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Dein Körper - dein Yoga

Wie man Yogaübungen an die eigene Anatomie anpasst und sich in jeder Haltung optimal ausrichtet

AutorBernie Clark
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783959716765
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Individualisiertes Yoga - denn jeder Körper ist einzigartig Für eine gesunde und entspannte Yogaerfahrung ist die korrekte Ausrichtung von essenzieller Bedeutung. Dabei spielt die individuelle Anatomie eine Schlüsselrolle, denn aufgrund der Unterschiede im menschlichen Körperbau sowie potenzieller Bewegungseinschränkungen können Yogapositionen nicht bei jedem Trainierenden gleich aussehen. Erst wenn Sie Ihre eigene Anatomie kennen, können Sie Ihre Yogapraxis optimal an diese anpassen. Wie das geht, zeigt Ihnen der erfahrene Yogalehrer und Buchautor Bernie Clark. Wie beeinflusst die Eigenheit Ihres Körpers Ihre Bewegungsmöglichkeiten? Wie sind menschliche Gewebe beschaffen und auf welche Weise können sie einschränken? Welche Form und Funktion haben Hüft-, Knie- und Fußgelenke und wie wirkt sich das auf Ihre Bewegungen aus? Was hemmt Sie beim Yoga? Bernie Clark gibt Ihnen auf all diese Fragen Antwort und hilft Ihnen mit umfassenden Informationen und nützlichen Tipps dabei, Ihren Körper verstehen zu lernen und so Ihr perfektes Yoga zu finden!

Bernie Clark ist Autor und Yogalehrer. Seit seiner Kindheit hegt er eine Leidenschaft für Wissenschaft, Gesundheit, Fitness und Spiritualität. Bevor er sich komplett dem Yoga verschrieb, studierte er an der Universität von Waterloo Naturwissenschaften und war anschließend über 25 Jahre in der Technologiebranche und der Raumfahrttechnik tätig. Seit über 30 Jahren beschäftigt er sich mit Meditationstechniken, seit 1998 ist er Yoga- und Meditationslehrer.

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Leseprobe
Kapitel 1
Sie sind einzigartig – und Ihr Yoga ist es auch
Sie sind einzigartig! Hinter diesen drei Worten verbirgt sich Erstaunliches: Im gesamten Universum ist niemand so wie Sie. Sie sind nicht »durchschnittlich« oder »normal« – das ist eigentlich niemand. Mag sein, dass Sie einige Charakteristika mit anderen teilen: Sie tragen Hemden in Größe M wie Millionen andere, haben die gleiche Schuhgröße wie Ihre Schwester und bestehen aus identisch gebauten Protonen, Neutronen und Elektronen wie alle anderen Menschen, die Sie kennen. Doch wenn Sie das Gesamtbild betrachten und sich ansehen, wie sich diese speziellen Elemente zu Ihrem »Ich« zusammensetzen, sind Sie unbestreitbar einzigartig.
Bedenken Sie, was das heißt: Wenn Sie einzigartig sind, werden Sie auch ganz andere Dinge benötigen, um heil und gesund zu sein. Roger John Williams (1893–1988), US-amerikanischer Wissenschaftler, Autor und Entdecker des Vitamin B5, prägte den Begriff der »biochemischen Individualität«, um die gewaltigen Unterschiede zwischen den Menschen aufzuzeigen.1 Diese Vielfalt macht den entscheidenden Unterschied, wenn wir uns ansehen, was uns gesund erhält und was uns krank macht. Sie wird in der Medizin als auch in der Fitnesswelt (einschließlich der Industrie, die sich rund um Yoga entwickelt hat) weitgehend ignoriert, was Williams und andere zu korrigieren versuchten. Der Arzt Parry of Bath aus dem 18. Jahrhundert bemerkte einst: »[Es ist] wichtiger zu wissen, welche Art von Patient eine Krankheit hat, als zu wissen, welche Art von Krankheit einen Patienten hat.«2 Auf Yoga umgemünzt könnte man sagen: »Es ist wichtiger zu wissen, welche Art von Schüler eine Haltung einnehmen kann, als zu wissen, welche Art Haltung den Schüler einnimmt.«
Stuart McGill ist Arzt, erforscht die Erkrankungen des unteren Rückens und rät im Hinblick auf das Training von Spitzensportlern: »Jeder Mensch hat andere Proportionen bezüglich der Länge der einzelnen Körpersegmente und Muskelansätze, ein anderes Verhältnis zwischen Muskel- und Sehnenlängen, Nervenleitgeschwindigkeiten, Gewebetoleranzen und so weiter ... Zwingt man einem Sportler eine stereotype ›ideale‹ Technik auf, hindert man ihn damit oft daran, sein Potenzial auszuschöpfen.«3 Abbildung 1.1 und 1.2 illustrieren deutlich, was unsere Einzigartigkeit für unsere Yogahaltungen bedeutet.
ABB. 1.1 Schülerin (a) hat eine leichte Einwärtsdrehung in der Hüfte und gerade Beine. Bei der Schülerin (b) zeigt sich eine sogenannte Varusstellung (lat. varus, »auswärtsgebogen«) der Beine. Eine starke Auswärtsdrehung der Hüfte lässt die Füße der Schülerin nach außen zeigen.
ABB. 1.2 Die unterschiedlichen Beinformen der Schülerinnen (siehe Abb. 1.1) beeinflussen auch ihre Fähigkeit, Yogahaltungen einzunehmen. So bekommt die Schülerin (a) die Knie im Schmetterling (Baddhakonasana) nicht so leicht zum Boden wie die Schülerin (b).
Jeder Mensch hat ein anderes Gebiss und einen anderen Knochenbau, eine andere Wirbelsäule oder andere Hüften als Sie. Wieso glauben Sie also, Sie müssten die gleichen Yogahaltungen einnehmen können wie andere – oder an einer speziellen Haltung ebenfalls scheitern, nur weil ein anderer daran scheitert? Einige Bewegungen gelingen eben auf Anhieb, andere erst mit etwas Übung, und ein paar werden Sie niemals hinbekommen. Das ist keine Kritik an Ihren Fähigkeiten, kein Spiegel Ihrer Persönlichkeit und auch keine Schwäche, die es auszumerzen gilt. Es ist schlicht Ihre existenzielle Realität. Eine 1,50 Meter große Ballerina wird wohl niemals erfolgreich in einer amerikanischen Footballmannschaft spielen und ein Footballspieler niemals olympisches Gold im Eiskunstlauf holen. Das heißt nicht, dass die Ballerina unbegabt wäre oder der Footballspieler faul. Eine Schneeflocke in all ihrer Schönheit und Einzigartigkeit wird eben niemals eine Galaxie sein. Warum sollte sie etwas sein wollen, was sie nicht sein kann? Besser, sie ist eine großartige Schneeflocke. Wir müssen unsere Einzigartigkeit und unsere naturgegebenen Grenzen einfach anerkennen.
Bedenken Sie, welche Möglichkeiten es gibt, uns Menschen zu vermessen: nach Größe, Gewicht, Alter, Bildung, Einkommen, Familiengröße, Heimatstadt, Blutdruck, Puls, Verhältnis zwischen Arm- und Wirbelsäulenlänge, Grad der Auswärtsdrehung der Füße, Ausmaß der Beinkrümmung ... Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. In jeder dieser Kategorien können Sie in den »Durchschnittsbereich« fallen. Vielleicht sind Sie tatsächlich durchschnittlich groß und sogar durchschnittlich schwer. Doch wenn Sie noch Parameter wie Blutbestandteile, Persönlichkeit, Ernährung, Lebensstil, Beruf, Körperform, Geburtstag4 und so weiter hinzunehmen, werden Sie sich weit vom Durchschnitt entfernen. Niemand ist einfach nur durchschnittlich (siehe »Es ist kompliziert: Durchschnitt und Norm« auf Seite 25) – und was bei einer »Durchschnittsperson« funktioniert (die es gar nicht gibt), muss bei Ihnen nicht ebenfalls funktionieren.
Um noch einmal Roger John Williams zu zitieren: »So gut wie jeder Mensch weicht in irgendeiner Hinsicht ab.«5 Es gibt weder normal noch abnorm. Es gibt nur Sie in Ihrer Einzigartigkeit, und diese Einzigartigkeit bestimmt, welche der Angebote des Lebens Sie annehmen können und wovon Sie klugerweise Abstand nehmen sollten.
Die Bandbreite menschlicher Vielfalt
Wo sitzt Ihr Blinddarm? Die meisten Menschen mit Anatomiekenntnissen werden auf den rechten Unterbauch deuten. Wie Abbildung 1.3 zeigt, ist das lediglich die Stelle, an der sich der Blinddarm »im Durchschnitt« befindet, wo er also »normalerweise« sitzt. Aber befindet er sich auch bei Ihnen an der »normalen« Stelle? Ein Beispiel: Sie haben akute Schmerzen im linken Oberbauch. Ihre Freunde bringen Sie schleunigst ins Krankenhaus, wo Ihnen ein neuer Assistenzarzt zur Hilfe eilt. Er tippt instinktiv auf Blinddarmentzündung, doch dann wird ihm klar, dass sich die Schmerzen nicht einmal in der Nähe des Blinddarms befinden – oder zumindest da, wo er ihn vermutet. Der Arzt verordnet Schmerzmittel und schickt Sie nach Hause, statt die benötigte lebensrettende Operation anzuordnen. Das ist nicht gut!6
ABB. 1.3 Wissen Sie eigentlich genau, wo Ihr Blinddarm sitzt? Die Illustration zeigt einige der beobachteten Blinddarm-Positionen. Sie zeigen, wie groß die Bandbreite der Variationen ist.7
ES IST KOMPLIZIERT: Durchschnitt und Norm
Statistik heißt, sich niemals sicher sein zu müssen.
Der Durchschnitt (auch Mittelwert oder Mittel) wird errechnet, indem man sämtliche Werte eines Messbereichs addiert und durch ihre Anzahl dividiert.
Der Median (auch Zentralwert) ist der Wert an der mittleren Stelle eines Messbereichs, sodass eine Hälfte der Werte darüber, die andere darunter liegt.
Der Modus ist der am häufigsten vorkommende Wert.
Stellen Sie sich vor, Sie müssten auf dem Geburtstag eines Jungen für das Unterhaltungsprogramm sorgen. Als intelligenter Mensch fragen Sie nach dem Durchschnittsalter der Gäste. Die Antwort lautet 18 Jahre. Super! Jetzt wissen Sie, was zu tun ist. Sie besorgen ein paar Spitzenspiele, die 18-Jährige fördern und fordern, ein paar Hammervideos mit lauter Rockmusik und sexy Frauen und halten die Sache für geritzt. Bei Ihrer Ankunft finden Sie zehn 30-jährige Mütter mit ihren zehn 10-jährigen Jungen vor. Durchschnittsalter: 18 Jahre! Um den Durchschnitt zu bestimmen, addieren wir das Alter aller Partybesucher und dividieren die Summe durch die Anzahl der Gäste. Der Durchschnitt (Mittelwert) ist 18. (Aber bei dieser bimodalen Verteilung sind die Modi 10 und 30.) Leider hat auf der Party keiner Spaß an Ihrem Unterhaltungsprogramm, weil Sie auf den Durchschnitt gesetzt haben, dem niemand auf der Party entspricht.
Wissenschaftler bedienen sich der sogenannten Norm, um die menschliche Vielfalt zu messen. Sie betrachten die Menschen innerhalb dieses Bereichs als normal und beziehen 95 Prozent der Bevölkerung ein. Die übrigen 5 Prozent sind definitionsgemäß abnorm. Wenn Sie eine Gruppe von 20 Yogaschülern unterrichten, weicht also durchschnittlich einer von der Norm ab. Aber ganz so einfach ist das nicht.
ABB. 1.4 Die Glockenkurve oben ist die grafische Darstellung einer Normalverteilung. Die meisten Menschen befinden sich irgendwo im Bereich dieser Kurve – viele nah am Mittelwert, nicht ganz so viele etwas weiter davon entfernt.
Die menschliche Vielfalt lässt sich als sogenannte Glockenkurve darstellen (siehe Abb. 1.4). Die Menschen liegen im Hinblick auf bestimmte Merkmale irgendwo auf dieser Verteilungskurve. Zur Mitte hin werden es mehr: 68 Prozent befinden sich in einem Bereich, der als Standardabweichung bezeichnet und mit dem griechischen Buchstaben Sigma σ gekennzeichnet wird, 95 Prozent in einem Bereich von 2σ. Wer außerhalb davon liegt, gilt als abnorm. (Das heißt nicht, dass dies »schlecht« wäre; es ist nur sehr ungewöhnlich.) Mathematiker definieren den Bereich von 2σ als Norm.
Sie können sowohl bei der Größe als auch beim Gewicht im Normbereich liegen – aber gilt dies auch für...
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