen Zusammenhänge ihres Lebens, die ihnen vorher nicht zugänglich waren, und verändern sich durch das Erleben in ihrer Persönlichkeit. So mancher mag sich fragen, wie viele Studien wir eigentlich noch brauchen, um die reale Existenz der Todeserlebnisse und die Bedeutung ihrer Einblicke in eine andere Form des Seins zu erfassen.
2010 veröffentlichte der amerikanische Radioonkologe (Facharzt für Strahlentherapie bei Krebs) Jeffrey Long eine umfassende Dokumentation von Nahtoderfahrungen auf der ganzen Welt: Beweise für ein Leben nach dem Tod. Nachdem Long immer häufiger mit Menschen gesprochen hatte, die von einer Nahtoderfahrung berichteten, gründete er 2008 die internationale Webseite »Near Death Experience Research Foundation« (www.nderf.org). Er schuf dadurch ein Forum, in dem Menschen sich weltweit über ihre Erlebnisse austauschen. Bis heute finden sich hier über 5000 dokumentierte Fälle, wodurch seine Webseite sich zum größten Datenträger über das Phänomen des Nahtodes entwickelt hat.
Dies bestätigen auch die über 400000 Nutzer pro Monat. In seiner Studie wertete Long über 1400 Fallbeispiele aus – von Menschen jeden Alters und aus allen Kulturkreisen. Er entdeckte auffällige Übereinstimmungen, wobei der Fokus seiner Forschung auf dem interkulturellen Aspekt liegt. Durch die Auswertung eines ausgeklügelten Fragebogens, in dem die Befragten auch detaillierte Schilderungen und Angaben zu ihren...